No Sports? Der neue BMW 5er
Testbericht
„ … aber der 5er ist kein Sportwagen …“: Schwingt in einem solchen Nebensatz nicht schon eine gute Portion Stolz und Selbstbewusstsein mit, bevor es mit der neuen BMW 5er Limousine auf die Rennstrecke geht? Fahrbericht: BMW 535i.
Estoril, 4,1 km, 13 Kurven – Pylone 1 und 2: Anbremsen. Pylone 3: Scheitelpunkt. Pylone 4: aufs Gas. Die Achtgang-Automatik (vorgestellt im 760i) macht als Vertreter des Sechsgang-Schaltgetriebes exakt das, was ein jeder guter Automat eben zu machen hat: den Motor zum Protagonisten.
Der gepflegt bis heisere TwinTurbo-Reihensechszylinder, in seiner neusten Evolutionsstufe erstmals mit Direkteinspritzung, haut einen extrem breiten Drehmomentgipfel (breiter als im 530d!) mit dem Format 225/55 R 17 auf die Piste (550i: 245/45 R 18): zwischen 1.200 und 5.000 U/min 400 Nm. Mit der Integral-Aktivlenkung, die die Hinterachse mit 2,5 Grad mitlenken lässt, den Wendekreis dadurch um 0,5 Meter verkürzt und bei niedriger Geschwindigkeit kein Übergreifen erfordert, hält man die 306 Pferde geschmeidig-direkt an der Leine; nachdem man zuvor in den sauren Apfel gebissen hat: 1.750 Euro extra.
Schon im zuvor gekosteten 530d witterte man einen Aufpreis, weil die elektromechanische Servolenkung EPS in ihrer Direktheit (jedoch nicht in ihrer besseren Einschätzbarkeit) an die erste Aktivlenkung erinnert. Doch die EPS ist Serie – so lässt man sich gerne täuschen.
An den Grenzen der Haftung erweist sich das neue 5er-Fahrwerk nicht nur als Spaßförderer, sondern auch als ausgesprochen gutmütig, klar und transparent. Prächtig tigert der Hecktriebler aus dem Kurvenausgang. Schon in der Grundkonfiguration (neben „Comfort“, „Sport“ und „Sport+“) geht dies, falls der Pilot zu früh und euphorisch aufs Gas steigt, ohne dass der Spaßfaktor vom DSC liquidiert wird, vonstatten – gut domestizierte Sportlichkeit.
Hat ihren Preis: Fahrdynamik-Control, Adaptive Drive, Dynamische Dämpfer Control, die Wankstabilisierung Dynamic Drive … dazu all die Oberklasse-Optionen, die sich BMW auch oberklassig bezahlen lässt: den Parkassistent, Surround View, Night Vision mit Personenerkennung, die Rückfahrkamera, den aktiven Tempomat mit Stop & Go-Funktion … am Ende können da fast 80.000 Euro stehen – eine Masse Holz für Mittelklasse, wenn auch die obere.
Als der 520 im Jahr 1972 für den Bruchteil dieser Summe auf der IAA antrat, leistete sein Vierzylinder gerade mal 115 PS. Über 5,5 Millionen E12, E28, E34, E39 und E60 später ist der neue 5er dem Urmodell nicht nur um Generationen, sondern um Welten entrückt: Acht- und Sechszylinder-Benziner und Sechs- und Vierzylinder-Diesel, mit 204 bis 407 PS Leistung, 270 bis 600 Nm Drehmoment, rasant flott (5,0 bis 8,2 s bis 100 km/h, 234 bis 250 km/h Spitze) und mit „EfficientDynamics (Bremsenergie-Rückgewinnung, aktiver Luftklappensteuerung, bedarfsgerecht gesteuerten Nebenaggregaten ...) und relativ sparsamen Prüfstandsverbräuchen von 6,1 bis 10,4 l. Alle 5er erfüllen EU5, der 530d BluPerformance dank seinem NOX-Speicher-Katalysators schon die erst 2014 geltende EU6. Das Angebot heißt vorerst: 550i, 535i, 528i, 523i, 530d und 525d. Der optimierte 520d (+4% Leistung, +8,6 % Drehmoment, -7% Verbrauch) kommt mit Start-Stopp-System im Sommer.
