Besuch in der Geburtsstätte des Opel Ampera-e - Detroit setzt auf Strom
Dass Elektroautos ein Erfolg werden, davon ist Pamela Fletcher fest überzeugt. Sie muss es auch sein, schließlich verantwortet sie bei General Motors die globale Ausrichtung in Sachen Elektromobilität. Noch läuft das ganze in homöopathischen Dosen ab. Wie bei uns in Deutschland so rangieren auch in den USA die E-Autos unter „ferner liefen“, obwohl es verlockende Prämien gibt. Der Staat erlässt 7.500 Dollar von der Einkommensteuer. Kalifornien, die Nummer eins, wenn es um alternative Antriebe geht, spendiert weitere 2.500 Dollar. Den Förder-Vogel schießt Colorado ab. Hier gibt es nochmals 7.500 Dollar obendrauf.
General Motors, mit jährlich rund zehn Millionen Fahrzeugen mächtigster Autokonzern der USA, will gegenüber seinen Detroiter Rivalen Ford und Chrysler als derjenige wahrgenommen werden, der es ernst meint mit der emissionsfreien Mobilität, egal ob batterieelektrisch oder mit Wasserstoff. Schon vor zehn Jahren präsentierte man die Studie Chevrolet Volt, die 2010 dann in Serie ging. Zwar war der Volt noch kein reines Batterieauto sondern eines mit Range Extender, aber ein Anfang war gemacht. Bis heute hat Chevrolet vom Volt immerhin mehr als 100.000 Einheiten abgesetzt. Opel bot das Modell in Europa als Ampera ab November 2011 an. Allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Zudem lässt GM in den USA den elektrischen Kleinwagen Chevrolet Spark EV vom Band laufen.
Kommenden Monat folgt der dritte Aufschlag von GM, Chevrolet Bolt. Das Kompaktmodell (Länge: 4,17 Meter) wird Opel mit nur mit wenigen Monaten Verzögerung (Juni) als Ampera-e in den Handel bringen. Die Zwillinge unterscheiden sich nur in markentypischen Details, fahren aber mit der gleichen Technik und laufen vom selben Fließband in Orion/Michigan, etwa 50 Kilometer nördlich der GM-Zentrale in Detroit. Ebenfalls in der Nähe, in Warren, hat General Motors sein Tech-Center und in ihm das größte Batterie-Labor der Vereinigten Staaten platziert. „Der Großraum Detroit ist damit zu den weltweit führenden Kompetenzzentren für Elektromobilität geworden“ sagt Pamela Fletcher.
Wer die Räumlichkeiten in Warren betritt, sieht hauptsächlich Menschen an Computern und riesige Batterien an dicken Kabeln. T-förmige, sie gehören zum Volt. Plattenförmige, sie sitzen unter dem Bolt. Kastenförmige, sie stecken im Cadillac CT6, dem Flaggschiff der Marke, das nächstes Jahr als Plug-in-Hybrid auf den Markt kommt. Keine Spur mehr von Maschinenlärm und Ölgeruch. Alles ist ruhig. In vielen Ecken stehen riesige Kästen herum. Sie sehen aus wie überdimensionale Tresore mit Fenstern. „Das sind die Klimakammern“, erzählt Douglas Drauch, seit mehr als 30 Jahren bei GM und heute der Chefingenieur des „Battery-Lab“, des Batterie-Labors. In diesen Klimakästen werden Zeitraffer gefahren, die Batterien bis an ihre Leistungsgrenze gequält, bei Hitze, Feuchtigkeit und Frost. Sie werden zigtausend Mal auf- und wieder entladen, mal wenig, mal mehr, mal schneller, mal langsamer. Doch damit nicht genug. Auch mechanische Tests stehen auf dem Programm. „Am gemeinsten sind die Rütteltests“, sagt Ingenieur Drauch. Selbst eine Fahrt über Kopfsteinpflaster oder über eine Schlaglochstrecke, wie sie besonders in Detroit häufig anzutreffen sind, kann auf dem Prüfstand perfekt simuliert werden. Und wenn es sein muss, wird die Prozedur überlagert mit eisiger Kälte, wüstenartiger Hitze oder tropischer Feuchte.
Die gewonnenen Daten erlauben den Entwicklern immer tiefere Einblicke in das Innenleben der Lithium-Ionen-Batteriezellen. Hergestellt werden sie vom koreanischen Konzern LG Chem, natürlich immer in Abstimmung an das gewünschte Anforderungsprofil von GM. Warren übernimmt dann den Zusammenbau der insgesamt 288 Zellen zu mehreren Modulen. Die Module wiederum bilden schließlich die Batterie.
Beim Bolt, beziehungsweise Ampera-e sitzt sie crashgeschützt tief im Fahrzeugboden und reicht vom vorderen Fußraum bis unter die hintere Sitzbank. „Die Batterie übernimmt sogar tragende Funktionen. Dadurch konnten wir die sonst üblichen hohen Einstiegsschweller vermeiden“ sagt Opels Projektleiter für Europäische Elektrifizierung, Ralf Hannappel. Das Vertrauen der Entwickler in den 430 Kilogramm schweren Akku ist enorm. GM wie Opel geben acht Jahre oder 100.000 Meilen (160.000 Kilometer) Garantie.
Von Warren aus geht die Batterie ins Orion-Werk direkt ans Band. Ein automatischer Hubwagen hebt sie unter den Ampera-e, exakt an jener Stelle, wo das Modell Chevrolet Sonic seinen Benzintank erhält. Die Fertigung ist hochflexibel und kann je nach Ordereingängen gesteuert werden. Mal sind es mehr Sonic, mal mehr Volt/Ampera-e. Wie viele Elektroautos GM jährlich herstellen wird, wird nicht verraten. Branchenkenner schätzen 30.000 bis 50.000 Einheiten. Alles hänge von der Nachfrage ab, heißt es aus der Konzernzentrale.
Sie könnte deutlich steigen, sowohl was den Bolt in Amerika als auch den Ampera-e in Europa betrifft. Beide haben aber den großen Vorteil, kein Zweitwagen mehr sein zu müssen. „Die Reichweite von 500 Kilometern verändert die Landschaft der Elektromobilität komplett und eröffnet für viele Kunden neue Möglichkeiten“ sagt Chef-Entwicklerin Fletcher. Jetzt muss nur noch der Preis stimmen. Die Amerikaner verraten ihn schon. Der Bolt wird 29.995 Dollar kosten, allerdings nach Abzug der steuerlichen Förderung. Der Ampera-e dürfte schätzungsweise bei 35.000 Euro liegen.
Dicke Pickups, fette SUV, in Detroit laufen diese Autos millionenfach von den Bändern. Doch gleich nebenan beginnt ein neues Zeitalter. General Motors will massiv in die Entwicklung von Elektroautos einsteigen. Den Anfang machen der Chevrolet Bolt und dessen Zwillingsbruder Opel Ampera-e.
Quelle: Autoplenum, 2016-12-12
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