SQ5-Sechszylinder: Twinscroll-Turbo statt Kompressor
audi-sq5-2018-ausen-vorneEin schlichter Kompaktwagen-Lenker wie der Verfasser dieser Zeilen schnalzt beim bloßen Anblick des Q5-Motoren-Sortiments mit der Zunge. Auf die Idee, dass es den Antrieben an Kraft mangeln könnte, käme er nicht. Denn sowohl die 252 PS des Turbobenziners 2.0 TFSI wie die 286 PS des mächtigen Dreiliter-Sechszylinder-Diesels V6 3.0 TDI bringen die zwei Tonnen spielerisch in Schwung. Audi ist – zum Glück – aber anderer Meinung; gleichfalls jeder Zehnte Q5-Käufer. Seit Mitte 2017 thront über der Antriebs-Familie wieder eine SQ5-Maschine: der aus dem S4 bekannte 3.0 TFSI (Kraftstoffverbrauch: 8,5 Liter auf 100 km, 195 g/km CO2 und Energieeffizienzklasse C). Bis zum vermeintlichen Debüt des RS Q5 im kommenden Jahr – mit 450 PS, wie man munkelt – sitzt der Sechszylinder unangefochten auf seinem Thron. Er ruht sich auf ihm aber keineswegs aus. Der direkt eingespritzte V6-Dreiliter-Turbobenziner rackert, schiebt und zieht in mit Volldampf, wann immer er die Gelegenheit bekommt. Volldampf, das heißt: Mit 354 PS im Bereich um die 6.000 Touren – und mit 500 Nm, die ab 1.370 Touren anliegen. Die sofort und jederzeit verfügbare Höchstleistung, sie ist auch der Wesensunterschied zum Vorgänger, dem ein mechanischer Kompressor die Leistungsreserven entlockte.
audi-sq5-2018-innen-cockpitIm neuen 3.0 TFSI übernimmt diese heikle Mission ein Abgasturbo, der auf das Twinscroll-Prinzip vertraut. Für alle unter ihnen, die nicht Motoren-Techniker sind. Beim Twinscroll-Turbo werden die heißen Abgase im Ladergehäuse und im Krümmer in zwei separaten Strängen geführt; und erst unmittelbar am Turbinenrad zusammengeführt. Positioniert ist der Lader tief im V des Sechszylinders. Der Clou dieser Anordnung: Durch den verkürzten und optimierten Gaslaufweg spricht der Turbo schneller an: konkret ab knapp 1.400 Touren. Aber keine Angst, er lässt deshalb nicht früher aus. Bis 4.500 U/min packen alle 500 Nm an der Kurbel an. Den Unterschied zur Kompressor-Maschine spüren wir auf jedem Meter – auf der Stopp-Uhr schlägt er sich jedoch nicht nieder. Aber wann fährt man schon mit der Stopp-Uhr? Angeführt seien die wichtigsten Messdaten dennoch: Der 0-100-Sprint dauert wieder 5,4 Sekunden, bei 250 km/h dreht Audi elektronisch den Hahn, aus dem reichlich der Vorwärtsdrang sprudelt, zu. Eine interessante Randnotiz: Der neue V6-Turbobenziner beschleunigt drei Zehntel langsamer als der 3.0 TDI der ersten Generation.
3.0 TFSI: klangvoll und effizienter
audi-sq5-2018-innen-sitze-rueckbankDer Wechsel vom Kompressor zum Turbolader dient dem Zweck, den SQ5 mehr Dynamik einzuimpfen. Aus fahrdynamischer Sicht ist ihm das gelungen. Akustisch hingegen bleibe der Sechszylinder, so erfahrene Kollegen, einiges schuldig. Die an die Geräuschkulisse eines zahmen Kompaktwagenmotors gewöhnten Ohren des Testers empfinden das anders. Bei ihm führt das Röhren der Doppelendrohr-Attrappe in den verschiedensten Stimmlagen zu Gänsehaut. Die anderen technischen Änderungen im 3.0 TFSI können derlei Empfindungen indessen nicht hervorrufen – unbedeutend sind sie deshalb keinesfalls. Denn im Fokus steht die Effizienz. Ein frisches Brennverfahren (das B-Verfahren) verkürzt künstlich die Kompressionsphase. Das erlaubt eine höhere Grundverdichtung, eine ausgedehntere Expansionsphase: und gemeinsam mit einer verbesserten Ventilsteuerung eine effektivere Nutzung des Kraftstoffs. Das optimierte Wärmemanagement, welches die Zylinderköpfe und das Kurbelgehäuse in ein komplexes Kühlkreisläufe-Geflecht verstrickt, verfolgt dasselbe Ziel.
