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Testbericht

4. September 2006
München, 28. August 2006 – Sitzen wir nun in einem Porsche GT3 oder in einem Toyota RAV4? Ein Porsche kann das eigentlich nicht sein, dafür ist die Kupplung viel zu bissig. Kaum vorstellbar, aber das japanische SUV (Sports Utility Vehicle) steckt in Sachen harter Kupplung jeden Sportwagen locker in die Tasche. Wie das Fahrzeug sonst zu seinen Gästen ist, haben wir getestet. Täuschende Optik Wie alle SUV ist auch der RAV4 ein Zwitter zwischen Geländewagen und PKW. Dabei spendieren die Offroader vorwiegend ihre Optik. Hochbeinig und kantig im Wind würde die Karosserieform auch im Unterholz niemanden überraschen. Diese Bauweise macht gerade die Beliebtheit dieser Spezies aus. Besonders ältere Leute schätzen die Geländelimousinen wegen ihres bequemen Einstiegs. Auch bei Frauen sind die Onroader wegen ihrer Sicherheit verströmenden Größe beliebt. Klappe halten Allerdings wartet der RAV4 mit einem unentschuldbaren Feature auf. Die Heckklappe, üblicherweise eine nach oben öffnende Tür, wird hier von rechts nach links bewegt. Wenn beim Längsparken der Hintermann zu dicht am eigenen Auto steht, lässt sich die Tür möglicherweise nicht mehr vollständig öffnen. Im RAV4-Herkunftsland Japan fährt man wie in England auf der falschen, also linken, Seite. Dies ist wahrscheinlich der Grund dafür, dass die Hecktür ausgerechnet links anschlägt. Man muss also zum Öffnen zu der Seite durchlaufen, auf welcher der Verkehr braust. In Sachen Sicherheit wurde hier nicht zu Ende gedacht. Dieser Heckverschluss sollte ein gefundenes Fressen für die Tuning-Branche sein. Das einzig Positive am rückseitigen Verschluss: In der Executive-Version fehlt das dicke Reserverad. Dieser riesige Button würde die Tür noch unhandlicher und das Fahrzeug deutlich länger machen.

Verschieber Der Innenraum ist wohnlich gestaltet. Alles hat übersichtlich seinen Platz und ist geschmacklich unauffällig. Beinfreiheit können Fahrer und Beifahrer bis zu einer Größe von 1,85 Metern genießen. Hinten ist das Platzangebot nur bei komplett zurück geschobener Rückbank gerade noch für kleinere Leute akzeptabel. Die Rückbank lässt sich nicht nur verschieben sondern auch geteilt umklappen. Der Clou: Dies geht auch mit Hilfe eines speziellen Hebels vom Kofferraum aus. Rück-Sicht Das Rückwärts-Einparken ist mit dem hohen Fahrzeug nicht beschwerlich. Ein winziges Kameraauge lugt aus dem Blech über dem Heck-Nummernschild. Dieses schaut neugierig auf die zukünftige Parklücke, welche sich so zentimetergenau ausnutzen lässt. Das Kamerabild wird im Fenster der Navigationsanzeige sichtbar. Auch die sonstige Serienausstattung verdient das Attribut atemberaubend: Klimaautomatik, CD-Radio, Leichtmetallfelgen, Lederausstattung, Tempomat, Wärmeschutzverglasung und Regensensor sind nur ein paar Beispiele, für die deutsche Konkurrenten ein kleines Vermögen haben wollen. Wank-Trampler Obwohl für den Ritt durchs Gelände gänzlich ungeeignet, (Toyota gibt nicht mal die Werte für Steigfähigkeit und Wattiefe an) hat sich der RAV4 die rumpelnde Federung der harten Outdoor-Burschen geschnappt. Kleinere Unebenheiten stören eher akustisch. Aber schon die Fahrt über eine Wiese bewältigen die meisten PKW deutlich sanfter. In Kurven kann der hochbeinige Japaner seinen Hang zum Wanken nicht verheimlichen. Man hat zwar nie ein Gefühl von Unsicherheit, aber die Schräglage ist deutlich zu spüren.

