Nachdem mein zuletzt gefahrener 5er BMW insgesamt eine herbe Enttäuschung war (siehe Erfahrungsbericht) und auch sonst kein deutscher Hersteller in der Lage ist, einem Vielfahrer anständige Garantieleistungen anzubieten, fiel die Wahl nun - nicht zuletzt aus optischen Gründen - auf einen KIA Optima. KIA bietet ja bekanntlich 7 Jahre Garantie bis 150.000km oder eben 3 Jahre ohne Kilometerbegrenzung. Bei deutschen Herstellern ist nach 2 Jahren Schluss, was die Leasingkonditionen in die Höhe treibt. Anschlussgarantie gibt´s auch keine, VW macht z.B. nach 150.000km nicht mehr mit, BMW bietet noch weniger...
Hier die ersten Erfahrungen nach 6 Wochen und ca. 14.000 gefahrenen Kilometern:
Absolut begeisternd natürlich das Design des Wagen. Besonders in weiss-metallic, in Kombination mit schwarzem Panoramadach, schwarzen Felgen und kleinem Heckbürzel (vom Hybrid-Modell) macht der Optima mächtig was her. Das ist natürlich alles Geschmacksache aber in 25 Jahren wurde ich noch nie in so kurzer Zeit so oft auf das tolle Design eines Wagens angesprochen. Dafür kann man sich zwar in der Praxis nichts kaufen aber Freude macht der Anblick dennoch. Sportlich und repräsentativ, ohne aufdringlich oder überzeichnet zu wirken. Passt!
Auch der Innenraum kann absolut überzeugen. Die Verarbeitung liegt auf sehr hohem Niveau. Alles wirkt massiv und bombenfest zusammengesteckt, nichts klingt dünnhäutig, kein Knistern oder Knarzen, auch nicht bei kalter Witterung oder auf sehr schlechten Straßen. Da mag die Presse schreiben was sie will: Die Mittelkonsole und Türtafel eines hoch gelobten VW Passat klingt beim Klopftest deutlich labiler. Dass das dezent verteilte Holz nicht echt ist, sieht man ihm an. Aber auch das ist bei einem 5er BMW in sog. "Fineline anthrazit" für herbe € 400,-- Aufpreis nicht anders. Besonders gefällt im Optima Spirit das dicke, perfekt in der Hand liegende und mit weichem Leder bezogene Lenkrad sowie die edle Ledereinfassung der Instrumententafel. Die Sitznähte sind gleichmäßig gearbeitet, Verkleidungsteile sauber eingepasst, alle Knöpfe und Regler angenehm rastend zu bedienen. Die Türen schließen satt und leise. Dass die Unterseite der Hutablage unverkleidet ist, lässt sich verschmerzen. Wer wohnt schon im Kofferraum... Und zudem ist auch das von einem 5er BMW bekannt. Die labbrige Kofferaumauskleidung ist nicht ganz Premium, dafür entschädigt das darunter liegende (vollwertige!) Ersatzrad.
Die Sitze wirken zunächst etwas zu hoch montiert, daran gewöhnt man sich jedoch schnell und auch die Kopffreiheit geht trotz meiner 186cm Körpergröße und Panoramadach noch in Ordnung. Trotzdem, hier könnte Kia nochmal nacharbeiten, den Sitzen etwas mehr Schenkelauflage spendieren und dem Lenkrad ein wenig mehr horizontalen Verstellbereich. Insgesamt aber sitzt es sich schön straff und bequem, auch lange Strecken gehen ohne Rückenschmerzen ab.
Die Bedienung ist ebenfalls weitgehend ok, auch wenn ich grundsätzlich kein Freund von Touchscreen-Lösungen bin. Warum man in Asien aber immer so viele Tasten links hinter dem Lenkrad verstecken muss, erschließt sich mir nicht. Die Ablesbarkeit der Instrumente ist perfekt, alle Schalter uns sogar die Türfächer sind nachts rot beleuchtet, nur das Navidisplay leuchtet auch in der niedrigsten Stufe etwas zu hell und ist zudem leider nicht an den Dimmer der Instrumentenbeleuchtung gekoppelt. Eine "Black-Panel" Taste schaltet das Display auf Wunsch aus. Der Bordcomputer stellt viele Informationen bereit - aber eben immer nur eine. Wer also vom Durchschnittsverbrauch auf die Außentemperaturanzeige gelangen will, muss mehrmals den entsprechenden Knopf im Lenkrad drücken - das lenkt ab und würde besser gehen. Wichtige Infos sollten ständig angezeigt werden.
Die serienmäßigen Xenonleuchten der Spirit-Version sind gut, leider aber nicht als Bi-Xenon zu haben. Zudem setzt das gelbliche Halogen-Fernlicht ab Werk zu dicht vor dem Fahrzeug auf, was sich aber durch Einstellung beheben lässt. Besser wäre es auch, wenn die Scheinwerferreinigung nicht bei jedem "Waschvorgang" der Scheibe (und eingeschaltetem Licht) in Funktion wäre. Das kostet unnötig Waschflüssigkeit. Zumal die Scheinwerferwaschanlage bei höherem Tempo quasi sinnlos ist, da der Fahrtwind das Waschwasser am Scheinwerfer vorbeitreibt.