audi-sq5-2018-innen-navi-modiDie Bemühungen sind von Erfolg gekrönt, auch wenn die Zahlen – wie bei den Fahrleistungen – den Fortschritt verschleiern. Der Norm-Verbrauch bleibt bei 8,5 Litern, der CO2-Ausstoß sinkt nur leicht. Das liegt daran, dass mit dem WLTP-Zyklus ein anderes, weniger künstliches Messverfahren den Normwert definiert (vorher NEFZ). Es verdeckt die Verbesserungen, die mehrere Prozent betragen. Dennoch: Mit Umweltpreisen wird der SQ5 nicht überhäuft werden. Zehn Litern gehen im Schnitt pro 100 Kilometer auf – jedenfalls war das der Durchschnittsverbrauch während unseres Tests. Damit liegt der reale CO2-Ausstoß jenseits der 200 Gramm. Aber die ebenso hohe wie breite Stirn, das Gewicht und der fixe Allradantrieb fordern ihren Tribut. Der permanenten „quattro“-Antrieb ist bei der Leistung jedoch ein Muss – und in puncto Fahrdynamik mit seiner selektiven Momentsteuerung ein Genuss. Aber selbst mit dem optionalen Sportdifferenzial ist der Audi nicht so beweglich wie ein BMW X3 oder ein Porsche Macan.
SQ5 II adaptiv, optional mit Luft gefedert
audi-sq5-2018-innen-navi-mittelkonsoleBeim Fahrkomfort hat der SQ5 hingegen stark aufgeholt. Die serienmäßige Automatik ist in dieser Hinsicht zwar kein Muss, aber ein gern gesehener Gast: zumal es sich um die samtig-flinke 8 Gang tiptronic handelt. In den höheren Gängen, zwischen 50 und rund 150 km/h, wird der Ingolstädter Riese dank ihr zum Schleicher: Bei aktiviertem „drive select“-System legt die Automatik automatisch den Freilauf ein, wenn unser Fuß vom Gas geht. An dieser Stelle wäre beim SQ5 I auf den Fuß der Pferdefuß gefolgt. Dem seligen Dahingleiten hätte regelmäßig der schlechte Federungskomfort aufgestoßen. Dieser Marotte kann im SQ5 II mit der neuen serienmäßigen Dämpferregelung aktiv begegnet werden – auf Wunsch besonders effektiv mit einer Luftfederung („adaptive air suspension“). Der Neuzugang ist ein wichtiger Adjutant im Kampf mit der Premium-Konkurrenz, ob sie BMW X3, Alfa Romeo Stelvio, Alpina XD3 oder Volvo XC60 heißt.
audi-sq5-2018-ausen-hintenIn Bezug auf die Fahrsicherheit hätte der Audi SQ5 keine weitere Unterstützung nötig gehabt. Die ausgezeichnete Bremsanlage und die gutmütige Straßenlage sind im Grunde alles, was es braucht. Andererseits: Bei einem fast 4,7 Meter langen, 1.945 Kilo schweren Schiff das 550 Kilo zuladen und maximal 2,4 Tonnen ziehen darf, ist jede Hilfe willkommen. Insofern ist es erfreulich, dass für den sportlichen Q5-Ableger die gesamte Audi-Assistenzsystem-Palette greifbar ist: vom Head-up-Display bis zum Querverkehrsassistenten. Das Kuriosum ist ein anderes: Mit dem Modelljahr 2018 werden die traditionellen Ausstattungs-Optionen ersetzt durch ein Angebot bereits fix und fertig produzierter Neuwagen, die verschiedene Konfigurationen abdecken. Eines ist bei all diesen Neuerungen indes beim Alten geblieben. Die Rückkehr in die Kompaktklassen-Tristesse fällt schwer – der Blick auf den Kaufpreis versüßt sie aber.
Der neue SQ5 begeistert uns im Test insbesondere mit seinem neuen Turbobenziner und der höchstkomfortablen Luftfederung. Die Qualität der Ausstattung ist wieder erlesen. Einziges Manko: Es fehlt der letzte Schuss Dynamik. Aber den dürfte sich Audi für den RS Q5 aufsparen.