Business as usual? Test BMW 5er 2017 mit technischen Daten, Preisen und Marktstart
Testbericht
Lissabon (Portugal), 28. November 2016
Liebe Lufthansa, dank Dir weiß ich jetzt, wie der neue BMW 5er fährt. Zumindest ein bisschen. Schon klar, eine neue Generation der meistverkauften Business-Limousine der Welt hat Besseres verdient, als dass man ihren ersten Test mit einer strauchelnden Airline beginnt (keine Bange übrigens, ich verschone Sie hier mit dämlichen Business-Class-Vergleichen oder "Fährt, als würde er fliegen"-Phrasen). Aber dank der kaum stillbaren Gier diverser Kranich-Piloten verkümmerte meine erste Begegnung mit dem G30 (so der interne Code) zu einer Art Speed-Dating. Streik hier, Streik da ... am Ende blieben dank reichlich grotesker Not-Flugzeiten 30 Minuten im neuen 540i sowie knapp 15 Minuten im neuen 530d xDrive. Gerade in einem Auto, das so dermaßen viel neue Komplexität bietet wie der 2017er-5er, ist das ein gewaltiger Jammer. Aber es ist, wie es ist, ändern kann man es eh nicht und für einen ersten Eindruck reichte die vorhandene Zeit allemal. Schließlich hat BMW wie immer ganz vortreffliche Routen ausfindig gemacht, wo man den neuen 5er nicht nur autonom bewegen, sondern auch mal richtig - es tut mir wirklich leid - "fliegen" lassen konnte.
Heftig evolutionär
Aber erstmal anschauen und ein bisschen wirken lassen das gute Stück. Überall wurde ja geschrieben (bei uns auch), der Neue sähe aus wie der Alte, das sei nicht mutig genug und so weiter. Im direkten Vergleich sieht der Neue aber überhaupt nicht aus wie der Alte. Er wirkt breiter, obwohl er es nicht ist. Er wirkt viel länger und Coupé-iger, obwohl er es (fast) nicht ist. Er wirkt klarer, moderner, ausdrucksstärker und er hat eine Sportlimousinen-Seitenansicht wie aus dem Lehrbuch für Sportlimousinen-Seitenansichten. Über ein bisschen viel 7er vorne und die etwas klobigen Rückleuchten kann man wohl diskutieren, über den cW-Wert hingegen nicht. Der beträgt beim neuen 5er bestenfalls 0,22. Das ist Klassen-Bestwert und macht dieses große Auto glitschiger als einen Fifa-Präsidenten mit einem Eimer Hawaiian Tropic. Die schneidige Karosse ist nun übrigens - wie große Teile des Fahrwerks - nahezu komplett aus Aluminium. Den aufwendigen Einsatz von Carbon wie im neuen 7er hat man, wohl aus Kostengründen, verworfen. Gut 100 Kilo leichter ist der 5er trotzdem geworden und ein 520d schlägt nun im Bestfall bei knapp 1.540 Kilo auf. Das ist ziemlich bemerkenswert für ein Fünf-Meter-Hightech-Schiff. Und alles zusammen soll für die besten Handling-, Fahrleistungs- und Verbrauchsdaten der Klasse sorgen. Dazu dann gleich mehr.
