Seat Leon ST Cupra 290: Test mit technischen Daten und Preisen
Testbericht
Baarcelona, 17. Februar 2016 -
Tadaa, das ist der neue Seat Leon Cupra. Wie, Sie erkennen den Unterschied nicht? Es sei Ihnen verziehen, denn wer dem Auto die zehn Zusatz-PS und die modifizierte Auspuffanlage im Stand ansieht, muss schon mit hellseherischen Fähigkeiten geboren sein. Und das war es dann auch schon. Ein bisschen am Ladedruck gespielt und die Soundverstärker aufgedreht? Fast. Wäre da nicht der zwanzigste Geburtstag des Cupra, es gäbe wohl keinen echten Grund, für den 290er nach Barcelona zu fliegen. Aber Seat lockt mit Frühlingswetter und einer abgesperrten Bergstrecke. Na gut, dann wollen wir mal.
ST mit Performance-Paket
Ich schnappe mir den Leon Cupra ST - die Kombiversion des, wie Seat bei der Pressekonferenz immer und immer wieder bekräftigt, "stärksten Cupra aller Zeiten". Weil schnelle Kombis einfach cool sind, steht der Cupra ST in der Verkaufsstatistik der Spanier sehr weit oben. Ausgestattet mit dem "Performance Paket" rollt der ST auf sehr schicken 19-Zöllern, auf die Michelin Pilot Sport gezogen wurden und hinter denen eine feuerrote Brembo-Vierkolben-Anlage ihr Tagwerk verrichtet.
Neue Abgasanlage - oder doch nicht?
Nun kann man Kind und Kegel also mit 290 statt 280 PS in unter acht Minuten über die Nordschleife chauffieren, nett. Wie kommt die Leistung zustande? Das Zauberwort lautet "Motormanagement". Also keine ingenieurstechnische Meisterleistung? "Nein", erzählt Seat-Vize-Entwicklungschef Dr. Matthias Rabe beim Abendessen. "Aber wir wollen zeigen, dass die Entwicklung beim Cupra weitergeht. Außerdem können wir so das Topmodell stärker vom 265-PS-Cupra abgrenzen. Dessen Anteil an den Verkaufszahlen ist aber ohnehin sehr, sehr gering." Die modifizierte Abgasanlage - der Mittelschalldämpfer entfällt - senkt zwar den Gegendruck und hilft dem Motor so beim Ausatmen, hat aber nur marginalen Einfluss auf die Mehrleistung. Gut so, denn wie ich weiter erfahre, ist die neue Anlage nur in die Drei- und Fünftürer des Cupra eingezogen. "Beim ST war durch den Wegfall des Mittelschalldämpfers nicht daran zu denken, Menschen im Fond zu transportieren, es war schlicht zu laut", erklären uns die Techniker. Das Ganze hat wohl mit der längeren Karosserie des ST zu tun, in welcher sich die Schallwellen dann anders verteilen, als in den beiden kürzeren Cupra-Versionen. Was es nicht alles gibt.
Kann man 10 PS erfahren?
Zurück im Cupra ST - dem ohne neue Abgasanlage. Konzentrieren wir uns eben ganz darauf, die zehn Mehr-PS zu erfahren. Laut Seat-Werksrennfahrer Jordi Gene sei das Power-Plus spürbar, ich bin skeptisch. Zumindest im Pendler-Verkehr rund um Barcelona ergibt sich keine Chance, den potenten Spanier mal etwas zu kitzeln. Also runter von der Autobahn und ab an den Vorstart. Vorstart? Wie im Rallye- oder Bergrennsport? Richtig, denn Seat hat mit Unterstützung der spanischen Polizei eine etwa fünf Kilometer lange Bergstrecke abgesperrt. Können Sie sich vorstellen, wie unglaublich beglückend es wäre, wenn jemand Ihre persönliche Hausstrecke für einen Vormittag absperren würde? Ja? Dann können Sie sich ja auch das Grinsen im Gesicht des Redakteurs vorstellen, der den Cupra am liebsten vorher noch mit Schlangenlinien und Burnouts warmfahren würde. Aber man kann es ja auch übertreiben. Den "Cupra"-Modus aktivieren, der Lenkung, Dämpfer, Motormapping und Soundaktuator scharf stellt und ab an den Start. Der DSG-Wahlhebel - wenn Sie ihren Cupra wirklich schnell bewegen wollen, sollte das Doppelkupplungsgetriebe an Bord sein, schließlich benutzt Seat dieses auch im Rennmodell "Cup Racer" - wandert in die manuelle Stellung, dann fällt die Startflagge.
