Mercedes 190 E 3.2 AMG - Parallelwelt
Testbericht
Der Mercedes 190 galt in den 80ern als langweiliger Baby-Benz für Senioren, Metzger und Studienräte. Das es auch anders ging, bewies der 190 E 3.2 AMG.
Mit der Baureihe 190 begann für Mercedes Anfang der 80er Jahre ein neues Zeitalter. Die Stuttgarter wollten insbesondere den etablierten Klassenlieblingen 3er BMW, Audi 80 und Ford Sierra an den Kragen. Dabei brach der Mercedes 190 im Jahre 1982 zwar mit bekannten Benz-Normen, geriet unter Chefdesigner Bruno Sacco jedoch vergleichsweise farblos und war insbesondere in Sachen Fahrdynamik kein Vergleich zur sportiven Hauptkonkurrenz aus München. Zunächst war mit dem Mercedes 190 E nach oben hin Schluss, dann gab es den 190 E 2.3 und schließlich sogar den Sechszylinder 2.6 mit bullig brummenden 160 PS. Stärker wurde der 190er durch die sechs Zylinder in Reihe durchaus, doch kaum sportlicher. Das erledigte Mercedes-Haustuner Werner Aufrecht mit seiner AMG-Sportabteilung in Affalterbach in den Jahren 1987 / 88. Die ersten Modelle des Mercedes 190 E 3.2 AMG gab es bereits 1988; doch so recht ging es 1990 los, als der Vertrieb des AMG-Modells erstmals offiziell über Mercedes lief. In den Charts trällerte Matthias Reim „Verdammt ich lieb‘ Dich“, Deutschland wurde nach entbehrungsreichen Jahren Fußball-Weltmeister und die Wiedervereinigung ging in die entscheidende Phase. Gerade der rechte Zeitpunkt für einen Baby-Benz wie es noch keinen vor ihm gab.
Schließlich war ein normaler Mercedes 190 E alles andere als ein Hingucker. Solide gebaut, durchaus gefällig anzusehen, doch die meisten Modelle auf deutschen Straßen waren allenfalls mit Zentralverriegelung, Schiebedach und einem letztlich serienmäßigen Beifahreraußenspiegel ausgestattet. Die bevorzugte Fahrzeugfarbe war weiß, ein farbloses rot oder ein blasses grünmetallic. Man verzierte die dünnen Pneus unter großer Hingabe mit wenig schmuckvollen Radkappen aus Kunststoff. Die 90er begannen so wie die 80er aufgehört hatten. Mit dem 190er erschloss Mercedes unterhalb der Baureihen W 123 / W 124 (E-Klasse) erfolgreich neue Kundengruppen. Die Käufer legten auf kraftvolle Motoren oder Komfortausstattungen allzu wenig Wert und gaben für ihr Einstiegsmodell in die Mercedes-Liga nicht mehr Geld aus als nötig.
Nicht nur für sie war ein düster verspoilerter Mercedes 190 E 3.2 AMG ein Auto wie aus einem gefährlichen Paralleluniversum. AMG war in der zweiten Hälfte der 80er Jahre zwar Mercedes-geneigt, aber eigenständig. So wurde die AMG-Version des 190er zum Anfang noch komplett außer Haus gefertigt. Erst ab 1990 wurde der 3,2er auch offiziell über den Mercedes-Handel vertrieben. Aufrecht und sein Team nahmen sich einen Mercedes 190 E 2.6 mit 118 KW / 160 PS sowie die 300er-Triebwerke der E-Klasse vor und werkelten ein paar Wochen an ihnen herum. Das Ergebnis kann sich auch aus heutiger Sicht durchaus sehen lassen. Der Unterschied zu den normalen 190er-Modellen von der Stange war groß – nicht nur durch beheizbare Ledersitze, ein griffiges Sportlenkrad und eine Vollausstattung mit ABS, Schiebedach, Kopfstützen hinten, Becker-Radio und Alufelgen. Der normale Sechszylinder von 260 E bzw. 300 E wurde aufwendig auf 3,2 Liter erweitert. Mehr Hub, größere Kolben und Feinarbeiten im Motor selbst sorgten zusammen mit einem angepassten Motormanagement für eine Leistungssteigerung von 160 bzw. 180 auf eindrucksvolle 234 PS. Statt des durchaus beachtlichen Drehmoments von 220 Nm beim alles andere als schwächlichen Serienmodell 190 E 2.6, offerierte das AMG-Triebwerk bei seiner Vorstellung Ende der 80er Jahre 317 Nm.
