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Testbericht

automobil-magazin.de, 14. Mai 2012
Parklücken, Sparsamkeit und ein guter Preis sind sein Ding. 150 km im neuen Seat Mii im Berliner Stadtverkehr.

Typisch Berlin. Die U-Bahn streikt mal wieder. Busse schultern das viele Volk im U-Bahn-Ersatzverkehr. Die Staus kommen und gehen. Nicht nur in Mitte. Mii-Fahren macht da echt Sinn: kurz und wendig in Wedding. Mit einer Länge von 3,55 m macht sich der teutonische Spanier (Up, Citigo und Mii haben eine Mutter: VW) die wenigen freien Parklücken zum Freund. Mit 1,64 m Breite, einem Radstand von 2,42 m und dem steilen Heck packt er vier Erwachsene hinein und noch 251 Liter hinzu – mehr als früher der Ibiza. Steigen zwei hinten wieder aus, passen sogar 951 Liter ins Gepäckabteil. Die Raumökonomie auf 3.557 x 1.641 x 1.478 mm überzeugt. Vorne sitzt man auf den Sitzeinteilern – erster kurzer Eindruck: bequem und hoch genug im Hinterkopfbereich, praktische beidseitige Neigungsverstellung – gut. Die Aussage „vollwertiger Viersitzer“ haut aber im hinteren Fußraum nicht hin, allerdings das mit der Innenhöhe. Die ist, vorne wie hinten, mehr als OK: 99,3 cm in Reihe eins, 94,7 auf der Rücksitzbank.

Der Schulterblick links gelingt klasse, weil die Seitenscheibe tief blicken lässt. Die Rundumsicht ist besser – und das liegt eben nicht nur an der Kürze – als im aktuellen Ibiza. Wenige Schalter bedeuten schnelles Verständnis. Einer fehlt jedoch: Der zweite Fensterheberschalter auf der Fahrerseite für das linke Fenster. Vor der Nase geht es drei Mal rund: ein großes Rundinstrument für Tempo und Zeit, zwei kleine für Drehzahl und Tank. Ein großes Handschuhfach, die Ablage vor dem Schalthebel, die höhenverstellbare Lenksäule, der höhenverstellbare Fahrersitz, Easy Entry und die geteilt umklappbare Rückbank des Style (10.575 Euro mit dem 75 PS-Motor) erden den Mii im Alltag. Auch die Bedienlandschaft fällt, bis auf die Glanzplanke um Radio-AC-Steller und Lüftungsklappen, eher sachlich als emotional aus. Um mehr Freude am kleinen Seat zu haben, sollten 350 Euro für die portable Navi definitiv investiert werden. 25 Sprachen kann sie, 44 Länder kartiert sie. Hübsch analog-digital zeigt der Fünf-Zoll-Monitor Drehzahl und Wassertemperatur, Verbrauch und Reichweite in Zeigern und Ziffern. Inklusive Tankstellentipps, fotorealistischen Straßeneinblendungen und flotten Routenvorschlägen: drei bis Köpenick im Moment, und in Fahrt kommen darauf noch zwei Streckenalternativen hinzu.

Kleinwagenfahren hat heute eindeutig weniger von Zurückstecken als noch vor Jahren. Sagt auch das Schiebedach, das nicht etwa aufgekurbelt wird, sondern elektrisch Luft macht. Oder Bluetooth, mit dem sich zwei Handys, etwa das von Fahrer und Beifahrer, gleichzeitig andocken lassen.
In kurz geht wie nie zuvor auch Sicherheit vor. Mit dem „City Safety Assist“ erkennt ein Lasersensor andere Fahrzeuge in Fahrtrichtung. Egal ob sie fahren oder stehen. Wenn der Fahrer mal schläft – soll vorkommen – bremst der Mii automatisch und autonom. Das geht bis 30 km/h und schont Gesundheit und Blech. Und das für nur 225 Euro extra – noch Fragen, was auf jeden Fall hinzubestellt werden sollte? ESP ist Serie. Die Steifigkeit der aus festen und ultrafesten Stählen gefertigten Karosse spürt man in Fahrt sofort. Die fünf Sterne im Euro-NCAP-Crashtest gehen damit wohl in Ordnung.

Unter der Motorhaube steckt eine neu entwickelte Motorengeneration. Der kompakte Dreizylinder mit einem Liter Hubraum ist nicht nur selbst leicht, sondern er macht es dem Mii auch. Der Basismotor ist 60 PS stark und der andere mit 75 PS schon ordentlich lebendig, denn mit 929 kg Gewicht (inklusive 75 kg-Fahrer) gehört der Seat zu den Leichtgewichten. Spürbar auch im Verbrauch: 4,5 Liter auf dem Datenblatt. Gut für das Portemonnaie, gut für die Umwelt. Start-Stopp würde jetzt im Stau kurz vorm Potsdamer Platz richtig Sinn machen, aber das hat nur der Ecomotive (ab 9.500 Euro). Der ist ein Meister der Effizienz mit 4,1 Litern und 96 g/km CO2. Besser geht es nur mit dem Erdgasmotor und 86 Gramm. Aber erst später.

Und die Praxis? Das leichtfüßig hoch drehende Dreizylinderchen lässt die fehlende Ausgleichswelle nur im Leerlauf spüren, sonst läuft es erstaunlich ruhig und vibrationsarm. Der Einliter zieht spielerisch und mit typischem Dreizylinderklang hoch. Die fünf Gänge interagieren ohne Wenn und Aber (Ausblick: Bald erhält man den Spanier auch mit automatisierter Schaltbox). Das Handling ist flockig (Wendekreis: 9,8 m). Mit dem Sportpaket liegt der Mii 15 mm tiefer, aber auf angenehme Tour. Vorne bremsen Scheiben, hinten Trommeln. 14,4 Sekunden vergehen bis 100 km/h, 160 folgen lange später. Sein Zuhause ist – das lässt sich nach 150 km auf Berlins Straßen sagen – die City. So kurz er ist, so gut geht er durch die Biegungen: smoothe Lenkung, leichtgängige Fünfgangschaltung, nicht zu harte Federung.

„Der Mii ist der erste Schritt einer großen Modelloffensive“, analysiert der Seat Deutschland-Geschäftsführer, Manfred Kantner. Die Großen, Leon und Toledo, folgen in Kürze, aber die Kurzen wachsen. Mit 6,3 % Marktanteil schon im letzten Jahr („ca. 250.000 Autos“) und mit 10,3 % voraussichtlich 2014. Kürze und Preis bestimmen somit immer mehr das Geschäft. Der VW Up startet mit 9.850 Euro in der Preisliste, Skoda verlangt 9.450 für den Citigo und Mii-tfahren gelingt schon für 8.890 Euro. Mit zwei Motoren, drei Ausstattungen, zwei „Style Packs“ und der Wahl zwischen drei oder fünf Türen. So einfach spielt man in der Preisliste Mii. Zwei Türen kosten 475 Euro extra. Geleast erhält man Seats kompaktesten für kompakte 85 Euro.


(Lothar Erfert)
Testwertung
3.5 von 5

Quelle: automobilmagazin, 2012-05-14

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