Seat Leon Cupra und Leon Cupra R – ein Vergleich
Alltagsnutzen? Vernunft? Der Grenzbereich ist wirklich der falsche Ort und Moment, um eine Debatte über Platz oder Kofferraum loszubrechen. Der Cupra kann´s auch, aber geht´s hier darum? Die Protagonisten sind doch ganz andere: Der lechzende Turbo, das straffe Fahrwerk, die hart-nervös zupackende Bremse und die zackige, aber nicht zu spitze Lenkung. Bremsen, Kurvenscheitel, Gas … Bremsen, Kurvenscheitel, Gas … Bremsen, Kurvenscheitel, Gas … – Kurventechnik von der Rennstrecke für den Hausgebrauch. 210, 225 und nun 240 Turbo-PS feuern noch, wenn der Fahrer mental längst ausgebrannt ist. Schon deshalb gilt als oberstes Gebot: Verstand und Adrenalin besiegen Jagdtrieb und Unvernunft – das war und ist im Leon Cupra gesund.
Der echte Sportler
„Harte Reise” beschreibt nicht in jedem Fall die Zwölf-Monats-Fahrradtour durch Chile oder den einwöchigen FKK-Aufenthalt im Vatikanstaat. Über kurze Wellen trampelt der Cupra knochentrocken, über lange geht er kompakt. Sportlereinsicht wie im ersten Leon Cupra: Komfort ist, wenn die Straße gut ist. Ist sie es nicht, fühlt man aufrechtes Mitleid mit all den Wackeldackeln dieser Welt. Hart macht zwar fahrdynamisch schön, aber Komfort geht anders.
Sammelt der Cupra wie früher den Mitverkehr mit einer Überholquote von fast 100 % im Rückspiegel. Die Landstraße ist sowieso Cupra-Eigentum. Die implantierte ESP-Sicherung empfindet man nur auf der Rennstrecke als lästig – weil der eingestauchte Cupra dann über die Vorderräder schiebt. Ansonsten: ein sicheres und souveränes Fahrwerk. Gefühl: zum frechen Außenüberholen. Gute Erziehung? In einer strengen Schule hätte der alte Cupra R die Ohrfeigen des Lehrers für die Klassengemeinschaft allesamt abgeräumt: Raue Sitten, rauer Motor. Standgeräusch 86 dB(A), Fahrgeräusch 71 dB(A). Gute Schulnoten hören sich anders
Der Nachfolger taugt, wenn er im Stadtverkehr gelangweilt vor sich hin- und herbrabbelt, durchaus für bessere Verhaltensnoten. Erst wenn er jenseits von 4.500/min nochmals in Richtung Maximalleistung durchbrennt, geht es nicht mehr wirklich um gute Kinderstube: Bei 190 vom Gas gehen? Na und? Der Lader beißt vollmundig weiter, wo andere schon zahnlos schnappen. Kurven kommen sehr flott nah. Gründe gibt es genug: 120 PS Literleistung, Leistungsgewicht 5,6 kg/PS, 300 Nm bei 2.200 Umdrehungen. Schnell war der Cupra R (6,9 s von 0 – 100 km/h, 237 km/h Spitze), schneller ist der Cupra: + 10 km/h, – 0,5 s).
Sportliche Nachteile
Liegt das kleine Schwarze ohne Warmgreifen zu glatt im Griff? Gas geben, Handschweiß produzieren: Dann klappt´s auch mit dem Ledervolant. Im Vergleich dazu offerieren die Schalensitze mit integriertem Kopfteil, in die man sich perfekt hineingetackert fühlt, sofort puren Sitzgrip – solange der Popo wegen der hohen Sitzwangen nicht zu dicke ausfällt. So sportlich wie sein Auto sein? Kein Nachteil. Nachteile? Das Leontypische: Extrem flache Windschutzscheibe – wer sieht gerne den Innenspiegel genau dort, wo er gerade hinfährt? -, eingeschränkte Sicht nach hinten, kaum Ablagen, fehlender Öltemperaturzeiger und schlecht abzulesende Instrumente.
Fazit
Es ist ein zweifelhafter Fortschritt: Zahlen lesen und Herausschauen ging beim Cupra R besser. Der Preis des anmachenden Feuerwerks für den fünftürigen Hausgebrauch blieb fair: 27.690 € (damaliger Neupreis des Seat Cupra R: 22.990 €). Klar, der neue ist der bessere, sichere, flottere (Raum, Traktion, Laufkultur), aber der urige, etwas schweinischere R, den Euro 3 eiskalt ausradiert hat wie die Sau das Schlachtmesser, hobelt noch ehrlicher und krawallender über die Gasse – keine Kaufempfehlung, aber ein Tipp.
Fotos © 2014 Redaktionsbüro Kebschull
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