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Testbericht

25. August 2011
Lissabon, 25. August 2011 - Großes Einbaunavi mit Rückfahrkamera, Lenkradheizung, Kurvenlicht und Motor-Startknopf: Als wir in den neuen Kia Rio einsteigen, fallen uns fast die Augen aus dem Kopf. So viel Hightech-Schnickschnack in einem koreanischen Kleinwagen? Die Zeiten ändern sich wirklich. Noch vor wenigen Jahren war der Rio ein Sparauto mit dem diskreten Charme eines Dacia Logan. Wir waren erstmal perplex, aber auch gespannt, wie der Wagen fahren würde. Innen und außen gelungenes Design Der Rio steht ab 9. September 2011 als Fünftürer bei den Händlern, ein Dreitürer folgt im Frühjahr 2012. Mit 4,05 Meter Länge orientiert sich der Kleinwagen eher an der oberen Segmentgrenze - länger sind nur noch Fiat Punto, Alfa MiTo und Seat Ibiza. Die Karosseriegestaltung von Kia-Chefdesigner Peter Schreyer kann man nur als gelungen bezeichnen. Die Front mit den großen Lufteinlässen wirkt sportlich, das Heck ist stimmig. Auch innen bekommt der Rio Punkte für Augenfreundlichkeit. Ein schwarzes Armaturenbrett mit silbernen Details schmückt das Interieur. Drückt man auf den optionalen Motor-Start-Knopf, huschen rote Zeiger über schicke Instrumente. Allerdings ist vieles nur bei der Topversion Spirit an Bord - darunter gibt es zum Beispiel keine Metallic-Akzente. Die andersfarbigen Armaturenbretter hat Kia für Deutschland erstmal ganz gestrichen - so etwas behält man sich für Sondermodelle vor. Neuer Rekordsparer über alle Klassen Vier Motoren werden angeboten, je zwei Benziner und zwei Diesel. Besonders stolz ist Kia auf einen 1,1-Liter-Diesel mit drei Zylindern. Mit diverser Spritspartechnik kommt das Auto auf einen Verbrauch von nur 3,2 Liter auf 100 Kilometer und 85 Gramm CO2 pro Kilometer. Damit ist das Auto das derzeit sparsamste und emissionsärmste Auto auf dem Markt, noch vor dem bisherigen Rekordhalter VW Polo BlueMotion 87g und dem Smart 0.8 cdi. Nur Elektroautos verbrennen weniger Ressourcen. Dieses Aggregat aber sparen wir uns für einen eingehenderen Verbrauchstest auf.

Sparsamer Basisbenziner mit 85 PS Stattdessen fahren wir den Einstiegsmotor, einen 1,2-Liter-Ottomotor mit 85 PS. Auch dieses Aggregat brilliert beim Spritverbrauch: 5,1 Liter je 100 Kilometer werden angegeben, das ist gut für einen Benziner dieser Leistung. Der gleich kräftige VW Polo 1.4 benötigt 5,9 Liter, und auch der Skoda Fabia aus dem gleichen Konzern mit dem aktuelleren, 86 PS starken 1,2-Liter-Turbobenziner liegt mit 5,2 Liter noch etwas schlechter als unser Testwagen mit Saugmotor. Beim Spritsparen hilft allen Rio-Versionen mit manuellem Getriebe eine Schaltpunktempfehlung. Durch eine Start-Stopp-Automatik lässt sich der Verbrauch noch verringern. Das System ist bei der Topausstattung optional verfügbar und knapst 0,1 Liter pro 100 Kilometer ab, in der Stadt sogar 0,3 Liter. Mit kleinem Hubraum und Aufladung geht es aber auch noch erheblich sparsamer: Der neue Nissan Micra 1.2 DIG-S mit kompressorgeladenem Dreizylinder und stattlichen 98 PS soll mit nur 4,1 Liter auskommen, der Lancia Ypsilon mit Turbo-Zweizylinder benötigt nur 4,2 Liter. Sparsam, aber auch spaßarm Unser Aggregat bietet eine variable Ventilsteuerung auf Ein- und Auslassseite (Dual CVVT) und sogar "Ventilfedern in Bienenkorb-Form". Aber Fahrspaß ist nicht im Package drin, wie sich bald herausstellt. An Steigungen kämpft das Aggregat hörbar. Der Rio 1.2 beschleunigt laut Datenblatt in wahrlich nicht berauschenden 13,1 Sekunden auf Tempo 100. Selbst für diese bescheidene PS-Klasse ist das nicht gut. So ist der vergleichbare VW Polo 1.4 über eine Sekunde schneller. Aber für ein Stadtauto mag der Vortrieb ausreichen. Die genannten Werte gelten für die beim Basismodell serienmäßige Fünfgang-Schaltung. Diese versieht ihren Dienst problemlos. Eine Automatik gibt es nur für den starken 109-PS-Benziner, den wir auch kurz bewegten - und ebenfalls mit hängenden Mundwinkeln verließen. Auch der große Bruder wirkt etwas müde, die 109 PS sind ihm nicht anzumerken. Für 2012 verspricht Kia jedoch eine neue Benzinergeneration mit Direkteinspritzung, die unter dem altbekannten Kürzel GDI (Gasoline Direct Injection) laufen wird. Man darf gespannt sein.

