BMW bringt den 7er mit Wasserstoffantrieb in Kleinserie
Testbericht
Berlin, 23. November 2006 Kein Qualm kommt aus unserem Auspuff, egal wie stark wir das Gaspedal durchtreten. Hinter der Rückbank unseres 7er BMW sitzt ein boilerähnliches 170-Liter-Gefäß. In diesem Tank schwappt eine unvorstellbar kalte Flüssigkeit: auf minus 253 Grad Celsius heruntergekühlter Wasserstoff. 20 Grad weiter unten bewegt sich gar nichts mehr, der absolute Nullpunkt wäre erreicht. Und dieser kalte Stoff treibt unser Auto an.
Dezent von außen
Für die Hydrogen7-Variante des 7er-BMW wurde ein BMW 750Li umgebaut. Die Mehrheit dieser Veränderungen fand tief im Inneren des Wagens statt, sodass das äußere Erscheinungsbild des Wasserstoff-7er dem des reinen Benzin-7ers sehr ähnelt. Da der Sechs-Liter-Zwölfzylinder für das Verbrennen von Wasserstoff fit gemacht werden musste, wurde dieser baulich verändert. Dies schlägt sich vor allem in einem Motor-Höhenwachstum nieder, was die Designer wiederum zwang, der Motorhaube mittig eine leichte Wölbung zu verpassen. BMW gibt diesem recht dezenten Schwung den eher martialischen Namen "Powerdome". Auf dem hinteren Ende des Dachs befindet sich genau in der Mitte ein kreisförmiges, tankdeckelähnliches Gebilde. Dies ist die Abdeckung eines der Notauslassventile des Wasserstofftanks. Ansonsten prangt noch das Hydrogen7-Logo auf Heckklappe und Flanken. Unübersehbar schwarz auf weiß wurde der Hinweis auch auf die hinteren Sonnenrollos für die Seitenfenster gedruckt. Auffällig sitzt auch noch der zweite Tankdeckel mit Glaseinsatz schräg rechts über dem Deckel fürs Benzin.
Zwei Welten: Innenraum/Kofferraum
Auch in der guten Stube hat sich nicht allzu viel geändert. Das übliche 7er-Ambiente aus Luxus und Komfort umgibt den Fahrer. Aber der Wagen ist mit einem zusätzlichen Tank unterwegs. Und dieses spektakuläre Bauteil braucht halt kostbaren Platz. Um ihn halbwegs unauffällig und sehr sicher zu platzieren, wurde er hinter die Rückbank gesteckt. Dadurch rückt die Sitzbank um 115 Millimeter nach vorn, ist aber immer noch 25 Millimeter weiter hinten als beim 750i. Der mittlere Sitz entfällt, der große Wagen ist also nur für vier Personen ausgelegt. Das für den Fahrer Auffälligste entdeckt er beim Blick in den Rückspiegel: Die Hutablage sitzt deutlich höher als beim Benzin-7er. Wenn an der Kreuzung hinter einem ein Fahrzeug warten muss, sieht man vom Fahrer gerade noch die Stirn. Rückwärtiges Einparken ist auf Grund der sensationellen Unübersichtlichkeit nur mithilfe der Sensoren möglich.
Unauffällige Hinweise Im Cockpit weist ein Wasserstoff-Balken auf die verbleibende Kraftstoffmenge hin, wobei Wasserstoff in Kilogramm und Benzin in Litern angegeben wird. Ist man im Wasserstoffmodus unterwegs, leuchtet in der Mitte der Anzeige ein H2-Logo, im Benzinbetrieb wird dieses durch eine Uhr ersetzt. Außerdem wurde auch der Knopf für die Wasserstoff-Tankklappe mit einer Zapfsäule und einer H2-Aufschrift versehen. In Sachen Veränderung hat es den Kofferraum am heftigsten erwischt. Mitleid erregende 230 Liter setzten den stolzen 750Li hier auf erbärmliches Kleinstwagenniveau. Schwerer Junge Der Motor ist größer, ein zusätzliches, über 230 Kilogramm schweres Tanksystem fährt zwangsläufig mit. Dadurch steigt das Gewicht des innovativen Bayern auf fast 2,5 Tonnen. Dies machte Änderungen am Fahrwerk nötig, die BMW erwartungsgemäß gelungen sind. Die Fahreigenschaften unterscheiden sich nicht von denen eines normalen 7ers. Warum Wasserstoff? Der Motor des Hydrogen7 kann sowohl Benzin als auch Wasserstoff verbrennen. Bis dies möglich war, waren tausende kleiner und großer Einzelschritte nötig. Warum betreibt BMW diesen Aufwand? Man kann es drehen und wenden wie man will, in absehbarer Zeit gehen die fossilen Brennstoffe zur Neige. Zudem wird bei ihrer Verbrennung vor Jahrmillionen gebundenes Kohlendioxid frei, welches sich zunehmend um die Zerstörung des Klimas verdient macht. Ein erheblicher Teil des Kohlendioxidausstoßes geht auf die Kappe des Individualverkehrs. Und das trotz aller Maßnahmen und Warnungen mit steigender Tendenz. Wer den Verkehr mit privaten PKWs nicht komplett verteufelt, muss also einen neuen Schritt wagen, um dieses Verkehrsmittel für die Zukunft bereitzumachen. Und wer hat ein größeres Interesse als diejenigen, die vom Automobilbau leben? Wasserstoff könnte hier ein nachhaltiger Ausweg sein. Schließlich ist er das am häufigsten im Universum vorkommende Element. Bei seiner Verbrennung bleibt praktisch nur Wasserdampf übrig. Zurzeit wird Wasserstoff zwar noch aus fossilen Energieträgern wie Erdgas und Kohle gewonnen, aber er stellt eine Möglichkeit dar, Wasser- und Windkraft in den Tank zu bekommen. Wird der energiereiche Stoff nämlich mithilfe regenerativer Energien erzeugt, spielt CO2 beim Fahrzeugantrieb keine Rolle mehr.
