Aston Martin V12 Vantage S im Test: Voller Sound
Testbericht
Palm Springs (Kalifornien/USA), 21. Oktober 2013 - Heimlich die Geliebte besuchen geht mit diesem Auto nicht. Denn spätestens, wenn sich der Liebhaber aus dem Staub machen will, kriegt die komplette Nachbarschaft mit, wer wieder da war: Der Kerl mit dem aufheulenden Motor. Jedes Mal, wenn die Zwölfzylinder-Maschine des neusten Aston Martin startet, tut sie das mit einem kurzen, dafür umso heftigeren Aufschrei. Als wolle sie sagen: "Da bin ich wieder!" Diese klangliche Präsenz ist nur eines der Markenzeichen des V12 Vantage S. Auch darüber hinaus präsentiert er sich mit charismatischen Ecken und Kanten. Der größte Motor für den kleinsten Aston In der wegen starker optischer Ähnlichkeiten nicht immer ganz leicht zu durchschauenden Modellpalette von Aston Martin liefert der neue V12 Vantage S eine interessante Kreuzung: Das kleinste Modell der Marke, der Vantage, bekommt den größten Motor des Hauses, einen 5,9-Liter-V12, eingepflanzt. Das Ergebnis ist ein kompromissloser, zweisitziger Sportwagen, der ein sehr direktes, unmittelbares Fahrerlebnis bietet. Angesprochen fühlen dürfen sich besonders jene, denen der fast schon auf die Spitze getriebene Perfektionismus, wie ihn etwa Porsche zelebriert, zu viel des Guten ist. Perfektionismus kann man dem V12 Vantage S beileibe nicht vorwerfen. Es gibt vieles, was andere Hersteller besser lösen. Und doch wurde im englischen Gaydon ein sehr stimmiger Bolide auf die Beine gestellt, in dem man sich wie James Bond austoben kann - oder zumindest so ähnlich wie der Geheimagent Ihrer Majestät. 573 PS und 620 NewtonmeterHerzstück des künftig stärksten aller Vantage ist der Zwölfzylinder-Saugmotor, der bislang dem großen Bruder Vanquish vorbehalten war. Die große Herausforderung bestand darin, dieses Monster-Triebwerk in den vergleichsweise kleinen Motorraum des nur 4,39 Meter kurzen Coupés zu zwängen. Die Mühe hat sich gelohnt. 573 PS und 620 Newtonmeter Drehmoment ermöglichen es, den über die Hinterräder angetriebenen Edel-Briten mit geballter Wucht vorwärts zu treiben - und das über ein äußerst breites Drehzahlband. Bereits bei 1.000 Umdrehungen stehen 510 Newtonmeter bereit. Doch richtig Freude kommt erst auf, wenn die Maschine bis auf knapp 7.000 Touren hochgepeitscht wird. Dann drückt es Fahrer und Beifahrer kräftig in die Sitze. Dann wird intensiv erlebbar, wie nur 3,9 Sekunden vergehen, bis Tempo 100 erreicht ist. Dann entfaltet sich die akustische Urgewalt, die beim Anlassen nur angedeutet wird, in ihrer ganzen Pracht und Herrlichkeit. Möglich ist dieser Hochgenuss bis zu irrsinnigen 328 km/h. Verantwortlich für den betörenden Sound ist eine Abgasanlage mit Klappensteuerung. Drückt man den Sport-Button, öffnen sich diese Klappen und entlassen die Abgase ohne den dämpfenden Umweg durch den Auspufftopf aus zwei fetten Endrohren. Die klangliche Vielfalt reicht dabei von dumpfem Grollen bis zu kreischendem Gebrüll.
