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Testbericht

9. Juli 2008
Haar, 9. Juli 2008 - Dacia Sandero oder Audi A3? Was für eine Alternative. Den einen gibt es bereits für 7.500 Euro, während beim Ingolstädter inzwischen schon mindestens 20.350 Euro verlangt werden. Und doch werden beide Autos vom Kraftfahrt-Bundesamt der Kompaktklasse zugerechnet. Wer sich angesichts dieser Extreme einen Mittelweg wünscht, kann sich den Kia Cee'd ansehen. Den gibt es derzeit als Sondermodell Top Star schon für 13.920 Euro, was ziemlich genau die Mitte zwischen Sandero und A3 darstellt. Aber was bekommt man dafür? Ähnelt der Koreaner eher dem rumänischen Billigheimer von Dacia oder dem bayerischen Besserverdiener-Auto? Wir haben die dreitürige Variante namens Pro_Cee'd mit dem 2,0-Liter-Diesel getestet, um das herauszufinden. Optisch durchaus konkurrenzfähig Bereits von außen fällt auf, dass ein Koreaner heute nicht mehr aussehen muss wie ein Koreaner. Der Pro_Cee'd macht eine wirklich gute Figur. Er braucht den Vergleich mit dem Audi A3 nicht zu scheuen. Nicht so rational wie der kühle Ingolstädter, wirkt er emotionaler, aber keineswegs weniger schön. Und den pummeligen Rumänen sticht er optisch allemal aus. Von der fünftürigen Cee'd-Version unterscheidet er sich deutlich. So besitzt er einen großen Dachspoiler, einen flacheren Grill, andere Scheinwerfer, veränderte Stoßfänger und eine flachere Frontscheibe. Innen dagegen gibt es keine Unterschiede. Doch auch hier macht der Pro_Cee'd Eindruck - zumindest in der getesteten Topausstattung TX. Unser Testwagen hat im Interieur viele glatte, schwarze Flächen, was eine vornehme Atmosphäre hervorbringt. Aufgelockert wird das Ganze durch silberne Akzente an der Mittelkonsole und die weißen Instrumentenskalen. Schalthebel und Lenkrad sind lederummantelt. Sie fühlen sich gut an und vermitteln das Gefühl von Solidität. Ein Plus sind auch die Sitze; sie gewähren vor allem an den Oberschenkeln guten Seitenhalt in schnell gefahrenen Kurven. Uns stört im Innenraum eigentlich nur das zu grobschlächtige Kia-Emblem auf dem Lenkrad mit seinen dicken Lettern.

Zwei Benziner und zwei Diesel Unter die Haube bekommt der Pro_Cee'd einen von vier Motoren, jeweils einen 1,6-Liter und einen 2,0-Liter auf der Otto- und auf der Dieselseite. Nachdem wir kürzlich den kleinen Diesel getestet haben, wählten wir diesmal den großen Bruder. Der 1.6 CRDi bewährte sich im Direktvergleich mit den entsprechenden Modellen von Toyota Auris und Fiat Bravo als klar die beste Motorisierung. Deshalb waren wir gespannt, ob der Zweiliter ebenso gut abschneiden würde. Die Leistung beträgt 140 PS, das maximale Drehmoment liegt bei 305 Newtonmeter. Letzteres liegt laut Datenblatt von 1.800 bis 2.500 Touren an. Doch schon weit darunter kann man mit dem Pro_Cee'd sehr gut beschleunigen. So braucht man die Gänge nicht oft zu wechseln, wenngleich das mit der serienmäßigen Sechsgang-Schaltung keine Mühe bereitet. Zweiliter-Diesel zieht gewaltig ab Tiefe Drehzahlen stören unseren Testkandidaten also kaum. Sogar wer den Motor im Stadtverkehr mit 55 km/h im fünften Gang bei 1.200 Touren vor sich hinbrabbeln lässt, kann aufs Gas gehen, ohne zurückzuschalten. Und ab knapp 2.000 U/min zieht der Kia, dass es eine wahre Freude ist. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 205 km/h; sie wird ohne Probleme erreicht. Vorbei also die Zeiten, da asiatische Hersteller keine Selbstzünder bauen konnten. Allenfalls der etwas raue Lauf stört etwas, aber das ist angesichts der Fahrleistungen bald vergessen. Vielleicht sollten die Kia-Ingenieure im Rüsselsheimer Kompetenzzentrum eine Piezoeinspritzung in Betracht ziehen? Derzeit arbeitet im 2.0 CRDi eine Common-Rail-Einspritzung der zweiten Generation - also eine mit 1.600 bar Druck und normalen Magnetventilen.