Warum ein Verbrennungsmotor? Wasserstoff wird schon seit Jahren in großem Stil produziert. 600 Milliarden Normkubikmeter des flüchtigen Elements werden pro Jahr hergestellt. Ein großer Abnehmer ist beispielsweise die Margarineindustrie, welche damit ihre Fett-Würfel härtet. Aber warum bleibt BMW erstmal beim guten alten Verbrennungsmotor, wo doch alle Welt von der Brennstoffzelle schwärmt? Die bayerischen Motorenbauer geben dafür mehrere Gründe an: Zum einen ist es zurzeit deutlich kostengünstiger, einen klassischen Motor auf Wasserstoffbetrieb umzurüsten, als die nach wie vor nicht serienreife Brennstoffzelle zu verbauen. Dauerhaftigkeit, Standbetrieb mit vielen Verbrauchern und die notwendige starke Kühlung sind Probleme, die für die PKW-Brennstoffzelle noch nicht gelöst wurden. Zum anderen liegt die maximale Leistungsfähigkeit der Brennstoffzelle im PKW-Bereich bei 136 PS deutlich zu wenig für ein Luxusmobil wie den langen 7er. Um überhaupt zum aktuellen Zeitpunkt ein serienmäßiges Wasserstoffauto auf die Beine stellen zu können, ist der Wasserstoff-Verbrennungsmotor vielleicht der einzig mögliche Schachzug. Neben BMW sehen dies auch MAN und Ford so, wobei BMW mit der jetzigen Kleinserie die Nase am weitesten rausstreckt. Wo steckt der Aufwand? Damit der 7er überhaupt mit Wasserstoff fahren kann, braucht er erstmal einen Tank, in dem dieses brennfreudige Gas mitgeführt werden kann. Und damit sind wir am mit Abstand kompliziertesten Punkt des Unternehmens Wasserstoff angekommen. Der größte Forschungsaufwand steckt nämlich im Wasserstoff-Aufbewahrungsbehältnis. BMW hat sich dazu entschieden, den Wasserstoff in flüssiger Form zu transportieren. Das lässt sich nur bei den schon erwähnten minus 253 Grad bewerkstelligen. Bei dieser unnatürlich kalten Temperatur lässt sich Wasserstoff recht dicht und somit flüssig bei einem geringen Druck von maximal fünf Bar lagern. Damit der Brennstoff flüssig bleibt, muss er gut isoliert von der viel heißeren Außenwelt aufbewahrt werden. In Zusammenarbeit mit Magna Steyr wurde ein so genannter Superisolations-Tank entwickelt. Dieser umfasst in zylindrischer Form 170 Liter Raum. 8 Kilogramm Wasserstoff können dort auf die Wanderung zum Brennraum warten. Die Edelstahlhülle ist doppelwandig ausgeführt. Zwischen den beiden Hüllen wurden 40 Schichten Aluminium untergebracht. So wird die Wärmeeinstrahlung auf ein Minimum reduziert. Außerdem wurde im Zwischenraum ein Vakuum erzeugt, um die Wärmeleitung zu minimieren. Aus dem gleichen Grunde hängt der Innentank an Bändern aus kohlefaserverstärktem Kunststoff. Die 30 Millimeter Entfernung zwischen Innen- und Außenhülle entsprechen der Isolationswirkung von 17 Metern Styropor. Mit anderen Worten: Wer im Winter einen besonders hübschen Schneemann zusammengebacken hat, kann ihn in so einen Tank stellen. Erst 13 Jahre später wird der weiße Geselle komplett dahingeschmolzen sein.
Fass ohne Boden Trotz aller Isolationstechnik kommt es mit der Zeit zu einem Wärmeeintrag. Der Wasserstoff dehnt sich aus und muss irgendwo hin. Dafür hat BMW das so genannte Boil-off-Management entwickelt. Nach einer Parkzeit von 17 Stunden ist es soweit: Gasförmiger Wasserstoff wird in einem speziellen Rohr mit Luft vermischt und dann in einem Katalysator zu Wasser aufoxidiert. Nach neun Tagen ist gerade noch genug Wasserstoff im Tank, um 20 Kilometer zu fahren. Wird das Auto jedoch eher wieder bewegt, nimmt der Tankinnendruck auf Grund des Verbrauchs von Wasserstoff wieder ab und die 17-Stunden-Frist beginnt erneut. Wer also jeden Tag mit seinem Auto zur Arbeit fährt, dürfte keine Verluste erleiden. Tank-Potenzial Der Wasserstoff-Tank ist zwar ein High-Tech-Produkt, bietet aber noch jede Menge Potenzial. Allein die aufwendige Edelstahlhülle wiegt 129 Kilogramm. Ein herkömmlicher Benzintank aus Kunststoff bringt gerade mal 20 Kilogramm auf die Waage. Aber bei BMW steht bereits ein Tank aus Aluminium in einem weit fortgeschrittenen Entwicklungsstadium im Labor. Dieser ist mit einem Gewicht von 60 Kilogramm nur noch halb so schwer. Und in einer sehr frühen Testphase auch schon vorhanden ist ein Tank aus Kohlefaser. Dieser wird mit einer abdichtenden Spezialschicht versehen, da die Wasserstoffmoleküle so klein sind, dass sie das Kohlefasernetz durchdringen würden. Des Weiteren wird dieser Tank mit verformbaren Schichten ausgerüstet, um ein Zersplittern im Falle eines Unfalls zu vermeiden. Dieser Tank könnte dann auch als so genannter Formtank ausgeführt werden, das zylindrische Boiler-Muster wäre nicht mehr zwingend. Erste Ideen gehen dahin, den Tank im Mitteltunnel des Fahrzeugs unterzubringen. Damit wären Kofferraum und Hutablage wieder in ihrem alten Zustand und der Gewichtszuwachs des Fahrzeugs würde sich in Grenzen halten.
