Test: Toyota RAV4 Hybrid - Gleiter durch Raum und Zeit
Es war nun eine Frage der Zeit, bis Hybrid-Pionier Toyota auch den SUV-Segmentsbegründer RAV4 mit dem Doppelherz-Antrieb versehen würde. Seit Anfang des Jahres fährt das Kompakt-SUV nun mit der Kraft aus mindestens zwei Herzen. Die Elektrifizierung drückt den Spritverbrauch, eine Maßnahme, die viele der schweren Hochbeiner nötig haben und die in Zukunft auf die eine oder andere Weise immer öfter das Antriebsportfolio durchmischen wird – Neuerscheinungen wie das Hybrid-SUV Kia Niro oder der geplante VW Tiguan-Plug-in-Hybrid weisen in die gleiche Richtung. Insofern ist das Unterwegssein mit dem SUV-Hybrid auch ein bisschen Zukunftsreise. Und Blick auf das Preisschild wähnt man sich gar in einer anderen Zeit.
In einer nämlich, in der die Hybridtechnik nicht mehr tausende Euro Aufpreis kostet: Ab 28.990 Euro bietet Toyota den RAV4 Hybrid derzeit an, dann mit Frontantrieb, 145 kW/197 PS Systemleistung und üppiger Ausstattung. Unter anderem sind Klimaautomatik, 17-Zoll-Leichtmetallfelgen, Voll-LED-Scheinwerfer, Tempomat, Infotainmentsystem mit Touchscreen und Rückfahrkamera sowie schlüsselloses Zugangssystem immer an Bord. Damit ist der Hybridantrieb günstiger als ein vergleichbar ausgestatteter, schwächer motorisierter RAV4 Diesel (105 kW/143 PS), der in der zweiten Ausstattungsstufe mindestens 29.790 Euro kostet. Möglich macht es die Hybrid-Prämie, die Toyota derzeit gewährt: Weil die Hybride ohne Steckdosenanschluss nicht von der staatlichen E-Auto-Prämie erfasst sind, zahlt der japanische Hersteller den Zuschuss in Höhe von 3.000 Euro selbst. Die Aktion läuft offiziell bis Ende September, dürfte aber bis Ende des Jahres verlängert werden.
Die von uns gefahrene Variante mit Allradantrieb kostet so rabattiert mindestens 31.990 Euro. Hier wird weiterhin der 2,5-Liter-Benziner (114 kW/155 PS) mit dem vorderen E-Motor (105 kW/143 PS) zusammen gespannt. Zudem kommt für den elektrischen Traktionsvorteil ein zusätzlicher Elektromotor (50 kW/68 PS) an der Hinterachse zum Einsatz (Systemleistung weiterhin 197 PS) – Verteilergetriebe und Kardanwelle werden nicht benötigt. Wer mit dem Kompakt-SUV schwere Lasten ziehen will, sollte den Vierradantrieb wählen: Statt 800 Kilo (Frontantrieb) darf der Allrader 1.650 Kilogramm ziehen.
Laut Toyota ist der RAV4 Hybrid mit knapp 200 PS Systemleistung der stärkste seiner Art, der je in Europa verkauft wurde. Davon merkt man während der Fahrt allerdings nichts. Wenn sich auf den maximalen Gaspedalbefehl hin E-Motoren und Benziner zusammen ins Zeug legen, schnellt das Kompakt-SUV zwar in akzeptablen 8,3 Sekunden auf 100 km/h. Ein Gefühl von leichtfüßiger Dynamik kommt dabei aber niemals auf, auch nicht im Sport-Modus, in dem die Reaktionszeiten einen Hauch schneller scheinen. Das liegt sicherlich auch an dem angestrengten Getöse, das der Benziner unter Volllast veranstaltet; zudem ist bei maximal 180 km/h Schluss. Zwei Gründe, warum hurtig zu absolvierende Autobahnetappen eher wenig Freude machen, auch wenn angemessen rasche Überholmanöver auf der Schnellstraße mit dem Aggregat durchaus drin sind.
Spritzigkeit ist eben nicht die Spezialität des RAV4 Hybrid – hat man das einmal akzeptiert, macht das SUV als gleitender Begleiter Freude. Zum Beispiel, weil der RAV4, wie viele Hybrid-Modelle, seinen Fahrer für das vorausschauende Fahren begeistert. Das „EV“-Symbol (Electric Vehicle, also Elektroauto) in der Instrumentenanzeige signalisiert, dass man nun rein elektrisch unterwegs ist. Hören kann man es nämlich nicht immer, hält sich doch der Benziner akustisch angenehm zurück, wenn man ihn nicht gerade herausfordert.