Innen fehlt der Mut
Vorher aber erst mal rein in die gute Stube. Hier spielt sich schließlich der ganze Technik-Overkill ab, mit dem der 5er wohl zum Connectivity- und Autonomie-Weltmeister emporsteigt. Zuallererst sieht man jedoch ein neues Cockpit, das verblüffend stark wie das alte Cockpit aussieht. Na gut, es ist jetzt ein bisschen schlanker, luftiger, der 10,25-Zoll-Infotainment-Screen steht jetzt frei im Raum, die Instrumente sind jetzt voll digital, es gibt ein irrsinnig großes Head-up-Display sowie trendig-lounge-iges LED-Ambientelicht. Aber im Vergleich zum funky Silicon-Valley-Prunk der neuen Mercedes E-Klasse oder dem, was Audi vermutlich Virtual-Cockpit-mäßig beim nächsten A6 abziehen wird, wirkt das hier fast ein bisschen bieder. Gerade, dass es keine frei konfigurierbaren Instrumente gibt, verblüfft ein wenig. Was man BMW allerdings lassen muss: Bei der Materialqualität und der Haptik und wie das alles so aussieht da drin, hat man einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht. Das gilt übrigens auch für die Platzverhältnisse. Auch der neue 5er ist kein Skoda Superb, aber hinten sitzt man jetzt deutlich entspannter. Selbst dann, wenn alle Menschen im Auto an überdurchschnittlichem Ausmaß leiden. Und mit 530 Liter fasst auch der Kofferraum etwas mehr als vorher. Sie haben es gerne besonders wohlig? Dann lohnt der Griff zu den neuen Massagesitzen mit gleich acht Knet-Programmen. Oder dem absolut exquisiten 1.400-Watt-Soundsystem von Bowers&Wilkins.
Sprechen und fuchteln
Vor dem nächsten Punkt graut mir ehrlich gesagt ein wenig, weil er beschreiben soll, was der neue BMW 5er in Sachen Infotainment, Connectivity und selber Fahren/Parken so alles draufhat. Es ist so unendlich viel, dass man damit wohl mehrere Bücher füllen könnte, daher möchte ich mich gerne und kurz auf das Wichtigste beschränken. Bedient wird nun per Touch, Sprache, klassischem Dreh-Drück-Steller oder per Gestensteuerung. Zweiteres funktioniert jetzt auch mit lässigem Alltags-Slang. Statt militärischen Befehlston anzuschlagen und Ihre Kinder zu erschrecken, sagen Sie nun also nur noch "Fahr mich zum Golden Glutamat Palace' in München" und schon bringt er Sie zu Ihrem Lieblings-Chinesen. Interessant ist auch die Gestensteuerung. Hier wird entwickelt bis zum Gehtnichtmehr (nicht nur bei BMW) und ich frage mich noch immer, warum? Die Vorteile sind mehr als überschaubar, man wird eher abgelenkt, weil man in einem streng definierten Bereich gestikulieren muss und ganz generell wäre es einfach völlig egal, ob die Gestensteuerung da wäre oder nicht.
Smart(phone) wie nie
Der Rest des Infotainments funktioniert aber ganz hervorragend. Die neuen, frei verschiebbaren Kachelsymbole im Hauptmenü sind sehr übersichtlich und alles (Navi, Verbrauch, Musikauswahl) wird bereits hier in Echtzeit angezeigt. Natürlich macht der 5er alles mit Smartphones, was irgendwie möglich ist. Carplay, AndroidAuto, Wlan-Hotspot, Cloud-basierte Verknüpfungen mit dem eigenen Terminkalender (der gleich ins Navi eingespeist wird, dann sagt Ihnen das Auto, wann Sie zu ihrem nächsten Meeting müssen und navigiert Sie gleich hin), induktives Laden, Email-Verknüpfung mit Microsoft Exchange und so weiter und so fort. Sie kriegen mit der entsprechenden App sogar 3D-Bilder ihres geparkten Autos aufs Handy. Das Parken selbst erledigt der 5er ebenfalls von allein, wie im 7er sogar, wenn Sie gar nicht drinsitzen. Ziemlich beeindruckend: Das verbesserte Surround-View-System, dass den 5er und seine Umgebung nun aus zig verschiedenen Perspektiven anzeigt. BMWs Park-Obsession geht so weit, dass er Ihnen nun sogar freie Parkplätze am Straßenrand oder im Parkhaus sucht und wenn möglich gleich bargeldlos bezahlt.
