Aston Martin V8 Vantage im Test: Der englische Purist
Testbericht
München, 1. Februar 2013 - Die äußerst elegante Erscheinung überrascht nicht. Ein Aston Martin gehört nun einmal in die Kategorie "absoluter Hingucker". Steht man nun das erste Mal vor dem V8 Vantage, erstaunen dafür die relativ kompakten Abmessungen des edlen Sportcoupés: 4,38 Meter kurz, 1,87 Meter breit und 1,26 Meter flach. Aber der V8 Vantage markiert ja - sieht man vom Toyota-iQ-Ableger Cygnet ab - den Einstieg in die klassische Aston-Martin-Welt.
Wie zweieiige Zwillinge
Die ist zunächst gar nicht so leicht zu durchschauen. Was andere Hersteller als markeneinheitlichen Wiedererkennungswert ausgeben, treibt die englische Traditionsfirma fast schon auf die Spitze. Der Großteil der Geschwister erinnert an zweieiige Zwillinge, die Unterscheidung der einzelnen Modelle ist nicht ganz einfach. Als Mitglieder einer Familie sind die zahlreichen Aston-Martin-Sportler vom Vantage über den DB9 und den Vanqish bis zum Rapide aber auf den ersten Blick auszumachen. Auch die Änderungen am V8 Vantage im Rahmen des jüngsten Facelifts erfordern genaues Hinschauen, so diskret sind sie ausgefallen. Da gibt es vorne eine weiter heruntergezogene Schürze und größere Lufteinlässe. An den Seiten sind jetzt kräftige Schweller und breitere Räder zu erkennen. Und das Heck wird ab sofort von einem grauen Einsatz samt Diffusor geprägt. Mehr an Neuerungen war nach vier Jahren Bauzeit auch gar nicht nötig.
Hochdrehender V8-Sauger
Ein kurzes, dafür umso heftigeres Aufheulen beim Anlassen gibt einen ersten Vorgeschmack auf das Soundpotenzial, das im nahezu unveränderten 4,7-Liter-V8 steckt. Seine volle Klangpracht entfaltet der kernig-röhrende Saugmotor allerdings erst jenseits von 4.000 Umdrehungen pro Minute. Die Maschine giert ohnehin nach Drehzahlen: Die 470 Newtonmeter Drehmoment stehen ab 5.000, die 426 PS Maximalleistung sogar erst ab 7.300 Touren zur Verfügung. Die Schaltempfehlungsanzeige rät zu entsprechend späten Gangwechseln - wenn der rote Drehzahlbereich beginnt. Und nicht etwa, wenn es ökonomisch sinnvoll wäre. Im V8 Vantage darf also tatsächlich noch von Hand geschaltet werden. Alternativ zur knackigen Sechsgangbox wird ein neues automatisiertes Schaltgetriebe mit sieben Gängen angeboten. Unabhängig davon, für welche Variante sich der Käufer entscheidet: Das Getriebe sitzt stets auf der angetriebenen Hinterachse, während der Motor traditionell vorne untergebracht ist. Das sorgt für eine ausgewogene, beim V8 Vantage leicht heckbetonte Gewichtsverteilung.
Sportlich und trotzdem sparsam?
Ist der 1,6 Tonnen schwere Luxus-Bolide einmal in Fahrt, gibt es fast kein Halten mehr: In 4,9 Sekunden geht‘s von null auf Tempo 100, maximal rennt der Einstiegs-Vantage bis zu 290 km/h schnell. Einen aufmerksamen Blick verdienen sich dabei Tacho und Drehzahlmesser. Deren Nadeln drehen sich nämlich in entgegengesetzter Richtung. Ab Tempo 200 und im sechsten Gang bewegen sie sich nahezu im Gleichschritt aufeinander zu, ein schönes Schauspiel. Angenehm überrascht der V8 Vantage beim Thema Verbrauch. 13,8 Liter gibt der Hersteller als Durchschnittswert an. Umweltpreise sind damit nicht einzuheimsen. Die etwas mehr als 15 Liter, die während unserer durchaus forcierten Testfahrten je 100 Kilometer durch die Benzinleitungen schießen, sind aber nicht weit vom Normverbrauch entfernt.
