Chevrolet Camaro Cabrio im Test: Wahnsinnige Windmachine
Testbericht
Haar, 17.10.2011 - Zwei Jahre können eine verdammt lange Zeit sein. Seit 2009 mussten die europäischen Fans des Chevrolet Camaro auf ihr Traumauto warten oder ihn auf eigene Faust importieren. Doch nun hat sich die US-Marke erweichen lassen und schickt den erfolgreichen Sportwagen ganz offiziell über den großen Teich. Hat sich das nervenaufreibende Warten gelohnt?
Gemischtes Doppel
Einen Vorteil haben die hiesigen Camaro-Liebhaber: Von Beginn an können sie zwischen einer Coupé- und einer Cabriovariante wählen. Da fällt die Entscheidung schwer, doch wir wollen die Strahlen der herbstlichen Sonne genießen. Also her mit dem offenen Ami. Doch bis sich die Stoffmütze hinter den Passagieren zusammenfaltet, dauert es: Zuerst muss das Dach von Hand entriegelt werden, ehe es elektrisch im gemütlichen Tempo weggepackt wird. Das Resultat kann sich sehen lassen, denn im Vergleich zum US-Modell wurde der Europa-Camaro kaum verändert. Einzige Unterschiede sind die Seitenblinker in den Außenspiegeln und die LED-Rückleuchten. Ansonsten wurde das Hingucker-Design nicht angetastet: Bullig duckt sich der 4,84 Meter lange Wagen auf den Asphalt, in der gepfeilten Frontpartie verbergen sich böse leuchtende Scheinwerfer. Die Breite von 1,92 Meter und serienmäßige 20-Zoll-Räder unterstreichen die entschlossene Attitüde des Amis. Eins ist sofort klar: Zurückhaltung ist nicht die Devise des Camaro.
Moderner Retro-Chic
Passend dazu ist der Innenraum gehalten. Im Cockpit schlagen Höhlen, in denen sich Instrumente befinden, die Brücke zum Ur-Camaro der 1960er-Jahre. Ganz und gar nicht nostalgisch, sondern nur praktisch ist das serienmäßige Head-up-Display inklusive Drehzahlmesser. In die nett gestaltete Mittelkonsole baut Chevrolet leider auch gegen Geld und gute Worte keine Klimaautomatik und kein Navigationssystem ein. Der großzügige Einsatz von Leder kann zudem nicht kaschieren, dass die im Camaro verwendeten Kunststoffe recht billig wirken. Das Platzangebot auf den gut konturierten Vordersitzen ist überraschend großzügig. Die Plätze im Fond taugen allenfalls als Notsitze. Einen Kofferraum gibt es auch: Bis zu 328 Liter Gepäck passen hinter die Luke.
Der Ton macht die Musik
Liter ist ein gutes Stichwort, denn unter der von einer dicken Lufthutze gekrönten Haube steckt ein echtes Kraftwerk. Acht Zylinder und 6,2 Liter Hubraum lauten die Eckdaten. In Verbindung mit dem Sechsgang-Schaltgetriebe kommt die so genannte LS3-Variante des Triebwerks mit 432 PS zum Einsatz, während das Automatik-Cabrio die L99-Ausführung des Aggregats mit "nur" 405 PS, dafür aber auch mit spritsparender Zylinderabschaltung bekommt. Schwächlich ist der L99 dadurch nicht, immerhin wuchtet er imposante 556 Newtonmeter an die Kurbelwelle und zieht den Camaro in 5,6 Sekunden von null auf hundert. Trotzdem wird nach einigen Kilometern klar, dass die Kombination aus Camaro und Automatik eher zum gemütlichen Cruisen passt.
Gibs mir!
Aus ganz anderem Holz ist unser handgeschalteter Camaro geschnitzt. Auf extrem kurzen Wegen rasten die sechs Gänge ein, sie wollen ebenso wie die Kupplung mit männlichem Nachdruck betätigt werden. Immense 569 Newtonmeter verführen zum schaltfaulen Fahren, doch der Klang des LS3-Blocks weckt das Tier im Mann: Schon im Leerlauf lauert das Aggregat spürbar auf Befehle. Bei jedem Herunterschalten sprotzelt Zwischengas aus den Endrohren, beim Herausbeschleunigen grölt, brüllt, schreit der Achtzylinder, als würden Rammstein und Motörhead ein gemeinsames Konzert geben. 6.162 kleine Kubikzentimeter rufen im Chor: "Frei von Blei mit viel Oktan. Ich brauch Benziiiiiin." Und das bitte nicht zu knapp: 14 Liter stehen auf dem Papier, es dürfen aber auch gerne 17 Liter und mehr sein.
Sportliches Schwergewicht
Chevrolet hat dem Euro-Camaro eine neue Aufhängung, geänderte Stoßdämpfer und neue Stabilisatoren spendiert. Eine gute Investition: Dank ausgezeichneter Straßenlage und einer direkten Lenkung lässt sich der Wagen präzise in die Kurven dirigieren. Allerdings erfordert der Griff ins Volant ein gewisses Zupacken, die voluminösen 20-Zöller machen sich bemerkbar. Auch sein Leergewicht von gut 1,9 Tonnen kann das Cabrio nicht verleugnen, trotzdem erstaunt der Grad an Leichtfüßigkeit. Zum Schluss erwartet uns die größte Überraschung. Bei gerade einmal 43.900 Euro startet das Camaro Cabrio, das Coupé beginnt sogar schon bei 38.900 Euro. Mitgeliefert wird eine komplette Ausstattung, darunter Xenonlicht, eine Rückfahrkamera und Leder. Zum Vergleich: Für eine ähnliche Summe gibt es den Nissan 370Z Roadster mit 328 PS, aber nur sechs Zylindern. Eine ähnliche Leistung plus V8 bekommt man im BMW M3 Cabrio, Kostenpunkt: 75.900 Euro.
Technische Daten
Antrieb: | Hinterradantrieb |
---|---|
Anzahl Gänge: | 6 |
Getriebe: | manuelles Schaltgetriebe mit Schaltwegverkürzung |
Motor Bauart: | Benziner in V-Form |
Hubraum: | 6.162 |
Anzahl Ventile: | 2 |
Anzahl Zylinder: | 8 |
Leistung: | 298 kW (432 PS) bei UPM |
Drehmoment: | 569 Nm bei 4.600 UPM |
Preis
Neupreis: 43.990 € (Stand: Oktober 2011)Fazit
Der Chevrolet Camaro ist eine echte Kampfansage, sowohl beim Preis als auch bei der Optik. Kein anderer Sportwagen auf dem deutschen Markt bietet für rund 40.000 Euro eine derart aufregende Performance - und dieses charismatische Muscle-Car-Aussehen. Der Klang des handgeschalteten V8 und das einzigartige Design des Camaro können süchtig machen. Hinzu kommt ein Fahrwerk, welches auch europäischen Ansprüchen genügt. Das Warten hat sich also gelohnt. Einziger Haken: Beim Sprit ist der Ami-Sportler kein Kostverächter.Testwertung
Quelle: auto-news, 2011-10-17
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