Toleranter Fresser Auch der Motor musste sich einige Umbauten gefallen lassen. Schließlich verhält sich Wasserstoff deutlich anders als Benzin. So erzeugt ein Kilogramm Benzin zirka 15 PS, Wasserstoff stellt dreimal mehr Pferde auf die Beine. Allerdings braucht ein Kilogramm Wasserstoff viermal so viel Raum wie gleich schweres Benzin. So arbeitet der Motor im Benzinbetrieb als Direkteinspritzer, während unter Verwendung von Wasserstoff die Gemischbildung bereits in den Ansaugkanälen erfolgt. Die Einblaseventile mussten auf Wasserstoff ausgelegt werden und fallen somit deutlich größer aus als herkömmliche Benzinventile. Außerdem verbrennt Wasserstoff bis zu zehn Mal schneller als Benzin. Dem musste mit einer angepassten Motorsteuerung Rechnung getragen werden. Der Motor leistet 260 PS und 390 Newtonmeter, sowohl im Benzin- als auch im Wasserstoffbetrieb. In 9,5 Sekunden geht es von null auf 100, bei 230 km/h wird abgeregelt. Für Freunde der guten alten Zeit hier der Vergleich: Der reine V12-Benziner ist für 445 PS und 600 Newtonmeter gut. Das ist der Preis des Kompromisses, den ein bivalenter Antrieb zwangsläufig mit sich bringt. Wasserkraft In der Praxis merken wir kaum Unterschiede zwischen Wasserstoff- und Benzinbetrieb. Gestartet wird grundsätzlich mit Wasserstoff, wobei sich ein Start mit Benzin per Knopfdruck erzwingen lässt. Der Motor klingt bei Wasserstoffbefüllung etwas schärfer nach Granulat mit einer Beimischung von 30 Prozent Kernigkeit, ein Klang, der sich mit keinem uns bekannten Motorengeräusch vergleichen lässt. Ein Betriebsartenwechsel per Lenkradknopf ändert ausschließlich das Geräusch und die H2-Anzeige der Instrumententafel. Sonst spüren wir kein Ruckeln und keine Leistungsänderung. Die 260 PS und 390 Newtonmeter liegen sowohl bei Wasserstoff- als auch bei Benzinbetrieb an, der Anzug an der Kreuzung ist ganz gewaltig. Der Motor ist dabei nur ein Kompromiss, der ungefähr 40 PS pro Liter Hubraum erwirtschaftet. Wiederum in den Tiefen der BMW-Forschungslabors lauern bereits reine Wasserstoffmotoren mit kryogener Direkteinspritzung. 87 PS sollen hier pro Liter Hubraum drin sein das wäre das Niveau eines über 100 Jahre entwickelten aktuellen Benziners. BMWs Fernziel: 136 PS pro Liter. Ein derart verbesserter Wirkungsgrad könnte auch einer reisetauglichen Reichweite zugute kommen. Die acht Kilogramm Wasserstoff reichen nämlich gerade für eine Strecke von 200 Kilometern. Allerdings kommt man mit der 74-Liter-Benzinreserve nochmal 500 Kilometer weit.
Was hinten rauskommt Einen halben Liter Wasserdampf gibt der Hydrogen7 an seine Umwelt pro Kilometer ab, zirka doppelt so viel wie ein herkömmlicher Benzinmotor. Aber Wasserstoff enthält als reines Element keinen Kohlenstoff, wie ihn fossile Brennstoffe, aber auch Bioethanol und Holz zur Genüge in sich tragen. Deshalb spielen die alten Plagegeister Kohlendioxid, Kohlenwasserstoff und Kohlenmonoxid, die bei der Verbrennung von Kohlenstoff entstehen, beim Wasserstoffmotor keine Rolle. Da aber für den Brennvorgang Luft benötigt wird, werden Stickoxide, das Resultat von in der Luft enthaltenem verbrannten Stickstoff, emittiert. Dem rückt BMW mit einer ausgefeilten Motorsteuerung zu Leibe. Unter Volllast ist das Luft-Kraftstoff-Gemisch ausgeglichen. Der Fachmann spricht hier von Lambda = 1. In diesem Bereich wird der Stickstoffausstoß mit einem herkömmlichen Drei-Wege-Katalysator auf ein Minimum reduziert. Im Teillastbereich arbeitet der Motor mit hohem Luftüberschuss, also mager (Lambda > 2). Bei diesem Gemischtyp sinkt die Verbrennungstemperatur erheblich, sodass sich Stickoxide gar nicht erst bilden können. Im Bereich zwischen Volllast (Lambda = 1) und Teillast (Lambda > 2) kommt es dagegen zu einem signifikanten Anstieg der Stickstoffemissionen. Diesen Bereich überspringt die Motorsteuerung einfach lückenlos und drehmomentneutral. Durch die besonderen Eigenschaften des Wasserstoffs ist es BMW möglich, die Emissionen im gesamten Kennfeldbereich auf ein Minimum zu reduzieren. Im bivalenten Benzin-/Wasserstoffbetrieb erreicht der Motor gerade mal 30 Prozent der von der SULEV-II-Norm (Super Ultra Low Emissions Vehicle) erlaubten Stickoxidemissionen. SULEV II ist die aus Kalifornien stammende härteste Emissionsrichtlinie der Welt. Im monovalenten Wasserstoffbetrieb kommen gerade noch 10 Prozent des erlaubten Wertes zusammen. Zellen-Quelle Zusätzliches Potenzial verspricht eine kleine Brennstoffzelle. BMW entwickelt sie gerade als Ersatz für die herkömmliche Lichtmaschine. Sie könnte unter anderem mit dem verdampfenden Wasserstoff gefüttert werden und für kurze Strecken als milder Hybridantrieb fungieren. Ein vorteilhafter Nebeneffekt: Eine im Standbetrieb laufende Klimaanlage wäre kein Problem mehr. Und obwohl BMW es offiziell nicht zugibt, es wäre nicht verwunderlich, wenn neben der niedlichen Mini-Brennstoffzelle ein großer Bruder im Labor sitzt und sich auf den Ernstfall vorbereitet. Den Fall, dass sich in ferner Zukunft die Brennstoffzelle als einzig wahre Lösung präsentieren sollte.
