Under Pressure: Die kompressorbefeuerte Lotus Elise SC im Test
Testbericht
Haar, 14. Januar 2009 - Seit den Tagen des seligen Firmengründers und legendären Konstrukteurs Colin Chapman gilt: Ein Lotus muss leicht sein. Maßnahmen, die das Gewicht der flachen Flitzer in die Höhe treiben, sind bei den Fans zu Recht verpönt. Im Fall des neuen Elise- Top-Modells SC dürfte sich die Kritik allerdings in engen Grenzen halten. Das Kürzel steht nämlich für "Supercharged", deutet also auf den Magnussen-Kompressor hin, der dem 1,8-Liter-Motor auf der Hinterachse ordentlich Dampf macht.
Viele Pferdchen, wenig Pfunde
Zehn zusätzliche Kilo bürdet der Kompressor der Britin auf, treibt aber gleichzeitig ihre Höchstleistung von 192 auf 220 PS. Und in einer Elise ohne Extras müssen die mit gerade mal 870 Kilogramm Leergewicht fertig werden. Bevor wir allerdings auf der nächsten Serpentinenstraße herausfinden können, wie sich diese Kombination anfühlt, erfolgt das Lotus-übliche Fitnessprogramm - auch bekannt als "Einsteigen". Wie üblich sollten die Passagiere ausreichend gelenkig sein, um sich halbwegs würdevoll in den 1,11 Meter hohen Flachmann zu schälen. Die Kombination aus extrem breitem Seitenschweller, mega-flachem Dach und ultra-tiefer Sitzposition macht das Entern des Lotus-Innenraums zu einer zeitraubenden Veranstaltung.
Eng, aber kuschelig
Allerdings: Sobald man sich hinterm Steuer niedergelassen hat, überzeugt der knapp geschnittene Innenraum durchaus. Die Ergonomie passt, die Sitze bieten sehr guten Seitenhalt und selbst größere Menschen finden in der schmalen Höhle ausreichend Platz. Wer nicht leidensfähig ist, wird auf langen Strecken aber sicher nicht glücklich. Die liegende Sitzposition, das brettharte Fahrwerk und nicht zuletzt die raue Stimmgewalt des Motors verlangen verwöhnten Passagieren Nehmerqualitäten ab.
Hart, schnell, laut Ein Druck auf den Startknopf weckt den Vierzylinder, der im Rücken der Passagiere hinter einer dünnen Scheibe lauert. Heiser bellend und begleitet vom sirrenden Laufgeräusch des Roots-Gebläses stürmt das 1,8-Liter-Kraftpaket durchs Drehzahlband und schiebt bereits aus dem Keller ordentlich an. Richtig spaßig wird's allerdings, sobald bei etwa 4.000 Touren die Nockenwelle auf scharf schaltet: Der Lotus-Motor beißt erbarmungslos zu und pusht die weiße Flunder mit Nachdruck in Richtung Horizont. Erst bei 8.000 Umdrehungen blinken alle drei Schaltlampen im Tourenzähler und fordern zum Einlegen der nächsten Fahrstufe auf. Ein kräftiger Tritt aufs Kupplungspedal, ein Griff zum Aluknauf des etwas knorplig agierenden Sechsgang-Getriebes und weiter geht die Hatz. Auch geradeaus schnell Die Längsdynamik des englischen Sportwagens überzeugt durchaus: Gerade mal 4,6 Sekunden braucht die SC, bis Tempo 100 anliegt. Aufgrund der konsequent auf Abtrieb konditionierten Karosserie ist "schon" bei knapp 240 Sachen Schluss mit Vortrieb. Längsdynamik hin oder her: Das bevorzugte Terrain der Elise ist auch im SC-Trimm die Kurve. Der Zweisitzer klebt in engen Kehren förmlich auf dem Asphalt und bleibt dabei lange neutral. Dank der messerscharfen Lenkung lässt sich der Wagen präzise um die Kehren zirkeln und reagiert feinfühlig auf die Richtungsvorgaben des Piloten. Beim Rangieren ist die Kurbelei am winzigen Dreispeichen-Volant aufgrund der fehlenden Servounterstützung noch kraftraubend, bei Reisetempo wird das System hingegen spürbar leichtgängiger. Die Kehrseite der Medaille: Auf schlechter Strecke teilt die ungefilterte Lenkung Stöße aus und die schmalen 175er-Vorderräder rennen gerne mal Spurrillen hinterher.
