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Testbericht

13. Juli 2007
München, 28. Juni 2007 – Regen, nichts als Regen. Wochenlang strahlte über Deutschland die Sonne und pünktlich zum Testbeginn unseres giftgrünen Porsche 911 GT3 RS stellte sich das Dauernass von oben ein. Grün ist ja bekanntlich die Farbe der Hoffnung. Das Einzige, was ich momentan hoffe, ist dass endlich dieser verdammte Niederschlag aufhört. Zwei Stunden lang eine trockene Fahrbahn, mehr will ich doch gar nicht. Homologationsfahrzeug für den Motorsport Porsche 911 GT3 RS, der Name klingt unter Motorsportfreunden laut wie ein Donnerhall. Das Basismodell, der 911 GT3, stellt das Bindeglied zwischen Straßensportwagen und Rundstrecken-Rennfahrzeug da. Der GT3 RS erfüllt als abgespeckte Variante alle Anforderungen an straßenzugelassene Rennwagen und wird serienmäßig als Clubsportversion ausgeliefert. Er dient außerdem als Homogolationsfahrzeug für die Zulassung des 911 GT3 RSR zum Motorsport. Der erfolgreiche Rennwagen gewann beispielsweise in den Jahren 2006 und 2007 das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring.

20 Kilo leichter dank Gewichtstuning Die optischen Unterschiede des RS zum kleinen Bruder GT3 sind bis auf den üppigen Heckflügel kaum der Rede wert. Laut Porsche sollen sie aber auf der Rennstrecke die entscheidenden Zehntelsekunden beim Kampf um Sieg oder Niederlage bringen. So wurde zum Beispiel am Heck des RS die um 44 Millimeter breiter Hinterachse aus den allradgetriebenen Carrera-4-Modellen verbaut, außerdem ist das Heckfenster aus Kunststoff. Der einstellbare Heckflügel sowie der Heckdeckel sind aus Gründen der Gewichtsersparnis aus Kohlefaser. Ebenso fielen die Klimaanlage (kann ohne Aufpreis bestellt werden) und das Zweimassenschwungrad, das durch ein Einmassenschwungrad ersetzt wurde, der Gewichtsoptimierung zum Opfer. Nach der Diät wiegt der RS trotz Sicherheitskäfig 20 Kilo weniger als der normale GT3 und bringt vollgetankt 1.375 Kilo auf die Waage. Mit Vorsicht zu genießen! Nichts zu machen. Der Wettergott scheint heute nicht auf meiner Seite zu sein. Mit 110 km/h „schleiche“ ich höchstkonzentriert über die Autobahn. Die montierten 305er-Semislicks von Michelin verstehen bei Nässe absolut keinen Spaß. In Kombination mit Spurrillen auf der Fahrbahn kann es durchaus passieren, dass das Heck des GT3 RS völlig unvermittelt ausbricht. Selbst beim gemütlichen Mitrollen im Feierabendverkehr auf der Autobahn ist es mir zweimal passiert, dass die plötzlichen Gefühlsregungen des Zuffenhauseners meinen Adrenalinspiegel schlagartig ansteigen liessen. Das fehlende ESP trägt einen nicht unerheblichen Teil zur steten Grundnervosität bei feuchter Fahrbahn bei. Also tun Sie sich und Ihrem Finanzberater bei der Bank einen Gefallen und lassen Ihren GT3 RS bei dem kleinsten Anzeichen von schlechtem Wetter in der Garage stehen.