Auf der Rennstrecke von Le Castellet in Südfrankreich, zeigt der 20 Jahre alte 190 E 3.2 AMG Licht und Schatten. Doch ein echter Vergleich mit einem scharfen BMW M3 oder einem sportlichen Ford Sierra Cosworth von damals verbieten sich. Auch die zusätzlichen Leistungsschübe und das komplett überarbeitete Sportfahrwerk machen den Steroid-190er zu keinem Rennwagen. An die stark spürbaren Wankbewegungen und die indirekte Lenkung kann man sich in den schnellen Kurvenkombinationen noch gewöhnen. Anders sieht es bei der Getriebe-Automatik mit vier langen Stufen und der überforderten Bremsanlage aus der E-Klasse aus. Die Automatik hat auf einem schnellen Kurs einfach nichts zu suchen. Einige der insgesamt 200 produzierten Modelle wurden daher nicht mit einer Viergang-Automatik, sondern einem manuellen Fünfgang-Getriebe aus dem 300 E ausgestattet. Doch so oder so bewahrt den Piloten allein das mächtige Drehmoment von 317 Nm (später 305 Nm) vor noch mehr bösen Überraschungen.
Geht es auf der Rückseite von Start und Ziel die lange Gerade entlang, präsentiert sich der Schwabenpfeil kraftvoll und selbst die lang gezogene Rechtskurve von Le Castellet ins Schneckenhaus schafft der 190 E 3.2 AMG mit leichtem Heck und mutigem Fahrer noch bravourös. Doch bei den ersten Wechselkurven wird es flatterig und nach zwei bis drei schnellen Runden ist die Bremsanlage am Limit. Wo der 245 km/h schnelle Hecktriebler ins Schlingern kommt, zieht eine Serien-C-Klasse heute lässig und deutlich schneller seine Bahnen – ganz zu schweigen vom dem exzellenten Ur-Enkel C 63 AMG. Das Fahrwerk des ersten AMG-190er war im Vergleich zum normalen Mercedes 190 E 2.6 ungleich straffer, aber auch technisch eng mit dem 300 E-24V verwandt, wo man sich auch bei Achs- und Lenkmodulen bediente. Die 16-Zoll-Felgen mit 205er Reifen zeigen sich im Renntrimm schnell überfordert. Wer einen damaligen Mercedes 190 E 3.2 AMG mit einem BMW M3 vergleicht und sich die geringen Unterschiede heutzutage zwischen C 63 AMG und M3 anschaut weiß, wie AMG und Mercedes im Laufe der Jahre in Punkto Fahrdynamik aufgeholt haben.
Heutzutage ist der Mercedes 190 E 3.2 AMG eine echte Rarität und entsprechend teuer. Als die Sportlimousine zum Jahrzehntewechsel auf den Markt kam, lag der Preis bei rund 82.000 D-Mark. Wer die Komplettausstattung und die entsprechenden Karosserieteile wie Schürzen, Spoiler und Schweller orderte, drückte den Preis jedoch deutlich über 100.000 D-Mark. Bis heute gilt der 190 E 3.2 AMG mit insgesamt gut 200 produzierten Einzelstücken als die wohl exklusivste Möglichkeit, einen 190er zu fahren. Die Mercedes-eigenen Sportversionen 2.3-16 und 2.5-16 gibt es dagegen zuhauf.
