Nochmal zum Thema: Zu schnell in Spielstrasse
Ich wurde in Singen nach 22:00 Uhr bei Regen mit knapp 50 Km/h geblitzt. Es ist mir im Vorfeld kein Schild aufgefallen, nur der "rote" Blitz. Im Nachinein wurde mir berichtet, dass es sich um eine Spielstrasse gehandelt hatte. Ich habe nicht gesehen, dass dies so war, es waren auch keinerlei Hindernisse in der Strasse, die mich auf den Umstand hätten aufmerksam machen können.
Ich habe bereits einige Kommentare bekommen, allerdings hatte ich da noch kein Foto vom "Tatort". Ich fahre seit vielen Jahren unfallfrei und unauffällig, hier handelt es sich um einen ungewollten Ausrutscher, der sich mit sauberer Beschilderung hätte vermeiden lassen. Beigefügt ein Foto und die Frage, habe ich evtl. Chancen ohne ein Fahrverbot davonzukommen?
Zum Bild: Die Schilder "Spielstrasse" stehen jeweils links und rechts unmittelbar an der Ausfahrt der Unterführung. Links am Rand kann mit Wohlwollen ein kleines Eck des Schildes erkennen.
Wenn ich mir das Foto ansehe, denke ich nur: An dieser Stelle 50 zu fahren sind definitiv 30 zu viel.
Rad- oder Fußweg rechts engt die schmale Unterführung ein, dahinter ist nichts einsehbar - ich wäre da ganz, ganz still und leise....!
Warte erst mal ab was überhaupt kommt.
Geh lieber zu einem guten Verkehrsanwalt. Wenn du eine Rechtschutzversicherung hast, kostet dich das auch nicht. Vielleicht hast du Glück und kommst raus aus der Nummer, weil die Vegetation die Sicht auf die Schilder behindert. Dann lässt die Stadt da vielleicht auch bald einen Gärtner anrücken.
Die tatsächliche Sichtbarkeit des Schildes lässt sich aus dieser Perspektive schlecht beurteilen.
Wenn die Fotos beweiskräftig sein sollen dann sollten noch weitere gemacht werden die Belegen das die Schilder auch beim näher kommen schlecht zu sehen waren.
Ich denke das Schoeneberg da Recht hat - ein Anwalt wird da wohl unumgänglich sein...
Um mal ein paar Grundsätze klar zustellen:
Es gibt nur "Tatvorwurf stimmt" oder "Tatvorwurf stimmt nicht". Eine Strafe abmildern oder "halbieren", wegen "nur ein bisschen schuldig" ist wie ein halbes Kind wegen "nur ein bisschen schwanger" - gibt es nicht.
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"Ein Schild muss erkennbar sein" bedeutet nicht, dass das Schild bis zum letzten Pixel scharf sein muss, sondern ausschließlich, dass dessen Bedeutung und Wirkung erkennbar ist.
Ein Stoppschild ist aufgrund seiner achteckigen Form zweifelsfrei als solches erkennbar, auch wenn es verschneit ist.
Andreaskreuz, Dreieck mit Spitze nach unten, ... - kann alles weiß über lackiert sein, verliert nie seine Wirkung und Strafbarkeit bei Missachtung.
Mit blau und rechteckig ist das nicht ganz unähnlich, es gibt da nicht so sonderlich viel, dass man dessen Bedeutung missverstehen könnte.
Auch eine rein bauliche Ausführung der Straße kann ein zweifelsfrei zu identifizierender Bereich sein:
Keine getrennten Bereiche von Fahrbahn und Bürgersteig, Mülltonnen und Pflanzkübel mitten auf der "Fahrbahn" - da ist so ein blaues Schild eher nicht der Hinweis auf die nächste Autobahnausfahrt in 5 Kilometern Entfernung.
Dass man dies bei gefahrenen 50 km/h nicht alles schnell genug bemerkt, mag vielleicht so sein. Aber ob es so taktisch klug ist, einem Richter zu erzählen, dass man durch diese Unterführung, mit einer aus diesem Sichtwinkel zu vermutenden rechts-vor-links Situation, im Dunkeln und bei Regen mit 50 km/h durchzuziehen, ist vielleicht auch nicht die beste Idee.
