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Testbericht

15. Februar 2012
Gran Canaria (Spanien), 16. Februar 2012 - Hier geht es um die Oberfläche. Um die Oberfläche des Daches. Das neue Porsche 911 Cabrio spannt nämlich einen ganz besonderen Deckel über seine Insassen: Eine Art Hardtop mit softem Stoffüberzug. Wir testen den Wagen als Carrera S mit der neuen Siebengang-Handschaltung. Warum noch Coupé? Die Dachlinie des Elfer-Cabrios ist dort angekommen, wo sie immer hin wollte: beim Coupé. Die Silhouetten beider Fahrzeuge sind nun identisch, was die neue Cabrio-Variante des 911 bei geschlossenem Dach zum schicksten Elfer-Cabrio aller Zeiten macht. Auch wenn das Dach uns vorkommt wie ein Hardtop mit Stoffüberzug, so spricht Porsche von einer Weltneuheit und bemüht den Begriff des "Spriegels". Der im Wortsinn ein Schattendasein führende Spriegel kommt ursprünglich aus dem Kutschenbau. Die Bügel, welche das Verdeck der pferdebetriebenen Gefährte oben in Form halten, nennt der Fachmann so. Porsche ersetzt nun die über den Passagieren schwebenden Rohre durch Platten - und nennt diese Konstruktion stolz "Flächenspriegel". Der Stoffüberzug fühlt sich außen und innen schön weich an und täuscht Purismus vor. Ein ästhetischer Nebeneffekt des harten weichen Stoffverdecks wird sein, dass es kein einteiliges Winter-Hartschalen-Hardtop zum Nachrüsten mehr geben wird. Die Dinger sahen immer so blasenmäßig aus und vergewaltigten damit den optischen Gesamteindruck. Schnell bei schnellUnser Stoffdach mit dem harten Kern lässt sich in 13 Sekunden öffnen und schließen - bei den meisten Konkurrenten mit elektrisch betriebenem Verdeck dauert dieser Prozess locker doppelt so lange. Nur bei handbetriebenen Verdecken à la Mazda MX-5 geht's in unter zwei Sekunden noch schneller. Echter Komfort bedeutet auch, dass sich das Dach bis zu Geschwindigkeiten von mindestens 50 km/h öffnen und schließen lässt - zehn km/h mehr sind auch kein Problem. Viele andere Cabrios verlangen hier bei plötzlichem Platzregen einen realitätsfernen Stopp auf der kurvigen Landstraße.
Geniales Schott Nicht nur die überzeugende, von Magna zugelieferte, Dachkonstruktion des neuen 911 Cabrio wird wohl bald jede Menge Nachahmer finden. Auch das Windschott ist ein riesiger Schritt nach vorn. Vergessen die Zeiten, in denen ein hakeliger Plastikrahmen ratlose Aufklappwillige minutenlang beschäftigte. Beim Elfer-Cabrio fährt das Schott auf Knopfdruck automatisch aus und sitzt dann bombenfest hinter den Passagieren. Fahren wir dann noch die vorderen Seitenscheiben hoch, kräuselt nur noch ein laues Lüftchen unsere Hinterköpfe. Das elektrische Hochdrehen der Fond-Seitenscheiben im Viertelkreis bringt in Sachen Luftzug keine Veränderung. Komfortmerkmale, wie der von Mercedes, Peugeot und Audi angebotene Luftschal mit Warmluftdüsen in den Kopfstützen, sind Porsche zur Zeit noch zu extrem. Beim Schließen des Verdecks verschwindet das Windschott automatisch und es muss nicht als sperriges Gepäckstück im bei sportlichen Fahrzeugen ohnehin oft knapp bemessenen Kofferraum mitreisen. Das Dach selbst legt sich beim Öffnen in eine eigene Mulde und thront nicht mehr, wie bei älteren Elfer-Baureihen, kragenmäßig hinter den Fondsitzen. Steifer Typ Beim Fahren über von Geröll, Regen und Kälte zerzauste Bergstraßen wackelt oder knarzt nichts. Auch der Windschutzscheiben-Rahmen und die Lenksäule weigern sich zu zittern. Die dynamische Steifigkeit haben sich die Elfer-Entwickler bereits bei der Konstruktion des Coupés ins Lastenheft geschrieben. Und der Wagen ist auch offen wie aus einem Guss. Lächerliche 2,5 Kilogramm bringen die für das Cabrio zusätzlich aufgewendeten Versteifungsmaßnahmen zusammen. Zusätzliche Bolzen im Bereich der hinter den Fond-Sitzen untergebrachten, im Notfall automatisch hochschnellenden Überrollbügel, bringen die 2,5 Kilogramm zusammen. Wanken verboten Wie für das Coupé, so steht auch dem Cabrio die neue Wankstabilisierung zur Verfügung. Im Falle des Carrera S kostet sie 3.213 Euro extra. Und sie sorgt dafür, dass ein ohnehin wankunwilliger Wagen gar nicht mehr wankt. Wir probieren es auf einer Bergkurven-Ansammlung, gegen die die Nordschleife ein Witz ist, und wir probieren es auf der Rennstrecke: Das Cabrio lässt sich sensationell um die Ecken hauen. Das selbstverständlich wirkende Zusammenspiel von ultrapräziser elektromechanischer Servolenkung und fehlendem Kippeln führt zu einer unwirklichen Performance. Die Bremsen geben mit ihrer kräftigen, gut dosierbaren Arbeitsweise Sicherheit - und für die Psyche wären auch extrem standfeste Keramik-Scheiben für 8.509 Euro im Angebot.
