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Testbericht

3. August 2006
Parsberg, 3. August 2006 – Man hat uns gewarnt. Nutzfahrzeuge sind anders als normale Autos, hat man uns gesagt. Da geht es nicht um eine formschöne Karosserie, um die Zahl der Metallic-Lackfarben und einen schnellen Sprint von null auf 100 km/h. Hier zählen ganz andere Werte. Testfahrten mit Pkws gewöhnt, ließen wir uns aber nicht abschrecken und fuhren den neuen VW-Nützling namens Crafter. Lesen Sie, welche Eindrücke wir dabei gewonnen haben – wenn Sie beim nächsten Umzug einen Crafter mieten, wissen Sie dann, was Sie erwartet. 2.5 TDI in vier Stärken Der Crafter ist der Nachfolger des LT, dessen dritte Generation der neue Transporter darstellt. Wie der Vorgänger ist der Crafter baugleich mit dem Mercedes Sprinter. Unser Testfahrzeug war die Kombiversion – so nennt man in Nutzfahrzeug-Kreisen die verglaste Variante, die sich vor allem für Personentransporte eignet. Aber auch bei den Kombis gibt es noch mehr als genug Karosserieversionen – insgesamt sieben, wenn wir richtig gezählt haben. Unser Auto hatte ein Normaldach, einen mittellangen Radstand und ein zulässiges Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen. Schon diese mittellange Version ist 5,91 Meter lang, wobei das noch gar nichts ist im Vergleich zum längsten Crafter – der misst gleich 7,34 Meter. Fünfzylinder mit Partikelfilter So vielfältig die Karosserievarianten sind, so übersichtlich ist das Motorenangebot. Alle Crafter werden von einem 2,5-Liter-TDI angetrieben, den es in vier PS-Versionen gibt: 89, 109, 136 und 164 PS. Wir fuhren die Spitzenmotorisierung. Bei dem Aggregat handelt es sich um eine weiterentwickelte Version des 2,5-Liter-Fünfzylinders aus dem Vorgänger. Eingespritzt wird nach dem Common-Rail-System durch moderne Piezodüsen. Der Zweiventiler erfüllt die Euro-4-Norm, und zwar sowohl bei dem für Nutzfahrzeuge vorgeschriebenen Testzyklus als auch bei der Pkw-Messmethode.

Diesel mit modernen Piezodüsen Aber nicht nur die Ökologie stimmt: Der Motor fühlt sich auch in dem getesteten, etwa zwei Tonnen schweren Transporter noch kräftig an. Aus dem Drehzahlkeller kommt der Diesel ebenfalls gut heraus – der so genannte VTG-Lader macht’s möglich. Die variable Turbinengeometrie lässt den Lader schon bei niedrigen Drehzahlen ansprechen. 90 Prozent des maximalen Drehmoments stehen so im Bereich zwischen 1.750 und 3.500 Touren an. Das Maximum von 350 Newtonmetern wird bei 2.000 U/min zur Verfügung gestellt. Allerdings dröhnt das Aggregat und klingt rau für unsere Pkw-verwöhnten Ohren. Nenndrehzahl 3.500 Touren Die Nenndrehzahl, bei der die 164 PS erreicht werden, liegt bei nur 3.500 U/min. So bleibt der nutzbare Drehzahlbereich recht eng, was bei einem Nutzfahrzeug ein Vorteil ist – es verbessert die Wirtschaftlichkeit. Dazu passt das serienmäßige Sechsgang-Schaltgetriebe, das die Drehzahlen im Rahmen hält. Damit man die vielen Gänge auch leicht schalten kann, ist der Schaltknauf griffgünstig als Joystick angebracht. Dies hat zusätzlich den Vorteil, dass der Durchgang in den Laderaum frei bleibt. Ebenfalls praktisch und Pkw-artig sind die kurzen Schaltwege. Alternativ gibt es für 1.100 Euro Aufpreis ein automatisiertes Schaltgetriebe – allerdings nur für die beiden mittleren Motorisierungen. Die Kraft wird beim Crafter auf die Hinterräder übertragen. Dabei kann bei der Hinterachsübersetzung aus bis zu drei Werten gewählt werden. So kann der Benutzer Zugkraft, Anhängelast, Verbrauch und Höchstgeschwindigkeit an seine Bedürfnisse anpassen. Den Spritbedarf bei der Standardübersetzung gibt VW mit 9,9 Litern Diesel auf 100 Kilometer an.

