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Testbericht

23. Januar 2017

Kapstadt (Südafrika), 23. Januar 2017 - Wie Sie alle wissen - zumindest, wenn Sie in den letzten Monaten Zeitung gelesen haben -, ist der Diesel quasi mausetot. Ich will das nicht wirklich unterschreiben. Gerade Porsche hat mit dem mächtigen V8-Selbstzünder im neuen Panamera 4S Diesel ein paar ziemlich überzeugende Argumente fürs ölige Sparvergnügen in den Ring geworfen. Trotzdem ist klar: Die Zukunft ist elektrisch. Und auch ein Sportwagen-Hersteller wie Porsche hat jedes Recht, sich zu wappnen. Das tut man dort übrigens schon eine ganze Weile. Im neuen Panamera 4 E-Hybrid debütiert bereits die zweite Plug-in-Generation "Made in Zuffenhausen”. Und auch wenn die Verantwortlichen nicht müde werden zu betonen, dass Hybrid bei Porsche seit jeher auch für Performance steht, sollte klar sein: Diese teilelektrische Luxuslimousine kommuniziert vor allem mit allen Buchhaltern und Umweltaktivisten, die sich so in Ihrem Inneren befinden. Den Asphalt-massakrierenden Adrenalinjunkie dürfte sie hingegen etwas weniger ansprechen.

So schnell geht grün

Wobei der Blick aufs Datenblatt durchaus auch Sportfahrer begeistern kann. Schon die letzte Panamera-Generation hatte ja einen Plug-in-Hybrid, aber der Neue schlägt den Alten in allen Belangen. Und zwar windelweich. Das liegt vor allen Dingen am komplett neu konstruierten Antrieb, einem elektrisch unterstützten 2,9-Liter-Biturbo-V6 mit einer Systemleistung von 462 PS und 700 Newtonmeter Drehmoment, deren komplette Wucht bereits bei 1.100 Touren anliegt. Der Vorgänger musste mit 416 PS und 590 Newtonmeter auskommen. Die 0-100-km/h-Zeit fällt von nicht eben schwächlichen 5,5 auf ziemlich nachdrückliche 4,6 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit steigt auf 278 km/h. Selten dürfte man schneller in Richtung grünes Gewissen geflogen sein. Und all das bei einem Verbrauch von 2,5 Liter. Zumindest, wenn man den offiziellen Angaben vertraut (was man wie in den meisten Fällen eher nicht tun sollte). Rein elektrisch sollen nun statt bisher 36 bis zu 50 Kilometer drin sein, wobei auch dieser Wert im Alltag mit Vorsicht zu geniessen ist. Die Höchstgeschwindigkeit im E-Modus beträgt 140 km/h, hier geht jetzt also ebenfalls ein bisschen mehr als vorher. Der Dank gebührt in diesem Fall den 136 rein elektrischen Pferdchen, während beim alten Panamera nur 95 E-Gäule aufgaloppieren durften.

Verblüffend günstig

Sie sehen schon: In allem, was man irgendwie messen kann, ist der Neue deutlich besser. In Anbetracht seiner Neuheit ist das nicht allzu überraschend. Wirklich verblüffend ist aber der fast schon radikale Preissturz. Der Panamera 4 E-Hybrid ist mit 107.553 Euro nicht nur gut 3.000 Euro günstiger als sein Vorgänger, er ist auch (zumindest bis der 330-PS-Basisbenziner aufschlägt) der mit Abstand günstigste Panamera, den man derzeit kaufen kann. Den 4S unterbietet er um knapp 5.500 Euro, den 4S Diesel sogar um beinahe 9.500 Euro. Trotz einer Mehrleistung von 22 beziehungsweise 40 PS. Na, kommen Sie langsam ins Grübeln?

