Fahrbericht: Porsche 718 Boxster GTS - Ein bisschen Extraspaß
Braucht man ein Fahrrad mit 32 Gängen für den Kurztrip am Wochenende? Oder einen selbsttätig übers Gras huschenden Roboter-Rasenmäher, obwohl die Grünfläche des Grundstücks nur 100 Quadratmeter misst? Oder eine HiFi-Anlage mit 1000 Watt, obwohl die Nachbarn schon bei 200 Watt an die Wand klopfen? Wer das alles mit „Ja“ beantwortet, ist reif für den neuen Porsche 718 Boxster GTS. Das nötige Kleingeld von 78.160 Euro vorausgesetzt, ohne Extras versteht sich.
Die neuen Top-Modelle der kleinsten Porsche-Modelle Boxster und der geschlossene Cayman schmücken sich wie schon bei der vorigen Generation mit dem Kürzel GTS, das für noch ausgeprägtere Sportlichkeit steht. Bisher war der Boxster S (ohne GT) mit seinen 257 kW/350 PS das Nonplusultra der Mittelmotor-Welt im kleinsten Porsche, der seit letztem Jahr zusätzlich an der Zahl 718 zu erkennen ist. Der Neue schickt 269 kW/365 PS an die Hinterachse. Der Zuwachs klingt bescheiden, wirkt sich auch nach nüchternen Zahlen für Drehmoment und Spurtkraft nur marginal aus. Am Auffallendsten noch die um 5 km/h auf 290 km/h gesteigerte Höchstgeschwindigkeit. Motorenentwickler Matthias Hofstetter erklärt die Feinarbeit. „Wir haben den Ansaugtrakt im Vergleich zum „S“ mit einem größeren Volumen versehen und den Ladedruck des optimierten Turbos um 0,2 bar auf 1,3 bar erhöht. Damit bleibt die Höchstleistung konstant bis zu 5.500 Umdrehungen erhalten“.
Musik in den Ohren von Technik-Freaks, der interessierte Laie nimmt es erstmal zur Kenntnis und lauert auf das hautnahe Erleben auf kurvigen Bergstraßen bei Malaga. Hier erweist sich auch der GTS durch und durch als ein Spielzeug, zugegeben als ein faszinierendes. Zwei Sitze, ein Stoffdach, das sich in neun Sekunden öffnet und wieder schließt, atemberaubende Bremsen, eine elektro-mechanische Lenkung, die an Präzision kaum zu überbieten ist. Und natürlich sorgt der in der Mitte platzierte 2,5-Liter-Vierzylinder für ideale Gewichtsverteilung und eben jenes Kart-ähnliche Kurvenverhalten, das den Boxster seit jeher auszeichnet. Das ganze jetzt aber garniert mit der Möglichkeit, das Turboherz noch höher schlagen zu lassen und den sonoren Blubbersound der Abgasanlage noch markanter wahrzunehmen. Gut, dass sich hier oben in der bergigen Einsamkeit kaum jemand davon gestört fühlt.
Serienmäßig werden die sechs Gänge im 718 Boxster GTS per Hand gewählt, mehr Spaß macht das 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Sogar Rallye-Ikone Walter Röhrl räumt ein, dass selbst er „mit dem Automat schneller beschleunigen kann als mit seiner geübten rechten Hand“. Ein schlagkräftiges Argument also für den Aufpreis von 3.255 Euro. Spurten wie ein zweifacher Rallye-Weltmeister? Zum Glück bietet der Boxster ein Paket an elektronischen Helfern, die aufkommenden Übermut schnell einbremsen, wenn man sie denn nicht leichtsinnig abschaltet. Neben dem bekannten ESP gibt es das ein System, bei dem ein Bremseingriff am kurveninneren Hinterrad in Millisekunden das Lenkverhalten verbessert. Die Folge: Enge Biegungen können schneller umrundet werden, vor allem auch sicherer. In der Aufpreisliste stehen aber auch Abstandsradar, Spurwechselassistent oder Rückfahrkamera.
