Citroën Grand C4 Picasso im Test: Technospace auf Rädern
Testbericht
Berchtesgaden, 30. September 2013 - Selten geschieht es, aber es passiert: dass ein Autohersteller sein eigenes Produkt mit dem richtigen Etikett versieht. Meist sieht das Marketing das Fahrzeug eben rosiger, als es in Wirklichkeit ist. Doch bei der Neuauflage des Citroën Grand C4 Picasso passt es mal: Technospace. Denn in der Tat, der Van bietet viel Technik und viel Innenraum. Doch die Sache hat einen Haken, wie wir bei unserem Test der Version BlueHDi 150 merkten.
Von außen avantgardistisch
Die zweite Generation des "kleinen" C4 Picasso startete bereits im Juni 2013. Nun kommt die Version mit größerem Radstand und Platz für bis zu sieben Insassen. Diese ist mit 4,60 Meter rund 17 Zentimeter länger als die fünfsitzige Variante. Das Außendesign des Grand C4 Picasso ist ebenso avantgardistisch wie beim kleinen Bruder - uns gefällt die eigenwillige Optik. Nach dem Einsteigen ist der erste Eindruck: O Gott, hier ist ja alles anders. Nach dem Motorstart fällt zunächst auf, dass der Automatik-Wahlhebel nicht in der Mittelkonsole, sondern am Lenkrad sitzt. Dann stellt man fest, dass man gewissermaßen unter dem Himmel sitzt: Die Frontscheibe reicht bis über den Kopf des Fahrers hinauf wie eine Halbglatze.
Display statt Instrumente
Die Irritation durch die ungewohnte Sicht nach oben verschwindet bald, doch im gleichen, nonkonformistischen Stil geht es weiter. Die Instrumente liegen nicht vor dem Fahrer, sondern in der Mitte. Außerdem gibt es statt konventioneller Rundinstrumente ein riesiges Zwölf-Zoll-Display, das im linken Bereich stets das Tempo anzeigt, rechts aber je nach Wunsch diverse Inhalte. Gesteuert werden diese über gleich vier, teils unbeschriftete Drehrädchen am Lenkrad, um die herum nochmal je zwei bis vier Knöpfe gruppiert sind. So unübersichtlich wie das Multifunktionslenkrad ist auch das Display. Wir zählten in einer Situation gleich 19 verschiedene Zahlen - von der eingestellten Innentemperatur bis hin zur Uhrzeit. Um die Verwirrung perfekt zu machen, gibt es noch ein weiteres Display unter dem großen Monitor, das weitere Einstellmöglichkeiten und Anzeigen anbietet. Auch Apps können hier verwendet werden, um zum Beispiel die nächstgelegenen Tankstellen anzeigen zu lassen - sogar mit dem Preis der zum Auto passenden Spritsorte. Ein schönes Feature, und viel von dem Angebotenen ist nützlich, aber im Ganzen wirkt es verwirrend.
Verbesserungswürdige Assistenten
Man muss schon sehr elektronikaffin sein, um sich in dem technoiden Wirrwarr des großen C4 Picasso zurechtzufinden. Zum Beispiel wird es dem Fahrer auf der Autobahn kaum gelingen, beim Abstandstempomaten die gewünschte Mindestdistanz zum Vordermann einzustellen. Wenn dann noch der Gurt anfängt zu ruckeln, weil man versehentlich eine weiße Linie touchiert hat, ist es mit der Konzentration aufs Fahren vorbei. Neben dem Spurhalteassistenten bietet Citroën im Grand C4 Picasso noch viele weitere Elektronikhelfer an, doch die Bedienung sollte vereinfacht werden. Auch arbeiten nicht alle wie erwartet. Beim Einparken in eine schräge Querparklücke zeigte das System nach einigen Rangieraktionen stolz "Parkvorgang beendet" an, obwohl das Ergebnis auch dem unbegabtesten menschlichen Einparker peinlich wäre.
Schaltversion mit hakeligem Getriebe
Die Cockpitmaterialien machen jedoch einen ordentlichen Eindruck. Auch sind die Sitze ausreichend bequem und stützen den Körper in Kurven - für die Möbel eines Vans - recht gut. Die Sechsgang-Automatik arbeitet unauffällig. Dagegen hinterließ die serienmäßige Sechsgang-Schaltung einen negativen Eindruck: Die Gänge lassen sich nur widerwillig und mit etwas Nachdruck einlegen.