Rein elektrisch eine Wohltat
 
Ich kann es Ihnen nicht verdenken. Wobei, erstmal fahren, das gute E-Schlachtschiff. Die Eindrücke nach der ersten größeren Testrunde: durchaus etwas zwiespältig. Los geht es grundsätzlich im rein elektrischen E-Modus, der sich gerade im morgendlichen Kampf durch den Kapstädter Berufsverkehr als absolut großartig erwies (dass Porsche die sonnenhungrige Journalisten-Schar zur Vorführung seines nachhaltigsten Modells ans knapp 10.000 Kilometer entfernte Ende von Afrika flog, erscheint in puncto "CO2-Footprint” vielleicht etwas ...ähm … gewagt). Tesla-typische Beschleunigungsorgien sollten sie zwar nicht unbedingt erwarten (0-60 km/h in 5,7 Sekunden), dafür herrscht aber eine fast schon sinnliche Ruhe in der edlen Panamera-Kanzel. Für innerstädtisches Mitschwimmen und entspanntes Cruisen auf der Landstraße ist das hier wirklich formidabel.
 
Nahtloser Übergang
 
Schalten Sie in den Hybrid-Modus und es dauert nicht lange, bis sich der V6 lüstern und etwas kreischig zu Wort meldet. Ich konnte auch kurz die optionale Sport-Abgasanlage ausprobieren. Hier dröhnt es deutlich strammer und in den Sportmodi ploppt und knallt es fast schon zu frequent aus den vier runden Endrohren. Insgesamt vielleicht ein bisschen zu draufgängerisch für eine Luxuslimo mit einem "E” auf dem Kennzeichen. Der Übergang von Elektro auf Hybrid passiert indes souverän und nahtlos. Die Achtgang-Doppelkupplung arbeitet, wie jeder Chef sich das wünscht: extrem schnell, unauffällig und klug. Die meiste Zeit zumindest. Denn dieses Getriebe "lernt”. Sprich: Wenn Sie Ihren Hybrid-Panamera ein paar Mal ordentlich treten, dann geht die Automatik davon aus, dass Sie jetzt Lust auf sportliches Fahren haben und dreht die Gänge höher und länger aus. Was im Hybrid-Modus bei normaler Fahrt duchaus ein wenig nerven kann. Schließlich gibt es ja noch "Sport” und "Sport Plus”, falls Ihnen der schonende Umgang mit den Ressourcen irgendwann zum Hals raushängt.
 
Mächtig früh mächtig stark
 
Ein bisschen das Problem ist nur: Richtig auf letzte Rille und mit dem Messer zwischen den Zähnen fahren, ist nicht unbedingt das, was der Panamera 4 E-Hybrid wirklich gerne tut. Nicht falsch verstehen, er schiebt schon von sehr weit unten heraus sehr sehr breitschultrig nach vorne und wenn man auf den Tacho schaut, dann schaut man vermutlich ziemlich dumm aus der Wäsche (die Zahlen sind in der Regel sehr groß); trotzdem verabreicht einem dieses Auto die Lust auf sportliches Autofahren nicht unbedingt mit dem ganz großen Löffel. Das liegt zum einen daran, dass die V6-Biturbo-Elektro-Kombi bei aller Vehemenz nicht als Mega-Charismatiker in die Annalen eingehen wird, sprich: Auf der gewaltigen Drehmomentwelle im mittleren Drehzahlbereich zu surfen, wirkt hier wesentlich natürlicher, als ständig in den roten Bereich zu knallen. Und zum anderen ist das hier bei aller dynamischen Güte des neuen Panamera-Chassis eben ein ziemlich schweres Auto. 320 (!) Kilo schwerer als ein Panamera 4, um genau zu sein.
 
