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Testbericht

4. März 2009
Nizza (Frankreich), 2. März 2009 - Es gibt nur wenige Fahrzeuge, in die meine Mutter nicht einsteigen würde. Der Ford Focus RS steht zweifelsohne ganz weit oben auf der Liste der Nicht-Mama-kompatiblen Fahrzeuge. Zu auffällig, zu hart, zu laut und viel zu viel Leistung. Gott sei Dank haben Mütter aber nicht immer Recht. Meine autovernarrten Kumpels dagegen würden mir die Füße küssen, wenn ich sie mit dem Sport-Focus abholen würde: geile Optik, straffes Fahrwerk, super Sound und mehr als 300 Pferde unter der Haube. Wir waren in den französischen Seealpen um Nizza unterwegs auf der Suche nach der passenden Beschreibung für den Ford Focus RS.

RS steht für Rallye Sport Hinter dem Kürzel RS verstecken sich die "performanceorientierten" Modelle von Ford. Seit nunmehr 41 Jahren steht RS für den Begriff Rallye Sport. Der neue Focus RS ist der bislang stärkste Vertreter der RS-Familie und auch der derzeit potenteste Fronttriebler auf dem Markt. Zudem bildet er die Basis für das in abgewandelter Form in der WRC (World Rally Championship) eingesetzte Fahrzeug. Der 2,5-Liter-Fünfzylinder unter der Haube des Testwagens leistet 305 PS. Dabei generiert er ein maximales Drehmoment von 440 Newtonmeter, welches zwischen 2.300 und 4.500 Touren anliegt. Das breite Drehzahlband kommt vor allem den Zwischensprints auf der sehr kurvigen Testroute zugute.

Kein Turboloch 5,9 Sekunden vergehen, ehe eine auf der Landstraße illegale Geschwindigkeit von mehr als 100km/h erreicht ist. Auf Verbote kann ich aber momentan keine Rücksicht nehmen. Es macht einfach zu viel Spaß, nach der Kurve den Punch des Turboladers zu fühlen. Von einem Turboloch ist in keinster Weise etwas zu spüren und der gelungene Fünfzylinder schiebt den RS bei der kleinsten Berührung des Gaspedals nach vorne. Egal ob im zweiten, dritten oder vierten Gang, der Focus bläst immer zum Angriff.

Sportwagen-Sound ohne Aufpreis Untermalt wird die Gasstoß-Orgie vom Sound der klanglich nahezu perfekten Auspuffanlage. Beim Tritt auf das rechte Pedal geben die beiden Endrohre ein brummendes und zunehmend kreischendes Geräusch von sich. Beim Zurücknehmen des Gases erklingt zunächst das typische Luftablassgeräusch des Turboladers und dann ein tiefes, Nackenhaare aufstellendes Bollern. Bei Porsche zahlt man für solch einen Sportauspuff-Sound einen gehörigen Aufpreis, Ford spendiert dem Focus RS das Klangerlebnis serienmäßig.

Keine Antriebseinflüsse bei der Lenkung Wider aller Erwartungen macht sich die Kombination von 305 PS und Frontantrieb nicht negativ bemerkbar. Im Gegenteil, die ursprünglich für die Rallyevariante Ford Focus WRC entwickelte Revo-Vorderachse reduziert den so genannten "torque steer", also die Antriebseinflüsse auf die Lenkung, auf ein absolutes Minimum. Die Besonderheit der neuen Achskonstruktion ist, dass sich der sonst aus einem Teil bestehende Achsschenkel in zwei Teile aufteilt: Eines fixiert das Federbein und den unteren Querlenker, das andere rotiert um die Lenkachse des Autos. So konnten die Ingenieure den kritischen Abstand zwischen Radmittelpunkt und der Lenkachse um mehr als die Hälfte minimieren. In der Praxis ist nur in den seltensten Fällen zu spüren, dass man in einem Fronttriebler sitzt. Der RS zirkelt wie auf Schienen um die Kurve und erinnert nicht im Geringsten an die durchgehend schwächeren Artverwandten, deren Vorderachskonstruktion eine starke Hand am Lenkrad erfordern. Lediglich beim maximalen Herausbeschleunigen aus engen Kurven geraten die Vorderräder ein wenig außer Kontrolle und suchen kurzzeitig nach Grip, was der Fahrzeugfront ein leichtes Schlingern beschert. Eine geübte Hand am Volant weiß dies mit einem festen Griff jedoch ohne Probleme zu verhindern. Vom Untersteuern ist der Focus RS aber soweit weg wie ein kurviges Bergsträßchen von einer vierspurigen Autobahn.