Diesel schon Euro-6-konform
Der Zweiliter-Diesel des PSA-Konzerns wurde für den Einsatz im Grand C4 Picasso substanziell überarbeitet. Vor allem erfüllt er nun die Euro-6-Abgasnorm. Dafür setzt Citroën die SCR-Technik (Selective Catalytic Reduction) ein. In einem zusätzlichen Katalysator werden mithilfe eines Additivs Stickoxide in harmlosen Stickstoff umgewandelt. Das Adblue wird im Auto in einem 17-Liter-Tank mitgeführt, der etwa für 20.000 Kilometer reichen soll. Da ansonsten nur alle 30.000 Kilometer ein Werkstattbesuch nötig ist, ist das Nachfüllen schon vor dem Ende des Serviceintervalls nötig. Das Additiv ist nicht teuer - ein Zehn-Liter-Kanister kostet im Internet zwischen zehn und 20 Euro. Eingefüllt wird es über einen Stutzen im Kofferraum. Wer Angst vor Uringeruch hat, sei beruhigt: Harnstoff ist geruchlos.
Start-Stopp auch für die Automatik-Versionen
Eine weitere Premiere neben dem SCR-System: PSA kann nun auch bei Automatikfahrzeugen ein Start-Stopp-System anbieten. Unabhängig vom Getriebe ist der Spritsparhelfer im BlueHDI 150 Serie, ebenso wie in allen anderen Dieseln. Für Benziner wird das System aber nach wie vor nicht angeboten. Grund laut Citroën: Der PSA-Konzern krempelt im Benziner-Bereich derzeit alles um, und bei alten Aggregaten lohne sich die Anpassung nicht mehr.
Guter Vortrieb
Der 150-PS-Diesel macht im Grand C4 Picasso eine gute Figur. Er beschleunigt den Van in 11,1 Sekunden auf Tempo 100, sodass man auch bei vielen Ampelsprints mithalten kann. Wichtiger für ein Familienauto: Mit 370 Newtonmeter hat der Van genug Schwung, um gut aus dem Drehzahlkeller herauszukommen. Nur wer bei Tempo 150 noch flottes Beschleunigen erwartet, wird enttäuscht: Für die Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h muss man sich etwas Zeit lassen. Wer solche Fahrleistungen haben möchte, muss auf ein stärkeres Aggregat hoffen. Angeblich soll ein 180-PS-Aggregat in Entwicklung sein, auch wenn Citroën das nicht offiziell bestätigt.
Geringer Verbrauch
Das Geräuschniveau im Grand C4 Picasso ist weder störend noch besonders lobenswert, sondern - nun, sagen wir: mittelprächtig. Der Normverbrauch der Schaltversion liegt bei 4,2 Liter je 100 Kilometer, und die Automatikvariante soll nur 0,3 Liter mehr verbrauchen. Das sind auch im Konkurrenzvergleich gute Werte. Laut Bordcomputer benötigten die beiden gefahrenen Testwagen zwischen 5,7 und 6,0 Liter, wobei es eher auf Strecke und Fahrweise ankam, als auf das Getriebe.
Lenkung und Fahrwerk gut autobahntauglich
Das Lenkrad liegt auch bei hohem Tempo stets ruhig in der Hand. Und auch das Fahrwerk erweist sich als guter Freund auf langen Autobahnetappen. Wenn man allerdings bei Tempo 130 etwas am Lenkrad hin- und herruckelt, um einen kleinen Fahrfehler zu simulieren, fühlt sich der Van etwas schwammig an. In Kurven neigt sich der 1,64 Meter hohe Van nicht allzu stark nach außen. Auch sonst gibt es an Fahrwerk und Lenkung nicht viel auszusetzen.