Ein echter Lichtblick ist dafür das serienmäßige (bei Spirit) Soundsystem. Toller Klang und einwandfreier Radioempfang überzeugen. Wer´s mit den Bässen übertreibt, erntet jedoch ein paar Nebengeräusche aus den Türlausprechern. Hier habe ich die Plastikfolie in den Türen in Verdacht. Das Panoramadach lässt viel Licht in den Innenraum und bleibt sowohl in Hebe- wie auch in geöffneter Schiebeposition angenehm leise. Noch besser wäre es, wenn man in Hebestellung den Innenhimmel bis auf einen Spalt wieder schließen könnte, da einem als Raucher sonst im Sommer die Sonne auf´s Haupt brennt, wenn man nur etwas entlüften will.
Motor und Automatik des Optima erfüllen Ihre Aufgabe unauffällig, nicht mehr und nicht weniger. Der 1.7 CRDi wirkt etwas emotionslos und blutleer, reicht aber zum Mitschwimmen im normalen Verkehr aus. Dennoch: In Anbetracht der Optik des Wagens dürfte es ruhig ein 2 Liter mit 150 bis 170 PS sein. Immerhin ist hier eine stattliche Limousine zu bewegen, die hinsichtlich Gewicht und Dimensionen wesentlich näher an einem 5er als an einem 3er BMW angelehnt ist. Die 6-stufige Automatik schaltet weich, ruckfrei und findet meist auch den passenden Gang. An die grandiose 8-Gang Automatik von BMW reicht die Box jedoch nicht heran. Manuelle Eingriffe sind über die Lenkradpaddel oder den Wählhebel möglich. Wer es ruhiger angehen lässt, sollte auf der Autobahn die manuelle Gasse wählen und im 6. Gang bleiben. Das spart unnötiges Herunterschalten. Der Motor hat nämlich durchaus mehr Drehmoment, als ihm die Automatik bisweilen zutraut.
Der Geräuschkomfort geht in Ordnung, ist unter 120km/h sehr gut, darüber nicht mehr so berauschend. Insgesamt hätte Kia etwas mehr in die Geräuschdämmung investieren können. Insbesondere der Motor lärmt bei hohen Drehzahlen mehr als nötig und auch Abrollgeräusche werden für meinen Geschmack etwas zu deutlich in den Innenraum transportiert.
Bleiben noch Lenkung und Fahrwerk: Auch das Kapitel gibt sich weitgehend unauffällig, ohne besondere Höhen und Tiefen. Die serienmäßigen 18" Räder sind dem Komfort sicher nicht zuträglich, mit aktuell montierten 17" Rädern rollt der Optima aber sehr manierlich ab. Unverständlich bleibt, warum KIA überall sonst wirklich ansprechende Qualität abliefert, den Optima aber serienmäßig auf Nexen Reifen ausliefert.
Die Lenkung arbeitet präzise genug und leichtgängig. Manch einer mag es gefühllos nennen. Wer aber nicht ständig auf Bestzeiten aus ist, wird damit klarkommen. Allerdings werden der Wind und der Optima in diesem Leben keine Freunde mehr. Bei Böen und Seitenwind könnte der Wagen gerne etwas stabiler liegen. Da kann der Spurhalteassistent gelegentlich sein Können unter Beweis stellen. Und das tut er beeindruckend zuverlässig.
Der Verbrauch ist für einen 1.7 Liter Diesel, der sich nicht durch besonderen Arbeitseifer auszeichnet, sicher kein Glanzlicht. Unter 6,5 Liter geht´s kaum, in de Praxis sollte man eher mit ca. 7 Litern rechnen, wobei der Bordcomputer meist um fast 10% zugunsten des Optima schummelt. Der Tankvorgang braucht etwas Geduld. Zwar passen die angegebenen 70 Liter problemlos in den Tank. Dann ist aber noch Platz für weitere 10 Liter, die jedoch nur noch tröpfchenweise eingefüllt werden können. Die Geduld wird dann aber auch mit einer sensationellen Reichweite belohnt.
So bleibt bis jetzt ein überwiegend positives Fazit. Wer sich täglich am gelungenen Design, der schönen Ausstattung und der ausgezeichneten Verarbeitung erfreuen kann, ansonsten aber mit dem eher durchschnittlichen Wesen des Optima klar kommt, kann viel Freude mit dem Wagen haben. Vorzugsweise auf Langstrecken beim gemütlichen Cruisen um 130 - 150km/h ist der Optima ein angenehmer Begleiter. Zumal, wenn man den Kaufpreis in Relation zum gebotenen Gegenwert setzt. Heimische Herstlller rufen bei vergleichbarer Ausstattungsfülle mindestens € 15.000 mehr auf und stehen dann an jeder Ecke.
An einigen Stellen täte aber etwas Feinarbeit durchaus noch gut. Möglicherweise wurden einige der kleinen Schwachstellen mit dem aktuellen Facelift ausgemerzt. Schade nur, dass KIA dabei ohne Not auch an anderen Stellen Hand angelegt hat. Mehr Chrom und Klavierlack am Armaturenträger wirken mir persönlich nach dem Facelift etwas zu dick aufgetragen. Und leider ist auch das schöne Lenkrad einer "moderneren" Version zum Opfer gefallen.