Gas, Bremse, Kurve
Schon vom Start weg macht das elektromechanische Sperrdifferenzial klar: Wheelspin ist heute nicht drin. Gut so. Ich lade mit den Schaltwippen ein paar Gänge durch und die 350 Newtonmeter drücken wunderbar von unten heraus bis in den recht früh einsetzenden Drehzahlbegrenzer. Der Motor hat ein sehr breites Drehzahlband (1.700-5.800 Umdrehungen), bei dem das volle Drehmoment anliegt. Und das drückt sogar so wunderbar, dass plötzlich über 190 km/h auf der Uhr stehen. Ups, das ist ja immer noch eine normale Landstraße. Die erste verzögerungswürdige Kurve kommt glücklicherweise in Sicht und ich verpasse dem Bremspedal einen heftigen Tritt. Die Vierkolbenanlage beißt sich in die 340 Millimeter große Scheibe und verzögert den 1.440-Kilo-Kombi ohne zu Murren auf eine kurvenverträgliche Geschwindigkeit.
Unperfekte Lenkung
Die Lenkung ist der erste und einzige wirkliche Kritikpunkt. Denn auch wenn der Cupra ST - dem hervorragend abgestimmten DCC-Fahrwerk sei Dank - wirklich verdammt gut durch spanischen Berge kurvt, könnte die Progressivlenkung um die Mittellage etwas mehr Gewicht haben und deutlicheres Feedback vermitteln, vor allem im "Cupra"-Modus. Ist man erst mal in der Kurve, fällt dieses Manko allerdings nicht mehr auf und der Cupra lässt sich zentimetergenau an Felsformationen und angriffslustig glänzenden Leitplanken vorbeimanövrieren. Untersteuern ist ein Fremdwort für den Cupra, selbst der etwas behäbigere ST ist extrem neutral abgestimmt. Von außen bestimmt ein lustiger Anblick, wenn der ST mit seinem langen Heck bei heftiger Provokation das Selbige auch mal ein wenig tanzen lässt. Das Fahrwerk ist dank der verschiedenen Fahrmodi nie zu hart oder zu weich. Hat man die unterschiedlichen Charakteristiken der drei Programme "Komfort", "Sport" und "Cupra" erst einmal verinnerlicht, hält der Cupra für jede Fahrbahnbeschaffenheit die richtige Härte oder den richtigen Komfortgrad bereit.
Bestes Preis-Leistungs-Verhältnis
Nachdem der schnelle Pampersbomber über die Ziellinie gehetzt ist, wird es Zeit für ein Fazit. Sind die zehn Zusatz-PS spürbar? Nein. Zumindest nicht, ohne den 280er-Cupra direkt mit seinem Nachfolger zu vergleichen. Ist der Cupra trotzdem einen Blick wert? Mehr als das. Denn auch wenn der Spanier nicht ganz so viel "auto emocion" vermittelt, wie beispielsweise der ewige Bestzeiten-Konkurrent Renault Mégane R.S., punktet der Leon mit VW-typischer Verarbeitungsqualität, einem blitzschnellen DSG und einem verdammt guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Außerdem gibt es den Cupra als Kombi, und der fährt auf der Nordschleife die gleiche Zeit wie der neue BMW M2. Und das ist einfach richtig richtig cool. Weiterhin dürfte der einzige echte Konkurrent im Segment - der Focus ST Turnier - trotz seiner sympathisch-harten Art gegen den weitaus vielfältigeren Cupra den Kürzeren ziehen. Den Cupra ST gibt es ab 34.750 Euro. Für den Ford wandern zwar "nur" 30.250 Euro zum Verkäufer, der Focus hat dafür aber auch kein DSG. Und der Golf R ist mit 42.925 Euro sowieso weit weg von Gut und Böse - trotz Allrad.
Technische Daten
Antrieb: | Frontantrieb |
---|---|
Anzahl Gänge: | 6 |
Getriebe: | Doppelkupplungsgetriebe |
Motor Bauart: | Reihenmotor, Turbo |
Hubraum: | 1.984 |
Anzahl Ventile: | 16 |
Anzahl Zylinder: | 4 |
Leistung: | 213 kW (290 PS) bei UPM |
Drehmoment: | 350 Nm bei 1.700-5.800 UPM |
Preis
Neupreis: 36.450 € (Stand: Februar 2016)Fazit
10 PS mehr? Geschenkt. Keine neue Auspuffanlage im ST? Ja mein Gott, er klingt trotzdem vernünftig - für einen Zweiliter-Turbo-Furzer mit Soundaktuator. Wichtig ist, dass sich Seat beim Cupra nicht auf die faule Haut legt, sondern das Erfolgsmodell weiter ausbaut, verbessert und viel Liebe fürs Detail in den Wagen steckt. Wir freuen uns schon auf eine schärfere Version à la Renault Mégane R.S. Trophy R. Wir haben gehört, da sei etwas in der Pipeline.
+ viel Drehmoment, schnelles DSG, ausbalanciertes Fahrwerk, gute Preis-Leistung
- etwas wenig Rückmeldung in der Mitte der LenkungTestwertung
Quelle: auto-news, 2016-02-18
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