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Testbericht

Jürgen Wolff / Sebastian Viehmann, 10. Januar 2012
Bei der Detroit Motor Show werden Stromer skeptisch beäugt. Der berühmte Batteriebrand des Chevrolet Volt verhagelte GMs Öko-Image. Der Volt und sein Schwestermodell Opel Ampera werden mit Modifikationen ausgeliefert. Auch der Edel-Stromer Fisker Karma hat Probleme.

Der Februar 2012 ist ein bedeutender Monat für Opel. Die ersten Plug-In-Hybride vom Typ Ampera sollen endlich ausgeliefert werden. Die Rüsselsheimer sind damit unter den deutschen Autobauern Vorreiter in Sachen Elektroantrieb, denn nur sie verkaufen derzeit Stromer an Privatkunden. Mercedes, VW oder BMW haben lediglich Testflotten, Stromer beim Händler gibt es ansonsten nur bei Importeuren wie Mitsubishi oder Peugeot. Die Nachfrage ist zwar gering – im Jahr 2011 wurden in Deutschland kaum 2000 Stromer zugelassen, viele davon Testwagen und Händlerfahrzeuge. Doch für ein Öko-Image sind Autos wie der Ampera extrem wichtig.

Kurz vor der Auslieferung mussten die Ingenieure allerdings Sonderschichten einlegen. Der Ampera bekam in der laufenden Produktion Modifikationen an seinem Lithium-Ionen-Batteriepaket, genau wie sein Schwestermodell Volt. Eine verstärkte Sicherheitsstruktur, einen zusätzlichen Sensor im Batteriekühlflüssigkeitsreservoir und eine zusätzliche Sicherungsklammer am Einfüllstutzen des Reservoirs listet Opel in einer Presseerklärung auf. Grund für die konstruktiven Änderungen seien Bedenken des Mutterkonzerns General Motors hinsichtlich des Batterieverhaltens, die nach einem Crashtest im vergangenen Jahr auftraten.

Doch was war damals eigentlich passiert? Laut offiziellem Bericht der National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) wurde im Mai ein Chevrolet Volt einem Crashtest unterzogen. Die Behörde traktierte den Wagen zunächst mit einem heftigen Seitenaufprall und anschließend mit einem Überschlag. Bei diesem und den anderen Crashtests schnitt der Volt bestens ab: Er bekam fünf von fünf möglichen Sternen.Das Wrack wanderte so wie es war ins Lager. 21 Tage später begann der demolierte Volt plötzlich zu brennen. Als Brandherd machten die Ermittler das Batteriepack des Volt aus. Es war bei dem Crash beschädigt und der Kühlkreislauf unterbrochen worden. Nach und nach war Kühlflüssigkeit ausgelaufen, die normalerweise dafür sorgt, dass die einzelnen Zellen der Akkupacks nicht überhitzen.

Um mehr über die Ursachen herauszufinden, unternahm die NHTSA zusammen mit Technikern von General Motors Mitte November in einem Labor des Verteidigungsministeriums in Virginia weitere Tests an dem T-förmigen Batteriepack. Bei zwei dieser drei Tests kam es nach einiger Zeit zur Erhitzung, zu Rauchentwicklung und schließlich zum Feuer. Das eine Pack fing ein paar Stunden nach der Beschädigung Feuer, das zweite geriet nach sieben Tagen in Brand.

Die NHTSA weist ausdrücklich darauf hin, dass die Brände bisher immer nur unter Laborbedingungen ausgebrochen seien und in größerem zeitlichen Abstand zur Beschädigung der Batterie. "Uns ist kein Unfall auf der Straße bekannt, der wegen der Batterie zu Bränden in einem Chevrolet Volt oder einem anderen Fahrzeug mit Lithium-Ionen-Akku geführt hätte", so NHTSA-Sprecherin Lynda Tran. In der NHTSA-Datenbank finden sich denn auch gerade mal drei Hinweise von Volt-Besitzern auf kleinere Defekte, die jedoch alle nichts mit Feuer oder der Batterie zu tun haben.

Brennende Lithium-Ionen-Batterien sind nichts Neues - bislang waren davon aber vor allem Handys, MP3-Player oder tragbare Computer betroffen. Deren Kühlung ist jedoch deutlich wenig aufwändig als die der 288 in Serie geschalteten Akkuzellen im Volt. Experten wie Werner Tillmetz vom Ulmer Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung, wo man sich unter anderem mit der Sicherheit von Energiespeichern befasst, sehen in der Versuchsanordnung der NHTSA das eigentliche Problem. Crashtests bei Autos mit Verbrennungsmotor würden immer nur mit leerem Tank durchgeführt: "Vollgetankt gäbe es da explosive Szenen wie aus einem James Bond-Film", so Tillmetz.

Der Volt sei nicht nur mit vollem Energiespeicher gecrasht worden, man habe seine Batterien auch hinterher nicht entladen. Das aber schreibe jeder Hersteller von Elektrofahrzeugen schon seinen Händlern für den Umgang mit stromgetriebenen Unfallfahrzeugen vor. Bei einem Crash selbst werden die Stromkreise im Fahrzeug automatisch sofort gekappt - wie in einem Rennwagen. "Wir wissen allerdings, dass es bei nicht entladenen Batterien auch noch mit einiger Verspätung zu unguten Reaktionen kommen kann", sagt Tillmetz. Dennoch hat er Verständnis für die NHTSA-Ingenieure: "Die Technik ist einfach so neu, dass man sie noch nicht richtig im Griff hat."

Jährlich werden in den USA rund 287.000 Fahrzeugbrände bei konventionell angetriebenen Autos gezählt, die 480 Tote und 1.525 Verletzte fordern. Trotzdem malten viele US-Medien aus den drei unter Laborbedingungen aufgetretenen Elektroauto-Bränden quotenträchtige Horrorbilder. Ähnlich wie zuvor die angeblich nicht mehr zu bremsenden Toyotas wurden die brennenden Volts zum medialen Selbstläufer. Objektiv überprüfen lässt sich kaum eine der kursierenden Geschichten. Erste Berichte über Volts, die in der heimischen Garage von selbst Feuer gefangen haben sollen, wurden von den Feuerwehren jedenfalls regelmäßig dementiert.Chevrolet bot allen rund 6000 Volt-Besitzern Mietwagen an, bis das Problem geklärt und gegebenenfalls behoben sei. Einige wenige haben das Angebot angenommen. Die meisten warteten aber auf technische Lösungen, die GM nun umgesetzt hat. Den Imageschaden für die Stromer allerdings kann das so schnell nicht wettmachen. Denn auch andere Hersteller melden Probleme. Wegen möglicher Defekte an der Batteriekühlung rief die Edelschmiede Fisker mehr als 200 Modelle ihres Plug-In-Hybriden Karma in die Werkstatt zurück. "Wir haben entschieden, dass der sofortige Austausch des Batteriepakets in jedem Fahrzeug für all unsere Kunden die richtige Herangehensweise war", trat Firmenchef Henrik Fisker die Flucht nach vorn an. Brände durch den Defekt sind nicht bekannt.

Quelle: Autoplenum, 2012-01-10

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