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Testbericht

10. Januar 2008
Haar, 11. Januar 2008 – Ich greife den langen Schaltknüppel und lade mit Genuss den nächsten Gang nach. Manchmal hakelt es ein wenig, aber im Großen und Ganzen fühle ich mich, wie sich ein Busfahrer früher gefühlt haben muss: Die fingerdicke Schaltstange verschwindet in einem großen Gummibalg, den ich durch die Schaltbewegungen kräftig durchknete. Ich bin unterwegs im Jeep Wrangler Sport 2.8 CRD und vom Bürgersteig gucken die Frauen nicht auf mein hemdsärmeliges Auto, nein, sie gucken hinein. Sie wollen wissen, wer sich mit so einem brummigen Gehäuse umgibt. Erste Sitzreihe draußen Der Wrangler legt einen markanten Auftritt hin. Seine klassischen runden Kulleraugen sitzen rechts und links vom ebenso klassischen Grob-Grill mit seinen senkrechten Lüftungsöffnungen. Die seitlich heruntergebogene Motorhaube lässt sich jederzeit von außen öffnen. Man muss nur die Gummi-Verschlüsse aus ihrer Arretierung ziehen und schon kann die Klappe hochgestemmt werden. Eine Entriegelung von innen ist nicht vorgesehen. Aber eines der coolsten Jeep-Wrangler-Merkmale sitzt noch vor dem Motorraum: Der extratiefe Frontschweller. Dieser bietet genug Sitzfläche für zwei Personen – obwohl der Jeep ein Cabriolet ist, weiter draußen als hier auf dem Schweller kann man nicht sitzen.

Runter mit der Frontscheibe Der Wrangler ist ein Gefährt, bei dem es um maximale Freiheit geht. Dachaufklappen und Scheibenrunterkurbeln kann man bei vielen Fahrzeugen – Jeep geht da noch erheblich weiter. So lassen sich die beiden Seitentüren mit Werkzeug ausbauen, was mit ein wenig Übung recht schnell vonstatten geht. Allerdings darf man nie die Straßenverkehrsordnung (StVO) vergessen: Die serienmäßig an den Türen befestigten riesigen Außenspiegel müssen vorher von einem Fachmann fest an den Seiten des Fahrzeugs angebracht werden. Ohne Türen fahren ist in Deutschland nämlich erlaubt, ohne Außenspiegel nicht, zumal diese auf Grund ihrer enormen Größe das Geschehen seitlich vom Auto hervorragend abbilden. Natürlich gilt dies nur für Straßen, die unter die StVO fallen. Auf privatem Gelände darf man nicht nur unangeschnallt und sturzbetrunken Auto fahren, sondern eben auch ohne Spiegel – und ohne Frontscheibe. Nach der Demontage der Scheibenwischer, wieder mit Werkzeug, lässt sich diese nach vorne umlegen. Dann ruht die Scheibe auf zwei bequemen Gummi-Kegeln und wird mit einem kleinen Bügel auf der Motorhaube arretiert. Zum-Langsam-durchs-sonnige-Gelände-fahren gibt es nichts Schöneres. Im öffentlichen Straßenverkehr ist dies aber verboten, wie Jeep ausdrücklich im Bedienhandbuch berichtet. Robuste Handarbeit Einen Wrangler kann man grundsätzlich offen fahren. Die Wagen kommen entweder als Cabrio mit Stoffdach oder abnehmbaren Hardtop daher. Ganz nebenbei ist der Jeep Wrangler Unlimited das einzige serienmäßige viertürige Cabrio der Welt. Bei meinem dreitürigen Wrangler Sport lassen sich nicht nur die Scheiben per Hand runterkurbeln, auch das Stoffverdeck wird per Handarbeit geöffnet. Aber das geht ganz gut, ungewöhnlich ist, dass das Dach hinten einfach liegt, ohne arretiert oder abgedeckt zu werden. Und wenn ich es wieder schließe, dann knarrt und quietscht das Verdeck sich auf dem grobschlächtigen Gestänge erst mal ein paar Minuten zurecht, bevor wieder andere Geräusche die Regie im Wagen übernehmen. Für den grenzenlos offenen Spaß lassen sich sogar die B- und C-Säulen entfernen. Dies ist dann aber schon eine kompliziertere Fummelei, die wieder mit Werkzeug bewerkstelligt werden muss. So sind beispielsweise die Anschnallgurte an den C-Säulen befestigt, die folglich erst mal gelöst werden müssten. Handarbeit, Handarbeit, Handarbeit – eine Zentralverriegelung hat der Wagen auch nicht, rechts, links, hinten muss immer der Schlüssel ins Schloss gesteckt werden.

