Autoklassiker: Opel Kadett B - Per Aspera ad Astra
Testbericht
Mit dem neuen Astra bläst Opel zum Generalangriff auf den Golf. Einst etablierten sich die Rüsselsheimer mit dem Kadett B als feste Größe in der Kompaktklasse. Zeit für eine Ausfahrt mit dem Astra-Urahn.
Dieses Auto ist so gemütlich wie ein Kaffeekränzchen am Sonntagnachmittag. Mit einer sanften Schaukelbewegung gleitet der Kadett über Bodenwellen hinweg und will nur hin und wieder mit ein paar Korrekturen am spindeldürren Volant auf Kurs gebracht werden. Was die Federung nicht wegsteckt, wird von den Sitzpolstern geschluckt, die ungefähr soviel Seitenhalt bieten wie ein Wackelpudding. Mit nicht mal 800 Kilogramm kommt der 1,1-Liter Vierzylinder gut zurecht, auch wenn je nach Ausstattung nur 45 bis 60 Pferdchen unter der Haube schlummern.
Der Opel Kadett B hat zwar kein Blumenväschen am Armaturenbrett wie der Käfer, dafür aber moderne Schalter, einen Tacho, der voller Optimismus bis 160 reicht und ein Handschuhfach mit schmucker Drehknopf-Öffnung. Die schwarzrot gemusterten Sitze harmonieren perfekt mit den Fußmatten. Die sehen zwar aus wie selbst gehäkelt - doch es gab sie beim freundlichen Opel-Händler als Zubehör. Im neuen Astra legt Opel viel Wert auf Ablagen – Becherhalter, Platz für 1,5-Liter Flaschen, Handy oder iPod. Beim Kadett wäre im gigantischen Fußraum zwar ohne Ende Raum für Ablagen. Doch die sucht man - abgesehen vom Handschuhfach - vergebens. Wozu auch? Der Kofferraum hat üppige Ausmaße und lässt neben dem Gepäck noch reichlich Spielraum für andere Sachen: Auf der linken Seite macht es sich das Reserverad bequem, rechts hat sich der 40 Liter große Kraftstofftank mitten im Aufprallbereich häuslich eingerichtet.
Kadett oder Käfer – bis in die frühen 70er Jahre hinein gab es auf diese Frage für logisch denkende Autofahrer eigentlich nur eine Antwort. Der Kadett war zwar etwas teurer als der Volkswagen – im August 1970 musste man für den kompakten Opel mit Stufenheck und zwei Türen 5840 D-Mark auf den Tisch legen, für einen Standard-Käfer 4695 Mark. Doch der Kadett bot mehr Platz für die Passagiere, mehr Laderaum, mehr Leistung und verbrauchte auch noch weniger Sprit. Trotzdem zog der Käfer dem Kadett bei den Verkaufszahlen davon. "Da weiß man, was man hat", frohlockte man in Wolfsburg.
Bis in die 60er Jahre hinein waren Opel und Volkswagen eigentlich keine Konkurrenten – VW baute den Käfer, Opel große Limousinen mit amerikanischem Einschlag. Erst mit dem Kadett gingen die Rüsselsheimer auf Käferjagd. Den Namen lieh man sich vom erfolgreichen Vorkriegsmodell, die Form des Wagens war allerdings kantig-modern. Extra für den Kadett baute Opel sein neues Werk in Bochum, in dem auch der neue Astra vom Band laufen wird. Von 1962 bis 1965 entstanden 650.000 Kadett A – nicht mehr als ein Achtungserfolg, krabbelten doch im gleichen Zeitraum 3,4 Millionen Käfer vom Band.
Erst mit dem Kadett B startete Opels Kompaktklasse richtig durch. Bis 1973 wurden mehr als 2,7 Millionen B-Kadetten gebaut. Der Wagen verringerte nicht nur bei den Verkaufszahlen den Abstand zum Käfer. Er war auch rundum das modernere Fahrzeug. Der Stolz auf den eigenen Fortschritt schlug sich sogar in der Betriebsanleitung des Kadett wieder, die mit den Worten beginnt: "Herzlichen Glückwunsch zu ihrem neuen Wagen, der in einem der modernsten Automobilwerke der Welt entstanden ist und alle neuzeitlichen Erkenntnisse der automobiltechnischen Entwicklung in sich birgt."
