35 Jahre Golf GTI - Böser Biedermann
Testbericht
Vor 35 Jahren wagte Wolfsburg den ersten Ausflug zur Dunklen Seite der Macht. Der Golf GTI war unvernünftig, ungestüm und völlig untypisch für einen Volkswagen. Umso mehr Spaß macht die federleichte Ur-Rennsemmel heute.
Jetzt geh‘ schon rüber, Mann! 1976 hatten manche Volkswagen-Piloten mit einem Problem zu kämpfen. Die linke Autobahnspur räumen, und das für diesen kastenförmigen Käfer-Ersatz? Das ließ sich ein Mercedes-Pilot nicht bieten. Dabei gab es doch jetzt den Golf mit 110 PS. Frech hatte Volkswagen das GTI-Logo an der linken Kühlergrillseite platziert, damit man es im Rückspiegel bloß nicht übersah. Fehlte eigentlich nur noch eine spiegelverkehrte Schrift, aber diese Angeberei hatte ja schon BMW mit dem 02 Turbo versucht.
Die erste Generation des Golf GTI fährt sich immer noch sportlich. Und ihre Domäne ist damals wie heute nicht die Autobahn, sondern die Landstraße. Unter der eckigen Haube röhrt der 1,6 Liter große Vierzylinder-Einspritzer unternehmungslustig vor sich hin. Die Hände umklammern das Dreispeichen-Volant, wegen seiner becherförmigen Nabe auch „Spucknapf-Lenkrad“ genannt. Die Kupplung lässt sich nur schwer dosieren, und 110 PS klingt nicht nach viel. Aber schon beim ersten Sprint merkt man, wie federleicht der Wagen ist. Keine 900 Kilo bringt er auf die Waage. In 9,2 Sekunden von 0 auf 100 Sachen und Tempo 80 bereits nach sechs Sekunden, damit war man wer auf dem Weg zur Disko.
Auch ohne Turbolader wird der Ur-GTI munter – wenn man ihn mit reichlich Drehzahl füttert, denn erst ab 5000 Touren geht die Post ab. Das Popometer freut sich über die schwarz-roten Karo-Sitze und versucht, durch das weiche Polster die Rückmeldung von der Fahrbahn zu analysieren. „Sportlich-straff“ wäre im Vergleich mit modernen Raumlenkerachsen bei den alten GTI-Beinen zuviel gesagt. Und man muss schon mit Nachdruck am Lenkrad zerren, damit der Wagen das macht, was man will. Aber VW betonte im ersten, erschreckend trocken formulierten GTI-Prospekt schließlich, das Auto solle „sportlich-luxuriös“ sein und nicht „sportlich-spartanisch“.
Der allererste GTI hatte trotzdem karge Blechstoßstangen und war lausig gegen Rost geschützt. Eigentlich planten die Wolfsburger nur eine kleine Serie von 5000 Fahrzeugen, doch die Nachfrage nach der Asphaltfräse riss trotz des saftigen Preises von 13.850 D-Mark - ein Standard-Golf war 1976 schon ab 9200 Mark zu haben - nicht ab. 1979 folgten ein zartes Facelift mit Kunststoffstoßfängern und eine etwas bessere Rostvorsorge. Die Leistung des Wagens kletterte schnell: Das Ur-Modell schöpfte aus 1,6 Litern Hubraum 110 PS, ab 1982 waren es 112 PS aus 1,8 Litern. 1983 kam mit dem Pirelli-GTI das erste Sondermodell auf den Markt. „Sonst gab es damals ja nichts“, erinnert sich Rennsport-Legende Hans-Joachim Stuck an die Zeiten des ersten GTI, „wenn man mal einen 911er fahren durfte, war es ein Erlebnis. Und auf einmal war das mit dem GTI auch möglich. Auf einem anderen Level natürlich, aber für jedermann erschwinglich“, so Stuck.
