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Testbericht

Wolfgang Gomoll, 16. November 2020
Die automobile Zukunft ist elektrisch. Richtig? Nicht so schnell. Eine Studie des VDI zeigt, dass die Stromer bei der Öko-Bilanz über ein Autoleben hinweg nicht immer die Besten sind. Wird ein Diesel mit synthetischem Kraftstoff betankt, schwingt das umweltschonende Pendel in seine Richtung.

Die Ökobilanz treibt die Automobilindustrie um. Hersteller wie BMW oder Mercedes wollen mittelfristig den CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeuge deutlich senken. Die Münchner koppeln sogar die Vorstandsgehälter an das Erreichen dieser Ziele. Dabei geht es nicht nur um den Fahrbetrieb, sondern natürlich auch um die Fertigung. Wie schneiden da die Elektromobile im Vergleich zum Diesel oder einem Brennstoffzellenauto ab. Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) hat sich dieser Sachlage in einer Studie angenommen. Das führt uns zu den Probanden: Die Studie fokussiert sich auf Fahrzeuge der Kompaktklasse wie den BMW i3 oder den e-Golf, die für die batterieelektrische Fraktion in den Ring steigen. Die Batteriegröße ist mit 48 bis 82 Kilowattstunden definiert. Während der Laufleistung werden die Akkus nicht gewechselt. Als Vergleich werden ein Auto mit Dieselmotor und eines mit Brennstoffzelle herangezogen. Außen vor sind jegliche Arten von hybridisierten Antrieben. Als Laufleistung legen die Experten maximal 300.000 Kilometer nach dem WLTC Zyklus fest. Der dem Treibhausgas / CO2-Ausstoß zugrundeliegende Strommix beim Tanken entspricht dem in Deutschland.

Die Analyse der verschiedenen Antriebskonzepte erfolgt unter bestimmten Parametern. Sehr wichtig ist die Batteriegröße und die bei der Produktion daraus resultierenden CO2-Äquivalente, die gerne in dem Begriff \"craddle to craddle\" zusammengefasst werden. Also die Öko-Bilanz eines Akkus während des gesamten Autolebens, das beinhaltet unter anderem die Produktion und das Recycling. Dagegen haben die Verfasser der Studie etwa die Ladeverluste nicht mit einberechnet. Auch die Abweichungen des Realverbrauchs von den Herstellerangaben sind zwar angedeutet, aber nicht bis ins letzte Detail ausgeführt.

Die Produktion des batterieelektrischen Fahrzeugs beziehungsweise der Batterie darf bei der Energiebilanz ebenfalls nicht vernachlässigt werden. Aktuell schleppen BEVs vor allem den Nachteil des hohen Energie- und Materialaufwand in der Produktion mit sich herum. Konsequenterweise ist ein umfangreiches und energiesparsames Batterie-Recycling ein wichtiger Schlüssel zur möglichst guten Ökobilanz. Wenn man nun die Lupe auf die verschiedenen Fahrzeugkonzepte legt, fällt auf, dass das Elektroauto durch die Produktion bereits 60 Prozent seines CO2-Rucksacks schultert. Legt man eine jährliche Laufleistung von 12.000 km einen Verbrauch von 15,8 kWh/100 km, eine Batteriekapazität von 48 kWh und den aktuellen Strommix zugrunde, benötigt das Fahrzeug zwölf Jahre, ehe die 100 Prozent Marke erreicht ist (Produktion der Batteriezellen in China und Montage des Autos in Europa).

Doch es gibt Licht am Ende des Tunnels: In den nächsten Jahren nimmt der durch die Akkus verursachte Produktions-Rucksack ab. Eine Maßnahme, die diese CO2-Bilanz mittelfristig verbessern dürfte, ist die Verbesserung der Batteriezellen. Die Einführung von NMC622-Zellen sowie die Entwicklung an NMC811-Zellen mit deutlich reduziertem Cobalt-Bedarf und bis zu 50 Prozent Verbesserungspotenzial bei der gravimetrischen Energiedichte stellen echte Chancen für die batterieelektrischen Antriebe dar, in der Ökobilanz deutlich besser abzuschneiden.

Wie schneiden die Stromer über das Autoleben hinweg bei der CO2-Bilanz im Vergleich zum Brennstoffzellenfahrzeug und dem Diesel ab? \"Die durch die Nutzungsphase bedingten CO2-Emissionen hängen wesentlich von der Effizienz des Antriebs und dem CO2-Rucksack der Energiequelle ab\", erklärt Professor Thomas Koch. Bei einem Verbrauch von 17,6 kWh/100 km (Batterien aus China, Montage in Europa) wird die CO2-Bilanz des BEVs erst bei 300.000 Kilometern vom Diesel (mit B7 Treibstoff betankt, Verbrauch: 4,5 l/100 km) erreicht. Sparsamkeit zahlt sich hier aus. Erreicht das BEV einen Verbrauch von 15,8 kWh/100 km, treffen sich die CO2-Bilanzlinien der drei Antriebskonzepte bereits bei rund 130.000 Kilometern. Dass sich diese CO2-Bilanz bei einer größeren Batterie nicht verbessert, liegt auf der Hand.

Allerdings sollte sich diese Reihenfolge zugunsten des BEVs in Zukunft verbessern, wenn sich der Strommix in Deutschland ändert (minus 40 Prozent CO2-Äquivalente bis 2030) und die Produktion der Zellen in China beziehungsweise der EU weniger C O2-intensiv sein wird. Es fällt auf, dass Brennstoffzellenauto (Verbrauch 0,76 kg/100 km) über den ganzen Lebenszyklus hinweg gut schlägt und konstant in der Nähe des BEVs (15,8 kWh/100 km) bleibt.

Ein Hebel, wie die CO2-Bilanz aller Antriebe verbessert werden kann, ist die sogenannte Defossilisierung des jeweiligen Energieträgers: Dabei geht es um die Stromversorgung, die Wasserstoffversorgung und die Kraftstoffversorgung. An manchen deutschen Tankstellen kann man bereits Dieselkraftstoff mit 33 Prozent regenerativem Anteil beziehen, damit wird der Verbrennungsmotor noch konkurrenzfähiger. Zum eindeutigen Gewinner des Wettrennens zur günstigsten CO2-Bilanz wird der Dieselmotor, wenn er mit synthetischem Treibstoff betankt wird.

\"Für alle Antriebskonzepte gilt gleichermaßen, dass die Effizienz des Antriebes ein wesentliches Element auf dem Weg in eine CO2-neutrale Mobilität ist, losgelöst vom Antriebskonzept\", stellt Thomas Koch fest und ergänzt \"Ein komplementäres Miteinander der Technologien ist die einzige Chance, die CO2-Ziele für 2030 zu erreichen.\"

Quelle: Autoplenum, 2020-11-16

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