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Testbericht

Jürgen Wolff, 27. Januar 2008
Am liebsten würde man die Gartenbank zurecht rücken, es sich bequem machen, ab und an mal an einem Campari Orange nuckeln und den Brera einfach nur anschauen - so wie er da steht in der Auffahrt. Aber: Er fährt auch.

Der Brera ist ein Alfa Romeo. Punkt. Das heißt: Unendlich schön und rassig gezeichnet, mit dem 2,2-Liter-Motor gerade noch passabel ausgestattet, innen etwas eng für jeden, der nicht dem südeuropäischen Gardemaß entspricht, mittlerweile ordentlich verarbeitet - und mit kleinen konstruktiven Nachlässigkeiten. Was soll's, es sind die kleinen Fehler, die Menschen und Autos so sympathisch machen.

Eigentlich ist damit schon alles gesagt. Aber ein bisschen genauer wollen wir schon sein. Das Design ist atemberaubend schön - schlicht ein Meisterwerk. Beginnend vorne am herzförmigen Alfa-Grill über die jeweils drei nebeneinander angeordneten Scheinwerfereinheiten in den schmalen Augenschlitzen, die der Eindruck von grimmiger Entschlossenheit erwecken, dann über die peilförmig ansteigende Seitenlinie mit den ausgestellten Radhäusern bis hin zum knackig runden Heck mit den potenten Endschalldämpfern links und rechts. Alfa kann also noch immer gnadenlos schöne Autos bauen.

Schön nicht nur außen, sondern schön auch innen. Sitze, der doppelt geschwungene Instrumententräger, das Lenkrad und der Mitteltunnel - hier kann man es durchaus aushalten. Noch schöner allerdings wäre es, wenn Alfa langsam mal die mittlerweile etwas billig wirkenden Materialien aufwerten würde. Ja, wir wissen, was Tradition ist und dass sowohl die gebürsteten Alu-Panelen als auch die tief in sie hinein versenkten Anzeigeinstrumente bei Alfa Tradition sind. Aber andere, etwas hochwertiger wirkende Materialien und etwas weniger fummelige Schalter am Lenkrad würden einfach besser zu den wunderbaren Äußeren passen.

Und so mancher Mitteleuropäer würde besser in den Brera passen, wenn die Italiener endlich einmal ihre Maßschablonen wechseln würden. Schon wer mehr als 180 Zentimeter Körpergröße durchs Leben fährt, hat Mühe, wirklich gut zu sitzen. Dass er sich etwas mühsam durch die Türen auf die für einen Sportwagen ungewohnt hohen Sitze zwängt, sei dem Prinzip des Coupés geschuldet. Dass er dann aber Dauerkontakt mit dem Dachhimmel hat, ist schlicht nicht nötig. Bei unserem Testwagen sorgte das gegen Aufpreis erhältliche Skyview-Panoramadach für etwas Entspannung. Die Jalousie nach hinten - schon ist ein Lufthauch Freiheit über dem Kopf. Dieses Glasdach sollte man sich aber schon alleine wegen des Gefühls von Licht, Luft und nach oben offener Freiheit gönnen.

Ansonsten reicht der Platz vorne in der Regel aus. Weil das Kupplungspedal viel Weg braucht, rückt der Fahrersitz ohnehin näher zum Cockpit als zunächst gedacht. Keinen Platz gibt es hinten. 2+2 ist im Brera eine Addition, die allenfalls mit Baby an Bord eine Lösung hat - aber schon Kleinkinder passen hinten nicht mehr rein. Die Vordersitze rücken selbst bei mittelgroßen Passagieren so weit an die Rückbank, dass nicht mal mehr ein Blatt Papier dazwischen passt. Dank der Isofix-Halterungen lassen sich Kindersitze befestigen - aber auch das gerät zu einer ziemlichen Fummelei. Zwar gleiten die Frontsitze nach vorne, sobald man die Rücklehne vorklappt - aber die Durchreiche nach hinten ist auch dann noch ziemlich eng und beklemmend. Der Kofferraum ist mit 300 Litern nicht gerade üppig - aber für ein solches Auto durchaus ausreichend. Zumal es hier zwei ausgesprochene Pluspunkte zu vermerken gilt. Das Gepäcknetz in der Mitte fixiert den Wocheneinkauf so nachdrücklich, das auch bei flotter Fahrt weder Milchflaschen noch Pampelmusen durch die Gegend rollen. Und die Lehnen der Rückbank lassen sich asymmetrisch nach vorne klappen. Das macht aus dem Brera auch noch keinen Kombi, schafft aber mit 610 Litern einen beachtlichen Raumgewinn für größeres Gepäck - und die Rückbank ist ohnehin zum Sitzen unbrauchbar.

