Mercedes C-Klasse T-Modell – Der Alleskönner?
Wer Mitte der 80er Jahre im idyllischen Schwabenland rund um Stuttgart aufgewachsen ist, dessen Fahrzeugwahl im Alter ist im Grunde unausweichlich vordefiniert. Zumindest in meinem Dorf prägte kein anderes Fahrzeugmodell die ländliche Vorstadtsiedlung mehr, als ein Mittelklassekombi von Mercedes. Damit, schlussfolgerte ich, ist man auf all die Herausforderungen, die das Leben so bietet, perfekt vorbereitet. Jetzt, in einem Alter angekommen, in dem andere Fakten zählen als die Watt-Zahl der nachträglich eingebauten Zubehör-Boxen, wird es Zeit, sich die Sache nochmal genauer anzusehen.
Unser Testwagen
Das aktuelle T-Modell der C-Klasse ist seit September 2014 auf dem Markt. Der Einstiegspreis liegt aktuell bei 33.349,75 Euro. Dafür gibt es den C 160 mit 129 PS starkem Vierzylinder-Benziner und Sechsgang-Schaltgetriebe. Dank der hauseigenen Performance-Abteilung AMG ist sowohl die Leistungs- als auch die Preisgrenze nach oben offen. Die Speerspitze markiert der AMG C 63 S mit 510 PS für 86.037,00 Euro.
Unser Testwagen liegt mit einem Einstiegspreis von 46.784,85 Euro ungefähr in der Mitte des „normalen“ Portfolios. Wir fuhren den diamantweißen C 250 Benziner mit 211 PS in der Ausstattungsvariante "Avantgarde". Anders als die Bezeichnung vermuten lässt, schöpft er die Leistung aus knapp zwei Litern Hubraum. Die Kraftübertragung an die Hinterachse stellt ein Siebengang-Automatikgetriebe, genannt „7G-Tronic Plus“, sicher. Ein Schaltgetriebe steht nicht zu Wahl. Mit zahlreichen Zubehör-Paketen und Ausstattungen fällt die 50.000 Euro Grenze jedoch spielend.
Alles andere als spießig
Galt ein Mittelklasse-Kombi von Mercedes lange Zeit vor allem bei der jüngeren Zielgruppe als eher spießiges und biederes Fortbewegungsmittel, so ist davon in der aktuellen Generation nichts mehr zu spüren. Geschwungene Linien, sportliches Design, eine aggressiv dreinblickende Front – egal aus welchem Blickwinkel, das T-Modell der C-Klasse sieht einfach nur verdammt sexy aus. Der Ansicht waren auch zwei Schüler an einer Bushaltestelle fünf Minuten nach Übergabe des Testwagens: „Ziemlich schickes Auto!“ Danke, passt. Erste Herausforderung bestanden.
Der Innenraum
Der gute Eindruck setzt sich auch im Innenraum fort. Armaturenbrett, Polster und Verkleidungen sind hochwertig verarbeitet und alles andere als langweilig. Jeder Schalter und Drehregler fühlt sich massiv an. Alles, was sich öffnen lässt, wie Handschuhfachdeckel, Mittelkonsole oder das Fach für die Sonnenbrille, ist gedämpft und klappt nicht einfach ruckartig nach unten. Man hat zu jeder Zeit das Gefühl, wirklich etwas für sein Geld bekommen zu haben. Wer die Wertigkeit auf die Spitze treiben möchte, greift zusätzlich zur Ambientebeleuchtung (261,80 Euro). Dann lässt sich die Farbe und Intensität der Innenraumbeleuchtung in mehreren Stufen regeln, was bei jedem Passagier ungeheuren Eindruck hinterließ.
Für die Bedienung von Navigations-, Sound- und allen weiteren Fahrzeugsystemen stehen drei Alternativen bereit. Einzelne Menüs lassen sich direkt per Button in der Mittelkonsole, Drehregler oder mit einem darüber montierten Touchpad anwählen. Alles führt am Ende zwar zum Ziel, intuitiv ist aber anders. Ein Touchscreen wäre hier die komfortablere Lösung. Auch die Belegung einzelner Funktionen ist nicht über jeden Zweifel erhaben. Drückt man während der Navigation auf den prominenten Drehknopf, lässt sich die aktuelle Position auf der Karte markieren – was sehr selten gebraucht wird. Wichtigere Punkte wie Adressänderungen oder Zwischenziele sind dagegen weit besser versteckt.