Woher nehmen? Am Wasserstoff-Tankstellennetz erkennt man, was BMW sich vorgenommen hat: Zwei Tankstellen in Berlin, zwei Tankstellen in München und bald eine in Frankfurt am Main. Außerdem stellt Edelgaserzeuger Linde noch eine mobile Tankstelle bereit. Aber ohne Bedarf wird es weder Wasserstoff aus regenerativen Energien noch Wasserstofftankstellen geben. So ist es wichtig, dass BMW einen Anfang macht und diesen Bedarf erzeugt. Ein ausgebautes Wasserstofftankstellennetz würde schließlich auch Brennstoffzellen-Fahrzeugen zugute kommen. Wir kommen jedenfalls auf den letzten Tropfen Wasserstoff zu unserer Berliner Tankstelle. Zum Test ist dort auch die mobile Station vorgefahren, welche wir umgehend ausprobieren. Wir drücken einmal den Knopf zum Öffnen des Tankdeckels. Daraufhin erscheint in unserer Anzeige die voraussichtliche Tankdauer: Stolze acht Minuten. Im Hintergrund nutzt der Wagen die Zeit, seine Systeme auf frische Wasserstoffzufuhr einzustellen. Jetzt müssen wir den Knopf ein weiteres Mal drücken, um den Tankdeckel endgültig zu öffnen. Dann schnappen wir uns den Tankrüssel, der seinem Namen alle Ehre macht: Elefantenrüssel, Feuerwehr-C-Rohr und Formel-1-Tankschlauch sind die Begriffe, die den Durchmesser des halbwegs flexiblen Schlauches am nächsten kommen. Vorne sitzt ein riesiges Ventil, welches mehrere Kilogramm zu wiegen scheint. Nach einigem Hängen, Würgen und Verkanten haben wir das riesige Ding endlich auf den Anschluss unseres Autos gestopft. Es geht ums Geld Nach der Verbindung unseres Fahrzeugs mit der Zapfstation geht alles von selbst. Ein kalter Finger genanntes Metallrohr schiebt sich in den Wagentank und öffnet zwei Kugelventile. Der Edelstahl-Boiler wird befüllt und die Ventile werden geschlossen. Im Hintergrund laufen komplizierte Systeme ab und jede Menge Informationen werden ausgetauscht. Davon bekommt der Tankende während seiner achtminütigen Wartezeit aber nichts mit. Ist der Vorgang abgeschlossen, kann man den immensen Tankkolben wieder vom Auto abziehen und in seine Halterung wuchten. Bei der stationären Tankstelle geht das alles etwas einfacher, da dort ein Drahtseil ein wenig die Last des Ventilkopfes aufnimmt. Aber auch hier wird das Betanken für kleine zierliche Menschen sicher ein beschwerlicher Job sein. Die alten Tankroboter der ersten Wasserstoff-Zapfsäulengeneration sind übrigens aus zwei Gründen verschwunden: Da man auch am Roboter bezahlen konnte, musste man sein Auto nicht mehr verlassen. Dies wiederum hatte zur Folge, dass die Kunden nichts mehr im Tankstellenkiosk kauften. Ein Geschäft, welches die Tankstellenbetreiber aber gerne weiter betreiben wollen. Zum Anderen sieht es die Autoindustrie gerne, wenn Menschen vorbehaltlos mit dem Wasserstoffrüssel hantieren. Der Roboter symbolisierte Gefahr, die Handarbeit des Menschen steht für das Gegenteil. Der Tankvorgang, der Tank an sich und das gesamte Fahrzeug wurden von TÜV und Feuerwehr ausgiebig getestet. Das Ergebnis: Ein Wasserstoffantrieb ist nicht gefährlicher als ein Benzintriebwerk.
