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Testbericht

Stefan Grundhoff, 22. Januar 2010
Die Bayern haben ein neues Aushängeschild – und was für eines. Kein BMW ist mehr BMW als der neue 5er. Einsteigen und Spaß haben, selbst beim Cruisen.

Der Vorgänger des neuen 5er BMW galt gegenüber den Hauptkonkurrenten Mercedes E-Klasse und Audi A6 als wahre Fahrmaschine und wirkte mit seinem polarisierenden Design auch nach über sechs Jahren noch ungewöhnlich zeitgemäß. Doch nach viel hin und her ist der neue 5er endlich wieder einmal ein großer Wurf der Bayern; ein längst überfälliges Ausrufezeichen in Richtung Ingolstadt und Stuttgart. „So muss eine BMW-Limousine sein“, lässt sich der sonst wenig emotionale Entwicklungsvorstand Dr. Klaus Dräger beim neuen 5er fast schon zu einer wahren Gefühlswallung hinreißen, „unsere 5er Kunden sind besonders treu, fahren besonders weite Strecken und sind schnell unterwegs. Der 5er muss somit zu 120 Prozent ein BMW sein.“

Beim Design ist die Bangle-Ära im Hause BMW endlich vorbei. Die Fahrzeuge sehen wieder so sportlich und stimmig aus wie sie fahren; ohne Design-Schnick-Schnack mit klaren Zielen und Linien, die man erst mühsam erklären muss. Schließlich galt es beim neuen 5er BMW nichts zu riskieren. Die Limousine im zentralen Bayern-Mittelfeld muss gegen eine harte Konkurrenz aus dem In- und Ausland stechen. Die E-Klasse von Mercedes ist neu, der CLS kommt im Herbst und Audi schickt bald A6 und A7 ins Premiumfeld. Seit der Premiere der ersten 5er-Generation im Jahre 1972 wurden mehr als 5,5 Millionen Fahrzeuge gebaut. Dass der neue 5er in Sachen Fahrdynamik Maßstäbe setzen würde, war zu erwarten. Trotz vier Zentimeter mehr Länge und über 1,7 Tonnen fährt sich gerade der 4,90 Meter lange 535i leichtfüßig wie kein anderes Auto in dieser Klasse. Bei der Technik orientiert sich die Limousine dabei weitgehend am größeren Siebener. Wüsste es der Fahrer nicht besser - Sitze, Instrumente, Bedienelemente und selbst das Fahrgefühl könnten auch eine Klasse höher verbaut sein.

Das Platzangebot im Innenraum ist durch den um acht Zentimeter verlängerten Radstand angenehm gewachsen. Besonders die Passagiere im Fond wird es freuen. Der Kofferraum fasst 520 Liter. Sitze sowie Lenkrad lassen sich angenehm vielfältig verstellen und die Bedienelemente für Fensterheber und Spiegelverstellung liegen besser im Griff als bisher. Kanten, Leisten und Nähte sitzen vorbildlich. Weniger überzeugend ist der nach wie vor irrwitzig im linken Fußraum angebrachte Schalter für die elektrische Heckklappenbetätigung. Ebenfalls etwas störend: das leicht vom Fahrerblick abfallende Bedienmodul für das überzeugende iDrive.

Allein wer neue Triebwerke erwartet hatte, sieht sich enttäuscht. Bei den Motorisierungen bleiben Vierzylinder zum Marktstart außen vor. Sechszylinder mit Leistungen zwischen 204 und 407 PS verleihen dem Hecktriebler die bekannten Flügel. Im Sommer folgt ein besonders sparsamer 520d, der 184 PS stark, fünf Liter Diesel auf 100 Kilometern verbrauchen soll. Er verfügt zunächst als einziger über die zeitgemäße Start-Stopp-Automatik. Die meisten der Kunden dürften sich aus guten Gründen für die neue Achtgang-Automatik entscheiden, die jedoch noch mehr als ein Jahr ohne eine Start-Stopp-Funktion auskommen muss. Eine Hybridversion ist in Arbeit, dürfte jedoch kaum vor Ende 2011 folgen.

Bis auf weiteres ist der 407 PS starke 550i das Benziner-Topmodell. Doch auch besonders sportliche Fahrer dürften sich bei dem 306 PS starken 535i mehr als zu Hause fühlen. Motor und Achtstufen-Automatik zeigen sich exzellent aufeinander abgestimmt. Der Reihensechszylinder mit Turboaufladung hängt bissig am Gas. Wer sich für den Sportmodus der Getriebeautomatik und das Fahrdynamikprogramm Sport oder Sport Plus entscheidet, sieht seinem eigenen Tatendrang auf kurviger Strecke kaum Grenzen gesetzt. Sportlich konnte ein 5er schon immer. Doch im Komfortmodus zeigt sich der 535i so gleitwillig, wie nie zuvor. Neu entwickelt wurden nicht nur Achsen und Aufhängungen, sondern auch die Lenkung. So ist der 5er im Gegensatz zum 7er mit einer elektromechanischen Servolenkung ausgestattet, die Kraftstoff spart und trotzdem das bekannt präzise BMW-Gefühl vermittelt. Allein beim ersten Lenkimpuls kann das griffige Steuer kaum die Elektroeinflüsse verhehlen. Netter Nebeneffekt der Elektro-Lenkung ist die optionale Einparkautomatik.

Trotz aller Sportlichkeit musste der 5er BMW in seiner Klasse Maßstäbe in Sachen Verbrauch setzen. Der sparsamste Benziner ist bis auf weiteres der 204 PS starke 523i, der 7,6 Liter Super auf 100 Kilometern verbrauchen soll. Derweil soll sich ein 535i mit 8,5 Litern zufrieden geben. Den Spurt 0 auf 100 km/h schafft der 1,7 Tonnen schwere Hecktriebler in sechs Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit wird bei 250 km/h abgeriegelt. Das maximale Drehmoment von 400 Nm steht Dank doppelter Turboaufladung und Direkteinspritzung ab 1.200 U/min zur Verfügung.

Der Einstieg in die neue 5er-Welt beginnt beim BMW 523i für 41.900 Euro. Günstiger ist ab Sommer nur der 520d, der bei 39.950 Euro startet. Der Basispreis für den ebenfalls schwach ausgestatteten BMW 535i liegt bei 50.300 Euro. Dafür gibt jedoch in dieser Fahrzeugklasse kaum mehr als das nötigste. Selbstverständlichkeiten wie elektrische Ledersitze, Xenonlicht, Komfortklimaautomatik und eine standesgemäße Festplattennavigation lassen sich die Bayern auch bei der neuesten 5er-Generation teuer extra bezahlen. Das gilt auch für die zahlreichen Fahrerassistenzsysteme wie Abstandstempomat, Nachtsichtgerät, Überhol- und Spurwechsel- oder Fernlichtassistent. Bekommen kann man fast alles – doch serienmäßig ist fast nichts. So kostet ein gut ausgestatteter BMW 535i zum Marktstart am 20. März nicht 50.300, sondern weit mehr als 60.000 Euro. Im Sommer lässt BMW die Touringversion folgen. Ende des Jahres kommen zusammen mit dem 5er GT die Allradversionen xDrive.

Quelle: Autoplenum, 2010-01-22

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