Lange blieb der Wolfsburger Pistenschreck allerdings nicht allein. Sein Erfolg rief in den 80er Jahren zahlreiche Nachahmer auf den Plan. Opel hatte den Manta GT/E zwar schon vorher, rüstete ihn aber zum GSi auf und schickte einen hochgezüchteten Kadett hinterher. Peugeot stellte die Asphaltfräse 205 GTI auf die Räder. Knapp über 100 Pferdestärken reichten dem Sport-Golf bald nicht mehr aus. Die zweite Generation startete 1984 noch mit 112 PS, erstarkte aber bald auf 139 PS und war ab 1990 auch als 160 PS starker GTI G60 zu haben. Die dritte Generation beließ es bei 150 PS, die vierte brachte es auf maximal 180 PS und die fünfte auf 230 PS im Sondermodell Edition 30. Aktuell schöpft der GTI mit Turboaufladung aus zwei Litern Hubraum 210 PS.
Heute gibt es vom Ford Focus ST über den Mazda 3 MPS bis zum Opel Astra OPC zahllose Kompakte mit Nordschleifen-Ambitionen. Für VW wurde die Rennsemmel GTI zum Millionenseller, auch wenn sie sich im Lauf der Jahrzehnte eine Menge Wohlstandsspeck angefuttert hat. Nicht nur das Gewicht hat sich auf 1300 Kilogramm erhöht, auch die Zahl der technischen Helferlein und Komfortoptionen ist immens gewachsen. Der GTI hat jetzt ein elektronisches Sperrdifferenzial und variable Stoßdämpfer. Auf Wunsch kann der Wagen auf dem Disko-Parkplatz sogar automatisch einparken, wenn Papa in mahnender Erinnerung an seine eigene wilde GTI-Zeit den Nachwuchs lieber selbst zum Schwofen fährt und die Augen nicht mehr so richtig mitspielen.
Um den Geburtstag des schnellen Golf zu feiern, schickt VW Mitte Juni das Sondermodell Edition 35 ins Rennen und präsentiert es während der alljährlichen großen GTI-Sause am Wörthersee. Neu designte Stoßfänger, spezielle Felgen mit einem Hauch Retro-Charme und allerlei Embleme markieren den Jubiläums-Golf. Die Leistung haben die Wolfsburger natürlich auch erhöht – auf naheliegende 235 PS.
Jetzt geh‘ schon rüber, Mann! 1976 hatten manche Volkswagen-Piloten mit einem Problem zu kämpfen. Die linke Autobahnspur räumen, und das für diesen kastenförmigen Käfer-Ersatz? Das ließ sich ein Mercedes-Pilot nicht bieten. Dabei gab es doch jetzt den Golf mit 110 PS. Frech hatte Volkswagen das GTI-Logo an der linken Kühlergrillseite platziert, damit man es im Rückspiegel bloß nicht übersah. Fehlte eigentlich nur noch eine spiegelverkehrte Schrift, aber diese Angeberei hatte ja schon BMW mit dem 02 Turbo versucht.
Die erste Generation des Golf GTI fährt sich immer noch sportlich. Und ihre Domäne ist damals wie heute nicht die Autobahn, sondern die Landstraße. Unter der eckigen Haube röhrt der 1,6 Liter große Vierzylinder-Einspritzer unternehmungslustig vor sich hin. Die Hände umklammern das Dreispeichen-Volant, wegen seiner becherförmigen Nabe auch „Spucknapf-Lenkrad“ genannt. Die Kupplung lässt sich nur schwer dosieren, und 110 PS klingt nicht nach viel. Aber schon beim ersten Sprint merkt man, wie federleicht der Wagen ist. Keine 900 Kilo bringt er auf die Waage. In 9,2 Sekunden von 0 auf 100 Sachen und Tempo 80 bereits nach sechs Sekunden, damit war man wer auf dem Weg zur Disko.