Wer darf ran? Den Hydrogen7 zu fahren, macht richtig Spaß. Schon nach kurzer Zeit erscheint einem jedes Auto mit qualmendem Auspuff als rollendes Technikmuseum. Ganz schnell gewöhnt man sich an den Fortschritt, vor allem auch, weil er hier in Sachen Fahrverhalten so unspektakulär ausfällt. Wer hat nun das Vergnügen, einen der 100 produzierten Wasserstoff-Verbrenner zu fahren? BMW will die Wagen an so genannte Pionierfahrer vermieten. Ein Verkauf kommt nicht in Frage, Preise werden nicht bekannt gegeben. Promis und Entscheider sollen den Wagen bis zu einem halben Jahr in Deutschland, den USA und China ausprobieren. Sie sollen als Leuchttürme die kohlendioxidsüchtige Welt bekehren helfen. Und in Sachen Gesetzgebung, Regelements und Standards kann BMW an forderster Front sicher jede Hilfe von oben gebrauchen. Verschärfte Abgasvorschriften bis hin zum Null-Emissionsfahrzeug würden der Wasserstofftechnologie sicher einen Schub verleihen. Wer genau einen Hydrogen7 bekommt, ist noch nicht ausgehandelt. Die Aktion startet im Februar 2007. Ganz nebenbei: Einige ganz wenige Modelle werden sogar mit einem monovalenten Antrieb antreten. Dort steht dem Motor ausschließlich Wasserstoff zur Verfügung. Die Zukunft hat unumkehrbar begonnen. (gh)
Unauffällige Hinweise Im Cockpit weist ein Wasserstoff-Balken auf die verbleibende Kraftstoffmenge hin, wobei Wasserstoff in Kilogramm und Benzin in Litern angegeben wird. Ist man im Wasserstoffmodus unterwegs, leuchtet in der Mitte der Anzeige ein H2-Logo, im Benzinbetrieb wird dieses durch eine Uhr ersetzt. Außerdem wurde auch der Knopf für die Wasserstoff-Tankklappe mit einer Zapfsäule und einer H2-Aufschrift versehen. In Sachen Veränderung hat es den Kofferraum am heftigsten erwischt. Mitleid erregende 230 Liter setzten den stolzen 750Li hier auf erbärmliches Kleinstwagenniveau. Schwerer Junge Der Motor ist größer, ein zusätzliches, über 230 Kilogramm schweres Tanksystem fährt zwangsläufig mit. Dadurch steigt das Gewicht des innovativen Bayern auf fast 2,5 Tonnen. Dies machte Änderungen am Fahrwerk nötig, die BMW erwartungsgemäß gelungen sind. Die Fahreigenschaften unterscheiden sich nicht von denen eines normalen 7ers. Warum Wasserstoff? Der Motor des Hydrogen7 kann sowohl Benzin als auch Wasserstoff verbrennen. Bis dies möglich war, waren tausende kleiner und großer Einzelschritte nötig. Warum betreibt BMW diesen Aufwand? Man kann es drehen und wenden wie man will, in absehbarer Zeit gehen die fossilen Brennstoffe zur Neige. Zudem wird bei ihrer Verbrennung vor Jahrmillionen gebundenes Kohlendioxid frei, welches sich zunehmend um die Zerstörung des Klimas verdient macht. Ein erheblicher Teil des Kohlendioxidausstoßes geht auf die Kappe des Individualverkehrs. Und das trotz aller Maßnahmen und Warnungen mit steigender Tendenz. Wer den Verkehr mit privaten PKWs nicht komplett verteufelt, muss also einen neuen Schritt wagen, um dieses Verkehrsmittel für die Zukunft bereitzumachen. Und wer hat ein größeres Interesse als diejenigen, die vom Automobilbau leben? Wasserstoff könnte hier ein nachhaltiger Ausweg sein. Schließlich ist er das am häufigsten im Universum vorkommende Element. Bei seiner Verbrennung bleibt praktisch nur Wasserdampf übrig. Zurzeit wird Wasserstoff zwar noch aus fossilen Energieträgern wie Erdgas und Kohle gewonnen, aber er stellt eine Möglichkeit dar, Wasser- und Windkraft in den Tank zu bekommen. Wird der energiereiche Stoff nämlich mithilfe regenerativer Energien erzeugt, spielt CO2 beim Fahrzeugantrieb keine Rolle mehr.
Warum ein Verbrennungsmotor? Wasserstoff wird schon seit Jahren in großem Stil produziert. 600 Milliarden Normkubikmeter des flüchtigen Elements werden pro Jahr hergestellt. Ein großer Abnehmer ist beispielsweise die Margarineindustrie, welche damit ihre Fett-Würfel härtet. Aber warum bleibt BMW erstmal beim guten alten Verbrennungsmotor, wo doch alle Welt von der Brennstoffzelle schwärmt? Die bayerischen Motorenbauer geben dafür mehrere Gründe an: Zum einen ist es zurzeit deutlich kostengünstiger, einen klassischen Motor auf Wasserstoffbetrieb umzurüsten, als die nach wie vor nicht serienreife Brennstoffzelle zu verbauen. Dauerhaftigkeit, Standbetrieb mit vielen Verbrauchern und die notwendige starke Kühlung sind Probleme, die für die PKW-Brennstoffzelle noch nicht gelöst wurden. Zum anderen liegt die maximale Leistungsfähigkeit der Brennstoffzelle im PKW-Bereich bei 136 PS deutlich zu wenig für ein Luxusmobil wie den langen 7er. Um überhaupt zum aktuellen Zeitpunkt ein serienmäßiges Wasserstoffauto auf die Beine stellen zu können, ist der Wasserstoff-Verbrennungsmotor vielleicht der einzig mögliche Schachzug. Neben BMW sehen dies auch MAN und Ford so, wobei BMW mit der jetzigen Kleinserie die Nase am weitesten rausstreckt. Wo steckt der Aufwand? Damit der 7er überhaupt mit Wasserstoff fahren kann, braucht er erstmal einen Tank, in dem dieses brennfreudige Gas mitgeführt werden kann. Und damit sind wir am mit Abstand kompliziertesten Punkt des Unternehmens Wasserstoff angekommen. Der größte Forschungsaufwand steckt nämlich im Wasserstoff-Aufbewahrungsbehältnis. BMW hat sich dazu entschieden, den Wasserstoff in flüssiger Form zu transportieren. Das lässt sich nur bei den schon erwähnten minus 253 Grad bewerkstelligen. Bei dieser unnatürlich kalten Temperatur lässt sich Wasserstoff recht dicht und somit flüssig bei einem geringen Druck von maximal fünf Bar lagern. Damit der Brennstoff flüssig bleibt, muss er gut isoliert von der viel heißeren Außenwelt aufbewahrt werden. In Zusammenarbeit mit Magna Steyr wurde ein so genannter Superisolations-Tank entwickelt. Dieser umfasst in zylindrischer Form 170 Liter Raum. 8 Kilogramm Wasserstoff können dort auf die Wanderung zum Brennraum warten. Die Edelstahlhülle ist doppelwandig ausgeführt. Zwischen den beiden Hüllen wurden 40 Schichten Aluminium untergebracht. So wird die Wärmeeinstrahlung auf ein Minimum reduziert. Außerdem wurde im Zwischenraum ein Vakuum erzeugt, um die Wärmeleitung zu minimieren. Aus dem gleichen Grunde hängt der Innentank an Bändern aus kohlefaserverstärktem Kunststoff. Die 30 Millimeter Entfernung zwischen Innen- und Außenhülle entsprechen der Isolationswirkung von 17 Metern Styropor. Mit anderen Worten: Wer im Winter einen besonders hübschen Schneemann zusammengebacken hat, kann ihn in so einen Tank stellen. Erst 13 Jahre später wird der weiße Geselle komplett dahingeschmolzen sein.
