Erfahrungsbericht Dacia Logan 1.6 MPI (87 PS) von Anonymous, Oktober 2015
Als ich ein kleiner Junge war, fuhr mein Vater lange Jahre einen hellblauen VW Käfer. Etwas später, in der Teenagerphase, war meine Generation ziemlich politisch, und wer nicht ständig Phrasen wie “wir machen unsere Erde kaputt” und “Das hatten wir schon mal” in beliebige Sätze und Themen einflocht, hatte nicht viele Freunde. Eine Vertreterin dieses politischen Mainstreams, mit Latzhose, Gesundheitspantoffeln und Bürstenfrisur, setzte mir damals kreischend auseinander, daß der VW Käfer ein Nazi-Auto sei, und der braune Führer sein geistiger Vater.
Nun dachte ich immer, die geistigen Eltern von Autos im allgemeinen seien nicht Politiker, sondern Ingenieure. Aber folgt man dieser Logik trotzdem, dann hat auch mein neues Auto Eltern, auf eine recht bildhafte Weise. Mutter ist die Marianne, die allegorische Französin, ihr Vater ein Rumäne. Von mir aus Graf Dracula.
Nachdem abzusehen war, daß der Vorgängerwagen den TÜV nicht mehr überleben würde - oder nur nach teuren Investitionen - und außerdem die familiäre Situation sich deutlich verändert hatte, schielte ich nach einem Neuwagen. Er mußte größer sein, geräumiger, mußte zwei bis drei Kindern Platz bieten, mußte robust, wartungsarm, und nicht allzu teuer sein. Meine Vorstellung von Auto ist recht minimalistisch: fast alles, außer Motor, Rädern und Lenkrad, ist unnützer Kram, der nur kostet und kaputt gehen kann.
Ich liebäugelte länger schon mit der Marke DACIA, vor allem, weil ich einige recht positiv klingende Testberichte gelesen hatte, mit dem Tenor: wenig Geld, und trotzdem Auto. Abstriche nur beim Statussymbolkoeffizienten und beim Luxusfaktor. Eigentlich war es langsam mein Plan geworden, den Kombi, also den Logan MCV in der einfachsten Ausstattung für knappe 8000 EUR, zu erwerben, getreu der bereits genannten Devise. Allerdings, so bedeutete mir das Autohaus, zwei Monate Wartezeit sind dann mit drin, und so ca. 800 EUR für die Überführung, vom Schloß des Grafen nach Deutschland.
Dafür stand da ein Wagen dieses Typs beim Händler, den ein Kunde nach weniger als 10 km zurückgehen hatte lassen. Saphirblau, ohne jede Wartezeit. Nur bezahlen und mitnehmen. Allerdings auch deutlich teurer, denn er gehörte schon zur gehobenen Version des Logan MCV, zur Laureate, und war mit einem 1,6-Motor auch stärker motorisiert, als ich es wollte.
Was mich dennoch überzeugte, waren dann:
1. Wozu Überführung bezahlen? Für das Geld kann ich auch Auto bekommen. 2. Es war ein 7-Sitzer mit zweiter, umklappbarer und ggf. herausnehmbarer Rückbank. 3. Anhängerkupplung. 4. Seiten-Airbags. 5. Wartezeit nein.
Und dann noch die Dinge, die nicht den Ausschlag gaben, aber trotzdem bezahlt werden mußten:
6. Saphirblau-metallic-Farbgebung. 7. CD-Player mit Soundsystem. 8. Zentralverriegelung. 9. Dachreling 10. Klimaanlage (das ist eines der Dinge, die ich an Autos normalerweise verachte. Eine Einstellung, die sich ändert, wenn die eigenen kleinen Kinder mit an Bord sind.) 11. Servolenkung (auch eines der Dinge, die in meinen Augen “vom anderen Ufer” sind.) 12. Elektrisch verstellbare Außenspiegel (Kinderkram) und 13. Fernöffnung durch Druck auf den Schlüssel in der Hosentasche (völliger Schwachsinn, eine wahre Aufforderung, das Auto versehentlich von ferne aufzuschließen und dann nicht mehr wiederzukommen). 14. Elektrische Fensterheber vorne (siehe unter 12).
Nun, bei der ersten Probefahrt fiel nichts Großes auf. Im Wagen selbst roch es etwas nach Plaste, normal bei Neuwagen, und komischerweise nach Lötzinn und -fett, jenem vertrauten Geruch aus Kindertagen aus der Elektrobastelstube meines Vaters. Leise schnurrte der Motor an, der in den ersten 1000 km nicht über 3500 gedreht sein will. Ungewohnt war der Kupplungsweg, erst sehr weit “hervorne” greift sie, wenn man schon fast keinen Fuß mehr auf dem Pedal hat. Trotz Servolenkung lenkt sich der Wagen noch recht “maskulin”, das heißt, man muß zufassen. Die Schaltung mit 5 Vorwärtsgängen geht recht weich, lediglich der Rückwärtsgang ist etwas ungewohnt, man muß den Knauf keineswegs eindrücken oder herausziehen, sondern lediglich mit etwas Gewalt in den R-Gang werfen. Eine wahre Einladung für mich, bei voller Fahrt einmal den “sechsten” Gang auszuprobieren.
Im Innenraum sind die üblichen Armaturen enthalten, die sich von denen vergleichbarer Autos wirklich nicht wesentlich unterscheiden. Gefällig ist aber der Getränkehalter in der Mittelkonsole.