Die braucht kein ESP Ein weiterer Nebeneffekt der ungewöhnlich schmalen Pneus: Am Limit zeigt die Britin eine Neigung zum Untersteuern - ein Verhalten, das bei abgeschalteter Traktionskontrolle durch einen beherzten Gasstoß gekontert werden kann. Dabei sollte der Fahrer allerdings wissen, was er tut, denn ESP ist für die Elise nicht lieferbar. Vermisst haben wir den elektronischen Aufpasser nicht: Das Fahrverhalten ist ehrlich und berechenbar, das Gripniveau hoch und die Bremse ihrer Aufgabe mehr als gewachsen. Die Anlage mit belüfteten, gelochten Scheiben rundum packt erbarmungslos zu und lässt sich prima dosieren. Ist sie zu hart, bist Du zu weich Hartes Fahrwerk, winziger Innenraum, geringer Nutzwert: Einen Lotus stellt man sich sicher nicht als Familienauto in die Garage. Der Grundpreis von 49.950 Euro dürfte ernsthafte Interessenten also nicht wirklich abschrecken. Alternativen zur Leichtbau-Britin sind ohnehin nur schwer zu finden: Ein Boxster S etwa bietet zwar ähnlich viel Spaß, wiegt aber mit 1.430 Kilogramm deutlich mehr und kostet 55.781 Euro. Am anderen Ende der Vergleichs-Skala warten die ultraleichten, minimalistischen Fahrmaschinen von Caterham oder Donkervoort. Die auf dem seligen Lotus Seven basiernden Einbäume bieten allerdings noch deutlich weniger Alltagsnutzen als eine Elise. Leicht ist gleich grün Aber zurück zum Boxster: Mehr Gewicht bedeutet auch mehr Verbrauch. Der Porsche ist mit 10,6 Liter Super Plus auf 100 Kilometer angegeben, während sich die Elise mit 8,5 Liter des teueren Saftes zufrieden gibt. Klar: Sobald es um den Alltagsnutzen geht, zieht der Stuttgarter mit seinen zwei vergleichsweise riesigen Kofferräumen und deutlich bequemerem Interieur natürlich uneinholbar an der Britin vorbei. Aber wer sich beim Sportwagenkauf hauptsächlich vom Aspekt Alltagstauglichkeit leiten lässt, ist bei Lotus so oder so an der falschen Adresse.
Hart, schnell, laut Ein Druck auf den Startknopf weckt den Vierzylinder, der im Rücken der Passagiere hinter einer dünnen Scheibe lauert. Heiser bellend und begleitet vom sirrenden Laufgeräusch des Roots-Gebläses stürmt das 1,8-Liter-Kraftpaket durchs Drehzahlband und schiebt bereits aus dem Keller ordentlich an. Richtig spaßig wird's allerdings, sobald bei etwa 4.000 Touren die Nockenwelle auf scharf schaltet: Der Lotus-Motor beißt erbarmungslos zu und pusht die weiße Flunder mit Nachdruck in Richtung Horizont. Erst bei 8.000 Umdrehungen blinken alle drei Schaltlampen im Tourenzähler und fordern zum Einlegen der nächsten Fahrstufe auf. Ein kräftiger Tritt aufs Kupplungspedal, ein Griff zum Aluknauf des etwas knorplig agierenden Sechsgang-Getriebes und weiter geht die Hatz. Auch geradeaus schnell Die Längsdynamik des englischen Sportwagens überzeugt durchaus: Gerade mal 4,6 Sekunden braucht die SC, bis Tempo 100 anliegt. Aufgrund der konsequent auf Abtrieb konditionierten Karosserie ist "schon" bei knapp 240 Sachen Schluss mit Vortrieb. Längsdynamik hin oder her: Das bevorzugte Terrain der Elise ist auch im SC-Trimm die Kurve. Der Zweisitzer klebt in engen Kehren förmlich auf dem Asphalt und bleibt dabei lange neutral. Dank der messerscharfen Lenkung lässt sich der Wagen präzise um die Kehren zirkeln und reagiert feinfühlig auf die Richtungsvorgaben des Piloten. Beim Rangieren ist die Kurbelei am winzigen Dreispeichen-Volant aufgrund der fehlenden Servounterstützung noch kraftraubend, bei Reisetempo wird das System hingegen spürbar leichtgängiger. Die Kehrseite der Medaille: Auf schlechter Strecke teilt die ungefilterte Lenkung Stöße aus und die schmalen 175er-Vorderräder rennen gerne mal Spurrillen hinterher.