Kärcher-tauglich Die Innenraumgestaltung erschüttert romantisch veranlagte Frauen und treibt Männern ein Lächeln ins Gesicht. Harte übersichtliche Plastikwelten wohin das Auge blickt. Alles wirkt, als könnte man es mal locker mit einem Hochdruckreiniger sauber sprühen. Die Sitze sind amerikanisch-bequem mit einer ausreichend langen Auflagefläche für die Oberschenkel. Seitenhalt stellen sie nur bedingt zur Verfügung. Aber die Sitzposition ist die eines Rettungsschwimmers am Strand: In SUVs (Sports Utility Vehicle) kann ich von oben reingucken, Fahrer kleinerer LKWs sind mit mir auf Augenhöhe – ich habe jederzeit die volle Übersicht. Wer hinten sitzt, sollte übrigens jung und geschmeidig sein. Der Fond lässt sich nur mit äußerst unangenehmen Verrenkungen erreichen. Sitzt man dort erst mal, hat man es bequem und genügend Platz für die Extremitäten. Hinter den Fondgästen öffnet sich dann der winzige Kofferraum – zwei Sporttaschen und er ist voll. Zweimal Drehen bitte Wer am Drehregler der Radiolautstärke rumspielen möchte, wird erfreut feststellen, wie hoch der Drehknopf liegt. Ganz oben an der Kante des Armaturenbretts muss man nicht erst groß suchen, sondern findet den Knopf sofort, ohne den Blick vom Straßenverkehr wenden zu müssen. Und wer die Innenraumbeleuchtung des Wrangler einschalten möchte, kann ewig suchen. Ein Blick in die Bedienungsanleitung verrät dann den Trick: Ein Drehschalter am Blinkhebel ist fürs Kabinenlicht zuständig. Und noch zwei Besonderheiten gibt es bei Regen zu beachten: Zum einen kleben die Tropfen ganz hervorragend an der senkrechten, scheibenwischerlosen Heckscheibe, was besonders im Dunkeln die Sicht über den Rückspiegel beeinträchtigt, zum anderen sollte man den Wagen immer leicht schräg parken. Sonst kann es nämlich gut sein, dass nach einem Regenguss beim Öffnen der Türen erst mal ein ordentlicher Schwall Wasser in die Kabine stürzt. Wendiger Stadtdrifter Der Wrangler ist zu Recht bekannt für seine beinharten Geländefähigkeiten. Aber auch in der Stadt habe ich meine Freude mit dem Wagen. So wirkt er sehr wendig, wendiger als es der garnicht mal schlechte Wendekreis von 10,4 Meter vermuten lässt. Sobald die Straße etwas glatter ist, neigt der Jeep in engen Kurven zum Driften. Dies ist aber stets gut kontrollierbar und macht sogar richtig Spaß. Schaltet man den Allradantrieb hinzu, verspannt in engen Biegen der Antriebsstrang und der Wagen zittert ein wenig. Die Federung des Wrangler ist auf Geländefahrten ausgelegt. Jede Gullydeckelvertiefung wird mit einem lauten Knall quittiert. Trotzdem ist die Dämpfung auch für die Stadt gut geeignet: Speed-Bumper, Kopfsteinpflaster und Bordsteine sind ein gefundenes Fressen für das Geländefahrwerk.

