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Testbericht

Jürgen Wolff, 27. Januar 2008
Kaum zu glauben, wie lautstark drei Zylinderchen doch nageln können. Und wie flott sie immerhin 1,2 Tonnen Auto über die Straße dieseln lassen. Seats Ibiza taugt zu mehr als nur zum Einkaufswagen.

Der Kleine hat eine ganz schön laute Klappe - ganz egal, ob kalt oder bei Betriebstemperatur. Unter der Haube unseres Test-Seat Ibiza 1.4 TDI geht der gleiche raue 3-Zylinder-Diesel zu Werke, wie zum Beispiel auch im VW Polo. 59 kW/80 PS und ein Drehmoment von 195 Nm reichen, um den Spanier in 12,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 zu bringen. Und mit 176 km/h angegebener (und gemessener) Höchstgeschwindigkeit ist bei normalen Verkehrsverhältnissen auch eine Tour quer durch die Republik nicht wirklich eine Strapaze - man schwimmt bestens mit. Ab Tempo 130 konkurrieren ohnehin Wind- und Abrollgeräusche mit dem Nagler um die Wette. Was hilft? Das Radio gewinnen lassen. Im Stadtverkehr geht es leiser zu und das Diesel-Drehmoment sorgt für einen fixen Antritt.

Und auch sonst kann man sich an den Ibiza im - vor allem urbanen - Alltag durchaus gewöhnen. Die sportliche Optik macht was her: Die geschwungene Scheinwerferfront mit dem markanten Kühler und dem üppigen Seat-S, die Seitenlinie und das knackige Heck - damit kann man sich sehen lassen.

Innen geht es in Sachen Platzangebot zumindest vorne durchaus ordentlich zu - auch 1,90er-Kandidaten werden sich gut einrichten können. Hinten allerdings sitzt man doch schon recht beengt. Und wer sich in der dreitürigen Version an den Vordersitzen vorbeiquetschen muss, hätte am Ziel zur Belohnung mehr Knie- und Kopffreiheit verdient. Nicht gerade üppig aber üblich in der Klasse: Ein mit 267 Litern relativ kleiner Kofferraum. Wer Sprudelkästen transportieren muss, flucht über die hohe Ladekante, die immer irgendwo im Weg hängende Hutablage und den knapp bemessenen Platz. Vielleicht sollten Getränkeabfüller und Kleinwagenhersteller sich mal in einer Normungs-Kommission zusammensetzen und die Kantenlängen ihrer Produkte aufeinander abstimmen. Immerhin: Bei umgeklappter Rückbank ist Platz für 960 Liter.

Die Verarbeitungsqualität ist außen ebenso solide wie innen. Die verwendeten Materialien und Oberflächen machen einen dem Segment angemessenen Eindruck hoher Qualität. Ärgerlich die Fußmatten. In unserem Praxistester hielt es sie allenfalls zwei Tage in ihrer Verankerung, dann begann jeweils ihre langsame aber unaufhaltsame Wanderung nach vorne Richtung Pedalerie. Nicht nur ein Seat-Problem(chen): An die Halterungen sollte man im VW-Konzern noch mal ran. Die Bedienung ist ansonsten problemlos - der Sinn der meisten Schalter und Anzeigen erschließt sich auch ohne Studium des Handbuches auf Anhieb. Die Instrumentierung ist übersichtlich, alle Hebel sind gut zu erreichen. Üppiger könnte die Ausstattung mit Ablagen sein.

Das Fahrwerk ist deutlich sportlicher, sprich: straffer abgestimmt als beim Bruder Polo. Das sorgt zum einen für ein ebenso deutlich agileres Verhalten vor allem in Kurven. Aber es schüttelt und rüttelt die Passagiere auch gelegentlich etwas durch. Immerhin bieten die gut geformten Sitze vorne einen ordentlichen Seitenhalt und entspanntes Sitzen auch bei längeren Fahrten überland. ABS und vier Airbags sind Serie, ESP und Traktionskontrolle gibt es nur gegen Aufpreis.

Der Ibiza zeigte sich auch so sehr richtungsstabil. In Kurven neigte er zu einem leichten Untersteuern. Die leichtgängige Lenkung ist präzise und vermittelt eine gute Rückmeldung von der Fahrbahn, die Gänge lassen sich präzise und ohne Hakeln schalten, ihre Übersetzung passt jeweils gut zum Motor. Kräftige Bremsen vervollständigen den guten Fahreindruck. Auf unseren rund 3000 Test-Kilometern (viel Autobahn, viel Stadtverkehr, relativ wenig Landstraße) verbrauchte der Ibiza im Schnitt 7,4 Liter Diesel auf 100 km - 2,5 Liter mehr, als Seat angibt. Bei zivilerer Fahrweise sollte man mit knapp sechs Liter Diesel hinkommen.

Wen der lautstarken Diesel nicht stört, für den ist der kleine Diesel-Ibiza eine sehr annehmbare Alternative zu dem, was sich sonst noch tummelt im Kleinwagensegment. Mit einem Grundpreis von 14.772 Euro ist er nicht unbedingt die preiswerteste Alternative: Der VW Polo mit gleichem Motor und etwas besseren Fahrleistungen kostet genau 24 Euro weniger, der entsprechend motorisierte, aber etwas schwächere Skoda Fabia kommt nach der Mehrwertsteuererhöhung auf 13.324 Euro.

Mitbewerber? Ein Corsa mit ähnlicher Leistung kostet ab 15.983 Euro, ein vergleichbarer Fiat Punto 15.520 Euro. Deutlich mehr also. Unterm Strich preiswerter sind nur die Asiaten: Weitgehend gleiche Preiskategorie - aber schon in der Basis wesentlich besser ausgestattet. Denn die Zusatzliste beim Seat ist nett. Nett lang: ESP, Klimaanlage, Kopfairbags, Radio, ausstellbare Scheiben hinten - alles nur gegen Aufpreis. Besonders ärgerlich: Auch ein Rußfilter muss für 590 Euro extra bestellt werden.

Quelle: Autoplenum, 2008-01-27

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