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Testbericht

Sebastian Viehmann, 5. Februar 2008
Geht es nach VW, wird das Direktschaltgetriebe DSG die Automatik bald komplett ersetzen. Ein Feeling-Vergleich: Wie fährt sich Omas 30 Jahre alter Automatik-Golf im Vergleich zum Golf 1.4 TSI mit dem neuen 7-Gang DSG?

In den wilden 70ern waren Autos mit Automatikgetriebe eigentlich nur etwas für alte Omas - genauso wie die Servolenkung oder der zweite Außenspiegel. Und dann ein Golf GTI mit Automatik? Völlig undenkbar. 30 Jahre später schalten selbst Sportskanonen wie der Golf R32 automatisch, ohne dass sich der Fahrer als Weichei fühlen muss. Mit dem Doppelkupplungsgetriebe 6-Gang DSG und Schaltwippen am Lenkrad geht die Post ab. Schon 60% aller R32-Käufer entscheiden sich für DSG. Auch bei den Volumenmodellen Passat (24%) und Touran (23%) wächst die Ausrüstungsquote mit dem Direktschaltgetriebe, wie VW es nennt.

Mehr als eine Million DSG-Getriebe wurden schon im VW-Getriebewerk in Baunatal bei Kassel gebaut. Der neueste Streich der Wolfsburger ist ein 7-Gang DSG, das für die beiden Motoren 1.4 TSI (122 PS) und 1.9 TDI (105 PS) auf Sparsamkeit gebürstet wurde. Das 77 Kilogramm schwere und aus rund 400 Teilen bestehende Getriebe wurde bis ins letzte Ritzel neu konstruiert und ist so kompakt, dass es sogar im Polo verbaut werden kann. Nach Golf und Jetta sollen sukzessive auch andere Modelle wie Passat oder Touran das neue Getriebe bekommen. Audi und Skoda dürfen sich ebenfalls auf die 7-Gang DSG freuen.

Doch zunächst eine kurze Zeitreise ins Jahr 1978 – am Lenkrad eines Golf 1 GLS mit 70 PS und Dreigangautomatik. Der altehrwürdige Automat besteht aus einem hydraulischen Drehmomentwandler und einem Dreigang-Planetengetriebe. Eine Ganganzeige am Armaturenbrett gibt es nicht, man muss schon mitzählen, wenn man den dürren Wahlhebel im geschmackvollen Farbton "Plaste-Braun" von P über N und R auf D schaltet. Die Dreigangautomatik lässt sich viel Zeit, bis sie nach sorgfältiger Prüfung der Drehzahl dem Antrag auf Gangwechsel stattgibt.

Beim Übergang auf die nächste Schaltstufe lässt der Ur-Golf keinen Zweifel daran, dass irgendwo da unten eine ganze Menge Mechanik aufeinander trifft. Die Zugkraftunterbrechung ist deutlich zu spüren. Bei Vollgas spurtet der Senior überraschend flott los, bis Tempo 100 vergehen trotzdem 15 Sekunden. Heute vor 30 Jahren kostete ein Golf GLS (70 PS) genau 11.605 D-Mark, für den Automaten waren 880 Mark extra fällig. Der aktuelle Golf V mit 1,4-Liter TSI-Motor (122 PS) und dem neuen 7-Gang-DSG-Getriebe bringt es auf satte 20.725 Euro. Dafür sprintet der TSI-Motor ohne Verzögerung los, jeder Gangwechsel findet butterweich und ohne Zugkraftunterbrechung statt. Da die 7-Gang-DSG auf strammen Spritspar-Kurs getrimmt wurde, ist ruck-zuck der siebte Gang erreicht. Dass sich im Getriebe etwas tut, merkt man allenfalls am wechselnden Drehzahlniveau.

Beim Kickdown kann der Golf bis zu vier Gänge auf einmal herunterschalten, um neue Kraft zu schöpfen. 100 km/h sind nach 9,4 Sekunden erreicht, Schluss ist erst bei Tempo 195. Wer es prinzipiell eilig hat, wählt den S-Modus oder sortiert die Gänge mit den Schaltwippen am Lenkrad selbst.

Das Doppelkupplungsgetriebe funktioniert folgendermaßen: Die erste Kupplung ist für die ungeraden Gänge zuständig (1,3,5 und 7), die zweite für die geraden (2,4,6 plus Rückwärtsgang). Das hat den Vorteil, dass beispielsweise der fünfte Gang auf der ersten Kupplungswelle schon eingelegt ist, während das Auto noch im vierten Gang fährt. Der fünfte Gang wartet sozusagen ab, bis seine Zeit gekommen ist, sprich die passende Drehzahl erreicht wird. Dann öffnet sich die Kupplung für den vierten Gang, während sich gleichzeitig die für den fünften Gang schließt und ihn damit "scharf schaltet". Das ganze geht im Gegensatz zu einer normalen Wandlerautomatik extrem schnell und ruckfrei vonstatten. Damit hat VW vielen Konkurrenten, die zum Teil noch mit einer Fünfgang-Automatik auskommen müssen, eine Menge voraus.

Das 7-Gang DSG gibt es bislang nur für den 1,4 TSI-Benziner und den Volumendiesel 1.9 TDI, stärkere Motoren behalten das 6-Gang DSG. Weil das Direktschaltgetriebe mit Drehmomenten über 350 Newtonmeter nicht zurecht kommt, bleiben die leistungsstärksten VW-Motoren vorerst bei der Sechsgangautomatik. Doch die Entwicklung neuer DSG-Boxen läuft bereits auf Hochtouren. Mehr als sieben Gänge allerdings würden keinen Sinn machen, erklären die VW-Entwickler: Der so genannte Planschwiderstand im Getriebe sei dann zu groß.

Das neue Direktschaltgetriebe erhöht übrigens nicht nur den Fahrkomfort - es spart auch Sprit. Für den 1.4 TSI mit 7-Gang DSG geben die Wolfsburger einen Durchschnittsverbrauch von 5,9 Litern an, während sich der Handschalter 6,3 Liter genehmigt. Notiz am Rande: Omas 30 Jahre alter Automatik-Golf mit 1,5-Liter Motor schluckt 10,5 Liter Benzin pro 100 Kilometer. Aber für eine 30 Jahre alte Technik macht der Automaten-Senior seinen Job gar nicht so schlecht.

Quelle: Autoplenum, 2008-02-05

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