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Testbericht

6. Dezember 2004
München, 6. Dezember 2004 – Es ist wie mit der alten Jeans mit den Flicken auf dem linken Knie: Wirklich sehenlassen kann man sich damit nicht, aber auf der Baustelle ist sie echt bequem, praktisch und geht nicht so schnell kaputt. Ähnlich ist es mit dem Lada Niva: Man kann damit nicht vor den Nachbarn angeben, es sei denn, man wohnt in der Taiga ganz hinten rechts. Aber wenn es was zu tun gibt, packt er richtig zu. 10.000 Euro Neupreis für einen Geländewagen Mit modernen Bewertungsmaßstäben an den Niva heranzugehen, wäre dem urigen Allradler gegenüber ungerecht. Also betrachten wir uns erst einmal den Preis: 10.000 Euro kostet der Niva. Als Neuwagen, wohlgemerkt. Dafür bekommt man einen richtigen Geländewagen, ohne Schnickschnack und ohne mit der Angst fahren zu müssen, einen Kratzer dranzumachen. Und wenn doch – einem Arbeitsgerät darf man schließlich ansehen, dass es benutzt wird. Geschmackssache: Safari-Look Unser Testwagen fällt auf, nicht nur wegen seiner als Sonderausstattung erhältlichen „Safari“-Beklebung. Sie erinnert an ein Zebra und ist nicht ganz Waschanlagen-resistent. Auch die Form des Niva erregt Aufmerksamkeit. Sie wurde in den siebziger Jahren kreiert, ist aber für einen Offroader gar nicht so unmodern. Schließlich dürfen ja die G-Klasse von Mercedes und der Defender von Land Rover im ähnlichen Kasten-Gewand ihren Wühl-Tätigkeiten nachgehen.

80-er-Jahre-Look innen Die kleinen, optionalen Trittbleche an den Seiten des Lada Niva erleichtern das Einsteigen nicht wirklich, sehen aber schick aus. Innen riecht der Niva nach Kunststoff und verströmt von der Optik her ein 80er-Jahre-Flair, das schon wieder kultig wirkt. Drei Hebel für die Heizung, ein zweistufiges Gebläse, die Kipp-Schalter verstreut und nachts nicht alle beleuchtet – so fuhr man vor zwanzig Jahren Auto. Die Verarbeitungsqualität ist dürftig, die verwendeten Materialien aber so strapazierfähig gewählt, dass man zur Not mit einer Wurzelbürste den Dreck wegschrubben kann. Schwergängige Lenkung Die Vordersitze erweisen sich als bequem, lassen sich aber nicht in der Höhe verstellen. Von der erhöhten Sitzposition aus hat man im Sinne des Wortes die Herrschaft über den Lada und nutzt als Zepter ein überdimensionales Lenkrad, das mit starker Hand geführt werden will. Eine Servolenkung gibt es nur gegen Aufpreis. Einen Airbag sucht man ebenso vergebens wie elektrische Fensterheber. Dafür hat unser Testwagen ein großes Faltdach und ein Blaupunkt-Radio mit Kassette. Einsatzort: Gelände In der Mittelkonsole finden sich, wie schon bei der Niva-Premiere im Jahre 1976, drei Schalthebel für Getriebe, Untersetzung und Mitteldifferenzialsperre. Die Hebel definieren eindeutig den Einsatzzweck des Niva (russ. für Acker): Er will wühlen, graben, vorwärts kommen, und zwar genau dort, wo andere verzweifelt stecken bleiben. Und genau das kann der Allradler erstaunlich gut. Auf Feld- und Waldwegen ist er in seinem Element, punktet mit einer Bodenfreiheit von 22 Zentimetern und einer Wattiefe von 65 Zentimetern. Wenn es schwer wird, lassen sich die Untersetzung und die Differenzialsperre zuschalten – wobei das allerdings nicht allzu zimperlich geschehen darf, „reinknallen“ beschreibt diesen Vorgang wohl eher.