Innenraumangebot in Ordnung Das Fahrwerk ist für einen Kleinwagen in Ordnung. Eher straff abgestimmt, poltert das Auto gelegentlich, wenn man über Bodenunebenheiten fährt, wirkt aber nicht zu unkomfortabel. Auf der Autobahn fühlt sich die elektrische Servolenkung sporadisch seltsam an, beim leichten Einlenken ist ab und zu ein Widerstand zu fühlen. Ansonsten fühlen wir uns wohl im Rio. Der Sitzkomfort vorn ist okay, auch wenn die Möbel weniger Seitenhalt als von VW-Modellen gewohnt bieten. Im Fond blieben uns vor den Knien und über dem Kopf jeweils etwa fünf Zentimeter Platz - das ist für einen Kleinwagen sehr ordentlich. Der fehlende Einlegeboden Der Kofferraum fasst 288 bis 923 Liter und liegt damit volumetrisch etwa auf dem Niveau des VW Polo. Nach dem Umklappen wird auch der Ladeboden leidlich eben. Allerdings gibt es für den Wolfsburger einen ungemein praktischen Einlegeboden, der die Einladeschwelle egalisiert. Wer öfter Getränkekisten kauft, wird dieses Utensil schätzen, da sich damit die schweren Kästen problemlos aus dem Auto herausziehen lassen - das Heben entfällt. Einen solchen Boden würden wir uns auch für eine der höheren Ausstattungen des Rio wünschen. So günstig wie ein Renault Twingo Die Preise für den neuen Kia beginnen bei 9.990 Euro. Damit ist der Kleinwagen günstig, er liegt sogar gleichauf mit dem Renault Twingo, der eine Klasse niedriger als Kleinstwagen antritt. Für den Basispreis erhält man einen Dreitürer mit dem getesteten 85-PS-Benziner und Attract-Ausstattung. Dazu gehören ESP, sechs Airbags, ein CD-Radio, eine Zentralverriegelung mit Fernbedienung, elektrisch einstellbare Außenspiegel. Nicht schlecht für eine Basisversion, aber viele werden eine Klimaanlage und elektrische Fensterheber vorne vermissen.

"3.000 Euro unter dem Polo" Diese beiden Elemente gibt es bei der Edition7-Ausstattung serienmäßig, und dazu noch Alufelgen und einen höheneinstellbaren Fahrersitz. Für diese Version zahlt man 13.060 Euro. Mit Einführungsrabatt, der bei Bestellung bis Jahresende 2011 gewährt wird, liegt der Preis bei nur 11.990 Euro. Der Fünftürer kostet jeweils 700 Euro mehr, also hier 12.690 Euro. Laut Kia liegt der Rio preisbereinigt 3.000 Euro unter dem Polo. Leicht nachzurechnen ist das für unseren Fall nicht, aber es könnte stimmen. Denn ein VW Polo 1.4 Comfortline kostet bereits 15.500 Euro. Mit den fehlenden Vorhangairbags, Klimaanlage, Alurädern und Fondtüren werden schon über 18.000 Euro fällig. Dafür erhält man hier allerdings auch elektrische Fensterheber hinten und Parkpiepser. Halten wir fest: Teuer ist unser Rio nicht.
Technische Daten
Antrieb:Frontantrieb
Anzahl Gänge:5
Getriebe:Schaltung
Motor Bauart:Otto-Reihenmotor, DOHC, Dual CVVT
Hubraum:1.248
Anzahl Ventile:4
Anzahl Zylinder:4
Leistung:63 kW (85 PS) bei UPM
Drehmoment:121 Nm bei 4.000 UPM
Preis
Neupreis: 12.690 *) €
Fazit
Auch wenn Kia bei Autos noch nicht den Rang erreicht hat, den LG bei Monitoren und Samsung bei Smartphones einnehmen: Korea ist technologisch auf dem Vormarsch. Am Rio wird das sichtbar. Einst ein primitives Brot-und-Butter-Auto, kann der Kleinwagen nun dem Klassenprimus VW Polo das Wasser reichen. Der Rio ist außen und innen schick, mit zahlreichen Hightech-Extras ausrüstbar, beim Spritverbrauch ganz vorne und mit sieben Jahren Garantie ausgestattet. Fahrwerk und Innenraumangebot stimmen und in puncto Sicherheit bietet die Basisversion sogar zwei Airbags mehr als der Polo. Einzig der Vortrieb der Motoren ist verbesserungsbedürftig. Hier könnten die angekündigten Benzindirekteinspritzer Abhilfe schaffen. Fürs nächste Facelift würden wir uns außerdem einen Kofferraum-Einlegeboden wünschen.
Testwertung
4.5 von 5

Quelle: auto-news, 2011-08-25

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