Der kompakte Opel bot außerdem eine nie da gewesene Variantenvielfalt. 12 Versionen standen zur Auswahl, darunter der Kombi namens Caravan, ein Rallye-Kadett und verschiedene Coupés. Eins davon lieferte sogar Ideen für den neuen Astra: "Bei der Gestaltung der C-Säule haben wir uns vom Kiemen-Coupé aus dem Jahr 1967 inspirieren lassen", sagt Astra-Chefdesigner Uwe Mueller. Beim D-Kadett (1979 bis 1984) brach Opel mit dem Prinzip des Hinterradantriebs und stellte (wie auch VW beim Golf) auf Frontantrieb um, was die Fahrsicherheit verbesserte und gleichzeitig Kosten sparte. Gegen den Verkaufsschlager Golf sollte der Kadett allerdings nie eine Chance haben – auch nicht, als der aerodynamische E-Kadett 1984 zum Auto des Jahres gekürt wurde.
Mit dem Astra F kam 1991 ein völlig neuer Wagen auf den Markt, der mit 4,1 Millionen gebauten Exemplaren bis heute Opels Beststeller-Liste in der Kompaktklasse anführt. In den frühen 90ern hatte die Marke mit dem Blitz dank Astra und Vectra ein frischeres und modernes Image als Erzfeind VW. Danach gingen die Verkaufszahlen nach unten – der Astra G verkaufte sich 3,95 Millionen mal, der Astra H (ab 2004) bis heute 2,2 Millionen mal. Auch mit dem viel versprechenden neuen Astra dürfte die mehr denn je umkämpfte Kompaktklasse ein hartes Brot für die Rüsselsheimer bleiben. Aber schon die alten Römer wußten: Per Aspera ad Astra - man gelangt nur durch Entbehrung zu den Sternen.
Dieses Auto ist so gemütlich wie ein Kaffeekränzchen am Sonntagnachmittag. Mit einer sanften Schaukelbewegung gleitet der Kadett über Bodenwellen hinweg und will nur hin und wieder mit ein paar Korrekturen am spindeldürren Volant auf Kurs gebracht werden. Was die Federung nicht wegsteckt, wird von den Sitzpolstern geschluckt, die ungefähr soviel Seitenhalt bieten wie ein Wackelpudding. Mit nicht mal 800 Kilogramm kommt der 1,1-Liter Vierzylinder gut zurecht, auch wenn je nach Ausstattung nur 45 bis 60 Pferdchen unter der Haube schlummern.
Der Opel Kadett B hat zwar kein Blumenväschen am Armaturenbrett wie der Käfer, dafür aber moderne Schalter, einen Tacho, der voller Optimismus bis 160 reicht und ein Handschuhfach mit schmucker Drehknopf-Öffnung. Die schwarzrot gemusterten Sitze harmonieren perfekt mit den Fußmatten. Die sehen zwar aus wie selbst gehäkelt - doch es gab sie beim freundlichen Opel-Händler als Zubehör. Im neuen Astra legt Opel viel Wert auf Ablagen – Becherhalter, Platz für 1,5-Liter Flaschen, Handy oder iPod. Beim Kadett wäre im gigantischen Fußraum zwar ohne Ende Raum für Ablagen. Doch die sucht man - abgesehen vom Handschuhfach - vergebens. Wozu auch? Der Kofferraum hat üppige Ausmaße und lässt neben dem Gepäck noch reichlich Spielraum für andere Sachen: Auf der linken Seite macht es sich das Reserverad bequem, rechts hat sich der 40 Liter große Kraftstofftank mitten im Aufprallbereich häuslich eingerichtet.
Kadett oder Käfer – bis in die frühen 70er Jahre hinein gab es auf diese Frage für logisch denkende Autofahrer eigentlich nur eine Antwort. Der Kadett war zwar etwas teurer als der Volkswagen – im August 1970 musste man für den kompakten Opel mit Stufenheck und zwei Türen 5840 D-Mark auf den Tisch legen, für einen Standard-Käfer 4695 Mark. Doch der Kadett bot mehr Platz für die Passagiere, mehr Laderaum, mehr Leistung und verbrauchte auch noch weniger Sprit. Trotzdem zog der Käfer dem Kadett bei den Verkaufszahlen davon. "Da weiß man, was man hat", frohlockte man in Wolfsburg.