Alles von selbst
Nur, falls Sie schon Sorge hatten: Man kann den 2017er-BMW-5er tatsächlich auch fahren. Wobei: Selbst das nimmt er einem ja schon weitgehend ab. Die nötige Systematik stammt aus dem aktuellen 7er, wurde aber nochmals feingeschliffen. Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich spricht in diesem Zusammenhang von deutlich verlängerten "Hands-off-Zeiten". Was er ebenfalls versprach: 2021 soll der erste Serien-BMW komplett autonom fahren, auch wenn er das vermutlich nur in verkehrstechnisch wenig anspruchsvollen US-Vorstädten tun wird. Sie sehen aber: Das mit dem Fahren lassen, funktioniert immer besser. So viel konnte ich sogar auf meiner zeitlich recht beschränkten Testfahrt erkennen. Der neue 5er hält die Spur gefühlt noch ein bisschen sauberer und erkennt nun auch gelbe Baustellen-Markierungen. Außerdem unterstützt er bei plötzlichen Ausweichmanövern oder wenn sich ein Fahrzeug von seitlich hinten nähert, hält sich an Geschwindigkeitsbeschränkungen und, und, und. Der neue Spurwechsel-Assistent (Blinkerhebel zwei Sekunden ziehen und das Auto wechselt automatisch die Spur) hatte hingegen etwas weniger Lust, bockte manchmal, auch wenn die Straße frei war. Manchmal wurden Linien (auf einer sehr neuen Autobahn) auch mal für ein paar Sekunden gar nicht erkannt. Hier wirkt die Mercedes E-Klasse insgesamt etwas souveräner.
Klassenbeste Fahrdynamik
Bei allem anderen, was irgendwie mit Fahren zu tun hat, hat der neue 5er aber definitiv die Nase vorn. Das deutlich geringere Gewicht, das steifere, leichtere Alu-Fahrwerk (Doppelquerlenker vorne, Fünflenker hinten) und optionale Goodies wie eine Hinterachslenkung oder die elektromechanische Wankstabilisierung - der neue 5er geht fahrdynamisch einmal mehr in die Vollen. Und das Ergebnis ist ziemlich beeindruckend. Vor allem, was die Mischung aus Agilität und Komfort angeht, kann dem Business-BMW derzeit kein Konkurrent das Wasser reichen. Er wirkt so agil und handfest wie ein Jaguar XF, bietet dabei aber mindestens E-Klasse-Komfort. Und zwar egal, ob das normale oder das M-Sportfahrwerk an Bord ist. Wie fein und sensibel dieses Auto federt, wie es Schlaglöcher und Temposchwellen ausbügelt, als wären es Kieselsteine. Und dann ploppen da plötzlich ein paar Serpentinen aus dem Boden und der 5er fährt die Dinger platt als wäre er eher ein 3er. Sprich: Du sitzt in einer sehr großen Limousine mit Dieselmotor (und in diesem Fall mit Allradantrieb) und hast wirklich Spaß. In Kurven.
Agil und leise
Die Lenkung wirkt fast ein bisschen leicht, ein bisschen androgyn, ist aber superschnell und verstärkt den Eindruck der hohen 5er-Zackigkeit. Im Comfort-Modus genauso wie im etwas lebendigeren, verdichteten Sport-Fahrprogramm. Alles ist ultrapräzise, sauber austariert, fließend und überraschend flink. Und für alle, die sich nicht entscheiden können: Es gibt nun auch einen "Adaptive"-Modus, der Lenkung, Dämpfer und Getriebe an den Fahrstil und übers Navi auch an die Strecke anpasst. Hier steht noch kein "M" auf dem Heckdeckel (und natürlich ist er kein Sportwagen), aber man kann mit diesem Auto nichtsdestotrotz sehr schnell um die Ecke fahren. Was man ebenfalls sehr gut kann: Sich beim schnellen um die Ecke fahren im Flüsterton unterhalten, denn der neue 5er ist ein bemerkenswert leises, gut gedämmtes Gefährt. Und ich hatte nicht extra darauf geachtet (BMW rühmt sich ein wenig damit), es war wirklich sehr auffällig.