Mehr der Cruiser
 
Während der E-Hybrid also mit viel Biss und unerschütterlicher Allrad-Traktion durch schnelle, gleichmäßig gefahrene Kurven pflügt, mangelt es ihm ein wenig an Lenkgefühl und einer gewissen spielerischen Leichtigkeit, zu welcher die übrigen Panameras trotz ihres Ausmaßes durchaus in der Lage sind. Seien wir ehrlich, der Panamera 4 E-Hybrid ist mehr Cruiser als Präzisionsmaschine. Ihn richtig hart ranzunehmen, widerspricht ohnehin dem Schriftzug auf seinem Heckdeckel. Daher ein kleiner Tipp: Entspannen Sie sich, lassen Sie das serienmäßige Luftfahrwerk zaubern, gehen Sie mit allen Sinnen auf in dem nach wie vor atemberaubend schönen Cockpit (und all den coolen neuen Elektro-Anzeigen) und lassen Sie die Welt seelenruhig und beängstigend schnell an Ihnen vorbeiziehen. Vermutlich geht das derzeit nirgends besser als in diesem Auto.
 
Ein bisschen Kopf über Herz
 
Die große Frage lautet: Ist der neue 4 E-Hybrid ein Panamera, den man unter Berücksichtigung aller Faktoren ernsthaft in Erwägung ziehen muss? Die Antwort ist gar nicht so leicht, weil sie ziemlich stark von Ihren Fahr-Präferenzen abhängt. Mit der neuen Einpreisung und dem auch in der Realität ziemlich bemerkenswerten Verbrauch - ein relativ alltagsnaher Mix aus Stadt, Landstraße und Autobahn mit zwei, drei Ausflügen in den roten Bereich bescherte mir laut Bordcomputer 5,9 Liter - dürfte der Fall für die kühlen Rechner eigentlich klar sein. Vor allem, weil ein neuer V6-Diesel - im Vorgänger das mit Abstand meistverkaufte Modell - noch immer nicht in Sicht ist. Sollten Sie sich zu dieser Gruppe zählen oder einfach Gefallen an einer progressiven Luxuslimousine finden, die ein grüneres Image verkörpert, dann dürften Sie auch die leichten dynamischen Nachteile verschmerzen können. Wir haben es hier also tatsächlich mit einem Porsche zu tun, bei dem erst der Kopf entscheidet und dann das Herz. Und nur, dass das klar ist: Das hier ist ein rein Porsche-internes Kopf-Herz-Dilemma. Der Panamera fährt auch als Hybrid deutlich sportlicher als 98 Prozent der Konkurrenz ohne E-Rucksack. Innerhalb der Panamera-Baureihe ist er aber ganz klar der Pragmatiker. Wenn Ihnen diese Einstellung nicht liegt, sind sie mit dem agilen 4S, dem mächtigen 4S Diesel oder dem barbarischen Turbo womöglich besser dran.
Technische Daten
Antrieb:Allradantrieb
Anzahl Gänge:8
Getriebe:Doppelkupplungsgetriebe
Motor Bauart:V-Motor, Biturbo plus Elektromotor
Hubraum:2.894
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:6
Leistung:340 kW (462 PS) bei UPM
Drehmoment:700 Nm bei 1.100-4.500 UPM
Preis
Neupreis: 107.553 € (Stand: Januar 2017)
Fazit

Vor allem durch sein hohes Extra-Gewicht verhagelt es dem neuen Porsche Panamera 4 E-Hybrid ein wenig die Dynamik-Wertung. Er wirkt behäbiger und nicht ganz so kurvenwillig wie der Rest der Baureihe. Der Schub von untern heraus ist nichtsdestotrotz ziemlich großartig und er macht noch immer Tonnen mehr Spaß, als jede andere Plug-in-Hybrid-Limousine. Viele Pluspunkte sammelt dieser Panamera aber vor allem bei Preis und Verbrauch. Kopf über Herz? Panamera-intern schon irgendwie. Was nichts daran ändert, dass das hier ein sehr beeindruckendes Stück Technik ist ... + großartiger Hybrid-Schub; exzellentes Interieur; agiles, sicheres Fahrverhalten; geringer Verbrauch; vergleichsweise günstig - hohes Gewicht; Einbußen bei der Fahrdynamik

Testwertung
4.5 von 5

Quelle: auto-news, 2017-01-23

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