Die braucht kein ESP Ein weiterer Nebeneffekt der ungewöhnlich schmalen Pneus: Am Limit zeigt die Britin eine Neigung zum Untersteuern - ein Verhalten, das bei abgeschalteter Traktionskontrolle durch einen beherzten Gasstoß gekontert werden kann. Dabei sollte der Fahrer allerdings wissen, was er tut, denn ESP ist für die Elise nicht lieferbar. Vermisst haben wir den elektronischen Aufpasser nicht: Das Fahrverhalten ist ehrlich und berechenbar, das Gripniveau hoch und die Bremse ihrer Aufgabe mehr als gewachsen. Die Anlage mit belüfteten, gelochten Scheiben rundum packt erbarmungslos zu und lässt sich prima dosieren. Ist sie zu hart, bist Du zu weich Hartes Fahrwerk, winziger Innenraum, geringer Nutzwert: Einen Lotus stellt man sich sicher nicht als Familienauto in die Garage. Der Grundpreis von 49.950 Euro dürfte ernsthafte Interessenten also nicht wirklich abschrecken. Alternativen zur Leichtbau-Britin sind ohnehin nur schwer zu finden: Ein Boxster S etwa bietet zwar ähnlich viel Spaß, wiegt aber mit 1.430 Kilogramm deutlich mehr und kostet 55.781 Euro. Am anderen Ende der Vergleichs-Skala warten die ultraleichten, minimalistischen Fahrmaschinen von Caterham oder Donkervoort. Die auf dem seligen Lotus Seven basiernden Einbäume bieten allerdings noch deutlich weniger Alltagsnutzen als eine Elise. Leicht ist gleich grün Aber zurück zum Boxster: Mehr Gewicht bedeutet auch mehr Verbrauch. Der Porsche ist mit 10,6 Liter Super Plus auf 100 Kilometer angegeben, während sich die Elise mit 8,5 Liter des teueren Saftes zufrieden gibt. Klar: Sobald es um den Alltagsnutzen geht, zieht der Stuttgarter mit seinen zwei vergleichsweise riesigen Kofferräumen und deutlich bequemerem Interieur natürlich uneinholbar an der Britin vorbei. Aber wer sich beim Sportwagenkauf hauptsächlich vom Aspekt Alltagstauglichkeit leiten lässt, ist bei Lotus so oder so an der falschen Adresse.
Technische Daten
Antrieb: | Heckantrieb |
---|---|
Anzahl Gänge: | 6 |
Getriebe: | Schaltgetriebe |
Motor Bauart: | Otto-Reihenmotor mit Kompressor, DOHC |
Hubraum: | 1.796 |
Anzahl Ventile: | 4 |
Anzahl Zylinder: | 4 |
Leistung: | 163 kW (220 PS) bei UPM |
Drehmoment: | 212 Nm bei 5.000 UPM |
Preis
Neupreis: 49.950 € (Stand: Dezember 2008)Fazit
Das Fahrwerk ist hart, der Motor laut und das simple Softtop nur bedingt wasserdicht: Wer Lotus fahren will, muss auch Lotus aushalten können. Gut so, denn verweichlichte Pseudo-Roadster gibts eh genug.
Der Kompressormotor passt super zur kurvengierigen Engländerin: Anders als die 192-PS-Version bietet er auch schon unten herum viel satten Punch. Allerdings: Ein Sonderangebot ist das SC-Modell für fast 50.000 Euro ganz sicher nicht.Testwertung
Quelle: auto-news, 2009-01-14
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