Ich brauche immer ein Auto für schlechtes Wetter, für den Winter und vor allem mit viel Platz, um alles mögliche Zeugs durch die Gegend zu fahren: Gartenabfälle, Werkzeug, Autoteile, IKEA Möbel etc. Viel soll es nicht kosten, da die Lebensdauer durch den Alltagseinsatz meistens doch begrenzt ist.
So kam ich vor eineinhalb Jahren auf diversen Umwegen zu meinem ersten VW und diesem Passat. Von diversen Arbeitskollegen als "zuverlässiges, robustes, preiswertes" Fahrzeug empfohlen.
Nun denn. Fangen wir mal mit der Beschreibung an:
Außen:
Sieht geräumig aus, hat vier Türen plus eine Heckklappe, eine Nase ohne Kühlergrill dafür mit einem großen VW Logo damit man immer weiß, wer und was da gerade des Wegs kommt. Die Seiten sind mit schön-scheußlich-grauen Plastikstreifen garniert, unter denen sich der offenbar schnell nachkonstruierte "Seitenaufprallschutz" verbergen soll.
Innen:
Naja, innen versprüht das Auto den Charme eines Dixie Klos; immerhin macht das Interieur den Eindruck, als ob man es mit einem Gartenschlauch oder dem Hochdruckreiniger ausspülen könnte, ohne daß dieses dabei Schaden nehmen würde.
Der Tacho zeigt einem immerhin die Uhrzeit, die Geschwindigkeit, und manchmal den Tankinhalt und die Motortemperatur an. Manchmal deswegen, weil diese Anzeige üblicherweise kaputt ist und gar nichts anzeigt; wie eine 5-Minuten Recherche im Internet gezeigt hat, ist das bei diesen Passat Modellen im Kaufpreis inbegriffen und offenbar Serienausstattung, die Dinger sind nämlich immer kaputt.
Die Sitzposition läßt sich zwischen "Der Rücken tut sofort weh" und "Der Rücken tut erst nach einer halben Stunde weh" einstellen, mehr geht leider nicht.
Bedienung:
Mir ist die VW-Logik fremd, die der Konstruktion des Autos zugrundeliegt (oder eben auch nicht). So geht beim Lichtschalter z.B. die Kontrolleuchte an wenn man das Standlicht ausschaltet, aber wieder aus, wenn man zum Abblendlicht weiterschaltet. Ganz interessant ist es beim Nebellicht. Da gibt es nämlich nur für die Nebelschlußleuchte ein zaghaftes Kontrollämpchen; aufgrund der fehlenden Lampe für die Nebelscheinwerfer und die Konstruktion des Schalters, bei dem man kaum erkennen kann, ob er nun gedrückt ist oder nicht, verwundert es mich mittlerweile nicht mehr, daß so viele Passats mit eingeschalteten Nebelscheinwerfern durch die Gegend fahren....
Ausstattung:
Dieses Modell hat die sagenhafte CL Ausstattung, was bedeutet:
* Fensterheber zum Kurbeln, aber elektrische Außenspiegelverstellung. Offenbar benutzen die VW Designer die Fenster weniger als die Spiegelverstellung?
* Zentralverriegelung per Unterdruck. Nachdem es im ganzen Motorraum vielleicht eine einzige Unterdruckleitung gibt, mußte man natürlich im Kofferraum eine eigene Unterdruckpumpe einbauen. Klingt logisch? Ich hätte halt einfach eine elektrische ZV eingebaut.....
* Es muß eine spezielle VW-Logik bei der ZV geben: Man kann das Fahrzeug auf der Beifahrerseite abschließen, dann kann man es aber auch nur wieder auf der Beifahrerseite aufschließen; nicht etwa wieder auf der Fahrerseite. Logisch? Ich verstehe es jedenfalls nicht.
* Die Rückbank läßt sich nur im Ganzen umklappen. Selbst mein Suzuki Swift hatte eine geteilte Rücksitzbank. Naja, bei dem Gerümpel das ich durch die Gegend fahre, ist es auch egal, da heißt es meistens "ganz oder gar nicht".
Motor und Antrieb:
* Das Getriebe ist ein Fünfgang Schaltgetriebe mit der Monte-Carlo Option. Es ist nämlich immer wieder ein Glücksspiel und eine Überraschung, ob man beim Schalten nun den dritten oder den fünften Gang erwischt. Immerhin gehen die Gänge - mit Ausnahme des Erstens - doch recht gut zu schalten, eben mit einem kleinen Zufallsfaktor; dann wird die Autofahrt nicht so langweilig.
* Der Motor (der 2 Liter 2E Motor) ist tatsächlich recht gut. Er zieht recht gut durch und hält sich beim Verbrauch anständig zurück. Über die eineinhalb Jahre hat sich der Wagen im Schnitt 8Liter Super auf 100 km gegönnt, das sei ihm auch gegönnt. Inwieweit der Motor bei meiner Fahrweise hoch dreht oder nicht, kann man mangels Drehzahlmesser nicht beurteilen. Krach macht der Motor nicht übermäßig; die VW Diesel sind erheblich lauter (sowohl außen als auch innen), aber auch kein wirklicher Vergleich.