Autobahn: Nur bedingt geeignet Übrigens: Längere Überland- und Autobahnfahrten sollte man sich mit dem Niva ersparen. Die lauten Fahrgeräusche, die schwergängige Lenkung und die schlechte Straßenlage vermiesen die Freude am Fahren. Ab Tempo 120 bekommt der Niva durch die Vibrationen des ganzen Wagens zwar so etwas, wie Massagesitze (für die man bei Mercedes eine Menge Aufpreis bezahlen muss), aber das Geschüttel ist über längere Zeit dann doch nicht so schön. Außerdem reichen die Fahrwerte mit dem 82 PS starken 1,7-Liter-Motor, um gerade so mithalten zu können: 19 Sekunden auf Tempo 100 und 137 km/h Spitze erfordern einen defensiven Fahrstil. Gas geben, Geld sparen Ein großer Pluspunkt unseres Test-Niva war die Autogas-Anlage (Aufpreis: 2.490 Euro). Mit ihrer Hilfe kann man die Spritkosten erheblich senken. Das Auto fährt mit ein- und demselben Motor entweder mit Benzin oder mit Gas. Neben dem normalen Benzin-Tank gibt es einen 60-Liter-Gastank, der im Heckbereich am Wagenboden befestigt ist. Im Armaturenbrett gibt es einen kleinen Schalter, an dem die Betriebsstoffe umgeschaltet werden. Der Wechsel der Antriebsstoffe passiert vom Fahrer unbemerkt, auch die Fahrleistungen bleiben gleich.

Tanken wie Benzin oder Diesel Das Betanken ist fast so einfach wie mit Benzin oder Diesel: Die Zapfpistole wird mit einigen Umdrehungen auf den Stutzen am Auto geschraubt. Dann wie gehabt am Hebel ziehen und diesen arretieren. Jetzt muss an der Tanksäule ein Knopf permanent gedrückt werden. Nach etwa einer Minute ist der Gastank voll. Die Arretierung des Hebels kann gelöst werden. Es zischt kurz dabei und riecht organisch – etwa, wie ein Komposthaufen. Bei unserem Test haben wir den Tank übrigens nur mit maximal 42 Litern Flüssiggas füllen können, da zirka ein Fünftel des Tankes aus technischen Gründen keine Flüssigkeit enthalten darf – schließlich gibt es keinen Überlauf wie bei einem Benzintank. Nach 50.000 Kilometern rentiert Bei unserem Test brauchte der Lada im Drittelmix etwa 14 Liter Gas auf 100 Kilometer. Bei reinem Benzin-Betrieb schluckte der Niva zirka 12 Liter Otto-Kraftstoff. Legt man durchschnittlich 60 Cent pro Liter Gas und 1,11 Euro pro Liter Normalbenzin zugrunde, kommt man auf eine Ersparnis von knapp fünf Euro auf 100 Kilometer. Die 2.490 Euro für die Autogas-Anlage rentieren sich also beim reinen Gasbetrieb nach etwa 50.000 Kilometern. (hd)
Technische Daten
Antrieb:permanenter Allradantrieb
Anzahl Gänge:5
Getriebe:Schaltung
Motor Bauart:Reihenmotor
Hubraum:1.690
Anzahl Ventile:2
Anzahl Zylinder:4
Leistung:60 kW (82 PS) bei UPM
Drehmoment:128 Nm bei 4.000 UPM
Preis
Neupreis: 10.450 €
Fazit
In Deutschland wird über ein nicht ganz so imageträchtiges Automobil wie den Lada gern die Nase gerümpft. Doch wenn man sich den vergleichsweise geringen Neuwagenpreis des Niva anschaut, den hohen Nutzwert und die niedrigen Treibstoffkosten beim Einsatz der Autogas-Anlage rechnet, ist er eine vernünftige Alternative zur wesentlich teureren Konkurrenz. Dass man dabei Kompromisse hinsichtlich des Komforts und der Ausstattung eingehen muss, ist zu verschmerzen. Schließlich bekommt man ein Auto, das ohne Murren schwierige Geländeaufgaben meistert und auch ruhig mal einen Kratzer abbekommen darf. (hd)

Quelle: auto-news, 2004-12-06

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