Großartiger Sechszylinder-Diesel
Freude am Fahren ist also Gott sei Dank wieder gegeben. Und das ist natürlich auch ein Verdienst der Motoren. Zum Start gibt es zwei Diesel mit 190 und 265 PS sowie zwei Benziner mit 252 und 340 PS. Alle sind vom Fleck weg auch mit Allradantrieb zu haben. Fahrbar waren der neue Sechszylinder-Turbobenziner im 540i sowie der neue Sechszylinder-Diesel im 530d. Beide sind serienmäßig mit der wie immer sanft und schnell schaltenden ZF-Achtgang-Automatik ausgestattet und beide sind fürchterlich schnell (5,1 beziehungsweise 5,7 Sekunden von 0-100 km/h). Der 340-PS-Benziner überzeugt vor allem durch seine Gleichmäßigkeit, seine Kultur, das tolle Ansprechverhalten und die hohe Drehfreude, klingt dabei aber etwas uninspiriert. Der neue Sechszylinder-Diesel serviert einem seine 620 Newtonmeter mit dem Vorschlaghammer und schiebt wirklich sehr mächtig an. Wer sich den großen Selbstzünder leisten mag, bekommt hier eine ziemlich sparsame (Normverbrauch: 4,5 Liter) und sauschnelle Langstreckenwaffe. Diesel und Fahrspaß? Es kann funktionieren. Gereinigt wird mit SCR-Technologie inklusive wassergekühltem Dosiermodul für die AdBlue-Flüssigkeit. Letztere kann man nun auch per Zapfpistole an der Tankstelle nachfüllen. BMW spricht beim neuen 5er von den besten Fahrleistungen und Verbrauchswerten im Segment. Ersteres erscheint sehr plausibel, zweiteres ließ sich auf die Schnelle freilich nicht herausfinden. Nur so viel: BMW ist wohl so ziemlich der einzige Hersteller, der keine Probleme mit seinen Diesel-Abgaswerten hat.
Ab 45.200 Euro
Ein ziemlich beeindruckendes, ziemlich vollkommenes und fast schon übertechnisches Auto also, dieser neue BMW 5er Jahrgang 2017. Mehr bis zur Perfektion geschliffene Evolution als der Typ, der alles auf den Kopf stellt. Keine Überraschung, eher die Detailverbesserung von etwas sehr sehr Gutem. Aber es funktioniert, auch wenn man nicht so sehr das Gefühl hat, wirklich in einem brandneuen Auto zu sitzen. Hier könnte vielleicht ein wenig Gefahr lauern. Von der beeindruckenden neuen E-Klasse oder dem esoterisch-sanften Neuzugang Volvo S90. Aber BMW weiß wohl am besten, was seine Kunden wollen (schließlich ist man Marktführer). Die werden wieder ordentlich in die Tasche greifen müssen, vor allem, wenn all die verblüffenden Connectivity- und Selbstfahr-Features an Bord sein sollen. Der Einstieg liegt bei 45.200 Euro für einen 520d mit Sechsgang-Schaltgetriebe. Der bärenstarke 530d kostet mindestens 54.300 Euro, der 540i startet bei 57.700 Euro. Im März folgen der brachial schiebende M550i xDrive mit 462 PS-V8 (ab 82.700 Euro) sowie der Plug-in-Hybrid 530e iPerformance mit 252 PS. Marktstart für den 5er ist im Februar 2017.