Auch ohne Turbolader wird der Ur-GTI munter – wenn man ihn mit reichlich Drehzahl füttert, denn erst ab 5000 Touren geht die Post ab. Das Popometer freut sich über die schwarz-roten Karo-Sitze und versucht, durch das weiche Polster die Rückmeldung von der Fahrbahn zu analysieren. „Sportlich-straff“ wäre im Vergleich mit modernen Raumlenkerachsen bei den alten GTI-Beinen zuviel gesagt. Und man muss schon mit Nachdruck am Lenkrad zerren, damit der Wagen das macht, was man will. Aber VW betonte im ersten, erschreckend trocken formulierten GTI-Prospekt schließlich, das Auto solle „sportlich-luxuriös“ sein und nicht „sportlich-spartanisch“.
Der allererste GTI hatte trotzdem karge Blechstoßstangen und war lausig gegen Rost geschützt. Eigentlich planten die Wolfsburger nur eine kleine Serie von 5000 Fahrzeugen, doch die Nachfrage nach der Asphaltfräse riss trotz des saftigen Preises von 13.850 D-Mark - ein Standard-Golf war 1976 schon ab 9200 Mark zu haben - nicht ab. 1979 folgten ein zartes Facelift mit Kunststoffstoßfängern und eine etwas bessere Rostvorsorge. Die Leistung des Wagens kletterte schnell: Das Ur-Modell schöpfte aus 1,6 Litern Hubraum 110 PS, ab 1982 waren es 112 PS aus 1,8 Litern. 1983 kam mit dem Pirelli-GTI das erste Sondermodell auf den Markt. „Sonst gab es damals ja nichts“, erinnert sich Rennsport-Legende Hans-Joachim Stuck an die Zeiten des ersten GTI, „wenn man mal einen 911er fahren durfte, war es ein Erlebnis. Und auf einmal war das mit dem GTI auch möglich. Auf einem anderen Level natürlich, aber für jedermann erschwinglich“, so Stuck.
Lange blieb der Wolfsburger Pistenschreck allerdings nicht allein. Sein Erfolg rief in den 80er Jahren zahlreiche Nachahmer auf den Plan. Opel hatte den Manta GT/E zwar schon vorher, rüstete ihn aber zum GSi auf und schickte einen hochgezüchteten Kadett hinterher. Peugeot stellte die Asphaltfräse 205 GTI auf die Räder. Knapp über 100 Pferdestärken reichten dem Sport-Golf bald nicht mehr aus. Die zweite Generation startete 1984 noch mit 112 PS, erstarkte aber bald auf 139 PS und war ab 1990 auch als 160 PS starker GTI G60 zu haben. Die dritte Generation beließ es bei 150 PS, die vierte brachte es auf maximal 180 PS und die fünfte auf 230 PS im Sondermodell Edition 30. Aktuell schöpft der GTI mit Turboaufladung aus zwei Litern Hubraum 210 PS.
Heute gibt es vom Ford Focus ST über den Mazda 3 MPS bis zum Opel Astra OPC zahllose Kompakte mit Nordschleifen-Ambitionen. Für VW wurde die Rennsemmel GTI zum Millionenseller, auch wenn sie sich im Lauf der Jahrzehnte eine Menge Wohlstandsspeck angefuttert hat. Nicht nur das Gewicht hat sich auf 1300 Kilogramm erhöht, auch die Zahl der technischen Helferlein und Komfortoptionen ist immens gewachsen. Der GTI hat jetzt ein elektronisches Sperrdifferenzial und variable Stoßdämpfer. Auf Wunsch kann der Wagen auf dem Disko-Parkplatz sogar automatisch einparken, wenn Papa in mahnender Erinnerung an seine eigene wilde GTI-Zeit den Nachwuchs lieber selbst zum Schwofen fährt und die Augen nicht mehr so richtig mitspielen.
Um den Geburtstag des schnellen Golf zu feiern, schickt VW Mitte Juni das Sondermodell Edition 35 ins Rennen und präsentiert es während der alljährlichen großen GTI-Sause am Wörthersee. Neu designte Stoßfänger, spezielle Felgen mit einem Hauch Retro-Charme und allerlei Embleme markieren den Jubiläums-Golf. Die Leistung haben die Wolfsburger natürlich auch erhöht – auf naheliegende 235 PS.
Quelle: Autoplenum, 2011-05-30
Getestete Modelle
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