Vorsicht: Beißt Die eingangs erwähnte superharte Kupplung ist bei Toyota kein unbekanntes Thema. Auf unsere Nachfrage wurde bestätigt, dass die Kupplungs-Bedienung von vielen Kunden als gewöhnungsbedürftig hart empfunden wird. Einen Rückruf wird nicht in Erwägung gezogen, wohl aber die Möglichkeit, bei der ersten Durchsicht die Abstimmung sanfter zu gestalten. Dies wäre immerhin eine Art versteckter Rückruf. Da aber ein unvermitteltes Abwürgen des Motors auf offener Straße gefährlich werden könnte, wäre eine Überarbeitung dieses heiklen Punktes durchaus sinnvoll. Schließlich hat Toyota in Sachen Qualität einen Ruf zu verlieren. Langer Hebel – starker Arm Die Schaltung verlangt vom Fahrer vor allem zwei Dinge: Kraft und Präzision. Der Knüppel braucht eine harte Hand, um sich in Position bringen zu lassen. Und der Kerl neigt ein wenig zum Hakeln. Des Weiteren hat er keine Scheu, bei der Bewegung von links nach rechts ein paar Motorvibrationen in die Hand des Schaltenden einzuleiten. Schalt-fleißig Wer immer spritzig unterwegs sein will, muss ordentlich in den Gängen rühren. Von null auf 100 geht’s in 9,3 Sekunden, Windschnittigkeit ist nun mal nicht die Sache eines SUV. Der 177-PS-Diesel ist für 200 km/h Spitze gut. Ein ganz manierlicher Wert für eine fahrende Schrankwand. Dabei konsumiert der mittellaute Selbst-Dreher mit zwei Gesichtern. Bei normalen Mitschwimm-Geschwindigkeiten reichen 7,7 Liter, um seinen Nahrungsmittel-Bedarf zu stillen. Soll es mit 200 km/h flott zur Sache gehen, wird ordentlich gebechert. 10,3 Liter müssen es dann schon sein. Egal wie man fährt, das Tankvolumen von 60 Litern bedingt, dass man die Strecke Berlin-München kaum ohne Boxenstopp bewältigen kann.

Links und rechts Der RAV4 mit 2.2-D-CAT-Motor ordnet sich zwischen seinen Konkurrenten BMW X3 2.0d DPF und Hyundai Tucson 2.0 CRDi DPF VGT GLS 4WD ein. Der Hyundai ist mit 27.690 Euro deutlich billiger, beherbergt aber auch ein schwammiges Fahrwerk sowie eine unpräzise Lenkung. Sein kleinerer Motor bringt 140 PS heraus, die für eine Höchstgeschwindigkeit von 177 km/h reichen. Der BMW ist bei schlechterer Ausstattung mit 35.550 Euro deutlich teurer. Sein Zwei-Liter-Triebwerk erreicht immerhin 150 PS. Damit ist er fast genauso schnell wie der RAV4, nämlich 198 km/h. In Sachen Fahrwerk ist der BMW dem Toyota überlegen. Beide, der Hyundai und der X3 öffnen ihre Heckklappe nach oben. (gh)
Technische Daten
Antrieb:aktiver Allradantrieb ATC 4WD
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Schaltung
Motor Bauart:Reihen-Turbodiesel
Hubraum:2.231
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:4
Leistung:130 kW (177 PS) bei UPM
Drehmoment:400 Nm bei 2.000 - 2.600 UPM
Preis
Neupreis: 33.800 € (Stand: August 2006)
Fazit
Der RAV4 2.2 D-CAT Executive ist die ideale Maschine, um als echtes Frauenauto morgens das verwöhnte Einzelkind zum Kindergarten zu bringen. Auch alte Mitbürger ab 30, denen die Kasse die Physiotherapie gestrichen hat, wissen den Gelenk-Schonenden Aufbau zu schätzen. Die prächtige Serienausstattung vermittelt Freude am Produkt. Die Kupplung ist deutlich zu hart und die seitlich öffnende Heck-Tür ein No-Go. Das neue Lebenselement, der 2,2-Liter-Diesel-Motor ist recht gelungen. Bei guten Emissionswerten treibt er den RAV4 probat über die Straßen.
Testwertung
3.5 von 5

Quelle: auto-news, 2006-09-04

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