Serienmäßig fünf, optional sieben Sitze
Wie der C4 Picasso ist auch der "Grand" serienmäßig mit fünf Sitzen ausgestattet, wobei die zweite Reihe aus drei gleich breiten Einzelsitzen besteht - wichtig für Familien mit drei Kindern. Auf Wunsch wird der Grand jedoch zum Siebensitzer: Gegen 700 Euro Aufpreis gibt es zwei Zusatzsitze für die dritte Reihe. Diese lassen sich im Fahrzeugboden versenken. Die drei Sitze der zweiten Reihe können einzeln um 15 Zentimeter längs verschoben werden. Das Einsteigen in die dritte Reihe wird durch eine spezielle Mechanik erleichtert. Und sogar in der dritten Reihe ist der Platz für Erwachsene ausreichend, wenn die davor Sitzenden sich etwas einschränken und ihre Möbel nicht in die hinterste Raste schieben.
Bis 1.843 Liter Kofferraum
Wenn der Platz für Gepäck benötigt wird, können die Sitze umgeklappt werden. Sie liegen dann plan mit dem höheren, hinteren Fahrzeugboden, sodass sich ein ebener Laderaumboden ergibt. In den Kofferraum passen bei voller Bestuhlung 170 Liter. Bei fünf benutzbaren Sitzen bleiben je nach Position der Rücksitze 575 bis 704 Liter. Bis zum Dach vollgeladen, verstaut der Grand C4 Picasso 1.843 Liter. Der Beifahrersitz lässt sich serienmäßig umklappen, sodass sich auch 2,75 Meter lange Gegenstände noch verstauen lassen.
Ab 27.740 Euro
Der Grand C4 Picasso ist bereits bestellbar, bei den Händlern steht er ab dem 18. Oktober 2013. Der BlueHDi 150 ist ab 27.740 Euro zu haben. Damit ist er 1.000 Euro teurer als der entsprechende C4 Picasso. Die Sechsgang-Automatik kostet 1.200 Euro. Bereits die Basisausstattung Seduction ist ausreichend. Sie bietet sogar einen Tempomaten, Licht- und Regensensor und eine Klimaautomatik. Allerdings ist nur ein Radio mit USB- und AUX-Anschluss Serie, wer ein CD-Laufwerk will, zahlt 100 Euro Aufpreis. Wer mehr Komfort will, kann die Versionen Intensive oder Exclusive bestellen. Was die Extras angeht, so ist es schade, dass sich der wichtige Totwinkelassistent erst ab Intensive bestellen lässt. Zu den Konkurrenten des Grand C4 Picasso BlueHDi 150 gehören der Renault Grand Scénic dCi 160 (ab 29.300 Euro), der Ford Grand C-Max 2.0 TDCi mit 163 PS (ab 27.970 Euro) und der Opel Zafira Tourer 2.0 CDTi mit 165 PS (ab 29.800 Euro). Deutlich mehr Kofferraum bietet etwa der Renault Espace dCi 150, für den aber auch schon fast 35.000 Euro fällig werden.
Technische Daten
Antrieb: | Front |
---|---|
Anzahl Gänge: | 6 |
Getriebe: | Schaltung |
Motor Bauart: | Turbodiesel mit variabler Turbinengeometrie und SCR-Katalysator |
Hubraum: | 1.997 |
Anzahl Ventile: | 16 |
Anzahl Zylinder: | 4 |
Leistung: | 110 kW (150 PS) bei UPM |
Drehmoment: | 370 Nm bei 2.000 UPM |
Preis
Neupreis: 27.740 € (Stand: September 2013)Fazit
Im Grunde ist der Grand C4 Picasso BlueHDi 150 ein gutes Auto. Der Motor ist als Euro-6-Aggregat umweltfreundlich und verbraucht auch noch wenig. Er liefert auch genug Schub für familiäre Verhältnisse. Fahrwerk und Lenkung eignen sich gut für die große Ferienfahrt gen Süden. Das Sitzsystem wirkt durchdacht und praktisch und es gibt bemerkenswert viel moderne Technik im neuen Van. Auch der Preis ist günstig. Alles wäre okay, wenn da nicht die arg verwirrende Bedienung wäre. Falls es trotzdem der Grand C4 Picasso sein soll, lautet unser Rat: von den zahlreichen Technik-Features möglichst wenig bestellen und den Rest stets vom Beifahrer bedienen lassen - wenn dieser technisch begabt ist.
+ kräftiger, sparsamer Diesel, guter Fahrkomfort, durchdachtes Sitzsystem
- verwirrende Elektronik, ablenkende Bedienung
Testwertung
Quelle: auto-news, 2013-09-30
Getestete Modelle
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