Bis in die 60er Jahre hinein waren Opel und Volkswagen eigentlich keine Konkurrenten – VW baute den Käfer, Opel große Limousinen mit amerikanischem Einschlag. Erst mit dem Kadett gingen die Rüsselsheimer auf Käferjagd. Den Namen lieh man sich vom erfolgreichen Vorkriegsmodell, die Form des Wagens war allerdings kantig-modern. Extra für den Kadett baute Opel sein neues Werk in Bochum, in dem auch der neue Astra vom Band laufen wird. Von 1962 bis 1965 entstanden 650.000 Kadett A – nicht mehr als ein Achtungserfolg, krabbelten doch im gleichen Zeitraum 3,4 Millionen Käfer vom Band.
Erst mit dem Kadett B startete Opels Kompaktklasse richtig durch. Bis 1973 wurden mehr als 2,7 Millionen B-Kadetten gebaut. Der Wagen verringerte nicht nur bei den Verkaufszahlen den Abstand zum Käfer. Er war auch rundum das modernere Fahrzeug. Der Stolz auf den eigenen Fortschritt schlug sich sogar in der Betriebsanleitung des Kadett wieder, die mit den Worten beginnt: "Herzlichen Glückwunsch zu ihrem neuen Wagen, der in einem der modernsten Automobilwerke der Welt entstanden ist und alle neuzeitlichen Erkenntnisse der automobiltechnischen Entwicklung in sich birgt."
Der kompakte Opel bot außerdem eine nie da gewesene Variantenvielfalt. 12 Versionen standen zur Auswahl, darunter der Kombi namens Caravan, ein Rallye-Kadett und verschiedene Coupés. Eins davon lieferte sogar Ideen für den neuen Astra: "Bei der Gestaltung der C-Säule haben wir uns vom Kiemen-Coupé aus dem Jahr 1967 inspirieren lassen", sagt Astra-Chefdesigner Uwe Mueller. Beim D-Kadett (1979 bis 1984) brach Opel mit dem Prinzip des Hinterradantriebs und stellte (wie auch VW beim Golf) auf Frontantrieb um, was die Fahrsicherheit verbesserte und gleichzeitig Kosten sparte. Gegen den Verkaufsschlager Golf sollte der Kadett allerdings nie eine Chance haben – auch nicht, als der aerodynamische E-Kadett 1984 zum Auto des Jahres gekürt wurde.
Mit dem Astra F kam 1991 ein völlig neuer Wagen auf den Markt, der mit 4,1 Millionen gebauten Exemplaren bis heute Opels Beststeller-Liste in der Kompaktklasse anführt. In den frühen 90ern hatte die Marke mit dem Blitz dank Astra und Vectra ein frischeres und modernes Image als Erzfeind VW. Danach gingen die Verkaufszahlen nach unten – der Astra G verkaufte sich 3,95 Millionen mal, der Astra H (ab 2004) bis heute 2,2 Millionen mal. Auch mit dem viel versprechenden neuen Astra dürfte die mehr denn je umkämpfte Kompaktklasse ein hartes Brot für die Rüsselsheimer bleiben. Aber schon die alten Römer wußten: Per Aspera ad Astra - man gelangt nur durch Entbehrung zu den Sternen.
Quelle: Autoplenum, 2009-06-20
Getestete Modelle
Ähnliche Testberichte
Autoplenum, 2008-10-10
Autoklassiker: Opel Kadett 1.6 Aero - Obel ohneGanzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2020-05-14
Test: Opel Grandland X Hybrid4 - Potz-Plug-in-BlitzGanzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2020-02-25
50 Jahre Opel Ascona - Spiel, Satz, SiegGanzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2020-02-13
Test: Opel Corsa 1.2 DI Turbo - Der Kleine macht auf SportGanzen Testbericht lesen
Autoplenum, 2020-01-16
Opel Grandland X Hybrid4 - BlaulichtGanzen Testbericht lesen