Ich fahre nun seit fast 2 Jahren meine englische 99er Hass-Liebe, welche nun aber doch einem Stern weichen muss.
Das hat natürlich seine Gründe:
- hoher Verbrauch
- lediglich akzeptable Leistung
- hohe Reparaturkosten
- schwierige Ersatzteilbeschaffung
Dennoch habe ich dieses Auto mehr als geliebt. Ich bin 27 und bekomme von fast jedem ein "Aha, mit Papis Auto unterwegs." oder ähnliche Sprüche an den Kopf geworfen. Keiner vermutet, dass ich das gute Stück damals für 2.600€ gekauft habe, und eine LPG-Anlage war auch drin... sogar kaufentscheident.
Denn da LPG derzeit so 70-85 Cent kostet (je nach Jahreszeit und Laune der Tankwarte) ist es nur halb so teuer wie Benzin (wenn man nicht gerade E10 fährt) und somit kann man den Rover rein rechnerisch mit einem 8 Liter Durchschnittsverbrauch anpreisen (ich habe mit Gas im Schnitt 13-14 Liter/100km... und ich fahre sehr sportlich... d.h. im 2. bis zur gewünschten Geschwindigkeit aufheulen lassen und dann in den 5., das macht Laune und der V6 brummt wie eine rollige Katze).
Zum Verständnis sei gesagt, dass mein Gleiter seine 242.000km schon gesehen hat und der Motor im Grunde trotzdem keine Anstalten macht. Dafür aber alles andere... ich habe in den 2 Jahren gewechselt:
- alle Bremsen (komplett) inkl. Bremsleitungen
- Spurstangenköpfe
- Querlenkerlager
- Keilriemen (inkl. Umlenk. & Spannrollen, Wasserpumpe und LiMa)
- alle 3 (!!!) Zahnriemen (inkl. Rollen)
- Zündkerzen
- komplette Kühler- und Klimaeinheit
- kompletter Auspuff
- Anlasser
- Batterie
- Birnen
ABER: bzgl. Rost musste ich nur einen Seitenschweller mit neuem Blech beschweißen lassen, sonst keine Probleme, ist halt aber schon 13 Jahre alt und der Unterboden ist daher natürlich nicht rostfrei.
Noch zu machen wären jetzt die Fahrwerksfedern vorne und sicherlich jede Menge Dämpfer wie die Ferderbeinlager oder alles was an der Hinterachse noch nicht gemacht wurde, sowie Macken der Gasanlage.
Alles in allem habe ich schließlich keine Lust mehr, dass ich einmal im Monat in die Werkstatt muss, weil wieder was anderes hakelt, vielleicht wäre ich aber auch bald durch gewesen und der Gute bestünde fast ausschließlich aus Neuteilen.
Aber meine Entscheidung zum Verkauf hat noch weitere Gründe:
Die Rückbank ist nur komplett umklappbar (hat aber ein kleines Durchladefach in der Mitte). Der Kofferraum ist zwar groß, aber die entstandene Durchladeluke bei umgeklappter Rückbank ist so dämlich klein, dass ich bei IKEA nur 2 Kartons durchgeladen bekomme, auch sonst ist der Rover sehr unpraktisch zu beladen.
Zum Vergleich: mein vorheriges auto war ein 96er Mazda 323F BA (winzig, Coupé, günstig), aber dort habe ich einfach den Kofferraum geöffnet und konnte eine Waschmaschine reinstellen. Klar, dass eine Limousine dort nicht mit kommt, aber mich hat das immer aufgeregt.
Wenn dann mal alles funktioniert hat, dann war das Fahren ein Traum. Gerne über lange strecken, 220km/h auf der Autobahn, 120km/h auf der Landstraße, schöne Kurvenlage und bequemes gleiten mit Stil und einem bezaubernd schönen Cockpit mit viel Liebe und Holz. Die Sitze sind weich, aber sehr bequem finde ich.
Ich werde ihn sicherlich vermissen!
