Kühlung eines normalen KFZ
Hallo,
meine Frage bezieht sich nicht direkt auf ein spezielles Automodell.
Mich interessiert lediglich, wie schwer es ist, ein normales Auto auf Betriebstemperatur zu halten.
Ich habe mir inzwischen schon so einen OBD Stecker gekauft, der realtime einpaar Fahrzeugdaten ans Handy überträgt. Leider werde ich daraus auch nicht sonderlich schlauer. Bleibt eigenlitch konstat auf 89-92°C.
Wie oft öffnet der Thermostat den großen Kühlkreislauf bei einer normaler Autobahnfahrt?
Im normalen Fahrbetrieb ist das Thermostat durchgehend geöffnet, da die Kühlmitteltemperatur (Betriebstemperatur ganz grob zwischen 95 und 110 Grad, korrigiere mich, wer es besser weiß) deutlich über der Öffnungstemperatur des Thermostats (so 86 - 90 Grad, meine ich) liegt. Geregelt wird die Temperatur dann über den Kühlerlüfter, der sich so ab ca. 95 Grad einschaltet.
sry, bin etwas detailverliebt daher werden vermutlich noch einpaar Fragen folgen.
Erstmals vielen Dank für diese Antwort.
Wenn ich jetzt aber mit 120 auf der Autobahn fahre, bekommt der Motor dann nicht mehr Kühlluft, als wenn der Ventilator eingeschaltet wird? heißt das, dass er dann auch auf der Autobahn den Ventilator teilweise einschaltet?
Der Thermostat ist kein Schalter, der nur zwischen ganz auf und ganz zu kippt, sondern regelt die Durchflussmenge kontinuierlich ja nach Wassertemperatur.
Je nach Auslegung (Kennlinie) des Thermostaten beginnt der mit der Öffnung bei rund 80°C und ist dann bei rund 100°C völlig offen.
Bei halbwegs korrekter Auslegung des Gesamtsystems (Abwärmemenge Motor, Kennlinie Thermostat, Größe des Kühlers) ist der elektrische Lüfter nicht notwendig, der Thermostat kann allein durch Regelung der Durchflussmenge durch den Kühler (und damit Abkühlung) die Motortemperatur innerhalb eines bestimmten Regelbereichs (Hysterese genannt)ziemlich konstant halten.
Nur bei "außergewöhnlichen" Bedingungen muss der Kühlerlüfter eingreifen, zB.:
schwerer Anhänger, große Motorleistung abgefordert, damit hohe Abwärmemenge, aber aufgrund der "geringen" Fahrgeschwindigkeit nur eine geringe Kühlluftmenge, die die keine große Wärmemenge abführen kann.
viel Stau, zwar fast keine Motorleistung, aber dennoch etwas Abwärme, die bei null Geschwindigkeit auch keine Kühlluft und damit keine Abwärme abführen kann.
hohe Außentemperatur, sodass nicht nur die Temperaturdifferenz zwischen Kühlwasser und Kühlluft deutlich geringer geworden ist, sondern auch noch zusätzlich eine erhebliche Wärmemenge der auf Volllast laufenden Klimaanlage weg muss.
...
Super vielen dank, das ist doch mal eine ausführliche Antwort.
Wie knapp ist denn so ein normales Kühlsystem ausgelegt? Sagen wir 25 °C Außentemperatur. Normale Autobahnfahrt. Wie ist da so die durchschnittliche Thermostatstellung (40% offen oder 90% offen)?
Wenn Du mit 200 km/h auf der Autobahn fährst, dann ist da nicht nur eine enorme Luftmenge, die das Kühlwasser ordentlich abkühlen kann, sondern auch eine ganz erhebliche Abwärmemenge, die auch über Kühler/ Kühlluft weg muss.
Grob über dem Daumen entsteht an 3 Stellen Energie:
1/3 als nutzbare Motorleistung
1/3 als Wärme, die über den Auspuff als heiße Auspuffgase raus geht
1/3 als Abwärme, die über das Motoröl und Kühlwasser abtransportiert wird.
Wenn der Motor 110 kW (150 PS) erzeugt, um 200 km/h fahren zu können, so entstehen dabei ebenso 110 kW Wärmemenge, die das Kühlwasser aufheizen und weg müssen - da ist es schon ganz praktisch, wenn die Kühlluft nun auch mit 200 km/h durch den Kühler fegt und enorme Wärmemengen abführen kann.