"Meinem Beifahrer wird gleich schlecht" Das Fahrwerk trifft die perfekte Mischung aus "straff genug für eine sportliche Gangart" und "weich genug für den Alltagsgebrauch". Kleine Schlaglöcher quittiert der Ford mit einem deutlich spürbaren Rumpeln, dennoch bleibt ein gewisses Maß an Restkomfort, das die Federung nicht allzu trocken wirken lässt. Ansonsten ist der Focus RS gewappnet für eine Fahrweise der Kategorie "meinem Beifahrer wird gleich schlecht". Es dauert sehr lange, bis sich die Reifen zum Quietschen bringen lassen und das sportlich ausgelegte ESP eingreifen muss. Jedoch kommt auch dann nie das Gefühl auf, dass die Elektronik die Herrschaft übernimmt und dabei Leistung verloren geht.

Vom World Rally Car inspiriert Passend zu den Genen wurde auch die Optik des Focus RS exzentrisch entworfen. Das Design erinnert nicht ganz ohne Grund an das Fahrzeug aus der World Rally Championship, welches dem Ford-Team bereits zweimal den Konstrukteurs-Titel sicherte. Die Front wird von dem üppig dimensionierten Lufteinlass und den beiden Entlüftungsöffnungen in der Motorhaube dominiert. Außerdem fallen neben der Spurverbreiterung vor allem die modifizierten Seitenschweller auf. Am Hinterteil thront ein ebenfalls vom World Rally Car inspirierter Heckspoiler. Ein Diffusor sowie zwei dicke verchromte Endrohre komplettieren das sportliche Äußere. Die aufpreispflichtige Lackierung in Ultimate-Green-Metallic soll an die Farbe der WRC-Fords erinnern und ist zudem eine Hommage an das klassische Le-Mans-Grün des Escort RS 1600 aus den 70er Jahren.

Knackiges Sechsgang-Getriebe Der Innenraum wird von den beiden zupackenden Recaro-Schalensitze geprägt. Das Gestühl passt wie angegossen und ist dank hervorragendem Seitenhalt vor allem in Serpentinen eine Wohltat. Im Fond sorgt eine konturierte Rückbank für den nötigen Seitenhalt der Passagiere. Von seinem Platz aus hat der Fahrer den Schalthebel des Sechsgang-Getriebes bestens im Griff. Zugunsten schnellerer Schaltzeiten wurde dieser verkürzt. Die satt einrastenden Gänge und der flott durch die Kulisse flutschende Hebel fügen sich nahtlos ins sportliche Gesamtbild des Focus RS. Auf dem Armaturenbrett sitzen die Anzeigen für den Druck des Turboladers, sowie für Öldruck und -temperatur. Bedauerlicher Weise verwendet Ford rund um das Radio sowie die Bedienelemente der Klimaanlage billig wirkendes Karbonimitat und Plastik.

Unschlagbares Preis-Spaß-Verhältnis Kostet soviel Fahrspaß nicht ein Vermögen? Weit gefehlt. Für unglaublich günstige 33.900 Euro steht der Ford Focus RS bei den Händlern. Für die 300-PS-Konkurrenz muss teilweise erheblich mehr berappt werden. Subaru verlangt für das Allradmodell Impreza WRX STI mit 300 PS 43.770 Euro, für den allradgetriebenen und 265 PS starken Audi S3 sind 36.950 Euro fällig. Ein 306 PS starker BMW 135i mit Heckantrieb schlägt mit mindestens 39.400 Euro zu Buche.
Technische Daten
Antrieb:Front
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Schaltgetriebe
Motor Bauart:Reihenmotor mit Turbolader
Hubraum:2.522
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:5
Leistung:224 kW (305 PS) bei UPM
Drehmoment:440 Nm bei 2.300 bis 4.500 UPM
Preis
Neupreis: 33.900 € (Stand: März 2009)
Fazit
Der Ford Focus RS ist eine echte Spaßmaschine. Fahrwerk und Motor machen dermaßen viel Laune, dass ich am liebsten gar nicht mehr ausgestiegen wäre. Passend dazu liefern die Endrohre einen Sound, der von der ersten Sekunde an süchtig macht. Vor allem das Pfeifen und Blasen des Turboladers ist ein Genuß. Die Optik des giftgrünen Testwagens muss man mögen. Freunde der sportlichen Fortbewegung werden damit aber keine Probleme haben, was interessiert, ist das Preis-Spaß-Verhältnis. Und das ist beim Sport-Ford unschlagbar. Auch wenn meine Mutter da ganz anderer Meinung wäre.
Testwertung
5.0 von 5

Quelle: auto-news, 2009-03-04

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