Fass ohne Boden Trotz aller Isolationstechnik kommt es mit der Zeit zu einem Wärmeeintrag. Der Wasserstoff dehnt sich aus und muss irgendwo hin. Dafür hat BMW das so genannte Boil-off-Management entwickelt. Nach einer Parkzeit von 17 Stunden ist es soweit: Gasförmiger Wasserstoff wird in einem speziellen Rohr mit Luft vermischt und dann in einem Katalysator zu Wasser aufoxidiert. Nach neun Tagen ist gerade noch genug Wasserstoff im Tank, um 20 Kilometer zu fahren. Wird das Auto jedoch eher wieder bewegt, nimmt der Tankinnendruck auf Grund des Verbrauchs von Wasserstoff wieder ab und die 17-Stunden-Frist beginnt erneut. Wer also jeden Tag mit seinem Auto zur Arbeit fährt, dürfte keine Verluste erleiden. Tank-Potenzial Der Wasserstoff-Tank ist zwar ein High-Tech-Produkt, bietet aber noch jede Menge Potenzial. Allein die aufwendige Edelstahlhülle wiegt 129 Kilogramm. Ein herkömmlicher Benzintank aus Kunststoff bringt gerade mal 20 Kilogramm auf die Waage. Aber bei BMW steht bereits ein Tank aus Aluminium in einem weit fortgeschrittenen Entwicklungsstadium im Labor. Dieser ist mit einem Gewicht von 60 Kilogramm nur noch halb so schwer. Und in einer sehr frühen Testphase auch schon vorhanden ist ein Tank aus Kohlefaser. Dieser wird mit einer abdichtenden Spezialschicht versehen, da die Wasserstoffmoleküle so klein sind, dass sie das Kohlefasernetz durchdringen würden. Des Weiteren wird dieser Tank mit verformbaren Schichten ausgerüstet, um ein Zersplittern im Falle eines Unfalls zu vermeiden. Dieser Tank könnte dann auch als so genannter Formtank ausgeführt werden, das zylindrische Boiler-Muster wäre nicht mehr zwingend. Erste Ideen gehen dahin, den Tank im Mitteltunnel des Fahrzeugs unterzubringen. Damit wären Kofferraum und Hutablage wieder in ihrem alten Zustand und der Gewichtszuwachs des Fahrzeugs würde sich in Grenzen halten.
Toleranter Fresser Auch der Motor musste sich einige Umbauten gefallen lassen. Schließlich verhält sich Wasserstoff deutlich anders als Benzin. So erzeugt ein Kilogramm Benzin zirka 15 PS, Wasserstoff stellt dreimal mehr Pferde auf die Beine. Allerdings braucht ein Kilogramm Wasserstoff viermal so viel Raum wie gleich schweres Benzin. So arbeitet der Motor im Benzinbetrieb als Direkteinspritzer, während unter Verwendung von Wasserstoff die Gemischbildung bereits in den Ansaugkanälen erfolgt. Die Einblaseventile mussten auf Wasserstoff ausgelegt werden und fallen somit deutlich größer aus als herkömmliche Benzinventile. Außerdem verbrennt Wasserstoff bis zu zehn Mal schneller als Benzin. Dem musste mit einer angepassten Motorsteuerung Rechnung getragen werden. Der Motor leistet 260 PS und 390 Newtonmeter, sowohl im Benzin- als auch im Wasserstoffbetrieb. In 9,5 Sekunden geht es von null auf 100, bei 230 km/h wird abgeregelt. Für Freunde der guten alten Zeit hier der Vergleich: Der reine V12-Benziner ist für 445 PS und 600 Newtonmeter gut. Das ist der Preis des Kompromisses, den ein bivalenter Antrieb zwangsläufig mit sich bringt. Wasserkraft In der Praxis merken wir kaum Unterschiede zwischen Wasserstoff- und Benzinbetrieb. Gestartet wird grundsätzlich mit Wasserstoff, wobei sich ein Start mit Benzin per Knopfdruck erzwingen lässt. Der Motor klingt bei Wasserstoffbefüllung etwas schärfer nach Granulat mit einer Beimischung von 30 Prozent Kernigkeit, ein Klang, der sich mit keinem uns bekannten Motorengeräusch vergleichen lässt. Ein Betriebsartenwechsel per Lenkradknopf ändert ausschließlich das Geräusch und die H2-Anzeige der Instrumententafel. Sonst spüren wir kein Ruckeln und keine Leistungsänderung. Die 260 PS und 390 Newtonmeter liegen sowohl bei Wasserstoff- als auch bei Benzinbetrieb an, der Anzug an der Kreuzung ist ganz gewaltig. Der Motor ist dabei nur ein Kompromiss, der ungefähr 40 PS pro Liter Hubraum erwirtschaftet. Wiederum in den Tiefen der BMW-Forschungslabors lauern bereits reine Wasserstoffmotoren mit kryogener Direkteinspritzung. 87 PS sollen hier pro Liter Hubraum drin sein das wäre das Niveau eines über 100 Jahre entwickelten aktuellen Benziners. BMWs Fernziel: 136 PS pro Liter. Ein derart verbesserter Wirkungsgrad könnte auch einer reisetauglichen Reichweite zugute kommen. Die acht Kilogramm Wasserstoff reichen nämlich gerade für eine Strecke von 200 Kilometern. Allerdings kommt man mit der 74-Liter-Benzinreserve nochmal 500 Kilometer weit.
