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Testbericht

Stefan Grundhoff, 27. November 2014
Vor Jahren war AMG nicht mehr als der sportlich-elitäre Spartenableger von Mercedes. Doch die Affalterbacher mausern sich zum Volumendynamiker. Bis 2017 sind bis zu 70.000 Fahrzeuge geplant.

Von der kleinen Sportwagenschmiede im hinterweltlerischen Niemandsland nordwestlich von Stuttgart ist auf den ersten Blick nicht viel geblieben. Wer AMG besucht, blickt auf eine Hightech-Fabrik, die nicht in diese Region zu passen scheint und den Großteil des Ortes Affalterbach darstellt. "Unsere Wurzeln liegen im Motorsport", unterstreicht AMG-Chef Tobias Moers, "und diesen Motorsport wollen wir ins tägliche Leben bringen." Das geschieht erfolgreicher denn je und hinterlässt insbesondere in Ingolstadt und München seit lange Gesichter, denn während Quattro GmbH und die M GmbH bisweilen mehr als ungeliebte Konzernannexe nach ihrer Bestimmung suchen, sieht das bei Mercedes und AMG ganz anders aus.

Erst ein paar Rennwagen, dann nachgeschärfte Volumenmodelle, ein paar hundert, ein paar tausend und dann immer mehr. Schneller als die Verantwortlichen von Daimler und Mercedes es erwartet hatten, explodierten in den vergangen Jahren die Verkaufszahlen. "Ursprünglich sollten es 2017 einmal 30.000 verkaufte Modelle pro Jahr werden", legt Moers nach, "doch dieses Jahr werden es bereits deutlich über 40.000 Verkäufe sein. Wir mussten unsere Planungen daher korrigieren - nach oben." Und wie: bis zum Jahr 2017 sollen es nunmehr mindestens 65.000 Fahrzeuge pro Jahr sein. Hinter vorgehaltener Hand spricht man zwischen Sindelfingen und Affalterbach bereits von 70.000 bis 80.000 AMG-Verkäufen pro Jahr; China und den USA sei Dank.

Möglich machen sollen das nicht nur neue Modelle, sondern eine Zwischenlinie mit Namen "AMG Sport". Diese ist, abgeleitet vom erfolgreichen Testballon Mercedes A 250 Sport, zwischen den normalen Mercedes-Modellen und den AMG-Varianten positioniert. Den Auftakt bilden der Mercedes C 450 AMG und der GLE 450 AMG, die beide ihre Weltpremiere auf der Detroit Motorshow Mitte Januar feiern. "Wir sprechen hier von deutlichen baulichen Veränderungen und einem erfahrbaren Unterschied, betont AMG-Chef Tobias Moers, der zuvor lange Jahre Chefentwickler im Hause war, "die Modelle haben aufgeladene Sechszylinder, Allradantrieb und 40 bis 50 Kilowatt mehr Leistung." Heißt der Mercedes C 450 AMG wird im Vergleich zu seinem Stammvater C 400 4matic mit seinen 333 PS letztlich rund 400 PS Leistung in sich tragen. Damit unterscheidet sich die Sportlinie im Hause AMG nennenswert von den S- und Performance-Modellen bei Audi und BMW, deren Leistungszuwächse und Veränderungen zumeist deutlich kleiner ausfallen. Das hat jedoch auch seinen Preis, denn letztlich sollen sich die AMG-Sportmodelle genau in der Mitte zwischen Mercedes-Normalmodell und der regulären AMG-Variante einfügen.

Mercedes hat bis zum Jahre 2020 mindestens zwölf neue Modelle angekündigt, die keinen Vorgänger haben. "Wir werden bei neun davon eine AMG-Variante bieten, die keinen Vorgänger hat. Unseren GT nicht eingerechnet", so Moers. Da dürfte der Konkurrenz erneut ein Schrecken in die Glieder fahren, denn derartige konzerninterne Freifahrten gibt es derzeit bei keinem anderen. Die M GmbH sucht sich im Ökokleidchen von i8, i3 und efficient dynamics nach wie vor selbst, während die Quattro GmbH von Audi ebenfalls an der ganz kurzen Leine gehalten wird. AMG hat sich dagegen mehr vorgenommen. "Wir wollen auf Augenhöhe mit dem besten deutschen Sportwagenhersteller sein", sagt Tobias Moers und drückt sich darum, Porsche als den neuen Hauptwettbewerber auszurufen. BMW mit seiner M GmbH und Audi mit der Quattro-Abteilung scheinen im Rückspiegel der umtriebigen Schwaben längst verschwunden zu sein.

Doch es waren nicht nur die Volumen. Dem Motorsport soll bei AMG eine noch größere Bedeutung zukommen als bisher. 2016 wird der neue GT als GT3-Version in die weltweiten Rennserien eintauchen. Dafür, dass die hohen Ziele auch realisierbar sind, sollen insgesamt 1.300 Mitarbeiter und ein betont enger Entwicklungsdraht nach Sindelfingen zur Daimler-Zentrale sorgen. So kommt es auch, dass AMG längst für alle Zwölfzylindertriebwerke im Konzern verantwortlich zeichnet und die neue Achtzylindergeneration eng mit der Neuentwicklung des Vierliter-V8 aus dem GT verwoben sein soll. Und auch die Hybriderfahrungen aus der abgelaufenen Formel-1-Saison werden sich für die Kunden auszahlen. Sowohl AMG-Versionen als auch die zahmeren AMG Sportmodelle sollen mittelfristig ebenfalls Hybridmodule bekommen, die den Verbrauch senken, jedoch insbesondere neue Dynamik bringen sollen.

Quelle: Autoplenum, 2014-11-27

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