Was haltet ihr von EU Fahrzeugen?
Ich bin am überlegen mir ein neues Auto zu kaufen, solange meins noch etwas wert ist.
Jetzt meine Frage. Im Internet sehe ich immer öfter neue EU Fahrzeuge, die sind einiges billiger als andere Neuwagen. Was haltet ihr davon? Soll ich lieber die Finger davon lassen?
Auch die Ausstattungsdetails im Vergleich zu den für den deutschen Markt vorgesehenen Fahrzeugen beachten; andere Länderausführungen können unterschiedliche Serienausstattungen aufweisen. Insbesondere können Rostschutzvorsorgen bei z.B. für den südeuropäischen Markt vorgesehenen Fahrzeugen 'sparsamer' ausfallen, da dort mit weniger korrosionsförderndem Salz auf den Straße zu rechnen ist.
Datum des Stempels der Übergabeinspektion im Serviceheft beachten; mit diesem beginnt die Garantiezeit zu laufen. Oftmals wird diese Inspektion bei Reimporten noch vom ausländischen Händler getätigt und liegt schon einige Zeit zurück.
(freiwillige) Hersteller-Garantieleistungen/Zusatzgarantien können von Denen in Deutschland abweichen; andererseits müssen die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche auch in Deutschland von jedem Vertragshändler nach deutschem Recht erbracht werden.
Bei Reimporten/EU-Fahrzeugen werden oftmals freiwillige Kulanzleistugnen nach Garantie-/Gewährleistungsauslauf oft 'ungerner' gewährt.
... und noch ein paar weitere Kleinigkeiten wie z.B. evtl. versteckte zusätzliche Kosten für die Ausstellung deutscher Zulassungspapiere könnten beachtenswert sein, die jedoch in der Summe evtl. vom Kauf abhalten - aber das ist je nach persönlichem Gusto unterschiedlich zu bewerten
Falls die Einschränkungen für Dich zu verschmerzen sind, steht einem Kauf Nichts im Wege.
Wir haben zum ersten Mal 2009 einen Golf Variant und ein Jahr später einen Polo als EU-Import (aus DK) bei zwei EU-Importeuren gekauft. In beiden Fällen waren Online-Infos, telefonische Beratung und Kaufabwicklung sowie die Lieferung des einen Autos (2. selbst abgeholt) absolut professionell, freundlich und kompetent. Die Zulassungen beider machten keinerlei Probleme, ebenso wenig unsere VW-Werkstatt. Beide Autos waren einige Tausender günstiger als der deutsche Preis und teils sogar besser ausgestattet.
Ich würde jederzeit wieder ein EU-Auto kaufen, aber nur bei seriösen Händlern.
Nach meiner Erfahrung sind Importe aus DK und NL von der Ausstattung her gleichwertig bis sogar besser, solche aus Italien und Portugal teils schlechter. Die Qualität ist aber stets identisch mit der des deutschen Autos, da werden keine Produktionsunterschiede gemacht!
Einige Dinge sind schon zu beachten und bei einer persönlichen Entscheidung mit einzubeziehen:
- die genannten Einsparungen sind erheblich kleiner
Es werden die zu zahlenden Verkaufspreise der angebotenen EU-Fahrzeuge mit deutschen Listenpreisen verglichen.
Niemand kauft zum deutschen Listenpreis, sondern mit teilweise sehr hohen Nachlässen schon bei der Wunschkonfiguration.
Zusätzliche Nachlässe durch Herstelleraktionen in Deutschland, zB. irgendwelche "Lagerräumung" wegen dem kommenden Nachfolger oder besondere Aktionen bei der Altwagenbewertung, dieses "3.000 über Schwacke für ihren Alten" gibt es im EU-Bereich nicht.
Bei den angebotenen EU-Fahrzeugen handelt es sich oftmals um "sofort verfügbar", das sind Lagerfahrzeuge. Somit muss der genannte Verkaufspreis auch mit sofort verfügbaren Lager- oder Ausstellungsfahrzeugen bei einem deutschen Vertragshändler verglichen werden.
Der Vergleich mit nicht in der Ausstattung veränderlichen Lagerfahrzeugen auf der einen Seiten mit deutschen Listenpreisen für ein frei konfigurierbares Wunschfahrzeug ist nicht sonderlich realistisch.
- die Ausstattung ist zu vergleichen
Sowohl in der Grundausstattung wie auch bei zusätzlich vorhandenen Ausstattungspaketen kann es zu unterschieden kommen, selbst wenn gleiche Bezeichnungen dafür existieren.
Dafür immer die Kataloge, Ausstattungs- und Preislisten aus dem Land heranziehen, aus dem das Fahrzeug auch stammt.
