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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 19. September 2016
Auto Emocion gegen deutsches Premium - Seat Ateca gegen BMW X1. Wer hat im Duell der Kompakt-SUVs die Nase vorne?

München gegen Barcelona - das ist im Fußball ein würdiges Champions-League-Finale. Bei den Autos trennen die spanische VW-Tochter vom Münchner Hersteller im Selbstverständnis ein bis zwei Preis- und auch Anspruchs-Klassen. Hier bayerisches Mia-san-mia-Premium, dort die flippig-jugendlichen Deutsch-Spanier. Trotzdem sind die technischen Voraussetzungen recht ähnlich, seitdem sich BMW beim X1 mit dem internen Code F48 vom Heckantrieb verabschiedet hat, während der Ateca sich die Plattform mit dem VW Tiguan teilt, also aktuelle VW-Technik an Bord hat. Alleine das macht ihn schon zum Augenhöhe-Konkurrenten für den BMW. Beweis gefällig? Der Ateca hat zum Beispiel einen Spurwechsel-Assistenten, den man in der X1-Preisliste vergeblich sucht und Handy-Besitzer freuen sich über ein induktives Ladefeld, bei dem auch noch das Telefon-Signal verstärkt. Auch unter der Motorhaube herrscht Gleichstand: Die beiden Vierzylinder-Diesel leisten jeweils 140 kW /190 PS. Selbst das maximale Drehmoment ist mit 400 Newtonmetern identisch. Zumal beide SUVs mit Allradantrieb ausgestattet sind.

Kein Wunder, dass die Fahrleistungen sich ebenfalls gleichen: Den Sprint von null auf 100 km/h absolviert der etwas leichtere Spanier um einen Wimpernschlag schneller in 7,5 Sekunden (BMW: 7,6 Sekunden), während bei der Höchstgeschwindigkeit der BMW den Seat mit 219 km/h um sieben Stundenkilometer abhängt. Die Vierzylinder sind bei beiden Fahrzeugen keine Leisetreter und bei beiden Aggregaten ist ein Turboloch spürbar, ehe es ab 2.000 U/min forsch vorangeht. Auf der Straße zeigen sich dagegen durchaus Unterschiede. Der BMW wirkt leichtfüßiger und beim Seat sind die Fahrmodi deutlich gespreizt. Wo beim Ateca "Eco" draufsteht, ist auch "Eco" drin, da der Spanier in dieser Einstellung deutlich mit gebremstem Schaum unterwegs ist. Im Sport-Modus agiert das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe knackiger und auch die Lenkung ist straffer, ist aber nach wie vor indifferenter, nicht ganz so präzise und gibt weniger Rückmeldung als das bayerische Steuer.

Der BMW X1 spielt die dynamische Karte mit Verve und ist vor allem im Athletik-Modus spitzer, präziser und bleibt auch in engen Kurven auch dann neutral, während der Seat seinen Unmut mit scharrenden Vorderrädern kundtut. Das bedeutet nicht, dass der Ateca kein gutes Auto ist. Auch ohne variable Dämpfer macht der Spanier eine gute Figur, nur in forsch angegangenen Kurven neigt sich der Atec zur Seite. Das komfortabel abgestimmte Fahrwerk zeigt seine Stärke vor allem bei schlechten Straßen und langen Strecken. Das schafft der grundsätzlich straffer abgestimmte BMW auch, allerdings mit adaptiven Dämpfern, die 500 Euro extra kosten. Beim Gestühl setzt sich die Unterscheidung fort: Im X1 umklammern einen die Sportsitze, im Ateca fehlt der Seitenhalt weitgehend.

Die Bedienung des Seats gibt keine großen Rätsel auf. Das meiste läuft ähnlich, wie bei anderen Modellen des VW-Konzerns über den Acht-Zoll-Touchscreen, der Teil des Top-Infotainment-Pakets für 1.355 Euro ist. Bei den Assistenzsystemen hilft das Technikregal des Bruder-Konzerns: Stau-Assistent bis 60 km/h, adaptiver Tempomat, beim Parken wird der Fahrer unterstützt (im Paket für 945 Euro, bei BMW sind für ein ähnliches Paket 1.120 Euro fällig), Voll-LED-Licht (999 Euro nur für die Top-Ausstattung), eine 360-Grad-Kamera (550 Euro) und sogar eine ausklappbare Hängerkupplung (für immerhin 790 Euro). Der BMW hat viele dieser Details ebenfalls an Bord, kontert mit Annehmlichkeiten wie einem Head-Up-Display (ist in Navigations-Plus für 2.690 Euro enthalten) oder einem Concierge-Service, bei dem eine Hotline dem Fahrer zur Seite steht. Ein dickes Minus gibt es allerdings für den Tempomaten, der ab 140 km/h viel zu früh den Dienst quittiert. Die Bedienung über den Drehknopf ist einfach und die Möglichkeit der Spracheingabe sehr gut. Da ist der BMW deutlich besser als der Seat, der den Fahrer bisweilen ermahnt, leiser zu sprechen.

Auch bei der Wertigkeit enttäuscht der Spanier, der mindestens 44.230 Euro kostet, nicht. Im Cockpit findet man Klavierlack, unterschäumte Flächen und ein paar Hartplastik-Knöpfe. Solide und sauber verarbeitet, aber nicht ganz so anmutig, wie beim BMW, wo Holzapplikationen die Wohnlandschaft veredeln. Allerdings findet man auch beim Münchner die Auswirkungen des Spar-Rotstifts der Controller. Einige Knöpfe und das Innere des Handschuhfachs sind aus Hartplastik. Was aber bei einem Auto, für das man 57.520 Euro hinlegen muss, und erst knapp 7.000 Kilometer auf dem Tacho hat wirklich sauer aufstößt, ist die Tatsache, dass eine Kante der Hutablage schon abgewetzt ist. Beim Platz schneidet der Seat, der mit 4,36 Meter um acht Zentimeter kürzer ist als der BMW, gut ab. Im Fond haben die Beine genügend Raum. Das maximale Fassungsvermögen des Ateca-Gepäckabteils ist mit 485 bis 1.579 Litern ähnlich dimensioniert wie beim BMW (505 bis 1.505 Liter). Dazu kommt eine niedrigere Ladekante, aber eine deutliche Stufe im Ladeboden, sobald man die Rückbanklehnen umlegt.

Fazit
Sowohl der BMW als auch der Seat leisten sich keine großen Schwächen und beides sind gute Autos. Der Münchner macht einiges ein bisschen besser als der Spanier und überzeugt vor allem im Fahrdynamik-Kapitel, aber ob das einen Mehrpreis von rund 13.000 Euro wert ist, muss jeder selbst entscheiden.
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: Autoplenum, 2016-09-19

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