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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 5. November 2020
Maserati packt den Ferrari-V8 unter die schmucke Motorhaube des Quattroporte, damit der stilbewusste italophile Fahrer sich den AMG-Hornissen erwehren kann. Die Dynamik-Hochzeit bringt den erwünschten Erfolg.

Endlich kommt zusammen, was zusammengehört. Der V8-Motor, der dem SUV Levante dynamisches Leben eingehaucht hat, findet seinen Weg in den Motorraum des Maserati Flaggschiffs Quattroporte. In nüchternen Zahlen bedeutet das 427 kW / 580 PS und ein maximales Drehmoment von 730 Newtonmetern. Zuviel meinen manche angemessen, sagen wir mit einem leichten Augenzwinkern. Einer italienischen Luxus-Limousine tun ein paar Cavalli gut, vor allem wenn das Triebwerk zusammen mit Ferrari entwickelt wurde, wo das springende Pferd (Cavallino Rampante) jede Motorhaube ziert. Klar, kommt man mit 300 PS weniger auch flott ans Ziel, aber ein Maserati-Flaggschiff sollte unangestrengt über die linke Spur der baulich getrennten Schnellstraße herrschen und die Attitüde \"ich kann, wenn ich will, aber ich muss nicht\" ausstrahlen. Passend zum Fahrer, der sich seine Seidenkrawatte zurechtrückt und danach die Falten aus dem eng sitzenden Zegna-Anzug streicht und den Mercedes AMG E- und S-Klassen mit einem Lächeln begegnet. Schick war der Quattroporte schon immer ein Hingucker, der aus der Masse der Audi A8s und 7er BMW herausragt, nun passt auch die Power.

Nein wir stimmen jetzt nicht die Eloge von der Bella Machina an, sondern schauen uns das Achtzylinder Kraftwerk etwas genauer an, das mit seinen zwei Zylinderbänken mit ihren 90 Grad Winkel schon im GTS seinen Dienst vehement verrichtete, aber jetzt umfassend überarbeitet wurde, was 37 kW / 50 PS bringt. Neben einer verbesserten Motorsteuerung verpassten die Ingenieure dem Aggregat andere Kolben und Pleuel, montierten bei jeder Zylinderbank einen neuen Twin-Scroll-Turbolader samt einen Ladeluftkühler und einem Turbinenrad, das eine Strömungsgeschwindigkeit erzeugt. Darauf packten die Ingenieure einen neuen Zylinderkopf mit veränderten Nockenwellen und Ventilen.

Beim Fahrwerk vertrauen die Italiener auf Bewährtes. Das bedeutet vorne eine Achse mit zwei Querlenkern, hinten einer Multilinkachse und das Ganze garniert mit den Maserati-typischen adaptiven Skyhook-Stoßdämpfern, die auch das Einnicken und Wanken unterbinden sollen. Bei der Antriebsachse hinten sorgt noch ein Sperrdifferenzial für Dynamik. So viel zur Theorie. Jetzt lassen wir den Quattroporte fliegen. Nein, keine Sorge, nicht auf der Landstraße, sondern auf der Rennstrecke. Wie es sich gehört. Schließlich heißt Trofeo auf Italienisch nichts anderes als Trophäe. Wir stellen den schnellsten Quattroporte mit den Tasten in der Mittelkonsole scharf. Das heißt erst \"Sport\", dann \"Corsa\" (Rennstrecke) und die Dämpfer auf sportlich, also \"straff\". Es gehört ja fast schon zum Selbstverständnis der Italiener, dass man die Einstellung \"normal\" aktiviert, indem die Dioden der Fahrmodus-Wahlschalter nicht leuchten. Aber das wird später im Alltagsverkehr wichtiger. Jetzt also rauf auf das \"Autodromo Modena\", eigentlich nicht das natürliche Habitat eines Zweitonnen-Kreuzers.

Doch diese Massenträgheits-Vorurteile können wir schnell über Bord werfen. Der 3.8 Liter V8-Biturbo hat mit der Luxus-Limousine keine Probleme und schiebt mächtig an. Da hilft es, dass das maximale Drehmoment bei 2.250 U/min bereitsteht und das weitere 3.000 U/min so bleibt. Vor allem in den dynamischen Fahrprogrammen spricht der Motor im Zusammenspiel mit der Achtgangautomatik spontan an, was beim Effizienzmodus (I.C.E. / Increased Control and Efficiency) nicht der Fall ist, aber auch nicht sein Muss. Positiv, dass sich die Fahrprogramme spürbar unterscheiden. Das trifft auch auf das Fahrwerk zu, aber der Quattroporte wird nie zum knüppelharten Knochenbrecher. Das würde nicht zum norditalienischen Signore passen.

Klar tanzt der Quattroporte nicht ganz so behände durch die Kurvenkombinationen wie der kleinere Trofeo-Bruder Ghibli und schiebt unwirsch-genervt über die Vorderräder, wenn man es mit den Quickstep-Ambitionen übertreibt, aber der Radstand von 3,17 Metern verleiht dem großen Maserati auch eine gewisse Ruhe. Vor allem, wenn man den Viertürer unbarmherzig über Curbs prügelt. Auf der Straße helfen dem Maserati verschiedene Assistenten. Zum Beispiel hält der aktive Fahrassistent bis zu einer Geschwindigkeit von 145 km/h den Quattroporte mithilfe einer Kamera und eines Radarsensors in der Spur, wogegen der klassische adaptive Tempomat seine Arbeit bis 210 km/h verrichtet. Ergänzt werden diese Systeme unter anderem durch einen Toter-Winkelassistenten sowie einer Verkehrszeichenerkennung.

Natürlich bekommt auch der Quattroporto Trofeo für den Preis von 161.530 Euro das neue verbesserte Infotainmentsystem, das vor allem an dem neuen 10,1 Zoll großen Touchscreen (vorher 8,4 Zoll) sichtbar ist. Mit einem größeren Monitor ist es natürlich nicht getan, die Rechenleistung des Navigationssystems legte um den Faktor vier zu. Das war auch dringend nötig, da die Unterhaltungstechnik im Quattroporte den anderen Luxuslimousinen hoffnungslos hinterherhinkte. Der Italian Job erreicht zwar immer noch nicht die Anmutung eines Audi A8 oder BMW 7er ganz zu schweigen von der neuen S-Klasse, ist aber ein deutlicher Schritt vorwärts, zumal sich der Monitor gut in die Umgebung einfügt. Die Vernetzung des Smartphones ist per Apple CarPlay und Android Auto möglich. Der Innenraum ist schick, die Verarbeitung verbessert, aber ebenfalls nicht auf dem Niveau der deutschen Premium-Konkurrenz. Klar kauft man einen Maserati aus anderen Gründen als eine ausgefeilte Technik. Da ist es beruhigend zu sehen, dass die Italiener wissen, was bei einem sportlichen Auto wichtig ist, nämlich größere analoge Rundinstrumente, in deren Mitte sich ein sieben Zoll TFT-Display befindet.
Technische Daten
Antrieb:Hinterradantrieb
Getriebe:Achtgang-Automatik
Motor Bauart:Achtzylinder-Benziner
Hubraum:3.799
Drehmoment:730 Nm bei 2.250 bis 5.250 UPM
Preis
Neupreis: 161.530,00 € (Stand: 2020-11-05)
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2020-11-05

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