Die neue 5er Limousine gibt dem Auge einen harmonischeren Verweil als der bis heute wohl charaktervollste Fünfer, der von Chris Bangle gezeichnete E60 (2003 – 2010): Mit stark konturierter Motorhaube, markanter Sickenlinie und einem stimmigen Heckabschluss. Im Innenraum fällt zuerst auf: Die Armaturentafeln werden optisch wieder schmaler.
Auch wenn dieser Eindruck tatsächlich von klugem Design herrührt (das Armaturenbrett geht unten wieder in die Breite), stimmt das Ergebnis: Der Vorderraum wirkt großzügig. Die fahrerorientierte Mittelkonsole ist um sieben Grad zum Fahrer geneigt. Die Komfortsitze (2.260 Euro) mit verlängerbarer Sitzfläche sind sehr geeignet für langbeinige Fahrer. Die Instrumente (ähnlich dem 7er: mit Black-Panel-Technologie), die Bedienung, das Finish …, all dies überzeugt. Weniger das eigenartige Knistern im Dachhimmel – welches allerdings in einem anderen 5er-Exemplar überhaupt nicht zu Tage trat: offensichtlich noch eine Unregelmäßigkeit der Vorserie.
Aus acht Zentimeter mehr Radstand (im Vergleich zum Vormodell: 2.968 mm) resultiert lediglich ein Plus von 13 mm im Fondfußraum – allein die Kurz- oder Langbeinigkeit des Hintensitzers bestimmt das finale Urteil darüber. Die im Verhältnis 60:40 umklappbare Rückbanklehne selbst stellt jedoch eine ziemlich praktische Variabilitätsoption des Kofferabteils (520 l) dar. Ist noch mehr Variabilität gefragt, gibt es den 5er Gran Turismo, und ab Herbst den neuen 5er Touring.
So ist die neue 5er Limousine zwar wirklich kein Sportwagen – zuviele Plätze, zuviel Kofferraum –, aber stolz und selbstbewusst ist man bei BMW zu recht. Und mehr Bestellungen als erwartet, sind auch schon eingegangen. Kann man verstehen.
(le)
Estoril, 4,1 km, 13 Kurven – Pylone 1 und 2: Anbremsen. Pylone 3: Scheitelpunkt. Pylone 4: aufs Gas. Die Achtgang-Automatik (vorgestellt im 760i) macht als Vertreter des Sechsgang-Schaltgetriebes exakt das, was ein jeder guter Automat eben zu machen hat: den Motor zum Protagonisten.
Der gepflegt bis heisere TwinTurbo-Reihensechszylinder, in seiner neusten Evolutionsstufe erstmals mit Direkteinspritzung, haut einen extrem breiten Drehmomentgipfel (breiter als im 530d!) mit dem Format 225/55 R 17 auf die Piste (550i: 245/45 R 18): zwischen 1.200 und 5.000 U/min 400 Nm. Mit der Integral-Aktivlenkung, die die Hinterachse mit 2,5 Grad mitlenken lässt, den Wendekreis dadurch um 0,5 Meter verkürzt und bei niedriger Geschwindigkeit kein Übergreifen erfordert, hält man die 306 Pferde geschmeidig-direkt an der Leine; nachdem man zuvor in den sauren Apfel gebissen hat: 1.750 Euro extra.
Schon im zuvor gekosteten 530d witterte man einen Aufpreis, weil die elektromechanische Servolenkung EPS in ihrer Direktheit (jedoch nicht in ihrer besseren Einschätzbarkeit) an die erste Aktivlenkung erinnert. Doch die EPS ist Serie – so lässt man sich gerne täuschen.
An den Grenzen der Haftung erweist sich das neue 5er-Fahrwerk nicht nur als Spaßförderer, sondern auch als ausgesprochen gutmütig, klar und transparent. Prächtig tigert der Hecktriebler aus dem Kurvenausgang. Schon in der Grundkonfiguration (neben „Comfort“, „Sport“ und „Sport+“) geht dies, falls der Pilot zu früh und euphorisch aufs Gas steigt, ohne dass der Spaßfaktor vom DSC liquidiert wird, vonstatten – gut domestizierte Sportlichkeit.