Verbrauch: Nur mittelprächtig Und die Umwelteigenschaften? Den Verbrauch gibt Kia mit 5,5 Liter auf 100 Kilometer an. Auf unserer 170-Kilometer-Verbrauchsrunde brauchten wir mit eingeschalteter Klimaanlage 5,7 Liter, also fast dieselbe Menge. Damit ist der Pro_Cee'd allenfalls Durchschnitt bei den Kompakten mit 140-PS-Diesel. Hier ist der BMW 118d mit 4,5 Liter auf 100 Kilometer einsamer Spitzenreiter, gefolgt von Audi A3 2.0 TDI sowie Honda Civic 2.2 CTDi mit jeweils 5,1 Liter. Mit dem Kia gleichauf liegen zum Beispiel der Golf 2.0 TDI und der Ford Focus 2.0 TDCi. Es gibt aber auch schlechtere Kandidaten wie den Opel Astra 1.9 CDTI oder gar den Mazda 3 2.0 CD, der gleich 6,0 Liter braucht. Zu verstecken braucht sich der Pro_Cee'd also nicht, umso mehr als der Partikelfilter Serie ist. Fahrwerk auf Audi-Niveau Auch die Lenkung gibt keinen Anlass zur Beschwerde. Daran, dass sich das Lenkrad nur unwillig aus der Mittellage heraus bewegen lässt, kann man sich gewöhnen. In puncto Fahrwerk liegt der Kia mit seiner Mehrlenker-Hinterachse sogar auf dem gleichen Niveau wie der Audi A3. Technologische Schmankerl wie eine "Stoßdämpferverstellung mit magnetorheologischem Fluid", wie sie optional im A3 verfügbar ist, können die Koreaner allerdings nicht bieten. In der Praxis fährt sich der Pro_Cee'd in der Kurve aber auch so gut. Er wirkt recht straff mit einer Spur zu viel Härte bei Unebenheiten. Dreitürer-Probleme Ein Kompaktwagen sollte im Innenraum Platz für vier Erwachsene und etwas Flexibilität vorweisen können. Schließlich wäre es nicht schlecht, wenn man damit auch mal die Oma oder ein Kleinmöbel transportieren kann. Hier erleben wir beim Pro_Cee'd eine Enttäuschung. Zunächst machen die fehlenden Fondtüren das Einsteigen in den Fond nicht leichter. Die Sitze verfügen außerdem zwar über eine Easy-Entry-Funktion, das heißt, beim Vorklappen der Vordersitzlehne fährt automatisch auch der Sitz nach vorn. Doch die versprochene Memory-Funktion, die den Sitz wieder in die ursprüngliche Position zurückführt, haben wir vergeblich gesucht.