Die beigefarbene Lederausstattung hinterließ einen gemischten Eindruck. Die neben der Sitzheizung zusätzlich verbaute Sitzklimatisierung (1.285,20 Euro) wollten wir bereits nach dem ersten Stau in knallender Sonne nicht mehr missen. Durchgeschwitzte Hemdrücken sind damit ein Relikt der Vergangenheit. Leider färbten bei Kontakt z.B. an der Türverkleidung oder Mittelkonsole auch normale Jeans auf dem hellen Leder sehr schnell ab. Das konnte zwar stets durch anschließendes reinigen beseitigt werden, im Alltag würden wir aber zur dunkleren Alternative greifen.
Das Platzangebot
Das Raumangebot ist üppig. Auch bei fünf Personen kommt keine Platzangst auf und vollbesetzt lassen sich auch längere Strecken problemlos bewältigen. Im Stauraum legte die aktuelle Generation um 5 bzw. 10 Liter an Volumen zu. Insgesamt 490 bzw. 1510 Liter stehen zur Verfügung. Das ist zwar nicht endlos viel, im Alltag aber vollkommen ausreichend. Positiv fällt auf, wie intelligent sich der Raum nutzen lässt. Ein Feature, das wir nicht vergessen werden: Die Rückbank klappt per Knopf auf Höhe der Rücklichter automatisch nach vorne. Wählt man zusätzlich das Ablagen-Paket, ist unter dem Laderaumboden ein kleiner Korb integriert und so immer dabei, wenn Kleinigkeiten transportiert werden müssen.
Der Motor
Unter der Haube unseres C 250 arbeitete ein 211 PS starker Vierzylinder-Benziner mit zwei Litern Hubraum, der seine Kraft an eine Siebengang-Automatik weiterreicht.
Die Kraft des Motors ist vollkommen ausreichend und strahlt im Alltag ein hohes Maß an Souveränität aus. Der Wunsch nach mehr kommt nicht auf. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 244 km/h. Bis 230 km/h stürmt der C 250 mühelos voran. Auch bei hohen Geschwindigkeiten ist das Fahrwerk über jeden Zweifel erhaben und die C-Klasse bleibt sicher in der Spur. Die Automatik schaltet bei spontanen Befehlen manchmal etwas ruppig, gibt sich aber größtenteils unauffällig. Wer möchte kann mit den am Lenkrad montierten Schaltpaddels aktiv ins Geschehen eingreifen.
Fünf Fahrmodi
Insgesamt fünf Fahrmodi stehen zur Wahl: Eco, Comfort, Sport, Sport+ und Individual. Je nach Modus sprechen Dämpfer und Gaspedal anders an und das Auto wird spürbar straffer. Verschiedene weitere Gimmicks schalten sich ebenfalls zu- oder ab. Bei Sport+ entfällt die Start/Stopp-Automatik. Lüftet man im Eco-Modus den Gasfuß, wird automatisch ausgekuppelt und man segelt voran.
Verbrauch
Mercedes gibt den kombinierten Verbrauch mit optimistischen 5,6 Litern Super auf 100 Kilometern an. Den Wert konnten wir im Alltag trotz intensivem Einsatz des Eco-Modus leider nicht erreichen. Am Ende flossen während des Tests im Schnitt rund 8,0 Liter E10 durch die Leitungen. Das ist kein überragender Wert für einen mehr als 200 PS starken Benziner, in einem über 1,5 Tonnen schweren Auto aber gerade noch okay.
Entspannt reisen
Die Qualitäten der C-Klasse liegen auf der Langstrecke. Mit Spurhalte-, Abstandshalte-, Toter-Winkel-Assistent, Scheibenwischer- und Abblendautomatik muss man sich während der Fahrt um (fast) nichts mehr kümmern, außer den Tempomat der vorgeschriebenen Geschwindigkeit anzupassen. Alle verbauten Assistenten funktionieren perfekt. Angeschaltet hielt der Testwagen selbstständig den Abstand, beschleunigte und bremste, blendete ab, leuchtete auf und schaltete bei Regen die Scheibenwischer an. Auf der Autobahn reicht es, zu lenken. Das Resultat: Auch mit Stau kamen wir entspannt am Ziel an.
Fazit
Schwäbische Vororte können sich nicht täuschen. In insgesamt zwei Wochen mit dem C 250 T-Modell verspürten wir nie den Wunsch nach mehr. Die aktuelle Generation ist schick, hochwertig, geräumig, schnell – aber leider auch teuer und als Benziner etwas zu durstig, weshalb wir zum 204 PS starken Diesel raten würden. Damit lassen sich die Langstrecken-Qualitäten noch weiter ausbauen und der Wagen ist tatsächlich ein Auto, das bei all den Herausforderungen, die das Leben so bietet, keine Wünsche offen lässt.
Text: Michael Abele
Fotos: Michael Abele
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