Hat ihren Preis: Fahrdynamik-Control, Adaptive Drive, Dynamische Dämpfer Control, die Wankstabilisierung Dynamic Drive … dazu all die Oberklasse-Optionen, die sich BMW auch oberklassig bezahlen lässt: den Parkassistent, Surround View, Night Vision mit Personenerkennung, die Rückfahrkamera, den aktiven Tempomat mit Stop & Go-Funktion … am Ende können da fast 80.000 Euro stehen – eine Masse Holz für Mittelklasse, wenn auch die obere.
Als der 520 im Jahr 1972 für den Bruchteil dieser Summe auf der IAA antrat, leistete sein Vierzylinder gerade mal 115 PS. Über 5,5 Millionen E12, E28, E34, E39 und E60 später ist der neue 5er dem Urmodell nicht nur um Generationen, sondern um Welten entrückt: Acht- und Sechszylinder-Benziner und Sechs- und Vierzylinder-Diesel, mit 204 bis 407 PS Leistung, 270 bis 600 Nm Drehmoment, rasant flott (5,0 bis 8,2 s bis 100 km/h, 234 bis 250 km/h Spitze) und mit „EfficientDynamics (Bremsenergie-Rückgewinnung, aktiver Luftklappensteuerung, bedarfsgerecht gesteuerten Nebenaggregaten ...) und relativ sparsamen Prüfstandsverbräuchen von 6,1 bis 10,4 l. Alle 5er erfüllen EU5, der 530d BluPerformance dank seinem NOX-Speicher-Katalysators schon die erst 2014 geltende EU6. Das Angebot heißt vorerst: 550i, 535i, 528i, 523i, 530d und 525d. Der optimierte 520d (+4% Leistung, +8,6 % Drehmoment, -7% Verbrauch) kommt mit Start-Stopp-System im Sommer.
Die neue 5er Limousine gibt dem Auge einen harmonischeren Verweil als der bis heute wohl charaktervollste Fünfer, der von Chris Bangle gezeichnete E60 (2003 – 2010): Mit stark konturierter Motorhaube, markanter Sickenlinie und einem stimmigen Heckabschluss. Im Innenraum fällt zuerst auf: Die Armaturentafeln werden optisch wieder schmaler.
Auch wenn dieser Eindruck tatsächlich von klugem Design herrührt (das Armaturenbrett geht unten wieder in die Breite), stimmt das Ergebnis: Der Vorderraum wirkt großzügig. Die fahrerorientierte Mittelkonsole ist um sieben Grad zum Fahrer geneigt. Die Komfortsitze (2.260 Euro) mit verlängerbarer Sitzfläche sind sehr geeignet für langbeinige Fahrer. Die Instrumente (ähnlich dem 7er: mit Black-Panel-Technologie), die Bedienung, das Finish …, all dies überzeugt. Weniger das eigenartige Knistern im Dachhimmel – welches allerdings in einem anderen 5er-Exemplar überhaupt nicht zu Tage trat: offensichtlich noch eine Unregelmäßigkeit der Vorserie.
Aus acht Zentimeter mehr Radstand (im Vergleich zum Vormodell: 2.968 mm) resultiert lediglich ein Plus von 13 mm im Fondfußraum – allein die Kurz- oder Langbeinigkeit des Hintensitzers bestimmt das finale Urteil darüber. Die im Verhältnis 60:40 umklappbare Rückbanklehne selbst stellt jedoch eine ziemlich praktische Variabilitätsoption des Kofferabteils (520 l) dar. Ist noch mehr Variabilität gefragt, gibt es den 5er Gran Turismo, und ab Herbst den neuen 5er Touring.
So ist die neue 5er Limousine zwar wirklich kein Sportwagen – zuviele Plätze, zuviel Kofferraum –, aber stolz und selbstbewusst ist man bei BMW zu recht. Und mehr Bestellungen als erwartet, sind auch schon eingegangen. Kann man verstehen.
(le)
Testwertung
Quelle: automobilmagazin, 2010-02-09
Getestete Modelle
Ähnliche Testberichte
Autoplenum, 2013-05-27
BMW Fünfer Gran Turismo wird teurer - KurssteigerungGanzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2011-01-05
Audi A6 - 5er BMW - Mercedes E-Klasse - Nobel auf ReisenGanzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2010-06-11
BMW 520d Touring - Vertreters LieblingGanzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2010-03-14
BMW 5er Touring - 5 x 5Ganzen Testbericht lesen
auto-news, 2010-01-22
Der neue BMW 5er: Die Meisterklasse aus BayernGanzen Testbericht lesen