Es gibt Dinge die passen nicht zusammen. Zum Beispiel Rollmops und Erdbeeren. Und es gibt Dinge, die sollten nach einhelliger Meinung nicht zusammenpassen. Darunter fallen Amerikanische Autos und Dieselmotoren. Obwohl die Ölbrenner den Amis in ihrer Fahrweise – kraftvolle Ampelstarts und tempomatisches Cruisen auf endlosen Highways – mit dem Verbrauch perfekt entgegenkommen, sind sie trotz sparsamer Common-Rail-Technik und aufwendiger Maßnahmen für Schalldämmung und Schadstoffreduzierung immer noch als stinkende, rappelige Nutzfahrzeugmotoren verschrien. Und trotzdem: Jeep pflanzt einen Mercedes-Diesel in seine beiden Flaggschiffe Grand Cherokee und Commander und lässt beide damit auf den EU-Markt los. Den Grand Cherokee CRD gab es 2008 auch in den USA und der überholte kurzerhand den 3.7 V6 an Zulassungen.
Innenraum und Ausstattung
In der Einstiegsversion Sport ist alles enthalten, was soweit glücklich macht. US-typisch dürfen natürlich Automatik und Tempomat nicht fehlen. Es gibt Stoffsitze mit Sitzheizung, sechs Getränkehalter und selbstverständlich ABS und ESP. Die Mittelkonsole ist ein einem Hellgrau-/Dunkelgraumix gehalten, aber da die Sport-Version absolut kein Luxus-SUV sein will und lieber einen auf rustikal und robust macht, geht das mehr als in Ordnung. Platz gibt’s im Möchtegern-Geldtransporter zu Hauf. Nimmt man die Notsitzbank raus und klappt die Rückbank um, kann man problemlos drin schlafen – zu zweit wohlgemerkt.
Fahrleistungen und Fahrgefühl
Im Vergleich zum im letzten Jahr gestrichenen 5.7 HEMI V8 mit 362 PS wirken die Daten des Dieselmotors gerade ausreichend, um den über zwei Tonnen schweren Kasten von der Stelle zu wuchten: 3.0 Liter Hubraum, 218 PS. Man steigt ein, dreht den Schlüssel und der V6-Diesel erwacht mit einem Grollen zum Leben, das man denkt man sitzt in einem Truck. Laut ist er nicht, aber das Grummeln gibt schon im Leerlauf ein Gefühl von Kraft und Drehmoment, das man sich auf’s Gasgeben freut. Man stellt den Wählhebel der ebenfalls von Mercedes stammenden Fünf-Stufen-Automatik auf D, lässt die Bremse los und der Commander rollt gutmütig vom Hof. Mit 30 schleiche ich zur ersten Ampel, die natürlich rot ist. Vor mir liegt eine zwei Kilometer lange Gerade bis zur Autobahnauffahrt. Die Ampel schaltet auf Gelb. Natürlich bin ich vom 98 PS schwachen Mazda gewohnt, beim Anfahren etwas mehr Gas zu geben. Die Ampel schaltet auf Grün, ungewohnt lasse ich die Bremse los und trete das Gaspedal so kräftig, wie sonst im Mazda. Kein Turboloch. Der Diesel gibt ein WRRRROOOOOOM von sich, welches ich mit einem „UUUUUUAAAAAAHHH!!!“, beantworte, als der Commander sich aufbäumt und ich das Gefühl habe, mit dem Fahrersitz im Kofferraum zu landen. 510 Newtonmeter reißen den Jeep von der Stelle – ein älteres Ehepaar am Straßenrand zeigt mir schockiert den Vogel, als die Power-Schrankwand an ihnen vorbeischnauft. Als ich auf den Tacho blicke, liegen bereits 70 km/h an und ich nehme den Fuß vom Gas. Eine Stimme im Hinterkopf brüllt mich an: Verdammt nochmal, fahr sanft an, du Hornochse! Passend zu diesem Start läuft im Radio auf einmal Start me up von den Rolling Stones. Danke Radio PSR, so gehört sich das. Ich lenke den wilden Offizier auf die Autobahnauffahrt zur A14 Richtung Grimma. Auf dem Beschleunigungstreifen darf ich aber … WRRRROOOOOOM, 80, 90, 100, 110, 120, Fuß vom Gas, Tempomat rein. Sehen wir von Keith Richards Gitarre ab, ist Ruhe. Der Diesel brummelt bei 2500 Touren vor sich hin, der Commander gleitet auf der Drehmomentwelle und schluckt die Querfugen einfach runter. Schade, dass es bei uns keine Highways gibt. Die Lenkung ist verblüffend direkt und die Übersicht verdient dank der Kastenform kaum Kritik. Wieselflink kann ich ihn auf dem Rückweg zum Händler durch den Stadtverkehr zirkeln.
Kosten
Keine Frage, im Vergleich zum HEMI ist der Diesel ein Sparschwein. 11 bis 13 Liter sollte man einplanen, oder zum aerodynamisch besseren Grand Cherokee greifen. Die Sport-Version ist leider nicht mehr erhältlich, aber gute Exemplare mit 80.000 km oder in diesem Fall 48.400 km sind bereits für knapp über 20.000 Euro zu haben. Gut bezahlen lässt sich Jeep natürlich die Limited-Version. Für 55.690 Euro bekommt man eine Landjacht mit Allradantrieb. Darüber rangiert der Overland für 60.290 Euro. Den braucht man aber nur, wenn es auf den Preisunterschied nicht ankommt. Das dürfte der Zielgruppe aber Wumpe sein. Die Kfz-Steuer beträgt für vor dem 01.07.2009 zugelassene Fahrzeuge 463 € im Jahr, alle nagelneuen dürfen mit 615 € nochmal draufzahlen. Für den HEMI werden 384 € fällig.
Fazit
Ja, ich weiß, er ist ein böses, spritsaufendes, umweltverschmutzendes SUV. Aber der Jeep Commander polarisiert in einer Welt die in Political Correctness ersäuft und entstammt einer Kult-Marke. Kein CW-Wert-Wahn, Diesel-Power vom Feinsten, mittelmäßiger Verbrauch, Platz ohne Ende. Die Form gefällt, oder auch nicht. Bleibt die Frage, ob man ihn haben will. Ich sag es mal so: Von Political Correctness habe ich noch nie was gehalten.
PS an meine Vorposter: Da habt ihr aber echt Montagsautos erwischt. Der Commander meines Bekannten hat 130.000 runter und läuft und läuft und läuft ...