Es gibt viel zu tun
Als Fahrer hat man im V8 Vantage noch richtig was zu tun. Wo in anderen Sportwagen Assistenzsysteme und elektronische Helferlein möglichst viel Arbeit übernehmen, gibt sich der Aston Martin sehr puristisch und ursprünglich. Das Zusammenspiel von Kupplung und Gaspedal verlangt viel Gefühl. Zu viel Gas geben zieht lautes Motoraufheulen nach sich. Zu wenig Gas birgt die Gefahr des viel peinlicheren Motorabwürgens. Das Einlegen der sechs Gänge erfordert ebenso einiges an Kraft wie die direkte, aber nicht gerade leichtgängige Lenkung. In der Stadt und im Stop-and-Go-Verkehr kann all das nerven.
Gemacht für Rennstrecken und Kurven
Aber den Vantage muss man sich in dem ihm zugedachten Territorium austoben lassen. Das ist die Rennstrecke, die Autobahn oder eine kurvige Landstraße. Hier fühlt sich der mondäne Brite zu Hause, hier spielt er seine wahren Stärken aus. Der Kontakt zur Fahrbahn ist sehr direkt, Kurven meistert der Zweisitzer mit hoher Präzision. Trotzdem ist das Auto nicht unkomfortabel gefedert. Die satte Straßenlage verdankt der Vantage unter anderem einer äußerst verwindungssteifen Aluminium-Karosserie. Dafür scheuten sich die Konstrukteure nicht, deutlich sichtbare Metallverstrebungen zu verbauen, etwa hinter den beiden Sitzen oder im Motorraum.
Viele hochwertige Details
Dass Aston Martin in seiner Fabrik im englischen Gaydon nicht auf maschinell produzierte Massenware, sondern auf handgefertigte Kleinserien setzt, wird im V8 Vantage durch kleine, feine Details offensichtlich: Das sind etwa die leicht nach oben aufklappenden Türen, die in die Karosserie integrierten Türgriffe oder die Markenembleme aus Emaille. Exemplarisch für den hohen Qualitätsanspruch stehen zudem der in der Mittelkonsole versenkbare Zündschlüssel aus Plexiglas, die Mittelkonsole aus pulverbeschichtetem Aluminium und unter der Motorhaube eine Plakette mit dem Hinweis "Hand built in England". Nicht ganz mithalten können da das Navigationssystem und die Bordelektronik, die Schwächen bei der Bedienung offenbaren. Doch diese Kleinigkeiten verzeiht nicht nur James Bond einem "Aston".
Exklusiv, aber nicht zu teuer
Baureihenübergreifend verkaufen die zehn deutschen Aston-Martin-Händler pro Jahr etwa 400 bis 500 Fahrzeuge. Porsche setzt hierzulande allein vom 911 mehr als zehnmal so viele Autos ab. Doch außer den deutlich geringeren Produktionskapazitäten im Vergleich zur Konkurrenz aus Zuffenhausen spielt hier eine weitere Komponente eine gewichtige Rolle. Der britische Sportwagenhersteller setzt bewusst auf geringe Stückzahlen und damit Exklusivität. Die muss sich nicht zwangsläufig im Preis ausdrücken. Der V8 Vantage startet bei 108.500 Euro, für einen 911 Carrera S werden nur 6.000 Euro weniger fällig.
Technische Daten
Antrieb: | Heckantrieb |
---|---|
Anzahl Gänge: | 6 |
Getriebe: | Schaltgetriebe |
Motor Bauart: | Ottomotor in V-Form |
Hubraum: | 4.735 |
Anzahl Ventile: | 4 |
Anzahl Zylinder: | 8 |
Leistung: | 313 kW (426 PS) bei UPM |
Drehmoment: | 470 Nm bei 5.000 UPM |
Preis
Neupreis: 108.500 € (Stand: Februar 2013)Fazit
Der Aston Martin V8 Vantage ist ein puristischer Sportler, der ein sehr ursprüngliches Fahrerlebnis bietet. Hier bekommt der Pilot einiges zu tun und im Gegenzug vom Auto viel unmittelbare Rückmeldung. Im Vergleich zum fast schon überperfektionierten Porsche 911 verlangt der elegante Engländer dem Fahrer deutlich mehr ab. Das ist aber genau das, was einen Aston Martin ausmacht - neben dem eleganten Auftritt, dem herrlichen Sound und zahlreichen netten Detaillösungen.Testwertung
Quelle: auto-news, 2013-02-01
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