Mein blauer 156 ist nun mein dritter Alfa - dunkelblau, knappe 180t km gelaufen.
Der Gebrauchtwagenwert der Marke Alfa Romeo ist hier zu Lande nur sehr gering, tendenz sinkend. Ich hatte eigentlich vor, das gute Stück als Winterauto zu ge-/mißbrauchen, was mir jetzt schon fast wieder leid tut. Alfa fahren ist eine Leidenschaft ;-)
Heruntergerittene, verheizte, oftmals schlecht getunte Exemplare mit Rest-TÜV vom Kiesplatzhändler bekommt man schon für zwei Lila Scheine. Bessere Autos mit wenig Kilometer, nachweisbarer Historie, Scheckheftgepflegt und gut Ausgestattet etwa ab 2000 Euro aufwärts.
Das Design ist auch hier wieder mal Geschmackssache - eine Glanzleistung Walter de Silvas', ein wirklich gelungenes, sportliches Auto. Besonders gefallen mir die in die hinteren Türen eingelassenen, quasi unsichtbaren Türgriffe.
Die Verarbeitung ist oke, kein Vergleich zu BMW oder anderen 'Premiumherstellern', wobei selbst mittlerweile Koreaner (KIA) hervorragende Arbeit diesbezüglich leisten.
Man muss eben damit leben dass mal etwas quietscht, ein Türfangband knackt oder der Wagenheber totaler Schrott ist.
Nun gut.
Der Ruf der Marke Alfa Romeo ist wesentlich schlechter als die gebauten Autos. Man sieht oft verrostete 156er, gerade am Schwellerbereich - kommt mitunter sehr stark auf die Besitzer an. Im Innenraum machen die verarbeiteten Materialien einen hochwertigen Eindruck, sämtliche Schalter, elektrische sowie mechanische Vorrichtungen arbeiten zuverlässig.
Man sieht dem Auto 12 Jahre keineswegs an. Nach betätigen der Funkfernbedienung, welche die Zentralverriegelung in Begleitung eines unglaublich nervigen Piepsens in Gang setzt, empfangen einen Innen herrlich bequeme Ledersitze - diese machen das Auto in Verbindung mit Holzausführung zu einem echten Schmuckstück.
Dies lässt alle elektrischen Helferlein zur Nebensache werden.
Nach drehen des missglückten, globigen, roten Schlüssels erwacht der Vierzylinder Sechzehnventiler mit ordentlichem Sound zum Leben.
Nach dem Warmfahren kann der Motor gerne mal getreten werden, wobei das maximale Drehmoment sowieso erst bei 6300 u/min anliegt. Der rote Bereich beginnt bei 7000 u/min, welche er geradezu brüllend wiedergibt.
Besitzern, die gerne mal etwas sportlicher Fahren kann man nur raten unbedingt 10W60 Öl zu verwenden, welches bei hohen Kolbengeschwindigkeiten, wie sie der 2.0 Liter Twin Spark an den Tag legt, wesentlich strapazierfähiger ist.
Häufigste Ursache für Motorschäden bei diesem Modell sind abgerissene Pleuel oder gerissene/übersprungene Zahnriemen.
Beim Zahnriemenwechsel (Intervall 60t km oder 4 Jahre) unbedingt auch Spann- und Umlenkrollen mit wechseln lassen, ebenso die Wasserpumpe. 'Dieselt' der Motor nach dem starten, hat der Phasenversteller seine besten Zeiten schon hinter sich und sollte getauscht werden - dies bietet sich beim Zahnriemenwechsel gleich mit an.
Das Auto ist nicht überdurchschnittlich sparsam, aber auch kein Säufer. Je nach Fahrweise nimmt sich der 155 PS starke Motor 7,5 - 8,5 Liter. Fahrer mit einem nervösen Gasfuß schaffen aber auch 11 Liter und mehr. Ebenso benötigt ein gesunder Motor nahezu kein Öl. Man liest immer wieder von Ölverbräuchen jenseits einem Liter auf 1000 km - nein das ist nicht normal! So etwas gab es zuletzt um 1980, mein Ford z. B. darf das ;-) Die von Alfa angegebene Höchstgeschwindigkeit von 216 km/h stellt mich vor ein Rätsel - meiner läuft laut GPS 237 km/h (gerade Autobahn, A9, Richtung Berlin).
Einen sechsten Gang vermisse ich bei dem Auto nicht, im unteren Drehzahlbereich ist er ziemlich träge, vernünftiger Vorschub setzt spürbar ab etwa 3000 u/min ein. Die Kupplung bedarf etwas Feingefühl.
Man erwartet natürlich keine Oberklasselimousine, das Auto ist auch für etwas anderes, als den Direktor der Fa. XY gebaut worden. Der Kofferraum ist ausreichend, die Durchlademöglichkeit für Ski o.ä. ist auch ein 'nice to have'. Hinten sitzen schlanke Personen bis etwa 1,85 sehr bequem, vorne sollte man auch nicht viel größer sein um nicht mit dem Kopf ständig irgendwo gegen zu stoßen.
Mein Auto hat ziemlich volles Haus ;-)
-beiges Leder
-Sitzheizung
-Klimaautomatik
-CD/USB Radio
-Holzausführung
-beheizte E-Spiegel
-Nebelscheinwerfer
-E-Fenster
.. und diversen weiteren Schnick-Schnack den eigentlich keiner braucht ;-)
Die Unterhaltskosten sind, sofern keine größeren Reparaturen anstehen, überschaubar.
Haftpflicht bei 30% knapp 300 Euro im Jahr und um die 140 Euro Steuer dank Euro3-Norm. Grüne Plakette inklusive.
Fazit:
Beim Kauf darauf achten, dass Dinge wie Zahnriemen, Phasenversteller, Zündkerzen (ja, der Motor hat 8 Zündkerzen -> Twin Spark) gemacht wurden, ebenso gründlich auf Rost prüfen (Unterboden, Schweller, Auspuffanlage). Verschleißteile wie Bremsscheiben oder Querlenker sind preislich etwa auf dem Niveau eines VW Golf.
Eine gute Ausstattung, gerade Leder ist fast schon ein Muss.
Eher ein Spaßauto, als ein Mittel zum Zweck - aber auch hier gilt - gut gewartete Fahrzeuge machen 300.000 km locker mit. Lieber ein paar Euro mehr investieren sonst kommt hinterher die dicke Rechnung und dass kann einem die Freunde selbst am schönsten Auto vermiesen.
Grüße