Getriebe: Die Insassen nicken stets mit Zusätzlich hielt in den neuen Zwölfzylinder-Vantage ein neues Getriebe Einzug, das - wie üblich bei Aston Martin - über der Hinterachse sitzt. Die Gänge werden statt über eine manuelle Box wie beim 517 PS starken Vorgänger ohne S in der Typenbezeichnung jetzt per automatisiertem Schaltgetriebe gewechselt. Das bringt eine Gewichtsersparnis von immerhin 25 Kilogramm mit sich, dürfte allerdings trotzdem nicht jedermanns Geschmack treffen. Denn jeder Schaltvorgang ist deutlich zu spüren und ein ums andere Mal erwidern das die Insassen, ob sie wollen oder nicht, mit einem Kopfnicken, wie man das im schlechtesten Falle vom Smart kennt. Im Sportmodus erfolgen die Gangwechsel deutlich schneller, bei forcierter Fahrt empfiehlt sich ohnehin der Eingriff von Hand über die Schaltwippen am Lenkrad. Es mag Fans dieser Getriebeart geben, weil man die Kraftübertragung förmlich spüren kann. Wer allerdings das PDK-Doppelkupplungsgetriebe von Porsche zu schätzen und lieben gelernt hat, der kommt unzweifelhaft zu dem Ergebnis, dass die schwäbische Lösung die zackigere und zugleich komfortablere ist. Straff auf dem Asphalt Der Anspruch des V12 Vantage S, Sportwagenfeeling möglichst unmittelbar und ungefiltert erlebbar zu machen, zeigt sich auch beim Fahrwerk. Fast wie ein Brett klebt der knapp 1,7 Tonnen schwere Sportler auf dem Asphalt, ist selbst in engen Biegungen nur mit Mühe in den Grenzbereich zu bringen und macht so selbst zügige Kurvenhatz zum puren Vergnügen. Erkauft wird das Ganze allerdings mit Einbußen im Alltagskomfort. Beinahe jede Bodenwelle und jede Querrille ist zu spüren. Die elektronisch geregelten Dämpfer lassen sich zwar per Knopfdruck verstellen. Doch die Modi Sport und Track betonen das auf Fahrdynamik ausgelegte Setup nur noch ausdrücklicher. Sehr gut gefällt hingegen die Lenkung des V12 Vantage S: Sie agiert äußerst direkt und präzise. Sehr gefühlvoll muss die serienmäßige Carbon-Keramik-Bremsanlage mit groß dimensionierten Scheiben (vorne 398, hinten 360 Millimeter Durchmesser) gehandhabt werden. Bei Bedarf packt sie richtig kräftig zu und bringt den Wagen flugs zum Stehen. Doch das unmittelbare Ansprechen beim Betätigen des Bremspedals verlangt viel Gefühl im Fuß, wenn man es weniger heftig wünscht. Eigenständiger Kühlergrill Optisch unterscheidet sich das neue Vantage-Topmodell nur geringfügig von den schwächer motorisierten Geschwistern. Am auffälligsten ist der individuell gestaltete Kühlergrill mit kleinmaschigem Gitter. Optional sind der besagte Grill, der Frontspoiler, die Außenspiegel, das Dach und weitere Details in Carbon zu haben. Die Kabine ist stets mit Leder ausgekleidet. Über verschiedene Farbtöne, kontrastierende Ziernähte sowie farblich abgesetzte Elemente in den Türverkleidungen stehen hier diverse Individualisierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Ganz und gar nicht dazu passen mögen die Luftausströmer oder die Schalter für die elektrische Sitzverstellung - sie sind jeweils aus billig wirkendem schwarzem Kunststoff gefertigt. Die Sitze könnten durchaus mehr Seitenhalt bieten, die Karosserie knarzt und ächzt immer wieder vernehmbar und das Infotainmentsystem entspricht technisch und grafisch nicht dem, was man von einem 180.000-Euro-Wagen erwarten kann. Aber es sind durchaus auch diese kleinen Unzulänglichkeiten, die den besonderen Reiz des Aston Martin V12 Vantage S ausmachen.
Technische Daten
Antrieb: | Hinterradantrieb |
---|---|
Anzahl Gänge: | 7 |
Getriebe: | automatisiertes Schaltgetriebe |
Motor Bauart: | Ottomotor in V-Form |
Hubraum: | 5.935 |
Anzahl Ventile: | 4 |
Anzahl Zylinder: | 12 |
Leistung: | 422 kW (573 PS) bei UPM |
Drehmoment: | 620 Nm bei 5.750 UPM |
Preis
Neupreis: 179.950 € (Stand: Oktober 2013)Fazit
Das Streben von Aston Martin geht seit jeher nicht dahin, Autos mit einem hohen Maß an Perfektion zu bauen, sondern Fahrzeuge mit einzigartigem Charakter. Diesem Anspruch wird auch der V12 Vantage S gerecht. Manch einer wird ihn einen etwas ungehobelten Burschen schimpfen. Doch der kräftige, raue und etwas vorlaute Bolide dürfte bei einigen potenziellen Käufern auch Erinnerungen an sich selbst wecken. Genau damit sammelt der V12 Vantage S besondere Sympathiepunkte. + toller Sound, puristisches Fahrerlebnis, 1a-Fahrleistungen, in Kurven kaum aus der Ruhe zu bringen - Schaltvorgänge deutlich zu spüren, jede Unebenheit schlägt durch, wenig zeitgemäßes InfotainmentsystemTestwertung
Quelle: auto-news, 2013-10-20
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