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Testbericht

Sebastian Viehmann, 24. Januar 2008
Lange Zeit hatte VW den Golf Variant gar nicht lieb. Mit dem neuen Modell - eigentlich nur ein Jetta mit Kombi-Heck - könnten sich die Wolfsburger allerdings selbst Konkurrenz machen. Denn Golf und Passat Variant trennt beim Laderaum nur eine Reisetasche.

Kaum ein VW wurde je so vernachlässigt wie der Golf Variant. Der bislang letzte basiert auf dem betagten Golf IV und seine Verkaufszahlen brachen in den letzten zwei Jahren stark ein. Die aktuelle fünfte Golf-Generation sollte eigentlich komplett ohne die Lastesel-Variante auskommen. Doch die Kunden haben um ihn anscheinend gebettelt wie Kinder, die an der Supermarktkasse unbedingt etwas Süßes haben wollen. Super-Nanny VW hat zwar beharrlich versucht, die Variant-Fans zu Touran-Käufern oder Golf Plus-Fanatikern zu erziehen. Doch ohne großen Erfolg: Zu spät hat VW erkannt, wie stur die Kombi-Golfer sind. "Wir haben eingesehen, dass man dieses Auto mit dem omnipräsentem Kofferraum nicht ersetzen kann. Variant-Fahrer wollen nicht erst Sitze falten, um einen großen Laderaum zu bekommen", räumt nun Björn-Alexander Ulrich ein, als Marketingchef für die A-Modelle der Wolfsburger zuständig.

Stellt man den neuen Variant neben seinen Vorgänger, fällt neben dem Längenzuwachs (plus 16 Zentimeter) vor allem das breitere Heck auf. Die Höhe der Ladekante ist gleich geblieben. Kein Vertun gibt es beim Gardemaß des Laderaums: Satte 505 Liter fasst der Rucksack-Golf, 45 Liter mehr als der Vorgänger. Vor allem aber sind es nur 83 Liter – etwa die Größe einer Reisetasche - weniger als beim Passat Variant. Sogar eine Euro-Palette kann der Kombi-Golf jetzt schlucken. Zwischen Gepäckraumboden und Ersatzrad-Mulde verbirgt sich ein flacher Extra-Stauraum. Lässt man diese Abdeckung weg, klettert der Kofferraum auf 560 Liter. Klappt man die Rücksitzlehnen um, werden daraus 1495 Liter. Im direkten Vergleich mit dem Vorgänger fallen auch die deutlich breiteren C-Säulen und die kleineren hinteren Seitenfenster auf. Beim Rangieren hat das den unangenehmen Nebeneffekt, dass der neue Variant nicht mehr ganz so übersichtlich ist.

Im Innenraum erwartet die Passagiere Wolfsburger Eleganz. Also eine solide, leicht spießige Atmosphäre von der Art "Draußen nur Kännchen". Mit guter Verarbeitung, reichlich Platz auf allen Sitzen und praktischen Ablagen sammelt der Variant aber Pluspunkte. Gegen Aufpreis ist das riesige Panorama-Glasdach zu haben, das demnächst auch im Touran kommen soll. Der Variant fährt sich so, wie er aussieht – gemütlich und unproblematisch. Im Vergleich zur Golf-Limousine ist das Fahrwerk weicher abgestimmt, für manchen Geschmack eine Spur zu soft. Auch die Lenkung wirkt ein wenig indirekter als beim Golf V. Fünf Motoren stehen für den Variant zur Verfügung: Drei Benziner (102, 140 und 170 PS) sowie zwei Diesel (105 und 140 PS). Die Preisspanne reicht von 18.875 bis 28.665 Euro.

Der 105 PS-Diesel (kostet in der kargen Basisausstattung Trendline mit Fünfgangschaltung und Partikelfilter ab 21.565 Euro) dürfte die meistverkaufte Motorvariante werden. Er zeichnet sich durch einen ordentlichen Durchzug aus und ist ideal dazu geeignet, um im Drehzahlbereich zwischen 2000 und 3000 Touren bei 120 bis 160 Km/h über die Autobahn zu cruisen. Den Durchschnittsverbrauch gibt VW mit 5,2 Litern an, bei unseren Testfahrten war es etwa ein Liter mehr. Ein echtes Energiebündel ist der 1,4 TSI mit 170 PS (ab 25.575 Euro). Er spurtet in 8,5 Sekunden auf 100 Sachen und verleiht dem Variant mit der Doppelaufladung (Turbolader und Kompressor) ein ungewohnt spritziges Temperament. Der Verbrauch – bei unseren Testfahrten etwas mehr als acht Liter – bleibt dabei im Rahmen.

Mit dem Golf hat der Variant übrigens weniger gemein, als der Name vermuten lässt. Das Auto basiert bis zur B-Säule auf dem Jetta. Der Variant wird in Puebla im fernen Mexiko gebaut, wo schon die letzte Käfer-Generation vom Band lief. Alle Variant, die bis September produziert werden, sind schon ausverkauft. Ganz glücklich sind die Wolfsburger nicht damit, dass der Wagen für den deutschen Markt importiert werden muss: "Der Transport dauert auf dem Seeweg rund zweieinhalb Wochen. Einfacher wäre es natürlich, wenn wir die Produktion vor der Haustür hätten", sagt Björn-Alexander Ulrich. In Europa ist Deutschland der wichtigste Variant-Markt, aber auch für Frankreich, Großbritannien, Italien oder Spanien rechnet sich VW gute Chancen aus.

Irgendwie unausgegoren wirkt allerdings das Heck des neuen Lastesels. Auf einem Supermarkt-Parkplatz haben wir mit Fahrern des alten Golf Variant gesprochen. Die Reaktionen auf den neuen Packesel waren meist positiv, aber nicht selten gab es auch skeptisches Stirnrunzeln und Sätze wie: "Viel Platz hat er ja, aber wenn man ihn von hinten sieht...".

Design ist bekanntlich Geschmackssache. Man wird aber das Gefühl nicht los, dass VW die Kehrseite des Rucksack-Golfs vor allem vom Passat Variant abheben wollte - und sich alle Schönheitsideale diesem Ziel unterordnen mussten. Dass das Heck optisch nicht gerade der Brüller ist, sieht VW offenbar selbst ein. Man kann das natürlich diplomatischer ausdrücken, so wie Björn-Alexander Ulrich: "Der Golf Variant wird nicht aus emotionalen, sondern aus rationalen Gründen gekauft." Er geht davon aus, dass mehr als die Hälfte der Autos in die Fahrzeugflotten von Firmen oder Autovermietern wandern werden. Der Rest geht in private Hände, wobei der Altersdurchschnitt der Käufer eher gehoben ist. "Der Variant ist keine klassische Familienkutsche", weiß Ulrich.

Schon 2008 kommt der Golf VI auf den Markt. Bis es von dem auch einen Kombi gibt, dürfte es noch dauern. VW wird aber kaum denselben Fehler zweimal machen. "Der Lebenszyklus der letzten Variant-Generation war einfach zu lang", gibt VW-Sprecher Ulrich zu. Um den nächsten Packesel werden die Kunden also wahrscheinlich nicht so lange betteln müssen.

Quelle: Autoplenum, 2008-01-24

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