Unebene Ladefläche Im Fond sitzt man ganz bequem, allerdings ist die Kniefreiheit nicht überragend und schon ein mittelgroßer Insasse reicht mit etwas Anstrengung bis an die Decke. Kleine Passagiere können wegen der hoch angesetzten hinteren Seitenfenster kaum nach draußen blicken. Auch der Fahrer sieht nicht viel, wenn er vor dem Einscheren über die linke Schulter nach hinten blickt. Die fehlenden Fondtüren erschweren auch die Beladung etwas. Dazu kommt noch eine hohe Ladeschwelle, vor allem aber die störende Unebenheit der Ladefläche. Denn beim Dreitürer kann man anders als beim Fünftürer nur die Fondlehnen, nicht aber die Sitzbank selbst umklappen. Das Kofferraumvolumen selbst geht in Ordnung. Es liegt bei 340 bis 1.210 Liter, ist also etwas geringer als beim VW Golf. Ab 21.440 Euro Den Kia Pro_Cee'd 2.0 CRDi gibt es ab 21.440 Euro; die fünftürige Variante kostet 500 Euro mehr. Dafür bekommt man die Ausstattung EX, die bereits ein umfangreiches Sicherheitspaket umfasst: sechs Airbags, ESP und ABS. Auch sonst geht man mit dem kompakten Kia auf Nummer sicher: Im EuroNCAP-Test erzielte die fünftürige Variante die Maximalwertung von fünf Sternen. Die übrige Ausstattung ist hervorragend. Dazu gehören 16-Zoll-Alufelgen, Nebelscheinwerfer, elektrisch einstell- und beheizbare Außenspiegel, elektrische Fensterheber vorne, eine Zentralverriegelung mit Fernbedienung, ein CD-Radio mit MP3-Funktion, eine Schnittstelle für einen USB-Stick oder einen MP3-Player, eine Lichtautomatik, eine Klimaanlage und sogar ein Tempomat. Wer will, kann für 1.835 Euro Aufpreis die TX-Ausstattung kaufen. Dann kommen 17-Zoll-Alufelgen, eine Sitzheizung vorne, Stoff-Leder-Sitzbezüge, elektrisch anklappbare Außenspiegel, eine Scheibenwischerautomatik, eine partiell beheizbare Frontscheibe, eine Klimaautomatik und eine elektronische Einparkhilfe für hinten hinzu.

Golf teurer und schlechter ausgestattet Vergleichen wir den Preis unseres Kia mit dem Klassenprimus VW Golf. Den 2.0 TDI gibt's als Dreitürer in der fast nackten Basisversion Trendline für 22.000 Euro. Obwohl der Golf also schon rund 500 Euro teurer ist als der Pro_Cee'd, fehlen hier bis auf die Fensterheber, die elektrisch einstellbaren Außenspiegel und die Zentralverriegelung alle Extras, die beim Kia serienmäßig sind. Ein weiterer Vorteil ist die lange Garantie: Kia bietet gleich sieben Jahre für den Antriebsstrang und fünf Jahre für das ganze Fahrzeug inklusive Lackierung. Damit liegen die Koreaner ganz vorn in der Branche.
Technische Daten
Antrieb:Frontantrieb
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Schaltung
Motor Bauart:Reihendiesel, Turbolader mit variabler Geometrie, Ladeluftkühler, Common-Rail-Direkteinspritzung
Hubraum:1.991
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:4
Leistung:103 kW (140 PS) bei UPM
Drehmoment:305 Nm bei 1.800 bis 2.500 UPM
Preis
Neupreis: 21.440 €
Fazit
Der Pro_Cee'd 2.0 CRDi bietet fast alles, was ein Kompakter braucht. Die Karosserie sieht gut aus, und auch innen macht der Koreaner was her. Der Zweiliter-Diesel gefällt ebenfalls: Er bringt das Auto mächtig in Schwung und bleibt doch - verglichen mit Benzinern - sparsam. Einen Spardiesel hat er allerdings ebenso wenig unter der Haube wie der gleich durstige VW Golf 2.0 TDI.

Gut sind auch das Sechsgang-Getriebe und das straffe Fahrwerk. Die Ausstattung schließlich umfasst schon bei der EX-Version so viel, dass man außer der Metallic-Lackierung kaum mehr etwas vermisst. Und das bei einem Preis, der immer noch runde 500 Euro unter dem fast nackt daherkommenden VW Golf 2.0 TDI Trendline liegt. Die Achillesferse ist die Rückbank, die sich nicht richtig umlegen lässt. Daher empfehlen wir den Fünftürer, der dieses Manko nicht hat. Insgesamt gefällt der Kia sehr. Wir finden mehr Gemeinsamkeiten mit dem Nobelkompakten von Audi als mit dem Billigheimer Sandero. Und wenn es noch eines Beweises bedurft hat, dass auch Asiaten heute gute Autos bauen, dann erbringt ihn der kompakte Kia. Früher oft anzutreffende Schwächen wie ein fehlender Partikelfilter oder ein nicht verfügbares ESP sind passé.
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: auto-news, 2008-07-09

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