- auch die technische Ausstattung ist sehr genau zu vergleichen.
In Deutschland ist ein Fahrzeug ohne ESP praktisch nicht zu verkaufen und somit bis auf sehr exotische Ausnahmen überall serienmäßig eingebaut.
Im Ausland ist das aber etwas völlig anderes. Teilweise, je nach Herkunftsland, ist selbst in Mittelklasse-Fahrzeugen kein ESP vorhanden, weil es in diesem Land keine sonderliche Nachfrage oder Anforderung an den Hersteller dafür gibt.
Ähnliches auch bei Dieselmotore und dem Zuheizer. Moderne Diesel erzeugen nur noch sehr wenig Verlustwärme. In eher kälteren Regionen ist ein Zuheizer notwendig, damit es im Fahrzeug bei 0°C Außentemperatur überhaupt angenehm warm werden kann.
In Südeuropa gibt es nicht dieses "Klimaproblem" mit kalt und Winter, dort wird ein Zuheizer nicht benötigt und daher auch nicht verbaut. Mit einem solchen Fahrzeug hat man dann in Deutschland so von Mitte November bis Anfang März nicht so richtig viel Freude.
Also auch in dem Bereich sehr genau die technischen Komponenten anhand der "Landesunterlagen" vergleichen. Dinge, die hier eine absolute Selbstverständlichkeit sind und überhaupt nicht beachtet werden müssen, sind es woanders, durch andere Anforderungen, Notwendigkeiten oder auch "Umweltbedingungen" völlig unbekannt.
- gesetzliche Gewährleistung
Die gesetzliche Gewährleistung besteht zwar in der gesamten EU, aber Ansprüche hat man nur gegen den Verkäufer und nach dem Landesrecht, in dem der Verkäufer seinen Sitz hat.
Ist der EU-"Händler" überhaupt kein Händler, also Verkäufer im juristischen Sinn, sondern ein Vermittler, dann bestehen die Ansprüche des Käufers je nach Herkunft auch mal ausschließlich gegen einen rumänischen Händler in Rumänien nach rumänischem Recht vor einem rumänische Gericht.
Natürlich hat man Gewährleistungsansprüche, ist immerhin alles EU, aber in der Praxis ist das von den zu erfüllenden Anforderungen durch den Käufer (Dich) praktisch wertlos.
- Garantie
Garantie ist immer eine freiwillige Leistung durch einen Garantiegeber. hier muss man doppelt genau hinschauen, wer der Garantiegeber ist, welche Garantie er überhaupt gibt und welche Wirkungsbereiche sie haben.
Eine Garantie, die der deutsche Generalimporteur ausspricht, gilt logischerweise nur für Fahrzeuge, die auch "über ihn" gelaufen sind und nicht für ein Fahrzeug, was aus Dänemark selbst oder durch Auftrag an einen Vermittler importiert wurde.
Die bekannten "7 Jahre" setzen sich aus 3 Jahre Hersteller und danach weitere 4 Jahre durch den deutschen Generalimporteur zusammen.
Bei einem amerikanischen Hersteller, den viele für einen deutschen halten, ist der Garantiegeber ausschließlich der jeweils nationale Importeur nicht der Hersteller selbst und auch nicht die Europa-Zentrale.
Hat man einen Grau-Import lassen sich Garantieansprüche nur in dem jeweiligen Land durchsetzen. Stammt Dein Ford aus Österreich und weigern sich deutsche Ford-Vertragshändler eine Garantierepartur auszuführen (was sie dürfen), dann musst Du nach Salzburg zu Ford Österreich, nur Ford-Ö "muss" und macht es dann auch ohne zu mucken. Das ist so schon passiert und ist völlig korrekt.
Bei einem anderen Hersteller steht als Garantiebedingung in den Unterlagen drin, dass Inspektionen im Kaufland auszuführen sind. Hast Du einen solchen Wagen, der aus Portugal Grau-importiert wurde, dann muss Du tatsächlich zur Inspektion nach Portugal oder die Garantie erlischt. Auch das ist rechtlich völlig korrekt.
Nach deutschem Recht sind solche Bedingungen völlig unmöglich und ausgeschlossen, aber wenn das Fahrzeug ursprünglich aus Portugal, Österreich, ... stammt, dann gilt portugiesisches, ... Recht und nach dem Recht ist es richtig und auch so gültig.
Es ist alles nicht ganz so rosarot, wie in einem 3zeiler eines Verkaufsangebots rein passt, muss aber dennoch beachtet werden.
Macht man das nicht, kann man bei entsprechender Situation auch ganz nette Überraschungen erleben.
Erstmal vielen Dank für die Antworten. Ich glaube da lass ich dann doch lieber die Finger davon bevor ich übers Ohr gehauen werde...