Wie schon geschrieben, bei halbwegs korrekter Auslegung über die Kühlergröße passt das sogar "auf null": Was mehr an Wärme entsteht, wird durch durch das mehr an Kühlluft ausgeglichen. Da muss oftmals der Thermostat nicht mal regelnd eingreifen (Wassermenge verändern).
Ist doch ganz einfach besorge dir ein Thermostat was geschlossen ist lege es in einen Topf und mache den Herd an mit einem Thermometer dazu und du weißt ganz genau wie weit und bei welcher Temperatur dein Th aufgeht.
Das verstehe ich schon. Dann drücke ich es anders aus. Wenn ich jetzt die Formel 1 als Beispiel nehme, da passt es ja auch "auf null". Aber nur solange nicht im Windschatten gefahren wird. Das jetzt auf den normalen Straßenverkehr übertragen führt mich zu der Frage dann.
Bis wie viel °C Außentemperatur wäre es rein Kühltechnisch unproblematisch mit dem Auto zu fahren.
Die Frage nach einem prozentualen Öffnungsgrad, wenn x und y so und so sind, lässt sich so einfach nicht beantworten.
Hier spielen dann reale Gegebenheiten eine Rolle, wie die tatsächliche Effizienz (und damit erzeugte Abwärmemenge) des Motors, tatsächliche Kühlergröße sowie Größe der "Löcher" in der Karosserie, welche Luftmenge bei welcher Geschwindigkeit dann durch den Kühler geht und Wärme abführen kann.
Eine Betrachtung allein auf den Thermostaten bezogen ist nicht machbar, da hier viele Komponenten eine wichtige Rolle spielen und der Thermostat zwar ein wichtiges, aber eben nur EIN wichtiges von mehreren nicht weniger wichtigen Dingen in diesem Kreis darstellt.
Ist der Kühler zu klein, oder die Luftmenge des E-Lüfters im Stau zu gering, dann kann der Thermostat noch so groß auf machen.
Grundsätzlich sind Kühlsysteme so ausgelegt, dass alle Umgebungsbedingungen zu beherrschen sind, also nicht zu einer Übertemperatur des Systems führen. Auch wenn es mit dem großen Wohnwagen bei 35°C Außentemperatur im kleinen Gang den Alpenpass hinauf geht.
Eng wird es, wenn ein Defekt im System vor liegt:
Der Thermostat wegen Vergammelung nicht ganz aufgehen kann, Kühler teilweise verstopft ist, Kühlwasser fehlt, ...
Eng kann es auch werden, wenn man den unverständlich hohen Aufpreis für eine Anhängerkupplung bei der Neuwagenbestellung umgeht und sich die Anhängerkupplung für kleines Geld nachträglich an baut - und übersieht, dass der Aufpreis bei Werksbestellung nicht nur der lustige Stahlhaken hinten ist, sondern auch einen vergrößerten Wasserkühler, zwei dann vorhandenen Ölkühler für Motor- und Automatikgetriebe und einen deutlich vergrößerten E-Lüfter beinhaltet.
Ist alles fit, dann gibt es auch keine besonders zu beachtenden Grenzen, was Außentemperaturen oder Windschattenfahrten an geht.
Formel 1 ist nicht "auf null", sondern "absolutes Limit, ohne auch nur dem Hauch einer Reserve".
Zwei Liter unnötiges Kühlwasser sind 2 kg unnötiges Gewicht und 2 kg Gewicht sind 0,1 Sekunden pro Runde und bei 60 Runden sind das 6 Sekunden Zeitverlust im Ziel.
Die Kisten sind so auf Kante genäht, dass die nach nicht mal 2 Runden (was keine 3 Minuten sind) aus dem Windschatten ausbrechen müssen, weil der Motor sonst überhitzt.
Boxenstop bedeutet kein Fahrtwind, bis 5, vielleicht 6 Sekunden geht das, aber dann kommen auch schon die Mechaniker mit den Ventilatoren angerannt. Das ist auch der Hauptgrund, warum man während des Rennens nicht die Geschwindigkeit in der Boxengasse der Sicherheit zuliebe beliebig begrenzen kann.