Ein Freund, ein guter Freund Die Vortriebsmaschine brummt hinter uns im Heck: Ein 3,8-Liter-Boxermotor mit 400 PS und einem maximalen Drehmoment von 440 Newtonmeter. Die Momentenspitze liegt bei 5.600 U/min an - aber ab geht es schon viel früher. Das Triebwerk ist unheimlich elastisch und ballert aus jedem Gang kräftig los. Zum ersten Mal in unserem Leben legen wir bei einer Handschaltung einen siebten Gang ein - wir fahren zirka 80 km/h und das Drehzahlniveau sinkt auf 1.200 U/min. Das Aggregat stottert nicht, sondern grummelt mit friedlicher Zuverlässigkeit hinter uns vor sich hin. Und beim Tritt aufs Gas sprotzelt es fröhlich los, sprudelt mehr als nur ein bisschen Vortrieb raus. Der siebte Gang ist eindeutig der Kulturgang des Elfers. Auf der Rennstrecke drehen wir die Gänge natürlich aus und mit einer fauchenden brüllenden Ballerei knallt der Wagen los. Der Satz auf Tempo 100 ist in 4,7 Sekunden abgerissen. Der wütende Kraftsound macht dabei süchtig. Und die Räder unseres Hecktrieblers kleben ohne Unterlass inbrünstig am Asphalt. Sauber bis zur 301 Ansonsten lässt sich die Siebengang-Schaltung super sauber bedienen - irgendwelche Hakeleien könnten wir uns auf der Rennstrecke auch gar nicht erlauben. Und damit wir uns nicht plötzlich in ein Vortriebsloch schalten, können wir dank einer mechanischen Sperre den siebten Gang nur aus der Gasse erreichen, wo fünfter und sechster Gang zu Hause sind. Mit gnadenlosem Gasfuß sind nach 9,8 Sekunden 160 km/h erreicht, maximal wären 301 km/h drin. Für etwas Sparsamkeit im Stadtverkehr ist der Antrieb serienmäßig mit einem Start-Stopp-System ausgerüstet. Im Schnitt soll das Carrera S Cabrio mit Handschaltung 9,7 Liter pro hundert Kilometer wegschlürfen. In der Stadt saugt es sich dann 14,1 Liter in die sechs Brennräume. Wir lieben die Kultiviertheit des saugenden Boxermotors, wir lieben sein feines Ansprechverhalten - und in den Bergen haben wir für die laut Bordcomputer 18,1 Liter Verbrauch Verständnis. Für 400 hart gefahrene PS passt das. Nichts zu meckern? Finden wir am neuen Elfer-Cabrio wirklich nur Gutes? Gibt es gar nichts, was neidische Mütchen kühlen könnte? Klar gibt es das: Die hinteren Sitze sind, ähnlich wie der Stoff auf dem Verdeck, eher optischer Natur - der Hund oder die leichte Sporttasche können dort mal Platz nehmen. Abgesehen von der auf null reduzierten Beinfreiheit stehen die Rücklehnen beinahe in einem leichten Winkel nach vorn. Außerdem ist der Wagen bei geschlossenem Dach nach hinten ausgesucht unübersichtlich. Eine Rückfahrkamera suchen wir vergebens in der Optionen-Liste. Dafür sind beim Cabrio die Einparksensoren hinten Serie, beim Coupé würden sie 583 Euro kosten. Aber dafür ist das Cabrio sowieso knapp 12.500 Euro teurer als das vergleichbar motorisierte Coupé. Und einen Graben hat bisher noch kein Einparksensor erkannt. Das bei einem 115.000-Euro-Cabrio wiederum selbst das Navi noch mal 3.118 Euro extra kostet, finden wir wiederum gut: Diejenigen, die es sich leisten können, stört das nicht. Und diejenigen, die sich den Wagen nicht leisten können, wird es freuen, dass die Käufer für den Spaß ordentlich zur Kasse gebeten werden.
Technische Daten
Antrieb:Heckantrieb
Anzahl Gänge:7
Getriebe:Schaltgetriebe
Motor Bauart:Boxermotor mit Direkteinspritzung
Hubraum:3.800
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:6
Leistung:294 kW (400 PS) bei UPM
Drehmoment:440 Nm bei 5.600 UPM
Preis
Neupreis: 114.931 € (Stand: Februar 2012)
Fazit
Innovatives Stoff-Hardtop-Dach, bahnbrechendes Komfort-Windschott, kräftig kultivierter Saugmotor mit urigem Gänsehaut-Sound und eine Siebengangschaltung, die jedem Technikfan gute Laune ins Hirn pumpt: Beim neuen Elfer-Cabrio schießt uns wirklich die Frage durch den Kopf: Ist dies das beste Cabrio der Welt? Das Benchmark-Gefährt könnte sich erstmals häufiger verkaufen als sein Coupé-Geschwister. Wer das Geld hat, kann einfach nichts falsch machen: zuschlagen. Zu den drei besten Cabrios der Welt zählt das neue 911 Cabrio ganz sicher.
Testwertung
5.0 von 5

Quelle: auto-news, 2012-02-15

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