Fahrwerk:
Wie die meisten VWs aus diesen Baujahren hat auch dieser Passat die als "Verbundlenkerachse" benannte Beinahe-Starrachse. Genauso fährt sich die Kiste auch und läßt einem keinen Zweifel über irgendwelche Löcher in der Straße. Auf meiner welligen "Referenzstrecke" werde ich dennoch erheblich mehr durchgeschüttelt als selbst in einem Sportwagen. Beim TÜV wurde eine gebrochene Feder an der Hinterachse moniert; leider hat sich das Fahrverhalten nach dem Austausch derselben um keinen Deut verbessert, es scheint also vom Herrn Piech so gewollt zu sein.
Immerhin verfügt der Passat über Scheibenbremsen an der Hinterachse; welche allerdings mangels Bremskraftverteilung auf die Hinterachse bei meiner typischen Beladung bereits nach 6 Wochen bereits wieder Flugrost aufweisen. Schlechte Scheibenqualität (soviel zum Thema VW Qualität?)?
Durch den Frontantrieb hat der Wagen zwar im Winter brauchbare Traktion, andererseits kommt man bei Nässe beim Abbiegen an der Ampel kaum voran, denn trotz neuer Reifen drehen die Räder dabei gerne kräftig durch.
Fahrvergnügen:
Den Punkt hebe ich mir lieber für andere Autos auf, denn dieser Passat ist weder komfortabel noch gemütlich. Wenn es mal länger als 1 Stunde im Auto sein muß, dann kann man danach gleich eine Rückenmassage buchen.
Unterhaltskosten:
Die KfZ-Steuer berechnet sich klar nach Hubraum und G-Kat, hier gibt es keine Überraschungen. Die Versicherung ist angesichts des Alters des Autos (1991) auch ziemlich unabhängig vom Fahrzeugtyp; ein Scorpio oder ein Mercedes kosten da auch nicht viel mehr oder weniger. Hier also keine Überraschungen.
Der Benzinverbrauch hält sich in Grenzen, ca. 8 l/100km über eineinhalb Jahre gemittelt, das ist OK. Leider schluckt der Wagen Superbenzin.
Nur die Ersatzteilpreise. Wer bei VW entschieden hat, die Kiste mit DREI(!) Auspufftöpfen zu bauen, gehört an die Wand gestellt. Ein Auspuffwechsel ist damit für ältere Passats gleichbedeutend mit einem wirtschaftlichen Totalschaden, da die VW Ersatzteilpreise (und die Arbeitszeit) schlicht und ergreifend gigantisch sind. Wer hier keine guten Quellen hat und selber etwas machen kann hat leider verloren.
Verarbeitungsqualität:
Sehr gemischt. So weist mein Fahrzeug wenig Rost auf; kurioserweise sind genau die Teile für den Seitenaufprallschutz, die unter den Plastikverkleidungen auf den Türen sitzen, ein totaler Rostherd.
Daß das Schiebedach und die hinteren Türen nicht regendicht sind, kommt erschwerend hinzu, besonders für ein Fahrzeug das extra für Schlechtwetter und Winterbetrieb angeschafft wurde. Daß die hinteren Seitenscheiben sich automatisch im Zeitraum einer Woche um etwa 1 cm selber öffnen, muß auch so eine VW Komfortoption sein.
Interessant ist auch, daß die Motorhaube beim Öffnen immer am linken Scheibenwischerarm hängen bleibt. Nicht an beiden, nicht am rechten, immer am Linken! Und nein, die "Spaltmaße", der deutschen "Autotester" liebstes Kind sind absolut gleichmäßig, der Wagen hat auch keinen Unfallschaden und die Scheibenwischer sitzen auch da, wo sie sollen. Für mich ist das symptomatisch für das ganze Auto:
FAZIT:
- Als Gebrauchsauto OK wenn man keinerlei Ansprüche an Komfort und Bequemlichkeit stellt und nie länger als 20 Minuten unterwegs ist.
- Von der vielgerühmten VW Qualität sehe ich nichts. Es sind vielmehr eine Unzahl von Kleinigkeiten im Konzept und der Verarbeitung, die es schwer machen, das Auto von Innen von einem Lada zu unterscheiden (deshalb wahrscheinlich das VW Logo auf dem geschäumten Lenkrad).
- Der Platz im Innenraum ist durchaus OK; vor allem aber für das Ladegut und Gäste auf der Rücksitzbank.
- Für den Fahrer ist es nicht möglich, den Sitz so einzustellen, daß man gleichermaßen gut an Pedale, Lenkrad und Schalthebel kommt ohne dabei krumm wie eine Banane zu sitzen, oder wie der sprichwörtliche Affe auf dem Dixieklo.
Wieder ein Passat? Nicht in meine Garage.