Bleibt die Frage, woher die 10.948 Euro kommen, um die der GTS teurer ist als sein um 15 PS schwächerer kleiner Bruder. Da wären zum Beispiel die optischen Änderungen. Schwarze Spoilerlippe am Bug, dunkel gehaltene Bi-Xenon-Scheinwerfer und ebensolche Rückleuchten. Grimmig schwarz sind auch die GTS-Schriftzüge seitlich und am Heck, sowie Endrohre und die lackierten 20-Zoll-Räder. Bei den Sportsitzen kommt ebenso Alcantara zum Einsatz wie an Armauflagen, Dachhimmel und A-Säule. Dickster Brocken ist das beim GTS serienmäßige Sport-Chrono-Paket, das beim „S“ rund 1.800 Euro extra bezahlt werden muss. Es bietet einige zusätzliche Funktionen für sportlich orientierte Kunden. Hinzu kommt auch beim GTS die endlose Liste an teuren Leckerbissen. Beispiele sind LED-Scheinwerfer, Keramikbremsen oder eine Burmester-Soundanlage
Die Bilanz am Ende des Kennenlernens: Ein zwar unvernünftiges, aber schnuckliges 4,39 Meter-Mobil, in dem jede Menge Technik Platz findet und das sich problemlos gemächlich oder auch betont sportlich bewegen lässt. Der Fahrspaß-Unterschied zum um 32.850 Euro teureren, fast gleichstarkem 911 Carrera Cabrio ist kaum noch wahrzunehmen. Ein Spielzeug eben, dessen zwei kleine Kofferräume mit zusammen 275 Litern die Mitnahme des Golfbags oder größerer Gepäckstücke verweigern. Für Familienväter unter den Boxster-Besitzern gilt aber ohnehin das Motto „Papa fährt schon mal vor“. Mama kann in der größeren Limousine den Nachwuchs samt Gepäck bis zum Urlaubsziel ja mitnehmen. Oder umgekehrt, denn der 718 Boxster hat fast ebenso viele weibliche Fans.
Porsche 718 Boxster GTS – Technische Daten: Zweisitziger Roadster, Länge: 4,38 Meter, Breite (mit Außenspiegeln): 1,99 Meter, Höhe: 1,27 Meter. Leergewicht (fahrbereit): 1.375 kg. Radstand: 2,48 m, Kofferraumvolumen: 150 l vorn, 125 l hinten. Antrieb: Mittelmotor-Boxer-Benziner mit 4 Zylindern und Turbo, Hubraum: 2.497 ccm, 269 kW/365 PS, maximales Drehmoment: 420 Nm. bei 1.900 - 5.000 U/min, Sechsgang-Schaltgetriebe (7-Gang-Doppelkupplung gegen Aufpreis), Heckantrieb. Vmax: 290 km/h, 0-100 km/h: 4,6 sec. Verbrauch: 9,0 l/100 km, CO2: 205g/km, Euro 6, Effizienzklasse G Grundpreis: ab 78.160 Euro (Sportcoupé 718 Cayman ab 76.137 Euro)
Weitere Motorisierungen:
718 Boxster: Mittelmotor-Boxer-Benziner mit 4 Zylindern und Turbo, Hubraum: 1.988 ccm, 220 kW/300 PS, maximales Drehmoment: 380 Nm. bei 1.950 - 4.500 U/min, Sechsgang-Schaltgetriebe (7-Gang-Doppelkupplung gegen Aufpreis), Heckantrieb. Vmax: 275 km/h, 0-100 km/h: 5,1 sec. Verbrauch: 7,4 l/100 km, CO2: 158 g/km, Euro 6, Effizienzklasse E
718 Boxster S: Mittelmotor-Boxer-Benziner mit 4 Zylindern und Turbo, Hubraum: 2.497 ccm, 257 kW/350 PS, maximales Drehmoment: 420 Nm.b ei 1.900 - 4.500 U/min, Sechsgang-Schaltgetriebe (7-Gang-Doppelkupplung gegen Aufpreis), Heckantrieb. Vmax: 285 km/h, 0-100 km/h: 4,6 sec. Verbrauch: 8,1 l/100 km, CO2: 184 g/km, Euro 6, Effizienzklasse F
Warum: Weil er einer der wenigen Mittelmotor-Sportler ist
Warum nicht: Weil die Sturm-und-Drangzeit vorbei ist
Was sonst: Jaguar F-Type V6, Mercedes-AMG SLC 43, Audi TT RS Roadster
Porsche legt beim 718 Boxster die GTS-Version neu auf. Der Mittelmotor-Roadster lockt mit mehr Leistung und besserer Ausstattung. Trotz nur marginal besserer Fahrwerte ist das Spitzenmodell gegenüber dem um 15 PS schwächeren 718 Boxster S aber deutlich teurer.
Quelle: Autoplenum, 2017-11-30
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