Kleiner Tipp übrigens an alle die dieses Auto fahren möchten, aber Angst wegen der Reparaturen haben:
Ein Angebot der Werkstatt zum Wechsel der Zahnriemen, des Keilriemens, der Rollen und Spannarme, der neuen Lichtmaschine, der neuen Wasserpumpe, LPG-geeignete Zündkerzen sowie Ölwechsel und Kühlflüssigkeitswechsel waren über 2600€.
Ich habe die Teile online selbst gesucht (gibt dann halt von der Werkstatt keine Garantie auf die Teile), und über 1000€ gespart.
Beispiel LiMa: Werstatt = 480€ / eBay (neu und original, aber aus England, wo ja das Auto herkommt) = 123€ inkl. Versand
Man muss Geduld mitbringen, wenn mal was ist...
Ich sage nur, ich habe in den 2 Jahren knapp 7000€ in das Auto gesteckt, aber auch nur, weil ich erst später auf den Trichter gekommen bin, wie und wo ich es reparieren lasse.
Wer ein Herz für aussterbende Autorassen hat, der darf beherzt zugreifen, aber nicht immer gleich das billigste nehmen, immer vor dem Kauf fahren und auf jedes Geräusch hören (das Auto heißt in Liebhaber-Kreisen "Gleiter", da darf nix rasseln, klappern oder klopfen, nur schnurren), auf Rost und poröse Gummiteile achten (Querlenker- und Federbeinlager), sollte es auf einer Hebebühne sein ruhig mal anfassen und an Teilen der Lenkung wie dem Spurstangenkopf rütteln (zu viel Spiel kann teuer werden -> Folgeschäden). Und ganz wichtig: Öl unten am Motorblock ist in Maßen noch akzeptabel, schlimmer ist Kühlflüssigkeit, wenn ihr die irgendwo seht, sofort von allen Seiten die Kühlrippen hinter dem Lüfter begutachten, meine bestand komplett aus Rost und war undicht.
---EDIT---
Um meinem Vorredner zu unterstützen, hier eine kleine Fortsetzung:
Einparkhilfe: Ich muss sagen, ich kann den Rover 75 sehr gut einschätzen, doch die Einparkhilfe macht es einem sehr bequem.
Robust: Ich muss zugeben, mein Gleiter hatte schon 2 "Berührungen" mit anderen Autos:
1. Berlin, hab nach einem Parkhaus gesucht, Freundin mit Navi überfordert... also kurz rechts ran, Navi in die Hand genommen, nach 10 Sekunden war das nächste Parkhaus eingegeben, Rückwärtsgang... BUMMS ...hat sich doch in den paar Sekunden ein Transporter gut 20cm hinter mich gesellt. Stoßstange eingedrückt, Nummernschild abgefallen, Kratzer im Lack - also beim Transporter! Der Rover hatte... NIX!
2. Innenstadt, Unfall mit Verletzten und die Krankenwagen blockieren alles. Ich will wenden, habe aber vor einer Einfahrt einen Laster stehen, der zwar eigentlich gerade entladen werden sollte, doch die Männer schauen sich lieber die Sanitäter bei der Arbeit an. Wenig Platz - vor, zurück, vor, zurück, vor... noch etwas vor... noch ein Stück... KNACK. Hydraulikmotor-Box der Hebebühne des LKW, ähm nennen wir es: ZERSTÖRT. Rover: kleiner Kratzer an der Stoßstange, wurde auspoliert.
Birnenwechsel: Ich kann die Probleme beim Wechsel der Birnen nicht einmal annähern nachvollziehen. Ein Blick in die Bedienungsanleitung verrät, dass man um rechts die Birnen wechseln zu wollen das Lenkrad ganz nach links einschlägt, und dann über eine Klappe am Radkasten recht gut an alles heran kommt. Ohne Ausbau, ohne Hebebühne, aber mit etwas Fingerspitzengefühl und guten Vorstellungsvermögen, da man nicht immer alles sieht. Andere Seite natürlich umgekehrt mit einlenken etc. Habe bisher alle Birnen selber wechseln können.
BWM-Einfluss: Die Tankanzeige ist erst nach ca. 5 Minuten auf dem richtigen Stand, der Motorraum ist Chaotisch und vollgestopft, die Elektrik überfordert manche Werkstattmeister und ist Fehleranfällig (Wackelkontakte etc.).