Mit der Baureihe 190 begann für Mercedes Anfang der 80er Jahre ein neues Zeitalter. Die Stuttgarter wollten insbesondere den etablierten Klassenlieblingen 3er BMW, Audi 80 und Ford Sierra an den Kragen. Dabei brach der Mercedes 190 im Jahre 1982 zwar mit bekannten Benz-Normen, geriet unter Chefdesigner Bruno Sacco jedoch vergleichsweise farblos und war insbesondere in Sachen Fahrdynamik kein Vergleich zur sportiven Hauptkonkurrenz aus München. Zunächst war mit dem Mercedes 190 E nach oben hin Schluss, dann gab es den 190 E 2.3 und schließlich sogar den Sechszylinder 2.6 mit bullig brummenden 160 PS. Stärker wurde der 190er durch die sechs Zylinder in Reihe durchaus, doch kaum sportlicher. Das erledigte Mercedes-Haustuner Werner Aufrecht mit seiner AMG-Sportabteilung in Affalterbach in den Jahren 1987 / 88. Die ersten Modelle des Mercedes 190 E 3.2 AMG gab es bereits 1988; doch so recht ging es 1990 los, als der Vertrieb des AMG-Modells erstmals offiziell über Mercedes lief. In den Charts trällerte Matthias Reim „Verdammt ich lieb‘ Dich“, Deutschland wurde nach entbehrungsreichen Jahren Fußball-Weltmeister und die Wiedervereinigung ging in die entscheidende Phase. Gerade der rechte Zeitpunkt für einen Baby-Benz wie es noch keinen vor ihm gab.
Schließlich war ein normaler Mercedes 190 E alles andere als ein Hingucker. Solide gebaut, durchaus gefällig anzusehen, doch die meisten Modelle auf deutschen Straßen waren allenfalls mit Zentralverriegelung, Schiebedach und einem letztlich serienmäßigen Beifahreraußenspiegel ausgestattet. Die bevorzugte Fahrzeugfarbe war weiß, ein farbloses rot oder ein blasses grünmetallic. Man verzierte die dünnen Pneus unter großer Hingabe mit wenig schmuckvollen Radkappen aus Kunststoff. Die 90er begannen so wie die 80er aufgehört hatten. Mit dem 190er erschloss Mercedes unterhalb der Baureihen W 123 / W 124 (E-Klasse) erfolgreich neue Kundengruppen. Die Käufer legten auf kraftvolle Motoren oder Komfortausstattungen allzu wenig Wert und gaben für ihr Einstiegsmodell in die Mercedes-Liga nicht mehr Geld aus als nötig.
Nicht nur für sie war ein düster verspoilerter Mercedes 190 E 3.2 AMG ein Auto wie aus einem gefährlichen Paralleluniversum. AMG war in der zweiten Hälfte der 80er Jahre zwar Mercedes-geneigt, aber eigenständig. So wurde die AMG-Version des 190er zum Anfang noch komplett außer Haus gefertigt. Erst ab 1990 wurde der 3,2er auch offiziell über den Mercedes-Handel vertrieben. Aufrecht und sein Team nahmen sich einen Mercedes 190 E 2.6 mit 118 KW / 160 PS sowie die 300er-Triebwerke der E-Klasse vor und werkelten ein paar Wochen an ihnen herum. Das Ergebnis kann sich auch aus heutiger Sicht durchaus sehen lassen. Der Unterschied zu den normalen 190er-Modellen von der Stange war groß – nicht nur durch beheizbare Ledersitze, ein griffiges Sportlenkrad und eine Vollausstattung mit ABS, Schiebedach, Kopfstützen hinten, Becker-Radio und Alufelgen. Der normale Sechszylinder von 260 E bzw. 300 E wurde aufwendig auf 3,2 Liter erweitert. Mehr Hub, größere Kolben und Feinarbeiten im Motor selbst sorgten zusammen mit einem angepassten Motormanagement für eine Leistungssteigerung von 160 bzw. 180 auf eindrucksvolle 234 PS. Statt des durchaus beachtlichen Drehmoments von 220 Nm beim alles andere als schwächlichen Serienmodell 190 E 2.6, offerierte das AMG-Triebwerk bei seiner Vorstellung Ende der 80er Jahre 317 Nm.