Motor dreht spontaner hoch als beim GT3 Unter dem monströsen Heckspoiler aus Karbon ist weitgehend derselbe Sechszylinder-Boxer verbaut wie im GT3. Das Hochdrehzahl-Aggregat leistet mit einem Hubraum von 3,6 Litern imposante 415 PS bei 7.600 Umdrehungen pro Minute. Die maximale Drehzahl wird bei 8.400 Touren erreicht. Das Triebwerk wuchtet bei Bedarf bis zu 405 Newtonmeter Drehmoment auf die verbreiterte Hinterachse. Dank der Gewichtsersparnis von 20 Kilogramm, dem Einmassenschwungrad und dem etwas enger gestuften Sechsganggetriebe soll der Motor noch spontaner hoch drehen und den GT3 RS noch agiler machen. Ergebnis dieser kleinen, aber feinen Veränderungen ist ein, im Vergleich zum GT3, um eine Zehntelsekunde schnellerer 100-km/h-Sprint von 4,2 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt mit 310 km/h so hoch, dass man sich auch auf deutschen Autobahnen sehr genau überlegen sollte, wann und wo man dem Schwaben die Sporen gibt. Der GT3 RS birgt Suchtpotenzial Wer einen Porsche GT3 RS sein Eigen nennen darf, befindet sich eigentlich ständig mit einem Bein im Gefängnis. Auch ich ertappe mich immer wieder dabei, dass ich beim Ampelstart unnötig viel Gas gebe, nur um den unglaublich infernalisch kreischenden und Nackenhaare aufstellenden Sound des Doppelendrohres mit einem breiten Grinsen zu genießen. Kurze Gasstöße werden unmittelbar und direkt in Vortrieb umgesetzt. Vom ersten Moment an macht die atemberaubende Beschleunigung des Meisterstücks deutscher Ingenieurskunst absolut süchtig. Die oberen Geschwindigkeitsregionen erreicht unser rasender Frosch erschreckend einfach, jedoch werden dann auch sehr langgezogene Autobahnkurven zum Vabanque-Spiel.

Lobeshymnen von Walter Röhrl Die Rennsportlegende Walter Röhrl verliert über den GT3 RS und seinen kleinen Bruder folgende Worte: „Der GT3 und der GT3 RS sind sehr leicht, haben unheimlich leistungsfähige Bremsen, tolle Fahrwerke und Motoren, die mich begeistern. Sie sind so nah am Rennwagen, wie es für den Einsatz auf der Straße eben geht. Das sind für mich richtige Porsche.“ Aus dem Mund des zweifachen Rallye-Weltmeisters kommt das einem Ritterschlag durch die Queen gleich. Und in der Tat, zwei Leichtbau-Schalensitze aus Kohlefaser-Verbundmaterial und das aus einem Überrollkäfig, einer Vorrüstung für einen Batteriehauptschalters, beigelegtem Sechspunktgurt sowie Feuerlöscher bestehende Clubsportpaket machen deutlich, dass der RS sofort bereit wäre, auf jedem x-beliebigen Rundkurs Bestzeiten auf den Asphalt zu zaubern. Abartig hohe Kurvengeschwindigkeiten Doch der schnelle Hecktriebler macht nicht nur auf der Rennstrecke eine gute Figur. Auf meiner kurvigen Haus-und-Hof-Strecke beweist er mir, dass einfach nichts über die Straßenlage eines Porsche geht. Die breitere Hinterachse und die Semislicks erlauben – sofern die Straße trocken ist – abartig hohe Kurvengeschwindigkeiten. Die Querbeschleunigung drückt mich so fest in die Sportsitze, dass ich das Gefühl habe, eher würden die Seitenwangen der Karbon-Sitzschalen brechen, als dass die Reifen den Grip verlieren. Auch bei mehreren schnellen Richtungswechseln hintereinander liegt der Porsche stoisch ruhig auf der Straße. Das per Knopfdruck verstellbare Fahrwerk hinterlässt hier einen tadellosen Eindruck. Freilich ist der sportlich-hart gefederte GT3 RS keine Komfortsänfte, aber mit der Zeit gewöhnt man sich tatsächlich an das Scheppern beim Überfahren kleinster Bodenunebenheiten. Passend zum puristischen Fahrgefühl knarzt der Überrollkäfig in jeder Kurve. Ist der Motor auf Betriebstemperatur, stimmt ein nicht zu überhörendes, aber völlig normales Getrieberasseln in das Konzert des Porsche ein.