Was hinten rauskommt Einen halben Liter Wasserdampf gibt der Hydrogen7 an seine Umwelt pro Kilometer ab, zirka doppelt so viel wie ein herkömmlicher Benzinmotor. Aber Wasserstoff enthält als reines Element keinen Kohlenstoff, wie ihn fossile Brennstoffe, aber auch Bioethanol und Holz zur Genüge in sich tragen. Deshalb spielen die alten Plagegeister Kohlendioxid, Kohlenwasserstoff und Kohlenmonoxid, die bei der Verbrennung von Kohlenstoff entstehen, beim Wasserstoffmotor keine Rolle. Da aber für den Brennvorgang Luft benötigt wird, werden Stickoxide, das Resultat von in der Luft enthaltenem verbrannten Stickstoff, emittiert. Dem rückt BMW mit einer ausgefeilten Motorsteuerung zu Leibe. Unter Volllast ist das Luft-Kraftstoff-Gemisch ausgeglichen. Der Fachmann spricht hier von Lambda = 1. In diesem Bereich wird der Stickstoffausstoß mit einem herkömmlichen Drei-Wege-Katalysator auf ein Minimum reduziert. Im Teillastbereich arbeitet der Motor mit hohem Luftüberschuss, also mager (Lambda > 2). Bei diesem Gemischtyp sinkt die Verbrennungstemperatur erheblich, sodass sich Stickoxide gar nicht erst bilden können. Im Bereich zwischen Volllast (Lambda = 1) und Teillast (Lambda > 2) kommt es dagegen zu einem signifikanten Anstieg der Stickstoffemissionen. Diesen Bereich überspringt die Motorsteuerung einfach lückenlos und drehmomentneutral. Durch die besonderen Eigenschaften des Wasserstoffs ist es BMW möglich, die Emissionen im gesamten Kennfeldbereich auf ein Minimum zu reduzieren. Im bivalenten Benzin-/Wasserstoffbetrieb erreicht der Motor gerade mal 30 Prozent der von der SULEV-II-Norm (Super Ultra Low Emissions Vehicle) erlaubten Stickoxidemissionen. SULEV II ist die aus Kalifornien stammende härteste Emissionsrichtlinie der Welt. Im monovalenten Wasserstoffbetrieb kommen gerade noch 10 Prozent des erlaubten Wertes zusammen. Zellen-Quelle Zusätzliches Potenzial verspricht eine kleine Brennstoffzelle. BMW entwickelt sie gerade als Ersatz für die herkömmliche Lichtmaschine. Sie könnte unter anderem mit dem verdampfenden Wasserstoff gefüttert werden und für kurze Strecken als milder Hybridantrieb fungieren. Ein vorteilhafter Nebeneffekt: Eine im Standbetrieb laufende Klimaanlage wäre kein Problem mehr. Und obwohl BMW es offiziell nicht zugibt, es wäre nicht verwunderlich, wenn neben der niedlichen Mini-Brennstoffzelle ein großer Bruder im Labor sitzt und sich auf den Ernstfall vorbereitet. Den Fall, dass sich in ferner Zukunft die Brennstoffzelle als einzig wahre Lösung präsentieren sollte.