Auf der Rennstrecke von Le Castellet in Südfrankreich, zeigt der 20 Jahre alte 190 E 3.2 AMG Licht und Schatten. Doch ein echter Vergleich mit einem scharfen BMW M3 oder einem sportlichen Ford Sierra Cosworth von damals verbieten sich. Auch die zusätzlichen Leistungsschübe und das komplett überarbeitete Sportfahrwerk machen den Steroid-190er zu keinem Rennwagen. An die stark spürbaren Wankbewegungen und die indirekte Lenkung kann man sich in den schnellen Kurvenkombinationen noch gewöhnen. Anders sieht es bei der Getriebe-Automatik mit vier langen Stufen und der überforderten Bremsanlage aus der E-Klasse aus. Die Automatik hat auf einem schnellen Kurs einfach nichts zu suchen. Einige der insgesamt 200 produzierten Modelle wurden daher nicht mit einer Viergang-Automatik, sondern einem manuellen Fünfgang-Getriebe aus dem 300 E ausgestattet. Doch so oder so bewahrt den Piloten allein das mächtige Drehmoment von 317 Nm (später 305 Nm) vor noch mehr bösen Überraschungen.
Geht es auf der Rückseite von Start und Ziel die lange Gerade entlang, präsentiert sich der Schwabenpfeil kraftvoll und selbst die lang gezogene Rechtskurve von Le Castellet ins Schneckenhaus schafft der 190 E 3.2 AMG mit leichtem Heck und mutigem Fahrer noch bravourös. Doch bei den ersten Wechselkurven wird es flatterig und nach zwei bis drei schnellen Runden ist die Bremsanlage am Limit. Wo der 245 km/h schnelle Hecktriebler ins Schlingern kommt, zieht eine Serien-C-Klasse heute lässig und deutlich schneller seine Bahnen – ganz zu schweigen vom dem exzellenten Ur-Enkel C 63 AMG. Das Fahrwerk des ersten AMG-190er war im Vergleich zum normalen Mercedes 190 E 2.6 ungleich straffer, aber auch technisch eng mit dem 300 E-24V verwandt, wo man sich auch bei Achs- und Lenkmodulen bediente. Die 16-Zoll-Felgen mit 205er Reifen zeigen sich im Renntrimm schnell überfordert. Wer einen damaligen Mercedes 190 E 3.2 AMG mit einem BMW M3 vergleicht und sich die geringen Unterschiede heutzutage zwischen C 63 AMG und M3 anschaut weiß, wie AMG und Mercedes im Laufe der Jahre in Punkto Fahrdynamik aufgeholt haben.
Heutzutage ist der Mercedes 190 E 3.2 AMG eine echte Rarität und entsprechend teuer. Als die Sportlimousine zum Jahrzehntewechsel auf den Markt kam, lag der Preis bei rund 82.000 D-Mark. Wer die Komplettausstattung und die entsprechenden Karosserieteile wie Schürzen, Spoiler und Schweller orderte, drückte den Preis jedoch deutlich über 100.000 D-Mark. Bis heute gilt der 190 E 3.2 AMG mit insgesamt gut 200 produzierten Einzelstücken als die wohl exklusivste Möglichkeit, einen 190er zu fahren. Die Mercedes-eigenen Sportversionen 2.3-16 und 2.5-16 gibt es dagegen zuhauf.
Quelle: Autoplenum, 2010-10-29
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