Die Heckklappe schwingt weit nach oben - allerdings muss man seine Lasten doch ziemlich weit über die hohe Ladekante wuchten. Ärgerlich: Es fehlt ein Griff innen, um die Klappe wieder zu zu ziehen. Wer naiv an das Plastikteil in der Klappenmitte greift und es mit Schwung nach unten zieht - hat die Plastikabdeckung in der Hand. Ohne dass sich die Heckklappe auch nur bewegt hätte.

Solch kleine konstruktiven Fehlerchen findet man weniger oft im Brera als in früheren Alfa-Modellen. Aber man findet sie noch. Die Halteknöpfe für die vorderen Fußmatten etwa gehören in diese Kategorie - nett gemeint, aber untauglich. Regelmäßig entwinden sich die Matten ihrem Griff und rutschen langsam aber sicher nach vorne - bis sie große Falten werfen und die Pedale blockieren. Alfisti zucken mit den Achseln und schieben die Matten einfach wieder zurück. Bis zum nächsten Mal. Aber schon Sysiphos war Alfa-Fahrer - was soll's. Grade noch in Sachen Image geht der "kleine" 2,2-Liter-Motor durch. Der hat zwar nominell 136 kW/185 PS. Aber die braucht er offensichtlich auch, um den Brera noch akzeptabel flott zu bewegen. Wer es sportlich will, der muss schon dreh- und schaltfreudig zur Sache gehen. Und das hebt nicht nur gelegentlich den Schallpegel unnötig, sondern auch den Verbrauch. Mit im Durchschnitt knapp 10 Liter pro 100 Kilometer ist er gerade noch akzeptabel.

Nur so sind die Beschleunigungswerte zu schaffen: 8,6 Sekunden braucht er aus dem Stand auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit gibt Alfa mit 222 km/h an. Ein Tempo, dass wir auch mit viel Anlauf und auf gerader Straße nie erreicht haben. Stimmt das Tacho auch nur halbwegs, war spätestens bei 210 regelmäßig Schluss. Aber dem schönen Brera verzeiht man auch die fehlenden 12 km/h - va bene. Beim Fahren selbst ist der Brera wieder vorbildlich. Kurven lassen sich flott meistern, allenfalls ein leichtes Untersteuern erlaubt er sich gelegentlich. Zur Not regelt die Elektronik nach. Die Sitze sind straff und könnten ein wenig mehr Seitenhalt bieten. Das Fahrwerk ist - wie es sein soll - sportlich straff und gibt ab und an auch mal größere Unebenheiten an die Passagiere weiter. Passend zum Motor ist die Getriebeübersetzung kurz ausgelegt. Die Schaltung selbst wird präzise durch die Kulisse geführt, die Lenkung reagiert unverzüglich, präzise und fein dosierbar. Krafteinflüsse durch den Frontantrieb waren auch bei flotter Beschleunigung nicht zu spüren. Der Geradeauslauf ist perfekt, die Bremsen sind kräftig und fein dosierbar. All das hat seinen Preis. Mit 32.200 Euro ist die Grundversion des Brera der teuerste Alfa, bis im Frühjahr der auf ihm basierende Spider auf den Markt kommt und noch einmal gut 1000 Euro teurer sein wird. Ein ähnlich motorisierter Alfa GT zum Beispiel - bis zum Start des Brera Alfas Parade-Coupé - kostet rund 27.600 Euro. Die Aufpreisliste ist nicht unbedingt üppig, enthält aber einige Posten, auf die man nicht verzichten sollte: Xenonlicht (840 Euro) zum Beispiel und ein Navigationssystem (ca. 2200 Euro).

Quelle: Autoplenum, 2008-01-27

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