Woher nehmen? Am Wasserstoff-Tankstellennetz erkennt man, was BMW sich vorgenommen hat: Zwei Tankstellen in Berlin, zwei Tankstellen in München und bald eine in Frankfurt am Main. Außerdem stellt Edelgaserzeuger Linde noch eine mobile Tankstelle bereit. Aber ohne Bedarf wird es weder Wasserstoff aus regenerativen Energien noch Wasserstofftankstellen geben. So ist es wichtig, dass BMW einen Anfang macht und diesen Bedarf erzeugt. Ein ausgebautes Wasserstofftankstellennetz würde schließlich auch Brennstoffzellen-Fahrzeugen zugute kommen. Wir kommen jedenfalls auf den letzten Tropfen Wasserstoff zu unserer Berliner Tankstelle. Zum Test ist dort auch die mobile Station vorgefahren, welche wir umgehend ausprobieren. Wir drücken einmal den Knopf zum Öffnen des Tankdeckels. Daraufhin erscheint in unserer Anzeige die voraussichtliche Tankdauer: Stolze acht Minuten. Im Hintergrund nutzt der Wagen die Zeit, seine Systeme auf frische Wasserstoffzufuhr einzustellen. Jetzt müssen wir den Knopf ein weiteres Mal drücken, um den Tankdeckel endgültig zu öffnen. Dann schnappen wir uns den Tankrüssel, der seinem Namen alle Ehre macht: Elefantenrüssel, Feuerwehr-C-Rohr und Formel-1-Tankschlauch sind die Begriffe, die den Durchmesser des halbwegs flexiblen Schlauches am nächsten kommen. Vorne sitzt ein riesiges Ventil, welches mehrere Kilogramm zu wiegen scheint. Nach einigem Hängen, Würgen und Verkanten haben wir das riesige Ding endlich auf den Anschluss unseres Autos gestopft. Es geht ums Geld Nach der Verbindung unseres Fahrzeugs mit der Zapfstation geht alles von selbst. Ein kalter Finger genanntes Metallrohr schiebt sich in den Wagentank und öffnet zwei Kugelventile. Der Edelstahl-Boiler wird befüllt und die Ventile werden geschlossen. Im Hintergrund laufen komplizierte Systeme ab und jede Menge Informationen werden ausgetauscht. Davon bekommt der Tankende während seiner achtminütigen Wartezeit aber nichts mit. Ist der Vorgang abgeschlossen, kann man den immensen Tankkolben wieder vom Auto abziehen und in seine Halterung wuchten. Bei der stationären Tankstelle geht das alles etwas einfacher, da dort ein Drahtseil ein wenig die Last des Ventilkopfes aufnimmt. Aber auch hier wird das Betanken für kleine zierliche Menschen sicher ein beschwerlicher Job sein. Die alten Tankroboter der ersten Wasserstoff-Zapfsäulengeneration sind übrigens aus zwei Gründen verschwunden: Da man auch am Roboter bezahlen konnte, musste man sein Auto nicht mehr verlassen. Dies wiederum hatte zur Folge, dass die Kunden nichts mehr im Tankstellenkiosk kauften. Ein Geschäft, welches die Tankstellenbetreiber aber gerne weiter betreiben wollen. Zum Anderen sieht es die Autoindustrie gerne, wenn Menschen vorbehaltlos mit dem Wasserstoffrüssel hantieren. Der Roboter symbolisierte Gefahr, die Handarbeit des Menschen steht für das Gegenteil. Der Tankvorgang, der Tank an sich und das gesamte Fahrzeug wurden von TÜV und Feuerwehr ausgiebig getestet. Das Ergebnis: Ein Wasserstoffantrieb ist nicht gefährlicher als ein Benzintriebwerk.
Wer darf ran? Den Hydrogen7 zu fahren, macht richtig Spaß. Schon nach kurzer Zeit erscheint einem jedes Auto mit qualmendem Auspuff als rollendes Technikmuseum. Ganz schnell gewöhnt man sich an den Fortschritt, vor allem auch, weil er hier in Sachen Fahrverhalten so unspektakulär ausfällt. Wer hat nun das Vergnügen, einen der 100 produzierten Wasserstoff-Verbrenner zu fahren? BMW will die Wagen an so genannte Pionierfahrer vermieten. Ein Verkauf kommt nicht in Frage, Preise werden nicht bekannt gegeben. Promis und Entscheider sollen den Wagen bis zu einem halben Jahr in Deutschland, den USA und China ausprobieren. Sie sollen als Leuchttürme die kohlendioxidsüchtige Welt bekehren helfen. Und in Sachen Gesetzgebung, Regelements und Standards kann BMW an forderster Front sicher jede Hilfe von oben gebrauchen. Verschärfte Abgasvorschriften bis hin zum Null-Emissionsfahrzeug würden der Wasserstofftechnologie sicher einen Schub verleihen. Wer genau einen Hydrogen7 bekommt, ist noch nicht ausgehandelt. Die Aktion startet im Februar 2007. Ganz nebenbei: Einige ganz wenige Modelle werden sogar mit einem monovalenten Antrieb antreten. Dort steht dem Motor ausschließlich Wasserstoff zur Verfügung. Die Zukunft hat unumkehrbar begonnen. (gh)
Technische Daten
Antrieb: | Hinterradantrieb |
---|---|
Anzahl Gänge: | 6 |
Getriebe: | Automatik |
Motor Bauart: | bivalenter Ottomotor |
Hubraum: | 5.972 |
Anzahl Ventile: | 4 |
Anzahl Zylinder: | 12 |
Leistung: | 191 kW (260 PS) bei UPM |
Drehmoment: | 390 Nm bei 4.300 UPM |
Preis
Neupreis: wird nicht ermittelt € (Stand: November 2006)Fazit
Der Hydrogen7 ist ein Auto, das sich traut. Es geht raus in den rußigen Wald von über 100 Jahren Fossile-Brennstoffe-Antrieb und setzt sich für eine Urbarmachung in Richtung regenerative Energien ein. Tankstellennetz, TÜV-Richtlinien und Feuerwehr-Training, um alles musste sich BMW kümmern. Wie oft in der Geschichte bei Lebewesen, so ist auch der Hydrogen7 ein voll funktionstüchtiger Zwitter, der noch Altlasten mit sich herumträgt. Der Benzinantrieb ist diese entsorgungswürdige Altlast. In Sachen Tank, Motor und kleiner Brennstoffzelle grummelt es weiterhin heftig in den Laboren. Somit ist das Potenzial des Wagens gewaltig. Mögen stillstandsverliebte Ignoranten weiter ihre aus Benzin und Diesel bestehenden PS-Träume träumen oder einen real existierenden Wasserstoff-Verbrennungsmotor mit dem vermeintlichen Potenzial einer noch stark problembeladenen PKW-Brennstoffzelle vergleichen: BMW hat den Mut, in Sachen Nachhaltigkeit und Nullemission einen riesigen Schritt nach vorne zu gehen.
Die Realisierung in Form einer Kleinserie bringt enorme Erkenntnisse in Sachen Fertigungstechnologie und Kosten. Davon abgesehen ist der Hydrogen7 ein absolut alltagstaugliches Fahrzeug mit allem Komfort, den ein 7er nur bieten kann. Pionierfahrer müsste man sein ...
Testwertung
Quelle: auto-news, 2006-11-23
Getestete Modelle
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