Blattfedern statt Schrauben Deutliche Unterschiede zum Pkw gibt es naturgemäß beim Fahrwerk – muss der Crafter doch bis zu anderthalb Tonnen Ladung verkraften. Zwar sind die vorderen Räder einzeln aufgehängt, doch hinten gibt es die LKW-typische Starrachse. Statt Schraubenfedern hat das Riesenauto vorne und hinten robuste Blattfedern. Vorne werden jedoch keine Stahlfedern verwendet, sondern eine einzige Querblattfeder aus einem Verbundwerkstoff, was Gewicht spart. Wenn man sich an die Blattfedern des alten Fiat Panda aus den 80er-Jahren erinnert, fährt sich der Crafter jedoch deutlich komfortabler. Unebenheiten schluckt das Fahrwerk fast ebenso gut wie ein T5. Bei über zwei Meter Höhe sollte man Kurven jedoch eher vorsichtig nehmen: Der Transporter neigt sich hier deutlich nach außen. Auch bei hohem Tempo – der 164-PS-Crafter schafft 158 km/h – muss man vorsichtig zu Werke gehen. Schweinehälften-ESP Doch für Sicherheit ist gesorgt: Anders als der Vorgänger, der sich „gern mal auf den Spiegel legte“, wie man bei VW Nutzfahrzeuge zugibt, hat der Crafter serienmäßig ESP. Aber auch hier gibt es Unterschiede zum Pkw. Denn wenn man in ein so hohes Auto zum Beispiel frei pendelnde Schweinehälften hängt, verhält es sich ganz anders, als wenn man eine dicke Bleiplatte flach in den Transportraum legt. Das neue Spezial-ESP des Crafter stellt sich jedoch auf die gerade geladene Last ein. So wird nicht nur aus verschiedenen Sensorendaten auf das Gewicht geschlossen, sondern auch die Wankbewegung registriert. Das ESP greift dann bei starker Beladung und hohem Schwerpunkt früher ein. Neben dem ESP sind auch eine Antriebsschlupfregelung, ein ABS und eine elektronische Differenzialsperre Serie. Die serienmäßige geschwindigkeitsabhängige Servolenkung könnte auf der Autobahn etwas mehr verhärten. Gebremst wird mit Scheibenbremsen rundum. Doch gibt es serienmäßig nur einen einzigen Airbag – den für den Fahrer. Gegen Aufpreis werden ein Beifahrerairbag sowie Seitenairbags vorn und Kopfairbags angeboten.

Serienmäßig nur zwei Sitze Der Crafter Kombi ist für den Transport von Menschen und Material gedacht. Wer Unbelebtes verfrachten will, kann bei der getesteten Version nicht weniger als neun Kubikmeter Ladegut unterbringen – das sind 9.000 Liter. Praktisch: Das Durchlademaß zwischen den Radkästen beträgt 1,23 Meter. Damit kann sogar eine Europalette zwischen den Hinterrädern platziert werden – laut VW eine Premiere bei Fahrzeugen dieser Größenklasse. Serienmäßig hat der Crafter nur zwei Sitze für Fahrer und Beifahrer. Für die übrigen drei Reihen können Doppelsitzbänke oder Dreierbänke bestellt werden. Maximal finden so elf Insassen Platz. Doch da man in Deutschland mit Pkw-Führerschein nur Fahrzeuge mit maximal neun Sitzen bewegen darf, wird es in der Regel dabei bleiben. Die Möbel sind ausbaubar, was jedoch gerade bei einer Dreierbank Etliches an Muskelkraft erfordert. Eine Schiebetüre auf der rechten Seite sowie Heckflügeltüren sind Serie. Außerdem hat der Crafter elektrische Fensterheber vorne und eine Zentralverriegelung mit Fernbedienung. Das wars dann aber auch in puncto Serienkomfort. Die Außenspiegel und die vorderen Sitze müssen manuell eingestellt werden, und Audio- oder Klimaanlage kosten extra. Deutlich günstiger als Mercedes Sprinter Der Crafter mit Normaldach, mittlerem Radstand und dem 164-PS-Diesel kostet 38.065 Euro. Der Vorgänger LT 35 2.8 TDI Kombi mit mittlerem Radstand und 158 PS kostete nur etwas über 35.000 Euro, war aber auch etwas kleiner. Auch ein Vergleich mit dem baugleichen Mercedes Sprinter liegt nahe. Bei den Stuttgarter Transportern sind die Diesel ähnlich gestuft wie beim Crafter: 88, 109, 129, 150 und 184 PS. Daneben gibt es jedoch auch einen 258-PS-Benziner. Wie beim Crafter kommt ein Sechsgang-Getriebe zum Einsatz. Der 3,5-Tonner mit mittlerem Radstand und Normaldach sowie 150 PS kostet bei Mercedes 40.716 Euro, also etwa 2.500 Euro mehr als der VW. Dabei ist die Ausstattung ähnlich; nur elektrisch einstellbare Außenspiegel und einen Beifahrerairbag hat der Sprinter zusätzlich immer an Bord. Für diese beiden Extras zahlt man bei VW aber auch nur 545 Euro Aufpreis. Der Spritverbrauch des Sprinter wird von Mercedes mit 9,3 Litern angegeben; der etwas stärkere VW braucht akzeptable 9,9 Liter. Die Maximalgeschwindigkeit des Sprinter liegt bei 162 km/h, der Crafter fährt nur wenige Stundenkilometer langsamer. Insgesamt steht der Crafter dem Sprinter wohl kaum in den Eigenschaften nach: gute Voraussetzungen, dem Sprinter ein paar Marktanteile abzujagen. (sl)
Technische Daten
Antrieb:Heckantrieb
Anzahl Gänge:6
Getriebe:Schaltung
Motor Bauart:Turbodiesel-Reihenmotor, Common-Rail-Direkteinspr., Piezodüsen
Hubraum:2.459
Anzahl Ventile:2
Anzahl Zylinder:5
Leistung:120 kW (164 PS) bei UPM
Drehmoment:350 Nm bei 2.000 UPM
Preis
Neupreis: 38.065 € (Stand: August 2006)
Fazit
Der Crafter lässt sich gut mit dem baugleichen Mercedes Sprinter vergleichen. Der 150-PS-Diesel im Stern-Transporter und der 164-PS-Selbstzünder im VW sind von den Daten her etwa gleichwertig. Beide Modelle haben nun ESP – ein Sicherheitsplus, das den ins Gerede gekommenen, schnellen Transportern gut ansteht.

Der Sprinter mit VW-Label ist nicht schlechter als der Mercedes, aber ausstattungsbereinigt runde 2.000 Euro günstiger. Gerade bei der weniger image- als kostenorientierten Klientel der Nutzfahrzeug-Halter dürfte das zählen.
Testwertung
4.0 von 5

Quelle: auto-news, 2006-08-03

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