Der Clou bei den hinteren Sitzreihen: beide sind umklappbar und außerdem 2:1 geteilt, das heißt, das in Fahrtrichtung rechte Drittel jeder Sitzreihe kann umgeklappt werden, bei der ersten Rücksitzreihe dazu, um auf die zweite zu gelangen. Zusätzlich kann die Sitzreihe selbst auch, nicht nur die zugehörige Lehne, umgeklappt werden. Die zweite Sitzreihe ist außerdem herausnehmbar, so daß sich ein großer Stauraum hinten ergibt, der, grob mit den Augen abgeschätzt, durchaus stehend(!) eine Waschmaschine oder Kühlschrank üblicher Größe aufnehmen kann. Evtl sogar zweie davon. Hier ist auch die Hecktür lobend zu erwähnen, sie ist eine asymmetrisch geteilte Flügeltür; die Türflügel lassen sich bis parallel zur Längsachse öffnen, bei Ausrasten der entsprechenden Hebel sogar bis quer dazu (sodaß das Auto, von hinten gesehen, sozusagen Segelohren hat). Allerdings nur bis dorthin, sie lassen sich nicht, wie bei manchen Kleintransporten, völlig ausschwenken, bis sie wieder an der Fahrzeugaußenwand anliegen. Gerade die Segelohrenstellung ist nicht gerade eine gute Lösung, ich befürchte da schnell eine Überlastung (und Bruch) der entsprechenden Bauteile.
Dafür muß man beim Beladen des Stauraums keine Stufe überwinden, sondern kann sperriges Ladegut, etwa ein Möbelstück, sozusagen mit einer Kante auflegen und auf dem Textilboden einfach hineinschieben.
Bei meiner 7-Sitz-Ausführung kann man das allerdings nicht so ganz. Grund ist die herausnehmbare Sitzreihe. Um sie sicher zu arretieren, ist genau unter ihr ein recht massiver Haken, der dann provokant aus dem “Boden” des Laderaums herausragt und eben verhindert, daß man ein kompaktes Möbelstück einfach so ablagern kann - es ist grade, als würde man eine Glasplatte auf eine Tischplatte legen, aus der eine fingerdicke Schraube herausragt. Ich habe abgeholfen, indem ich mit handelsüblichen Styroporplatten mit ausgeschnittem Loch für diesen Haken die ganze Fläche wieder “eingeebnet” habe. Da hätten die Konstrukteure von DACIA etwas anderes entwerfen müssen.
Das Reserverad ist nicht im Laderaum selbst, sondern hängt unten am Auto. Verschmutzungs- und korrosionsanfällig. In zwei Nischen, nahe an der Laderaumtür, befindet sich das Bordwerkzeug, sowie Warndreieck und Verbandkasten; ich habe als erstes, weil Platz war, noch einen kleinen Handfeuerlöscher dazuspendiert.
Vom äußeren Eindruck her sieht der Logan MCV sehr kühl-sachlich aus; vor allem durch das lange Heck und die auffällige Hintertür wirkt er wie das Nutzfahrzeug eines gewerblichen Verwenders, was in meinem Fall auch durch die blaue Farbe noch unterstrichen wird. Man könnte meinen, ein Handwerker kommt mit seinem Servicefahrzeug an, in dem er all seine Ersatzteile verstaut hat. Dafür wäre er sicher auch geeignet. Paradox ist das Raumgefühl: Während er aus der Sicht eines innen Sitzenden ungewöhnlich hoch wirkt, hat man, daneben stehend, das Gefühl: er ist breit und lang, aber niedrig. Außerdem ist sein Vorbau relativ kurz. Ich bin Autos mit durchschnittlich langem Vorbau gewohnt, so daß man das Gefühl hat, eine Art Vor-Auto vor einem zu haben. Im Logan erscheint es einem, als fahre man einen Linienbus oder etwas anderes mit glatter vertikaler Stirnfront.
Im Preis von ca. 13000 EUR waren außerdem eine dreijährige Garantie mit inbegriffen, sowie, als Geschenk des Autohauses, ein Gutscheinheft für Inspektionen. Man sollte noch hinzufügen, daß die etwas stärkere Motorisierung mit der 1,6-Maschine auch notwendig ist, wahlweise wegen der zuladbaren 6 Beifahrer, oder der Zusatzlast eines eventuellen Anhängers. Der Benzinverbrauch wird im Durchschnitt (Autobahn/Stadt gemischt) mit 6-8 Liter angegeben, das ist vielleicht nicht der Traum, aber nicht schlechter als der Vorgängerwagen.
So, wie er jetzt da steht, macht er einen guten Eindruck. Das Franzosen-Know-How hat der alten Ostblockmarke Dacia richtig gut getan, ich erinnere mich noch gut an den untoten Metallhaufen rumänischer Herkunft, den ein ex-Kollege von mir fuhr, und der beim Anlassen eine schwarzblaue Wolke von sich gab. Andererseits hoffe ich, daß die Rumänen trotzdem noch soweit Ostblock geblieben sind, um auf den Autofahrer zu setzen, der noch selbst schrauben und montieren will und kann, und für den Ölwechsel, Bremsen und Ventile noch Dinge sind, an die man sich auch selbst herantraut. Wenn erst einmal die Garantie vorbei ist, werde ich viele Schraubereien wieder selbst machen, soweit möglich. Gute Fahrt, neuer Freund, hoffentlich noch viele Jahre.
PS. Über die Zuverlässigkeit, Rostfestigkeit, Reparaturfreundlichkeit kann ich erst in einigen jahren etwas sagen :-(