Liebe Lufthansa, dank Dir weiß ich jetzt, wie der neue BMW 5er fährt. Zumindest ein bisschen. Schon klar, eine neue Generation der meistverkauften Business-Limousine der Welt hat Besseres verdient, als dass man ihren ersten Test mit einer strauchelnden Airline beginnt (keine Bange übrigens, ich verschone Sie hier mit dämlichen Business-Class-Vergleichen oder "Fährt, als würde er fliegen"-Phrasen). Aber dank der kaum stillbaren Gier diverser Kranich-Piloten verkümmerte meine erste Begegnung mit dem G30 (so der interne Code) zu einer Art Speed-Dating. Streik hier, Streik da ... am Ende blieben dank reichlich grotesker Not-Flugzeiten 30 Minuten im neuen 540i sowie knapp 15 Minuten im neuen 530d xDrive. Gerade in einem Auto, das so dermaßen viel neue Komplexität bietet wie der 2017er-5er, ist das ein gewaltiger Jammer. Aber es ist, wie es ist, ändern kann man es eh nicht und für einen ersten Eindruck reichte die vorhandene Zeit allemal. Schließlich hat BMW wie immer ganz vortreffliche Routen ausfindig gemacht, wo man den neuen 5er nicht nur autonom bewegen, sondern auch mal richtig - es tut mir wirklich leid - "fliegen" lassen konnte.
Heftig evolutionär
Aber erstmal anschauen und ein bisschen wirken lassen das gute Stück. Überall wurde ja geschrieben (bei uns auch), der Neue sähe aus wie der Alte, das sei nicht mutig genug und so weiter. Im direkten Vergleich sieht der Neue aber überhaupt nicht aus wie der Alte. Er wirkt breiter, obwohl er es nicht ist. Er wirkt viel länger und Coupé-iger, obwohl er es (fast) nicht ist. Er wirkt klarer, moderner, ausdrucksstärker und er hat eine Sportlimousinen-Seitenansicht wie aus dem Lehrbuch für Sportlimousinen-Seitenansichten. Über ein bisschen viel 7er vorne und die etwas klobigen Rückleuchten kann man wohl diskutieren, über den cW-Wert hingegen nicht. Der beträgt beim neuen 5er bestenfalls 0,22. Das ist Klassen-Bestwert und macht dieses große Auto glitschiger als einen Fifa-Präsidenten mit einem Eimer Hawaiian Tropic. Die schneidige Karosse ist nun übrigens - wie große Teile des Fahrwerks - nahezu komplett aus Aluminium. Den aufwendigen Einsatz von Carbon wie im neuen 7er hat man, wohl aus Kostengründen, verworfen. Gut 100 Kilo leichter ist der 5er trotzdem geworden und ein 520d schlägt nun im Bestfall bei knapp 1.540 Kilo auf. Das ist ziemlich bemerkenswert für ein Fünf-Meter-Hightech-Schiff. Und alles zusammen soll für die besten Handling-, Fahrleistungs- und Verbrauchsdaten der Klasse sorgen. Dazu dann gleich mehr.
Innen fehlt der Mut
Vorher aber erst mal rein in die gute Stube. Hier spielt sich schließlich der ganze Technik-Overkill ab, mit dem der 5er wohl zum Connectivity- und Autonomie-Weltmeister emporsteigt. Zuallererst sieht man jedoch ein neues Cockpit, das verblüffend stark wie das alte Cockpit aussieht. Na gut, es ist jetzt ein bisschen schlanker, luftiger, der 10,25-Zoll-Infotainment-Screen steht jetzt frei im Raum, die Instrumente sind jetzt voll digital, es gibt ein irrsinnig großes Head-up-Display sowie trendig-lounge-iges LED-Ambientelicht. Aber im Vergleich zum funky Silicon-Valley-Prunk der neuen Mercedes E-Klasse oder dem, was Audi vermutlich Virtual-Cockpit-mäßig beim nächsten A6 abziehen wird, wirkt das hier fast ein bisschen bieder. Gerade, dass es keine frei konfigurierbaren Instrumente gibt, verblüfft ein wenig. Was man BMW allerdings lassen muss: Bei der Materialqualität und der Haptik und wie das alles so aussieht da drin, hat man einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht. Das gilt übrigens auch für die Platzverhältnisse. Auch der neue 5er ist kein Skoda Superb, aber hinten sitzt man jetzt deutlich entspannter. Selbst dann, wenn alle Menschen im Auto an überdurchschnittlichem Ausmaß leiden. Und mit 530 Liter fasst auch der Kofferraum etwas mehr als vorher. Sie haben es gerne besonders wohlig? Dann lohnt der Griff zu den neuen Massagesitzen mit gleich acht Knet-Programmen. Oder dem absolut exquisiten 1.400-Watt-Soundsystem von Bowers&Wilkins.