Zum Beispiel beim Anfahren oder unter Teillast bei niedrigerer Geschwindigkeit schaltet sich der Verbrenner ganz aus, sofern der Akku geladen ist. Anders als bei einem Plug-in-Hybrid – die Sorte Hybrid, die von der E-Auto-Prämie profitiert – wird der Akku ausschließlich durch Rekuperation und den Benziner geladen, nicht extern per Stecker.
Damit der Fahrer jederzeit nachvollziehen kann, ob er sich im optimalen Sparbereich aufhält, ist statt eines Drehzahlmessers ein Instrument montiert, das Belastungszustände anzeigt: Fällt der Zeiger auf „Charge“ heißt es, dass der Akku durch Rekuperation geladen wird, „Eco“ weist den optimalen Betriebsbereich aus und auf „Power“ schnellt der Zeiger bei raschen Beschleunigungen. Mit ein wenig Voraussicht ist ein Verbrauch von unter sieben Litern realistisch möglich. Wir erfuhren einen Durchschnitt von 6,8 Litern, was für ein 1,7-Tonnen-SUV mit Allrad in Ordnung geht – allerdings deutlich entfernt ist vom angegebenen Normverbrauch von 5,1 Litern. Wer die Leistung des RAV4 ausreizt, landet schnell bei 7,5 Litern auf 100 Kilometern.
In Sachen Sicherheit ist der RAV4 zumindest nominell auf dem neusten Stand: Für löblich günstige 750 Euro sind Notbremsassistent mit Fußgängererkennung, Spurhalte-Assistent mit teilaktiver Lenkung, adaptiver Tempomat, der also auch den Abstand zum Vordermann hält, Fernlicht-Assistent sowie Verkehrszeichen-Erkennung im Paket „Toyota Safety Sense“ an Bord. Allerdings fällt beim täglichen Gebrauch auf, das die elektronischen Helfer nicht auf dem aller-allerneusten Stand sind: So macht die Verkehrszeichenerkennung beispielsweise keinen Unterschied zwischen normalen Tempolimits und „bei Nässe“-Einschränkungen, der Abstands-Tempomat ist nur bei höheren Geschwindigkeiten verfügbar – zugegeben, Klagen auf hohem Niveau. Noch einmal faire 650 Euro Aufpreis kosten die gut funktionierenden Assistenzsysteme Totwinkel-Warner und Querverkehrswarner fürs Rückwärtsfahren.
Die üblichen RAV4-Tugenden wie komfortable Abstimmung und viel Platz auf der Rückbank und im Heckabteil kann auch der Hybrid verzeichnen (501 bis 1.051 Liter), die konzeptbedingte leichte Einschränkung gegenüber den konventionell angetriebenen Varianten ist da verschmerzbar (547 bis 1.167 Liter).
Mit dem RAV4 Hybrid macht Toyota vor allem Kopfmenschen an attraktives Angebot. Wer hingegen emotionales SUV-Design und dynamische Fahreigenschaften wünscht, der sollte sich lieber woanders umsehen.
Technische Daten: Toyota RAV4 2,5 Hybrid 4x4
Fünftüriges, fünfsitziges Kompakt-SUV mit Allrad, Länge: 4,61 Meter, Breite: 1,85 Meter (2,12 Meter mit Außenspiegeln), Höhe: 1,68 Meter, Radstand: 2,66 Meter
2,5-Liter-Vierzylinder-Benziner: 114 kW/155 PS, maximales Drehmoment: 206 Nm bei 4.400 bis 4.800 U/Min; E-Motor vorn: 105 kW/143 PS, maximales Drehmoment: 270 Nm; E-Motor hinten: 50 kW/68 PS, maximales Drehmoment: 139 Nm, Gesamtleistung: 145 kW/197 PS, Vmax: 180 km/h, 0-100: 8,3 s, Durchschnittsverbrauch: 5,1 l/100 km, CO2-Ausstoß: 118 AWD g/km
Preis: ab 34.990 Euro
Kurzcharakteristik:
Warum: Öko-Technik mit prima Ausstattung zum fairen Preis
Warum nicht: trotz nominal viel Leistung kein Ausbund an Fahrfreude
Was sonst: Kia Sportage, Ford Kuga, Volkswagen Tiguan, Renault Kadjar
Seit dem Facelift Anfang des Jahres bietet Toyota den RAV4 auch mit Hybridantrieb an. Trotz einzelner Schwächen kann der Teilzeit-Stromer im Gesamtpaket absolut überzeugen.
Quelle: Autoplenum, 2016-06-15
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