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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 3. Mai 2016
Gut ein Jahr nach der Markteinführung in den USA dürfen sich auch die europäischen Autofahrer auf den Ford Edge freuen. Das Warten hat sich gelohnt: Der Edge macht eine gute Figur, lässt aber bisweilen allzuzu sehr den Ami durchblicken.

Ja, wir sind den Ford Edge tatsächlich gefahren. Nach unzähligen Messeauftritten und Studien hat es das Ford-SUV doch noch nach Europa geschafft. Angesichts dieser langen Spannungskurve sollte das Ergebnis überzeugen, sonst ist die Enttäuschung umso größer. Immerhin ist der Edge deutlich schneller in Deutschland am Start, als seinerzeit der neue Mondeo. Der feierte seine Marktpremiere 2012 in den Vereinigten Staaten - kam aber erst Ende 2014 nach Europa. Der Edge hat das Zeug zu einem Bestseller: Im vergangenen Jahr gingen weltweit 225.000 Modelle des Ami-SUV über den Tresen. Nach wie vor boomt das SUV-Segment und da will Ford sein Stück vom lukrativen Kuchen abhaben. Die Wartezeit bis zum deutschen Marktstart begründet der Autobauer mit der Anpassung des Autos auf die europäischen Bedürfnisse. Da geht es in erster Linie um die Motoren und das Fahrwerk. Während bei den Amerikanern nur Benziner unter der Motorhaube wummern, knurren bei den europäischen Versionen zwei Vierzylinder-Diesel - entweder mit 132 kW / 180 PS oder mit 154 kW / 210 PS.

Wir haben uns für den kräftigeren der beiden Selbstzünder entschieden, der laut Ford die meisten Käufer finden wird. 210 PS für ein Zwei-Tonnen-Schiff - übermotorisiert ist anders. Aber der vitale Vierzylinder belehrt uns schnell eines Besseren: Dank des vernünftigen Drehmoments von 450 Newtonmetern tritt der Edge durchaus ambitioniert an. Das gut arbeitende Getrag-Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe kaschiert dabei erfolgreich die Tatsache, dass das volle Drehmoment erst bei 2.000 Umdrehungen anliegt. In 9,4 Sekunden schafft der Ford-Kraxler Landstraßen-Tempo und erst bei 211 km/h hört der gestreckte Galopp auf. Auf dem Papier liest sich das ganz ordentlich, aber auch Überholvorgänge in dem Bereich zwischen 70 und 120 km/h absolviert die Ford-Kante (dt. für Edge) ziemllich leichtfüßig. Der Norm-Durchschnittsverbrauch von 5,9 Litern pro 100 Kilometern beruhigt passionierte Spritsparer.

Dazu passt die elektromechanische Lenkung, die einen gelungenen Kompromiss aus sportlicher Direktheit und Rückmeldung über den Kontakt zwischen den Reifen und dem Asphalt liefert. Das Resultat ist eine Wendigkeit, die man dem 4,81 Meter langen Kreuzer nicht zugetraut hätte. Wenn es nach Backbord gehen soll, setzt die Steuerung die Richtungsänderung nach links getreu den Wünschen des Fahrers um. Fühlt sich gut an. Das auf europäische Verhältnisse angepasste Fahrwerk, das ohne adapative Dämpfer auskommen muss, ist kommod ausgelegt und bügelt auch nervige Querfugen weg. Und das trotz der 20-Zoll-Walzen, die für ausreichend Bodenkontakt sorgen. Das ist ein deutlicher Gegensatz zu dem straffen Habitus hiesiger Premium-SUVs aus München oder Zuffenhausen. Deswegen ist der Edge noch lange keine Schiffs-Schaukel, sondern geht auch schnell um die Ecken.

Der gefällige Crossover teilt sich die Technik weitgehend mit dem Mondeo. Deswegen gibt es auch zeitgemäße Assistenzsysteme, die den toten Winkel überwachen, die die Spur halten, beim Parken helfen und vor einem Auffahr-Unfall warnen. Letzteres geschieht aber ziemlich nervig mit einer Lichterkette bestehend aus roten Dioden, die sich in der Windschutzscheibe spiegelt. Das entspricht dem amerikanischen Geschmack, wo leicht nachzuvollziehende Lösungen gefragt sind. Angesichts dessen wundern wir uns über die überfrachteten Lenkrad-Hebel und die Tatsache, dass weder Apple CarPlay oder Android Auto im Ford Edge funktionieren. Das wird erst mit dem Infotainment-System Ford Sync 3 möglich sein, das mit der Vignale-Version im Spätherbst dieses Jahres eingeführt wird. Insgesamt kann das Infotainment-System nicht mit dem eines BMW X5 oder VW Touareg mithalten. Auch die Materialien sind nicht immer wertig. Vor allem bei der Mittelkonsole haben die Interieur-Designer zu tief in den Hartplastik-Koffer gegriffen.

Beim Platz spielt der Edge in der ersten Liga mit. Auf der Rückbank lässt es sich bequem reisen und der Kofferraum kann mit einem Volumen von 602 bis 1.847 Litern (bei umgelegten Rücklehnen) mit den deutschen Konkurrenten mithalten: der VW Touareg bringt es auf 697 bis 1.642 Liter und der BMW X5 auf 650 bis 1870 Liter. Beim Preis hält sich der Ford Edge dann gegenüber den beiden Teutonen vornehm zurück: Die gefahrene Top-Version Sport kostet mindestens 52.550 Euro und bleibt damit unter dem Einstiegs-Touareg (53.700 Euro). Der BMW X5 25d mit Allradantrieb und der Achtgang-Automatik fängt bei 57.880 Euro an.
Technische Daten
Antrieb:Allrad
Getriebe:Sechsgang-Doppelkupplung
Motor Bauart:Vierzylinder-Turbo-Diesel
Hubraum:1.997
Drehmoment:450 Nm bei 2.000 UPM
Preis
Neupreis: 52.550 € (Stand: 2016-05-03)
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2016-05-03

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