Im Training oder Qualifying sind die 60 km/h kein Problem, das die Wagen vorher eine langsame Runde zum "Ausrollen" hatten. Aber im Rennbetrieb, wo die aus teilweise 300 km/h per Vollbremsung in die Boxengasse kommen, sind 60 km/h Limit einfach zu wenig Fahrtwind für die Kühlung der vor zwei Sekunden noch unter Volllast laufenden Motore.
Volllast heißt dort 400 kW Motorleistung und über die Daumenregel auch 400 kW (Ab-)Wärmeleistung im Kühlsystem - mit 20 kW heizt man ein selbst nur durchschnittliche wärmegedämmtes, 35 Jahre altes Einfamilienhaus mit 150 m² Wohnfläche auch noch bei -20°C Außentemperatur ganz lässig auf mollige 25°C Innentemperatur.
Was so ein Formel 1 Motor bei Vollgas, also aus der Kurve heraus und auf der Geraden an Abwärme im Kühlsystem und Abgas produziert, damit kann man 40 Einfamilienhäuser durch die kältesten deutschen Winter bringen.
Die Jungs fahren nicht mal Windschatten, sondern schön versetzt, wenn Pacecar angesagt ist. Und Pacecar ist ein AMG SLS, der alles andere als gemächlich unterwegs ist
Ralleyfahrzeuge, die aus der WM, also WRC, sind überhaupt nicht in der Lage, länger als 10 Sekunden im Windschatten zu fahren. Extrem leistungsgesteigerte Motore mit damit verbundenen extremen Wärmemengen und wegen der Serienkarosserie eine dafür viel zu kleine Öffnung als Kühllufteinlass.
Super. Vielen Dank für die vielen sehr sehr ausführlichen und guten Antworten. Eine Frage habe ich noch bzgl. der Anhängerkupplung. Ist es wirklich so, dass die, wenn man die Anhängerkupplung werkseitig dazukauft, dass die dann den Kühler vergrößern usw.?
Es sind nicht viele Fahrzeuge, bei denen in Zusammenhang mit einer AHK auch ein vergrößertes Kühlsystem verbaut wird, aber ein paar sind es schon und damit dann nicht mehr unbedingt als außergewöhnlich anzusehen.
Ich weiß es von einigen Mercedes E-Klasse bei bestimmten Motorkombinationen, bei einigen SUVs oder auch einigen VANs (VW Sharan, VW BUS) - und mit Sicherheit auch noch anderen Fahrzeugen - bei denen da so ist.
Erkennt man häufig daran, dass man für den üblichen und überall "normalen" Aufpreis eine AHK mit auch üblichen Anhängelasten bekommt - und für einen richtig heftigen Aufpreis dann eine AHK mit deutlich vergrößerter Anhängelast, oder auch richtig heftige Aufschläge für irgendwelche Auflastungen in dem Bereich verlangt werden.
Der BMW X5 hat üblicherweise für den "normalen" Aufpreis eine AHK für 2,3 Tonnen Anhängelast. Man kann allerdings auch für einen richtig heftigen Aufpreis bei der Neuwagenbestellung eine AHK mit 3,5 Tonnen Anhängelast bekommen.
Da ist dann nicht nur ein etwas dickeres Blech bei der AHK verbaut, sondern ein deutlich vergrößertes Kühlsystem, und nicht nur beim Wasser, sondern auch beim Motor- und Getriebeöl.
Nimmt man die Billig-Variante, kauft sich die 3,5 Tonnen AHK im Zubehör und lässt sich nach Anbau für 45 Euro die größere Anhängelast bei einer Prüfstelle eintragen, dann hat man viel Geld gespart, darf völlig legal 3,5 Tonnen anhängen - und versteht es nicht, wenn mit dem großen Boot hinten dran bei höheren Außentemperaturen oder etwas bergiger Landschaft der Wagen massive thermische Probleme bekommt.
HansenPaule behandelt die möglichen thermischen Probleme schon ausführlich. Dennoch hier eine Ergänzung hinsichtlich Anhängelast:
Ich weiß es nur von Autos aus dem Hause PSA, das wird aber nicht der einzige Hersteller sein, der zur Vermeidung solcher Probleme bei bestimmten Modellen nicht nur eine recht geringe Anhängelast freigibt, sondern auch ein bestimmtes maximales Zuggewicht festlegt, das die tatsächlich im Einzelfall zulässige Anhängelast nochmal weiter beschränken kann (voll beladenes Zugfahrzeug ==> geringere Anhängelast).