Sprechen und fuchteln
Vor dem nächsten Punkt graut mir ehrlich gesagt ein wenig, weil er beschreiben soll, was der neue BMW 5er in Sachen Infotainment, Connectivity und selber Fahren/Parken so alles draufhat. Es ist so unendlich viel, dass man damit wohl mehrere Bücher füllen könnte, daher möchte ich mich gerne und kurz auf das Wichtigste beschränken. Bedient wird nun per Touch, Sprache, klassischem Dreh-Drück-Steller oder per Gestensteuerung. Zweiteres funktioniert jetzt auch mit lässigem Alltags-Slang. Statt militärischen Befehlston anzuschlagen und Ihre Kinder zu erschrecken, sagen Sie nun also nur noch "Fahr mich zum Golden Glutamat Palace' in München" und schon bringt er Sie zu Ihrem Lieblings-Chinesen. Interessant ist auch die Gestensteuerung. Hier wird entwickelt bis zum Gehtnichtmehr (nicht nur bei BMW) und ich frage mich noch immer, warum? Die Vorteile sind mehr als überschaubar, man wird eher abgelenkt, weil man in einem streng definierten Bereich gestikulieren muss und ganz generell wäre es einfach völlig egal, ob die Gestensteuerung da wäre oder nicht.
Smart(phone) wie nie
Der Rest des Infotainments funktioniert aber ganz hervorragend. Die neuen, frei verschiebbaren Kachelsymbole im Hauptmenü sind sehr übersichtlich und alles (Navi, Verbrauch, Musikauswahl) wird bereits hier in Echtzeit angezeigt. Natürlich macht der 5er alles mit Smartphones, was irgendwie möglich ist. Carplay, AndroidAuto, Wlan-Hotspot, Cloud-basierte Verknüpfungen mit dem eigenen Terminkalender (der gleich ins Navi eingespeist wird, dann sagt Ihnen das Auto, wann Sie zu ihrem nächsten Meeting müssen und navigiert Sie gleich hin), induktives Laden, Email-Verknüpfung mit Microsoft Exchange und so weiter und so fort. Sie kriegen mit der entsprechenden App sogar 3D-Bilder ihres geparkten Autos aufs Handy. Das Parken selbst erledigt der 5er ebenfalls von allein, wie im 7er sogar, wenn Sie gar nicht drinsitzen. Ziemlich beeindruckend: Das verbesserte Surround-View-System, dass den 5er und seine Umgebung nun aus zig verschiedenen Perspektiven anzeigt. BMWs Park-Obsession geht so weit, dass er Ihnen nun sogar freie Parkplätze am Straßenrand oder im Parkhaus sucht und wenn möglich gleich bargeldlos bezahlt.
Alles von selbst
Nur, falls Sie schon Sorge hatten: Man kann den 2017er-BMW-5er tatsächlich auch fahren. Wobei: Selbst das nimmt er einem ja schon weitgehend ab. Die nötige Systematik stammt aus dem aktuellen 7er, wurde aber nochmals feingeschliffen. Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich spricht in diesem Zusammenhang von deutlich verlängerten "Hands-off-Zeiten". Was er ebenfalls versprach: 2021 soll der erste Serien-BMW komplett autonom fahren, auch wenn er das vermutlich nur in verkehrstechnisch wenig anspruchsvollen US-Vorstädten tun wird. Sie sehen aber: Das mit dem Fahren lassen, funktioniert immer besser. So viel konnte ich sogar auf meiner zeitlich recht beschränkten Testfahrt erkennen. Der neue 5er hält die Spur gefühlt noch ein bisschen sauberer und erkennt nun auch gelbe Baustellen-Markierungen. Außerdem unterstützt er bei plötzlichen Ausweichmanövern oder wenn sich ein Fahrzeug von seitlich hinten nähert, hält sich an Geschwindigkeitsbeschränkungen und, und, und. Der neue Spurwechsel-Assistent (Blinkerhebel zwei Sekunden ziehen und das Auto wechselt automatisch die Spur) hatte hingegen etwas weniger Lust, bockte manchmal, auch wenn die Straße frei war. Manchmal wurden Linien (auf einer sehr neuen Autobahn) auch mal für ein paar Sekunden gar nicht erkannt. Hier wirkt die Mercedes E-Klasse insgesamt etwas souveräner.
