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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 24. Oktober 2012
Mit dem Cadillac ATS wollen die Amerikaner endlich Mercedes C-Klasse, BMW 3er und Audi A4 in ihrem eigenen Revier schlagen. Hat der Mittelklasse-Ami das Zeug zum deutschen Premium-Bezwinger?

Man braucht Ziele um Leben. Diese Drei-Euro-Phrase trifft auch auf Cadillac zu. Schon seit Jahren versucht die amerikanische Premium-Marke die europäischen Autofahrer zu überzeugen, dass auch ihre Produkte eine Daseinsberechtigung auf der "German Autobahn" haben. Um, ihn fit für das Duell mit den teutonischen Linke-Spur-Platzhirschen zu machen, unterzogen sie den Cadillac ATS einem rigorosen Testprogramm auf der Nordschleife und passten den Ami-Mittelklässler auf hiesige Gepflogenheiten an. Das fängt mit den serienmäßigen Brembo-Bremsen an der Vorderachse an, geht mit dem Ventilator, dessen Schaufeln einen geänderten Anstellwinkel haben, um mehr Kühlluft für den stärker beanspruchten Motor zu schaufeln, weiter und hört beim längseingebauten Vierzylinder Turbomotor mit 276 PS auf. Die US-Amerikaner verweisen stolz auf die Liter-Leistung von 138 PS/l.

Das Aggregat ist eine Weiterentwicklung des Vierzylinder-Turbos, der im Astra OPC Dienst tut. Keine schlechte Basis. Der Motorblock ist identisch, allerdings ist das Triebwerk jetzt längseingebaut und treibt die hinteren Räder an. Klar, dass die Maschine auch Euro 5 schafft. Für den Sechsgang-Handschalter gibt es sogar noch eine Start-Stoppautomatik dazu. Als Alternative gibt es den ATS auch mit Allradantrieb.

Sobald es in den Ring, sprich die deutschen Straßen geht, gibt der Motor eine gute Figur ab. Das Aggregat tritt kräftig an und schon nach 5,9 Sekunden sind hundert Stundenkilometer erreicht, dann wird es aber etwas zäher und es dauert eine Weile, bis die Höchstgeschwindigkeit von 240 km/h anliegt. Auch wenn der Norm-Verbrauch mit 8,2 l/100 km knapp zwei Liter höher ist, als bei einem BMW 328i, braucht sich das Aggregat nicht hinter den deutschen Konkurrenten verstecken. Dank 353 Newtonmeter Drehmoment, die bereits ab 1.700 U/min bereitstehen, ist genug Punch vorhanden, um schnelle Überholvorgänge zu initiieren, die verschreckte Mercedes-SLK-Fahrer mit offenem Mund hinter sich lassen. Die Sechsgang-Automatik hat nicht ganz das Schalt-Niveau des BMW Achtgang-Pendants. Wer schnell unterwegs sein will, benützt am besten die chromglänzenden Schalt-Paddel.

So macht der ATS dann auch richtig Laune. Vor allem in Kurven. Sobald man ein bisschen mit dem Gaspedal spielt, lenkt das Heck angenehm mit ein. Die Lenkung ist zwar direkt, könnte aber durchaus etwas mitteilsamer sein und den Fahrer mehr über den Zustand der Straße informieren. In seiner Paradedisziplin, dem ambitionierten Schnellfahren auf der Autobahn, gibt sich der ATS keine Blöße. Er liegt gut auf der Straße, filtert dank der variablen Magnet-Dämpfer einiges weg und auch das Geräuschniveau im Auto ist erfreulich gering. Der Kofferraum ist mit 381 Liter Volumen allerdings kein Lademeister und nur ein Liter größer als das Gepäckabteil des neuen Golfs.

Überhaupt kann man sich im ATS richtig wohl fühlen: Das Interieur mit Klarlacken, Leder und dem reduzierten Bedien-Touchscreen-System schaut ansprechend aus und fühlt sich auch so an. Nur die Sitze könnten etwas mehr Seitenhalt vermitteln. Aber nicht nur bei der Verarbeitung haben die Amerikaner aufgerüstet, sondern auch bei den Assistenzsystemen. Abstandswarner und ein Spurwechselassistent, der sich durch Vibrationen im Sitzkissen bemerkbar macht, sind beim Top-Modell serienmäßig. Das Paket mit Head-Up-Display adaptiven Tempomaten, Toter-Winkelwarner, der bei den breiten C-Säulen durchaus nützlich ist und weiteren Extras schlägt mit einem Aufpreis von 3.130 Euro zu Buche, bei einem Grundpreis 49.250 Euro. Aber das war es dann auch schon fast. Denn der ATS ist wirklich gut ausgestattet und mit seiner kantig-markanten durchaus polarisierenden Form eine Alternative zu den Singleframe-Grills und Nieren.
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: Autoplenum, 2012-10-24

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