Länger liegt besser Wegen des kurzen Radstandes von 2,42 Meter liegt der Wagen recht unruhig und neigt zum Hoppeln. Der viertürige Unlimited bringt über 50 Zentimeter mehr Radstand mit und verhält sich wesentlich ruhiger. Auf Grund des hohen Aufbaus wankt das Fahrzeug in Kurven ganz gewaltig, hier ist eine eher ruhige Herangehensweise gefragt. Aber Jeep-Fahrer sind keine durchgeknallten Heißsporne sondern überlegte Team-Typen. Souverän und mit Bedacht geht’s ums Eck. Die Lenkung kann ihre amerikanischen Gene nicht verhehlen: Zwar braucht man nicht mehr die mittleren zwei Spuren der sechsspurigen amerikanischen Autobahnen, um bei heftigem Lenkspiel irgendwie geradeaus zu kommen, aber in der Mittellage bietet die Lenkung noch jede Menge Schwammigkeit. Die Bremsen bringen die Maschine definiert zum Stehen, das Einnicken fällt sehr moderat aus. Mit Diesel recht sparsam Mein Wrangler Sport 2.8 CRD wird von einem 2,8-Liter-Common-Rail-Diesel getrieben. Dieser nagelt beim Anlassen heftig los, nachdem er warm ist, klingt er aber deutlich ziviler. Ab 140 km/h werden Motor und Luftgeräusche richtig laut, das Stoffverdeck kann nichts zu einer ruhigeren Akustik beitragen. Bei 160 km/h ist quasi Schluss mit Vortrieb, obwohl es laut Datenblatt noch bis 180 km/h weitergeht. Wer sich also auf eine Autobahn-Reisegeschwindigkeit von 130 km/h einlassen kann, ist mit dem Wrangler auch auf langen Strecken gut und ungestresst unterwegs. In der Stadt kann das Triebwerk sein Drehmoment von 410 Newtonmetern bei bereits 2.000 U/min voll ausspielen – der Motor zieht enorm gut an und geht richtig ab. Wer will, lässt alles an der Kreuzung stehen, was aber nicht unbedingt zum Charakterbild des Jeep-Fahrers passt. Das 177-PS-Aggregat vergreift sich im Schnitt an 8,4 Liter Diesel pro hundert Kilometer, ein recht geringer Wert, wenn man die wenig windschlüpfrige Form des Wagens bedenkt. Gelände-Schalter Über einen kleinen Hebel neben der Schaltung lässt sich vom Zwei- auf Allradantrieb umschalten und eine Geländeuntersetzung einlegen. Dies funktioniert mit einem kräftigen Ruck ganz zuverlässig – und deutlich besser als beispielsweise beim Land Rover Defender. Die eingangs schon beschriebene Schaltung wirkt sehr ungezwungen. Die einzelnen Gänge haben ein ganz manierliches Spiel, aber mit ein bisschen Übung flutschen die Stufen locker in ihre Position. Das Rühren mit der großen Stange lässt in der gesamten Fahrzeugkabine ein entspanntes Gefühl aufkommen. Bei mittleren Umdrehungszahlen vibriert der Schalthebel schamlos was mir nur eins anzeigt: Mein Jeep Wrangler lebt.
Technische Daten
Antrieb:Allradantrieb
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Schaltgetriebe
Motor Bauart:Turbo-Dieselmotor
Hubraum:2.777
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:4
Leistung:130 kW (177 PS) bei UPM
Drehmoment:410 Nm bei 2.000-2.600 UPM
Preis
Neupreis: 27.690 € (Stand: Januar 2008)
Fazit
Der Jeep Wrangler Sport 2.8 CRD ist deutlich besser als seine Vorgänger. Sein Komfort ist inzwischen auch für ausgedehnte Stadt- und Autobahnfahrten geeignet. Trotzdem ist und bleibt der Wagen ein Geländefahrzeug von echtem Schrot und Korn. Das direkte Spüren der Mechanik, das Arbeiten ohne elektrische Hilfsmaschinen, dass ist genau das, was Jeep-Fahrer wollen. Keine Bevormundung durch entfernt arbeitende Mechanismen sondern die Freiheit, alles im Griff zu haben, dass ist das, was einen Jeep-Fahrer erwartet.
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: auto-news, 2008-01-10

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