Sich darauf zu berufen, dass bei einer derartigen Fahrweise (immerhin mittels einer Messung objektiv nachgewiesen!) Schilder "unsichtbar" werden, sollte man sich auch überlegen.
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Fehlende Bodenschwellen sind kein Anzeichen für eine nicht vorhandene "Spielstraße" - korrekt "verkehrsberuhigter Bereich".
Viele Anwohner haben Schwellen "weggeklagt", weil sie zu einer vermeidbaren Lärmbelästigung führen.
Viele Autofahrer haben Schwellen und auch Pflanzkübel "weggeklagt", weil sie ein Einbringen eines Hindernis in den fließenden Verkehr bedeuten.
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"ungewollter Ausrutscher" ist genau das, was als "einfache Fahrlässigkeit" juristisch bezeichnet wird, und das bedeutet dann die Regelstrafe.
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Dass man jahrelang unfallfrei und unauffällig unterwegs war, ist genau das, was der Gesetzgeber grundsätzlich von jedem Verkehrsteilnehmer erwartet.
Es ist nichts, was positiv angerechnet wird. Keine Voreinträge bedeutet keine Verschärfung der Strafe.
Für den ersten Banküberfall einen Bonus bei der Strafe, weil man vorher noch nie eine Bank überfallen hat, wäre doch auch etwas merkwürdig.
Was die Übertretung an geht, wird fast immer nach dem Urteil des OLG Hamm VRS 6, 222 gerechnet - 10 km/h als strafbare Grenze bei vorgeschriebener Schrittgeschwindigkeit.
Bei "knapp 50" sind das rund 43 echte km/h, wird somit ein Tatvorwurf von ~+33 km/h (vielleicht etwas weniger) im Raum stehen.
Nach dem aktuellen Bußgeldkatalog wären das 160 Euro Bußgeld (bei Gefährdung 195) plus 3 Punkte plus ein Monat Fahrverbot (+23,50 Gebühren und Auslagen).
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Einspruch ist immer möglich, aber hier sollte man seine Argumentation an den oben genannten Tatsachen (geltende Rechtsprechung) orientieren. Ohne Anwalt braucht man nicht antreten.
Eine eher laienhafte Argumentation könnte einem ganz gewaltig auf die Füße fallen. Sich irgendwie "entschuldigen" fällt einem immer auf die Füße.
Eine Entschuldigung für ein "nur versehentliches Handeln" IST ein wasserdichtes Tateingeständnis für den Vorwurf der einfachen Fahrlässigkeit gem. §3 Bußgeldkatalog, genau das, was einem vorgeworfen werden wird.
Vielen Dank für die, teilweise sehr ausführlichen, Antworten.
Der Anhörungsbogen ist bereits eingetroffen. Was die Geschwindigkeit betrifft, ich habe mich wohl verschätzt. Es waren nicht knapp 50 sondern 37 Km/h. Damit gibt es wohl kein Fahrverbot. Allerdings behaupte ich noch immer, dass die Schilder auf Grund "Zuwachsung" nicht sichtbar waren.
Mal sehen, was rauskommt.
Noch ein schönes Wochenende an alle, Gruß
Ganz dringende Bitte an alle: niemals für den Verkehrsberuhigten Bereich den falschen Begriff "Spielstraße" verwenden. Diesen Begriff findet Ihr in der gesamten Straßenverkehrsordnung aus gutem Grund nicht. Euren Kindern einzureden, der verkehrsberuhigte Bereich sei eine "Spielstraße" könnte zu einem tödlichen Irrtum (für die Kinder) führen!!!! Sie glauben nämlich, das sei "IHRE" Straße. In Wahrheit sind im verkehrsberuhigten Bereich ALLE Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt. Der Begriff "Spielstraße" taucht nur in einer Verwaltungsvorschrift zur StVO auf und umschreibt indirekt dort eine Straße (meist kurze Sackgasse), in der Verkehrsverbot für Fahrzeuge aller Art gilt.