Klassenbeste Fahrdynamik
Bei allem anderen, was irgendwie mit Fahren zu tun hat, hat der neue 5er aber definitiv die Nase vorn. Das deutlich geringere Gewicht, das steifere, leichtere Alu-Fahrwerk (Doppelquerlenker vorne, Fünflenker hinten) und optionale Goodies wie eine Hinterachslenkung oder die elektromechanische Wankstabilisierung - der neue 5er geht fahrdynamisch einmal mehr in die Vollen. Und das Ergebnis ist ziemlich beeindruckend. Vor allem, was die Mischung aus Agilität und Komfort angeht, kann dem Business-BMW derzeit kein Konkurrent das Wasser reichen. Er wirkt so agil und handfest wie ein Jaguar XF, bietet dabei aber mindestens E-Klasse-Komfort. Und zwar egal, ob das normale oder das M-Sportfahrwerk an Bord ist. Wie fein und sensibel dieses Auto federt, wie es Schlaglöcher und Temposchwellen ausbügelt, als wären es Kieselsteine. Und dann ploppen da plötzlich ein paar Serpentinen aus dem Boden und der 5er fährt die Dinger platt als wäre er eher ein 3er. Sprich: Du sitzt in einer sehr großen Limousine mit Dieselmotor (und in diesem Fall mit Allradantrieb) und hast wirklich Spaß. In Kurven.
Agil und leise
Die Lenkung wirkt fast ein bisschen leicht, ein bisschen androgyn, ist aber superschnell und verstärkt den Eindruck der hohen 5er-Zackigkeit. Im Comfort-Modus genauso wie im etwas lebendigeren, verdichteten Sport-Fahrprogramm. Alles ist ultrapräzise, sauber austariert, fließend und überraschend flink. Und für alle, die sich nicht entscheiden können: Es gibt nun auch einen "Adaptive"-Modus, der Lenkung, Dämpfer und Getriebe an den Fahrstil und übers Navi auch an die Strecke anpasst. Hier steht noch kein "M" auf dem Heckdeckel (und natürlich ist er kein Sportwagen), aber man kann mit diesem Auto nichtsdestotrotz sehr schnell um die Ecke fahren. Was man ebenfalls sehr gut kann: Sich beim schnellen um die Ecke fahren im Flüsterton unterhalten, denn der neue 5er ist ein bemerkenswert leises, gut gedämmtes Gefährt. Und ich hatte nicht extra darauf geachtet (BMW rühmt sich ein wenig damit), es war wirklich sehr auffällig.