Lenkung erfordert Schmalz in den Oberarmen Wie man es von einem Rennwagen erwartet, ist die Kupplung unglaublich hart. Auch hier ist eine gewisse Eingewöhnungszeit erforderlich. Die Schaltwege des Sechsgangsgetriebes sind passend zur Kupplung kurz und knackig. Die Lenkung erfordert vor allem bei niedrigem Tempo aufgrund der breiten Reifen ordentlich Schmalz in den Oberarmen. Bei höheren Geschwindigkeiten ist die Nullstellung des Lenkrades deutlich zu spüren, das sehr direkte Lenkgefühl wird dadurch jedoch nicht negativ beeinflusst. Wie im Rennsport üblich, ist auch im Über-Porsche die Nullstellung mit einer gelben Ledermarkierung auf zwölf Uhr gekennzeichnet. Variierender Verbrauch Obwohl ich den GT3 RS wahrlich nicht geschont habe und auch nicht darauf bedacht war, Sprit zu sparen, brauchte der grüne Flitzer im Schnitt nur zwischen 13,3 und 14,3 Liter. Auf kürzeren Autobahnetappen mit Tempo 120 schaffte ich es den Verbrauch auf neun Liter zu drücken. Der Ehrlichkeit halber sei aber auch gesagt, dass der Bordcomputer ohne Probleme auch Werte jenseits der zwanzig Liter anzeigt, wenn der Zuffenhausener am Limit bewegt wird.

Blickfang ab 133.012 Euro Der Grundpreis des Porsche GT3 RS liegt bei 133.012 Euro. Das sind exakt 22.134 Euro mehr als für den 110.878 Euro teuren GT3. Ich wage fast zu behaupten, dass ein Otto-Normal-Porsche-Kunde den Unterschied zwischen den beiden Rennboliden nicht auszumachen vermag. Allerdings schlägt unsere grüne Rennsemmel den ohnehin schon auffälligen GT3 im Ampel-Image um Längen. In keinem anderen Testwagen erntete ich soviel Blicke wie im GT3 RS. Aus Vernunftgründen sollten Sie sich jedoch für den herkömmlichen GT3 entscheiden. Er leistet annähernd soviel wie sein großer Bruder, ist aber um einiges billiger. Aber wer handelt beim Kauf eines Porsche schon vernünftig?

Extras zum Wert eines Kleinwagens Spätestens beim Durchstöbern der Sonderausstattungsliste sind Sie dann aber wieder auf dem Boden der Vernunft zurück. Unser Testwagen war mit allem ausgestattet, was gut und teuer ist: eine Keramikbremsanlage für 8.710 Euro, die beiden Leichtbau-Schalensitze für 4.700 Euro, die Lederausstattung für 2.475 Euro und ein Navigationssystem für 2.889 Euro sind nur einige Beispiele. Da fallen die 2.285 Euro für die auffällige Sonderlackierung in grün kaum noch ins Gewicht. Summa summarum stecken in unserem Testexemplar Extras für 18.885 Euro. Das entspricht dem Neupreis eines 115 PS starken VW Golf 1.6 FSI Trendline.
Technische Daten
Antrieb:Heckantrieb
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Schaltgetriebe
Motor Bauart:Sechszylinder-Boxermotor
Hubraum:3.600
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:6
Leistung:305 kW (415 PS) bei UPM
Drehmoment:405 Nm bei 5.500 UPM
Preis
Neupreis: 133.012 € (Stand: Juni 2007)
Fazit
Der Porsche 911 GT3 RS lässt sich mit Worten nur schwerlich beschreiben. Motor, Getriebe, Fahrwerk und Sound sind für Freunde der sportlichen Fortbewegung auf vier Rädern mit dem nötigen Kleingeld schlichtweg ein Traum. Bei Trockenheit erreicht der grünen Flitzer nie erahnte Kurvengeschwindigkeiten bei einem gleichzeitigen Gefühl von absoluter Sicherheit. Der Mehrpreis von über 22.000 Euro gegenüber dem GT3 ergibt sich aus dem geschraubten Überrollkäfig, der breiteren Hinterachse, dem Einmassenschwungrad, 20 Kilogramm weniger Gewicht auf den Rippen und dem größeren Heckflügel aus Karbon. An dieser Stelle sei aber ganz klar gesagt, dass der GT3 RS vornehmlich auf der Rennstrecke bewegt werden will. Nur hier – und wirklich nur hier – lassen sich von einem Profi die marginal unterschiedlichen Fahreigenschaften der beiden Boliden herausarbeiten. Für alle weniger rennsportambitionierten Porsche-Fans und den normalen Einsatz auf der Straße reicht der herkömmliche GT3 völlig aus.
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: auto-news, 2007-07-13

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