Großartiger Sechszylinder-Diesel
Freude am Fahren ist also Gott sei Dank wieder gegeben. Und das ist natürlich auch ein Verdienst der Motoren. Zum Start gibt es zwei Diesel mit 190 und 265 PS sowie zwei Benziner mit 252 und 340 PS. Alle sind vom Fleck weg auch mit Allradantrieb zu haben. Fahrbar waren der neue Sechszylinder-Turbobenziner im 540i sowie der neue Sechszylinder-Diesel im 530d. Beide sind serienmäßig mit der wie immer sanft und schnell schaltenden ZF-Achtgang-Automatik ausgestattet und beide sind fürchterlich schnell (5,1 beziehungsweise 5,7 Sekunden von 0-100 km/h). Der 340-PS-Benziner überzeugt vor allem durch seine Gleichmäßigkeit, seine Kultur, das tolle Ansprechverhalten und die hohe Drehfreude, klingt dabei aber etwas uninspiriert. Der neue Sechszylinder-Diesel serviert einem seine 620 Newtonmeter mit dem Vorschlaghammer und schiebt wirklich sehr mächtig an. Wer sich den großen Selbstzünder leisten mag, bekommt hier eine ziemlich sparsame (Normverbrauch: 4,5 Liter) und sauschnelle Langstreckenwaffe. Diesel und Fahrspaß? Es kann funktionieren. Gereinigt wird mit SCR-Technologie inklusive wassergekühltem Dosiermodul für die AdBlue-Flüssigkeit. Letztere kann man nun auch per Zapfpistole an der Tankstelle nachfüllen. BMW spricht beim neuen 5er von den besten Fahrleistungen und Verbrauchswerten im Segment. Ersteres erscheint sehr plausibel, zweiteres ließ sich auf die Schnelle freilich nicht herausfinden. Nur so viel: BMW ist wohl so ziemlich der einzige Hersteller, der keine Probleme mit seinen Diesel-Abgaswerten hat.
Ab 45.200 Euro
Ein ziemlich beeindruckendes, ziemlich vollkommenes und fast schon übertechnisches Auto also, dieser neue BMW 5er Jahrgang 2017. Mehr bis zur Perfektion geschliffene Evolution als der Typ, der alles auf den Kopf stellt. Keine Überraschung, eher die Detailverbesserung von etwas sehr sehr Gutem. Aber es funktioniert, auch wenn man nicht so sehr das Gefühl hat, wirklich in einem brandneuen Auto zu sitzen. Hier könnte vielleicht ein wenig Gefahr lauern. Von der beeindruckenden neuen E-Klasse oder dem esoterisch-sanften Neuzugang Volvo S90. Aber BMW weiß wohl am besten, was seine Kunden wollen (schließlich ist man Marktführer). Die werden wieder ordentlich in die Tasche greifen müssen, vor allem, wenn all die verblüffenden Connectivity- und Selbstfahr-Features an Bord sein sollen. Der Einstieg liegt bei 45.200 Euro für einen 520d mit Sechsgang-Schaltgetriebe. Der bärenstarke 530d kostet mindestens 54.300 Euro, der 540i startet bei 57.700 Euro. Im März folgen der brachial schiebende M550i xDrive mit 462 PS-V8 (ab 82.700 Euro) sowie der Plug-in-Hybrid 530e iPerformance mit 252 PS. Marktstart für den 5er ist im Februar 2017.
Technische Daten
Antrieb: | Allradantrieb |
---|---|
Anzahl Gänge: | 8 |
Getriebe: | Automatik |
Motor Bauart: | Reihen-Dieselmotor, Turbo |
Hubraum: | 2.993 |
Anzahl Ventile: | 4 |
Anzahl Zylinder: | 6 |
Leistung: | 195 kW (265 PS) bei UPM |
Drehmoment: | 620 Nm bei 2.000 UPM |
Fazit
Egal ob außen, innen, beim Fahrverhalten oder den Motoren: Der BMW 5er wirkt nicht wirklich wie ein radikal neues Auto, eher wie der behutsame Feinschliff an etwas, das vorher schon sehr sehr gut war. Das ist nicht mega-aufregend, aber ziemlich perfekt. In Sachen Connectivity und Fahrhilfen geht der 5er wieder in Führung, beim Fahrverhalten setzt er Maßstäbe. Das Ganze wie immer zu ziemlich selbstbewussten Preisen. Vor allem, wenn man großzügig mit den Extras umgeht, wird es schnell richtig teuer. + klassenbestes Fahrverhalten; führend bei Connectivity- und Fahrhilfe-Features; großartige Motoren; stark verbesserte Innenraum-Qualität - wirkt nicht wirklich wie ein neues Auto; kleine Probleme beim autonomen Fahren; hohe Preise und AufpreiseTestwertung
Quelle: auto-news, 2016-11-27
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